Die Windstromerzeugung ist auf hohem Niveau, doch bei einem richtigen Sturm müssen viele Windkraftanlagen aus dem Wind gedreht werden und können keinen Strom erzeugen. Das kostet.
Die Winterstürme der nächsten Analysewoche sind in dieser sechsten Analysewoche (Abbildung) im Anmarsch. Das Wetter ist ungemütlich. Die Windstromerzeugung ist bereits auf hohem Niveau. Leider müssen, wenn es richtig stürmt, viele Windkraftanlagen aus dem Wind gedreht werden, können keinen Strom erzeugen. Die Windmüller erhalten selbstverständlich eine Entschädigung. Wie auch immer, die regenerative Stromerzeugung mittels Windkraft ist und bleibt stark. Was allerdings zum Teil stark fallende Strompreise zur Folge hat. Nicht weil die Windstromerzeugung so wenig kostet, sondern weil der Markt, unsere Nachbarländer, den zu viel erzeugten Strom nur mit erheblichen Preisnachlässen (Abbildung 1) abnimmt. Dabei ist immer zu beachten, dass die regenerative Stromerzeugung praktisch noch nie auch nur einen Tag ausgereicht hat, um den Strombedarf zu decken. Konventioneller Strom (Abbildung 2) muss immer hinzuerzeugt werden, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Doch nicht nur das. Konventionelle Stromerzeugung ist in einem gewissen Umfang – etwa 20 Prozent – immer notwendig, damit das Stromnetz nicht kollabiert.
Deutschland exportiert in der untersuchten Woche bis auf zwei Stunden seinen erzeugten Strom. Netto. Selbstverständlich muss Deutschland auch Strom importieren (Abbildung 3). Warum das so ist, wird in diesem Artikel erläutert.
Die Nordländer Dänemark, Norwegen und Schweden sowie Polen exportieren in erster Linie Strom nach Deutschland. Diese Länder nutzen die Energiewende Deutschlands aktuell als äußert lukratives Geschäftsmodell. Norwegen erwirtschaftet allein in der sechsten KW knapp 9 Mio. € (ab 1.1.2022 knapp 100 Mio. €). Dänemark erhält gut 53 Mio. € (ab 1.1.2022 gut 240 Mio. €). Bei Schweden sind es knapp 13 Mio. € (ab 1.1.2022 etwa 75 Mio. €) Polen bekommt knapp 4 Mio. € für seinen Strom (ab 1.1.2022 etwa 50 Mio. €).
Wobei bemerkenswert ist, dass nur Norwegen praktisch CO2-freien Strom liefert. Dänemarks Strom-Mix enthält über 50 Prozent fossile Anteile, Schwedens Strom besteht zu knapp 25 aus Kernenergie und wird zu etwa 15 Prozent fossil hergestellt. Hinzu kommt noch Polen, welches den am meisten CO2-belasteten Strom liefert.
Abbildung 4 belegt, dass eine angenommene Verdreifachung der regenerativen Stromerzeugung mittels Windkraft und Photovoltaik im Tagesdurchschnitt so viel Strom brächte, dass diese bei entsprechender Speicherung per Wasserstoff ausreichen würde, um den gesamten Strombedarf Deutschlands zu decken. Es würde sogar eine Menge Strom, gespeichert als Wasserstoff, übrigbleiben. Das Problem ist nur, dass es auch nicht nur annähernd so viele Elektrolyseure, Tanks, Brennstoffzellen, Leitungen usw. gibt, um den überschüssigen Strom allein vom 26.1. bis 13.2.2022 in Form von Wasserstoff oder sonstwie zu speichern. Dass sich das in den nächsten Jahrzehnten kaum ändern wird, ist vielleicht bedauerlich. Wenn Sie mal eine entsprechende Berechnung mit dem Simulationstool Strom – Wasserstoff – Strom vornehmen, werden Sie erkennen, warum das so ist.
Eine angenommene Verdoppelung der regenerativen Stromerzeugung durch Windkraft und Photovoltaik, eine Verdoppelung, die auch erst mal praktisch umgesetzt sein will, würde selbst bei ausreichenden Speichermöglichkeiten per Wasserstoff nicht genügen, um den aktuellen Strombedarf Deutschlands zu decken. Das belegt Abbildung 4 sehr deutlich.
Keine Diskussion mit „Klimaleugnern“
In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein aktuelles Thema hinweisen. Die deutsche Grundstoffindustrie soll weg von fossiler Energie auf regenerativ erzeugte Strom- und Wasserstoffwirtschaft umgebaut werden. Damit die Industrien mitziehen, sollen Klimaschutzverträge gewährleisten, dass die Kostendifferenz „Fossile zur regenerativen Energieerzeugung“ durch den Staat übernommen wird. Gemäß einer Pressemitteilung von Agora-Energiewende soll der CO2-Ausstoß im ersten Abschnitt der Umstellung pro Jahr um 20 Mio. Tonnen sinken: Dies entspricht etwa einem Drittel der laut Klimaschutzgesetz erforderlichen Minderungen in der Industrie von 68 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr bis 2030. Die sogenannten Carbon Contracts for Difference, die die Mehrkosten einer klimafreundlichen Produktion staatlich absichern, sind somit eine wichtige Voraussetzung für den frühzeitigen Aufbau einer klimaneutralen Industrie in Deutschland und den Erhalt der rund 280.000 Arbeitsplätze in Stahl-, Chemie- und Zementfabriken.
Weil mir 20 Mio. Tonnen CO2 bei einem Gesamtausstoß Deutschlands in Höhe von über 800 Mio. Tonnen pro Jahr recht dürftig erschienen, rief ich die Managerin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Agora-Energiewende, Frau Janne Görlach, an, erreichte sie aber nicht. Freundlicherweise rief Frau Görlach ein paar Stunden später zurück und bestätigte die Korrektheit der geplanten 20 Mio. Tonnen CO2-Ersparnis/Jahr. Während des freundlichen Gesprächs kam ich auf die Ressourcen zu sprechen, die zum Bau einer Windkraftanlage benötigt werden. Frank Hennig habe dies bei Tichys Einblick detailliert dargestellt. Da geschah etwas Merkwürdiges. Frau Görlach hörte „Tichy“ und meinte, „Das sind Klimaleugner“ sagen zu müssen. Darüber würde sie nicht diskutieren. Das Gespräch war damit beendet. Das ist höchst bedauerlich. Wahrscheinlich meint Managerin Görlach auch, die Kolumne „Woher kommt der Strom?“, die immerhin wöchentlich im vierten Jahr erscheint, werde von einem Klimaleugner verfasst. Grund: Sie erscheint auf der Achse des Guten. Die Richtigkeit von Fakten, die Wahrnehmung und mögliche Akzeptanz von Meinungen, das ist nicht nur die Denkweise von Frau Görlach, sondern mittlerweile – wegen staatsnaher Propaganda der meisten Mainstream-Medien – weit verbreitet. „Wahrheit“, die „Qualität“ einer Meinung hängt somit bei vielen, viel zu vielen Menschen vom Medium ab, in dem veröffentlicht wird. So ein im wahrsten Sinn des Wortes beschränktes Denken ist der Tod des Pluralismus, am Ende wahrscheinlich sogar die Eliminierung jeglicher Freiheit.
Die wesentlichen Gedanken von Agora-Energiewende zu den geplanten Klimaschutzverträgen. Tipp: Setzen Sie die Einsparung von 20 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr ins Verhältnis zum angedachten Kostenkorridor pro Jahr.
Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegt unter Abbildung 5 ab. Es handelt sich um Werte der Nettostromerzeugung, den „Strom, der aus der Steckdose kommt“, wie auf der Website der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird. Der höchst empfehlenswerte virtuelle Energiewende-Rechner (Wie viele Windkraft- und PV-Anlagen braucht es, um Kohle- und/oder Kernkraftstrom zu ersetzen? Zumindest im Jahresdurchschnitt.) ist unter Abbildung 6 zu finden. Ebenso wie der bewährte Energierechner.
Die Charts mit den Jahres- und Wochenexportzahlen liegen unter Abbildung 7 ab. Abbildung 8 zeigt einen Vortrag von Professor Brasseur von der TU Graz. Der Mann folgt nicht der Wissenschaft. Er betreibt Wissenschaft.
Tagesanalysen
Montag, 7.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 67,17 Prozent, davon Windstrom 53,82 Prozent, PV-Strom 3,75 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 6,61 Prozent. Quelle prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Die starke Windstromerzeugung kombiniert mit der PV-Stromerzeugung zu Wochenbeginn führt zu ebenfalls starkem Preisverfall. Zumindest am frühen Morgen und dann über Tag. Unter 30 €/MWh kostet der Strom teilweise. Die Konventionellen können über die Mittagsspitze nicht stark genug drosseln, weil sonst am Vorabend die Stromerzeugung insgesamt zu gering wäre und womöglich Stromimporte netto nötig gewesen wären.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 7.2. ab 2016.
Dienstag, 8.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,02 Prozent, davon Windstrom 49,42 Prozent, PV-Strom 2,24 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,36Prozent. Quelle prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Heute nimmt die regenerative Stromerzeugung über Tag ab. Im Gegensatz zum gestrigen Tag ist die PV-Stromerzeugung äußerst schwach. Der Preis liegt bis 14:00 Uhr zwischen 120 € und 150 €/MWh. Dann ziehen die Preise an. Um 18:00 Uhr werden knapp 210 €/MWh erreicht. Die Konventionellen führen gut nach. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8.2.2022 ab 2016.
Mittwoch, 9.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,83 Prozent, davon Windstrom 38,71 Prozent, PV-Strom 4,43 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,68 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Zur Wochenmitte sinkt die regenerative Stromerzeugung weiter. Die Konventionellen gleichen den fehlenden Strom zur kompletten Bedarfsdeckung gut aus. Dennoch kommt es zu Preissprüngen. Doch sogar am Vorabend bleibt das Geld in Deutschland. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo Tagesvergleich zum 9.2. ab 2016.
Donnerstag, 10.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 42,06 Prozent, davon Windstrom 27,10 Prozent, PV-Strom 4,69 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,27 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Der Donnerstag bringt die geringste regenerative Stromerzeugung der Woche auf die Waage. Ein Anstieg des Preisniveaus ist zu verzeichnen. Der mittlere Strompreis liegt bei gut 190 €/MWh. Die Konventionellen führen zum Teil auf Kante nach. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 10.2. ab 2016.
Freitag, 11.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 46,40 Prozent, davon Windstrom 31,89 Prozent, PV-Strom 4,23 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,28 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Zum Ende des Tages fällt die regenerative Erzeugung massiv ab. Die Konventionellen schaffen es, bis auf 2 Stunden in der Nacht (22:00 Uhr & 23:00 Uhr) den Strombedarf Deutschlands zu decken. Das Preisniveau ist mit durchschnittlichen gut 184 €/MWh etwas niedriger als gestern. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 11.2 ab 2016.
Samstag, 12.2.2022: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 51,40 Prozent, davon Windstrom 30,42 Prozent, PV-Strom 10,24 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,74 Prozent. Quelle prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Der Einstieg ins Wochenende bringt weniger Bedarf mit sich. Die regenerative Stromerzeugung zieht über Tag an. Die Konventionellen führen gut nach und gleichen sogar den Vorabend-Mehrbedarf mit einem gewaltigen Produktionssprung gut aus. Gute Erträge sind da nur folgerichtig. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo Tagesvergleich zum 11.2. ab 2016.
Sonntag, 13.2.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 69,91 Prozent, davon Windstrom 49,32 Prozent, PV-Strom 10,25 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,34 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung sind die Werte der Tabelle der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix
Sonntag: Geringer Bedarf, starke regenerative Erzeugung auch im Bereich Photovoltaik. Der Beitrag der regenerativen Stromerzeugung an der Bedarfsdeckung beträgt im Durchschnitt 76,2 Prozent. Über Mittag sind wahrscheinlich an die 90 Prozent. Das ist ein Desaster für die Preisfindung. Obwohl die Konventionellen drosseln, was sie können. Der Preis fällt auf 30 €/MWh. Der Handelstag.
Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo Tagesvergleich zum 13.2. ab 2016.
Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.
Rüdiger Stobbe betreibt seit über sechs Jahren den Politikblog http://www.mediagnose.de.