Rüdiger Stobbe / 22.01.2019 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 10 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? Rückschau 2018 

Von Rüdiger Stobbe.

In Deutschland war der Störfall kein Thema. Aber in Österreich: Europa stand kurz vor einem Stromtotalausfall. Auch wenn der Fehler schnell behoben werden konnte: Das europäische Stromnetz ist hochkomplex. Wind- und Sonnenstrom steht naturgemäß stets schwankend zur Verfügung. Konventioneller Strom muss praktisch jederzeit zu- oder ab gesteuert werden, damit die erforderliche Frequenz von 50 Hertz im Stromnetz konstant bleibt. Wind- und Sonne haben Einspeisevorrang. Die Mitarbeiter in den Kraft- und Stadtwerken sind permanent gefordert. Dank dafür, dass die Stromversorgung in Europa so zuverlässig ist.

Wenn Sie sich diese Grafik anschauen, stellen Sie fest, dass sich die ausgewiesenen Exportstromdaten zwischen dem 12.1.2019 und dem 16.1.2019 enorm geändert haben. Ursache: Die Daten, welche das Fraunhofer ISE auf www.energy-charts.de zur Verfügung stellt, werden – wenn sie sich geändert haben – stündlich aktualisiert. Eine Beurteilung der bereitgestellten Daten ist deshalb erst nach einer gewissen Zeit sinnvoll. Dann, wenn praktisch keine Aktualisierung mehr zu erwarten ist.

In dieser Folge unserer Kolumne werde ich neben der Rückschau auf das Jahr 2018 deshalb keine  Analyse der Woche 13. bis 19.1.2019 vornehmen. Die Wochenanalysen werden in Zukunft immer erst 7 Tage später erfolgen. Dann ist man, was die Endgültigkeit der Daten anbelangt, einigermaßen auf der sicheren Seite und dennoch recht aktuell.

Selbstverständlich wurden die Daten sowie die Beurteilungen der einzelnen Stromerzeugungstage des Beitrags von vergangener Woche (14.1.2019) aktualisiert. Lesen Sie hier die aktuelle Fassung.

Stromerzeugung 2018

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei allen Werten des Fraunhofer ISE um Daten der Nettostromerzeugung handelt. Diese sind für die öffentliche Stromversorgung relevant. Die AG Energiebilanzen verwendet im Gegensatz dazu Daten der gesamten Bruttostromerzeugung. Die Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung, welche in dieser Kolumne analysiert werden, und die zur gesamten Bruttostromerzeugung unterscheiden sich erheblich. So ist in den Bruttowerten z. B. der Strom enthalten, welchen die Industrie zum Eigenbedarf erzeugt.

Weil es sich bei dem erzeugten Strom eines Jahres um praktisch unvorstellbar große Mengen handelt, wird die Maßeinheit Terawattstunden (TWh) verwendet. Das reduziert "Nullen" und schafft Übersichtlichkeit. Im Durchschnitt wurden in Deutschland 2018 pro Tag knapp 1,5 TWh Strom netto verbraucht.

Alle Grafiken und Werte wurden entweder direkt der Seite www.energy-charts.de oder den Vortragsfolien von Prof. Dr. Bruno Burger "Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2018" entnommen und zum Teil zwecks weiterer Analyse aufbereitet. Immer nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die Nettostromerzeugung war mit knapp 540 TWh in 2018 etwas geringer als 2017.  Strom, erzeugt durch Wind und Sonne legte zu. Die Stromerzeugung mittels Biomasse blieb in etwa gleich. Strom aus Wasserkraft nahm etwas ab. Bemerkenswert ist, dass alle konventionellen Energieträgerin 2018 weniger Strom erzeugten, als 2017. Prozentual sieht die Veränderung so aus. Weil der grundlastfähige erneuerbare Energieträger Wasserkraft in Deutschland mit gut 20 TWh in 2017 fast sein Maximum erreicht hat, fällt der Wegfall von absolut von 3,4 TWh Wasserstrom prozentual ebenso stark in´s Gewicht, wie der Zuwachs von 6,3 TWh Solarenergie. 

Bevor ich mich den Aspekten Stromexport und Stromerzeugungskapazitäten zuwende, werfen wir noch einen Blick auf die Entwicklung der Erneuerbaren (Wind, Sonne, Biomasse, Wasser) von 2002 bis 2018. Fahren Sie mit der Maus über die Balken. Die Stromwerte klappen sofort auf.

Zweifelsohne haben die Erneuerbaren Jahr um Jahr mehr zur Nettostromversorgung  beigetragen. Erstmalig erzeugen Sonnenkraftwerke über 45 TWh in Deutschland. Auch der Windstrom erreicht mit über 111 TWh einen neuen Rekord. Biomasse und Wasserkraft tragen zuverlässig zur Stromerzeugung bei. Das alles bei gleichzeitigem Rückgang des Stroms aus Kernenergie. Die Gasverstromung schwankt zwischen 30 und 49 TWh, wobei Werte mit einer 3 vorne selten sind. Steinkohle hat sich in den letzten 3 Jahren auf einen Wert unter 100 TWh eingependelt. Braunkohle hingegen wird leider noch immer auf sehr hohem Niveau verbrannt. Mit diesem konventionellen Energieträger werden pro Jahr zwischen 130 bis 140 TWh erzeugt. In den frühen 2000er-Jahren waren es sogar über 140 TWh.

Stromimport, Stromexport 2018

Sobald Strom – egal aus welcher Quelle – in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird, ist es Strom. Kein Ökostrom oder Atomstrom. Einfach nur Strom. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob Strom aus Erneuerbaren oder aus konventionellen Kraftwerken exportiert wird. Es ist immer nur Strom. Eine Differenzierung ist nur noch theoretisch möglich. Wenn etwa 2/3 des Stroms in Frankreich durch Kernspaltung erzeugt wird, kommt der Importstrom zu einem großen Teil aus Kernkraftwerken. Anzusehen ist es dem Strom aus Frankreich allerdings nicht.

Doch keine Sorge. Zwar wird praktisch Atomstrom aus Frankreich importiert. Der Stromexport aus Deutschland in andere europäische Staaten war 2018 jedoch weitaus größer als der Import. Da ist auch ein Großteil Strom, der aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen wurde, dabei. 53,5 TWh wurden 2018 exportiert. Das sind knapp 10 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms netto. Bemerkenswerterweise wurden aber auch 9,1 TWh importiert. Davon 8,3 TWh aus Frankreich.

Manche Experten meinen, dass Teile konventioneller Stromerzeuger abgeschaltet werden könnten, wenn der exportierte Strom hier in Deutschland verbraucht würde. Manche Experten meinen sogar, man könnte komplett aus der Kohleverbrennung aussteigen. (Die Aussagen der Experten inkl. Interview mit Klaus Töpfer ab Minute 10:28 schauen). Mit dieser und weiteren Fragen zum Stromexport, Stromimport werde ich mich im weiteren Verlauf dieser Reihe beschäftigen.

Installierte Leistung (Nennleistung) Deutschland 2018

Die installierte Leistung gibt darüber Auskunft, wie hoch wäre die Gesamtleistung (Nennleistung) aller Kraftwerke in Deutschland, wenn die Kraftwerke permanent, also 8.760 Stunden pro Jahr Strom erzeugen könnten. Es wird zwischen den einzelnen Kraftwerksparten unterschieden. Die in den Charts verwendete Maßeinheit ist Gigawatt (GW). Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung der Nennleistung der in Deutschland vorhandenen Kraftwerke seit 2002.

  • Der Anteil der Erneuerbaren steigt stetig.
  • 2015 übersteigt die Nennleistung der Erneuerbaren die der konventionellen Stromerzeuger.
  • 2013 wurde in etwa das Maximum der Nennleistung von Biomasse und Wasserkraft erreicht.
  • 2011 wurde die Nennleistung der Kernkraftwerke im Rahmen des Atomausstiegs etwa halbiert. Ein im Betrieb praktisch CO2-freier Stromerzeuger wird bis 2022 komplett abgeschaltet.
  • Ein weiterer wirklich nennenswerter Rückbau konventioneller Stromerzeuger ist praktisch nicht zu erkennen.
  • Die Verringerung der konventionellen Stromerzeuger steht in keinem Verhältnis zum Ausbau der Erneuerbaren.

Bleibt die Frage, warum das so ist. Weshalb ist, wenn man von der Kernenergie absieht, trotz des enormen Zubaus von Wind und Sonnenkraftwerken, immer noch praktisch die gleiche konventionelle Leistung installiert wie vor 10 Jahren? Dieser Frage werde ich in den nächsten Wochen und Monaten nachgehen.

Heute beschäftigen wir uns mit dem Verhältnis der installierten zur tatsächlich erbrachten Leistung in 2018. Das Chart Installierte Leistung 2018 weist eine Leistung von gesamt über 206 Gigawatt (GW) aus. Wie passt das zu den weit über 500 Terawattstunden (TWh) Strom, die 2018 erzeugt wurden?

Die Angabe in Gigawatt bezieht sich auf eine Stunde. Im Jahr mit 8.760 Stunden beträgt die theoretisch mögliche Stromerzeugung z. B. der Wasserkraftwerkemit 5,5 GW Nennleistung: 5,5 GW x 8.760 Stunden = 48.180 Gigawattstunden (GWh). Was 48,18 Terawattstunden (TWh) entspricht.

In 2018 haben die Wasserkraftwerke 16,7 TWh Strom erzeugt. Das entspricht 16,7 TWh / 48,18 TWh x 100 = 34,66 Prozent. Gut ein Drittel der möglichen Leistung haben die Wasserkraftwerke also in Deutschland geliefert. Das ist absolut in Ordnung. Denn Kraftwerke müssen nicht nur gewartet werden. Es ist auch nicht immer genügend Wasser zur maximalen Stromerzeugung vorhanden. Hier das Chart Wasserkraft.

Diese Tabelle ermittelt das Verhältnis, den prozentualen Anteil der tatsächlich erbrachten Stromerzeugung zur installierten Leistung. Schauen Sie sich die Werte genau an. Ziehen Sie Ihre Schlüsse unter Berücksichtigung der weiter oben dargestellten Ergebnisse.

Nächste Woche werde ich neben der Wochenanalyse 13.1.2019 bis 19.1.2019 meine Schlüsse präsentieren. Gedanken zum Thema Klima und Wetter werden den Beitrag von nächster Woche abrunden.

Autor Rüdiger Stobbe war nach den Studium (Sozialwissenschaften/Germanistik, Abschluss 1. Staatsexamen) 30 Jahre in der Versicherungswirtschaft tätig. Davon die letzten 18 Jahre als selbständiger Versicherungsmakler. Er betreibt seit Februar 2016 den werbe- und kostenfreien Politikblog www.mediagnose.de.

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toni Keller / 22.01.2019

Ich möchte darauf hinweisen dass der Begriff erneuerbare Energien ein falsches Bild suggeriert. Fakt ist, die Windräder entziehen dem Wind kinetische Energie, und das hat Folgen. Ich finde die übliche Klimahysterie zwar einerseits zum k….... aber dennoch hat sie einen wahren Kern, dass nämlich in der Natur alles mit allem zusammenhängt. Nur warum die gleichen Leute, die in jedem Steinarrangement im Vorgarten, wegen der Versiegelung die nächste Sintflut heranrauschen sehen, warum diese Leute sich keine Gedanken darüber machen, was geschieht, wenn man dem Wind massiv kinetische Energie entzieht und dafür sorgt dass auch das Sonnenlicht, dass normal entweder resorbiert, bzw reflektiert würde nun genau das nicht wird, weil es zu elektrischem Strom wird, das verwundert mich sehr.

Dr. Gerhard Giesemann / 22.01.2019

Mir wäre es lieber, wenn ein ausgewiesener Fachmann für Stromwirtschaft sich hier geäußert hätte.

M.Friedland / 22.01.2019

Die Erläuterung zum Begriff “installierte Leistung” stimmt nicht. Die “installierte Leistung” eines Kraftwerkes benennt die Auslegungsleistung des Kraftwerkes, also die (z.B.) Wärmeerzeuger, die Turbinen, Generatoren und Transformatoren, unterschieden ggf. nach Kurzzeit- und Dauerleistung, aber nicht “für eine Stunde”, sondern zu jedem Moment! Ähnlich wie bei einem Verbraucher, z.B. Glühbirne, die immer eine Leistung von z.B. 100W hat (solange sie funktioniert), egal, ob für eine Sekunde oder für 1000 Stunden..

Volker Voegele / 22.01.2019

Einige summarische Bemerkungen zu den Jahresdaten von 2018. Die installierte Leistung von Windstromerzeugern ist über 59 GW und die von Solarstromerzeugern bei 45,5 GW. Der über das Jahr erzielte „Nutzungsgrad“ ist für Windstrom bei 21,5 % und für Solarstrom bei 11,5 %.  Die tiefen Verfügbarkeiten von Wind- u. Solar-Strom lassen sich durch Mehrinstallationen kaum erhöhen, denn die Verfügbarkeiten folgen Windstärke und Sonneneinstrahlung. Technische Ausfälle und Wartungsintervalle fallen bei Wind- u. Solar-Stromerzeugern wenig ins Gewicht. Die Stromversorgung funktioniert aber nur, wenn sie stets (= 100%) verfügbar ist, und gleichzeitig die Strombedarfsschwankungen stets (= 100%) ausgeregelt werden können. Das sind die beiden Basiskonditionen im Stromnetz. Fossil befeuerte Kraftwerke – also Kohle, Biomasse, Gas, Öl (letztere hat es wenige in D) - und Kernkraftwerke erreichen diese Anforderungen. Für eventuelle Ausfälle und jährliche Wartungsintervalle kann man einfach Reservekraftwerke vorsehen. Anmerkungen: Strom aus Gaskraftwerken ist relativ teuer, deshalb rechnen sich die Gaskraftwerke kaum, haben aber den Vorteil der schnellen Einsatzbereitschaft. Kernkraftwerke fährt man meist in konstanter Grundlast. Für schnelle Lastwechsel sind sie nicht geeignet. Fließwasserkraftwerke fährt man ebenfalls in konstanter Grundlast. Aus Kostengründen versucht man Lastschwankungen soweit wie möglich mit Kohlekraftwerken auszugleichen. Würden die gewaltigen Subventionen für Wind- Solar-, Biomasse-Strom wegfallen, würden diese Kraftwerke umgehend vom Markt verschwinden. Ihre ökologische Bilanz ist auch nicht besonders, zumal ihre Fluktuationen permanent mit hohem Aufwand von konventionelle Kraftwerken nachgeregelt werden müssen. Das bedeutet mehr Treibstoffaufwand, mehr Emissionen, mehr Verschleiß und kürzere Lebensdauer der konventionellen Kraftwerke.

Bernd Nicolaisen / 22.01.2019

“Weil es sich bei dem erzeugten Strom eines Jahres um praktisch unvorstellbar große Mengen handelt, wird die Maßeinheit Terawattstunden (TWh) verwendet. Das reduziert „Nullen“ und schafft Übersichtlichkeit. Im Durchschnitt wurden in Deutschland 2018 pro Tag knapp 1,5 TWh Strom netto verbraucht.” Hallo Herr Stobbe, Ihre Analysen mögen ja stimmen, aber die Maßeinheit von Strom ist Ampere und nicht TWh. TWh ist eine Einheit der Arbeit!

Klaus Klinner / 22.01.2019

Nach grüner Religion kommt Strom aus der Steckdose und ist damit absolut Umwelt-, Klima- und Sonstwie-neutral.

Jan Kandziora / 22.01.2019

Nehmen Sie doch einmal das jährliche Theater um das Gaskraftwerk Irsching als Beispiel. Die neueren Blöcke sind hocheffizient, werden aber nur als Reserve zur Stützung vor allem des süddeutschen Netzes genutzt. Warum? Die Wartung hängt an den Betriebsstunden. Also will der Betreiber die möglichst niedrig halten, denn allein für das Bereithalten des Kraftwerks kassiert er bereits. Mit den anderen Gaskraftwerken ist das nicht anders. Alle warten auf den Braunkohleausstieg und Nordstream II. Dann wird’s ein Geschäft.

Christoph Fischer / 22.01.2019

Mich würde zur Export/Import Billanz 53,5TWh zu 9,1TWh noch interessieren was die 53,5 TWh einbringen und die 9,1TWh kosten.

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