Rüdiger Stobbe / 23.02.2021 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 13 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 6. Woche – ein Windstrom-Desaster

Am Sonntag und am Montag lag die Windstromerzeugung über 20% des Bedarfs. An den übrigen 5 Tagen lag sie immer darunter. Am Mittwoch sogar unter 10% (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und mehr). Die konventionelle Stromerzeugung (Abbildung 1) war leider nicht immer in der Lage, die insgesamt schwache Stromerzeugung mittels regenerativer Energieträger so auszugleichen, dass die Strompreise für Deutschland moderat blieben. So gab es sofort zum Wochenbeginn, am Montagmorgen, ein Strom-Überangebot im Markt, welches fast zu negativen Stromreisen geführt hätte. Der sinkenden Windstromerzeugung konnte/wollte die konventionelle Stromerzeugung nicht folgen. Den Technikern und Ingenieuren war ganz sicher klar, dass eine mehrtägige Wind-Flaute bevorstand, die mit hoher konventioneller Zusatzstromerzeugung aufgefüllt werden musste. Das gelang den Männern (und Frauen?) in den Steuerungszentralen insgesamt sehr gut. Lediglich am Donnerstag, als die Windstromerzeugung nur 9,09% des Strombedarfs lieferte, entstand eine Unterdeckung, die teuer bezahlt werden musste (Abbildung 2). Es war – wie immer – die Mittags- und die Vorabendzeit, zu der Höchstpreise diesmal weit über 100 €/MWh aufgerufen wurden. Da sind die Preise um die 50 €/MWh, die jeweils am frühen Morgen des 10.2. und 11.2.2021 gezahlt werden mussten, noch moderat. Ansonsten exportierte Deutschland überschüssigen Strom (Abbildung 3). Es wurden bis auf den Montagmorgen insgesamt auskömmliche Preise erzielt.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegen unter Abbildung 4 ab.

Die Im-/Exportwerte des bisherigen Jahres finden Sie unter Abbildung 5.

Die angenommene Verdoppelung der Wind- und Solarstromerzeugung brachte keinen Tag, an dem die regenerative Stromerzeugung ausgereicht hätte, um den Strombedarf Deutschlands zu decken (Abbildung 6). Den beliebten Energierechner können Sie hier herunterladen.

Die Tagesanalysen

Montag, 8.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,45 Prozent, davon Windstrom 32,14 Prozent, Solarstrom 1,19 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,2 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der erste Werktag der Woche ist durch stark sinkende Windstromerzeugung an Land und leicht steigender Windstromerzeugung auf See gekennzeichnet. Am frühen Morgen ist zu viel Strom im Markt. Deutschland muss große Teile des erzeugten Stroms praktisch verschenken. Die konventionelle Stromerzeugung hat etwas zu früh etwas zu viel Strom erzeugt. So kam es erst ab 5:00 Uhr zu Preisen über 20 €/MWh. Ab diesem Zeitpunkt wurden über den restlichen Tag per Saldo auskömmliche Strompreise erzielt.

Dienstag, 9.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 27,5 Prozentdavon Windstrom 16,25 Prozent, Solarstrom 0,63 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,63 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Nur zweimal, um 14:00 und um 20:00 Uhr, waren heute praktisch nur geringe Stromlücken auszumachen. Ansonsten wurde der überschüssige in Deutschland hergestellte Strom insgesamt zu auskömmlichen Preisen verkauft. Das lag vor allem an der guten Nachführung der konventionellen Stromerzeuger. Diese Nachbarn kauften/verkauften Strom.

Mittwoch, 10.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 25,93 Prozentdavon Windstrom 14,20 Prozent, Solarstrom 1,23 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,49 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Mittwoch brachte in den frühen Morgenstunden eine Strom-Versorgungslücke, die mit Preisen um die 50 €/MWh geschlossen wurde. Den restlichen Tag war die Nachführung der Konventionellen in Ordnung. Es wurden gute Exportpreise erzielt. Diese Nachbarn handelten Strom mit Deutschland.

Donnerstag, 11.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 20,78 Prozent, davon Windstrom 9,09 Prozent, Solarstrom 1,95 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Donnerstag brachte den Tiefpunkt der regenerativen Stromerzeugung in der sechsten Woche. Die Konventionellen führten nicht genügend nach. Ob gewollt oder nicht gekonnt – ich weiß es nicht. So entstand eine Stromlücke, die zum Mittag und zum Vorabend hochpreisig geschlossen werden musste. Auch in der übrigen Zeit waren die Preise gepfeffert. Diese Nachbarn profitierten. Vor allem Frankreich und die Schweiz machten blendende Preisdifferenzgeschäfte.

Freitag, 12.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 30,72 Prozent, davon Windstrom 18,07 Prozent, Solarstrom 3,01 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,64 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute erholt sich die regenerative Stromerzeugung etwas. Die konventionelle Stromerzeugung wurde eingependelt, so dass den ganzen Tag gute Erträge mittels Stromexport erwirtschaftet werden. Fast alle zahlen. Die Niederlande und Frankreich verkaufen Strom. Sie profitieren. Aber auch Polen nimmt um 18:00 Uhr mit Kohlestrom ein Schippchen Kohle mit.

Samstag, 13.2.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 30,41 Prozent, davon Windstrom 14,86 Prozent, Sonnenstrom 4,73 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,83 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken.

Samstag, Einstieg ins Wochenende. Die Windstromdelle wird durch Solarstrom ausgeglichen. Die ruhige, gleichmäßige regenerative Erzeugung macht es den konventionellen Stromerzeugern einfach, die Lücken zu Bedarf aufzufüllen. Der niedrigste Preis, der von Deutschland an diesem Tag erzielt wird, liegt bei 44,68 €/MWh. Da macht Stromerzeugung Spaß. Diese Nachbarn zahlen. Die Niederlande profitieren. Neben Deutschland.

Sonntag, 14.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 42,76 Prozent, davon Windstrom 26,21 Prozent, Sonnenstrom 5,52 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,03 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Auch der Sonntag ist ein ertragreicher Stromexporttag für Deutschland. Preise immer über 40 €/MWh. In der Spitze sogar 62,50 €/MWh. Um 18:00 Uhr. Die Windstromerzeugung zieht über Tag an. Die Nachführung der Konventionellen gelingt. Diese Nachbarn handeln Strom.

Ein für Deutschland befriedigender Ausgang der sechsten Analysewoche. Der Februar war bisher dennoch recht teuer, weil der Importpreis erheblich über dem Niveau lag, welches bisher mit dem Stromexport erzielt wurde. Verglichen mit dem Januar und Februar des Vorjahres ist das Preisniveau bisher erheblich angestiegen.

Zum Schluss noch zwei Nachträge. Zum einen die versprochene Tabelle mit den Werten des Jahres 2020 Stand 15.1.2021. Zum anderen die Seite Abbildungen und Mehr zum Artikel der vergangenen Woche, 16.2.2021. Ich hatte die Verlinkung versäumt.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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Rüdiger Stobbe / 23.02.2021

Lieber Herr Wachter, danke für die Hinweise. Das Thema Blackout treibt viele Menschen um. Deshalb hier ein Link zum Verhalten im Falle eines Falles: www.stromdaten.info/728-2.

Florian Bode / 23.02.2021

Es ist zum Kotzen, dass wir dem Ausland unser Geld hinschmeißen, damit unser Stromprofil geglättet werden kann. Den Berliner Phantasten ist dabei völlig egal, wie das geschieht.

Wolf von Fichtenberg / 23.02.2021

Kann dies sein? Gar mancher Kobold sitzt auf einer Vinylplatte und dreht sich -  dabei die Luftgitarre spielend - zu dem Stück “Strom ” von “MORGENROT” - (1980, yT)  im Kreis und glaubt : “Ja, so ist das!” Der Refrain: „Wir brauchen Strom, den Saft aus der Dose….usw.” scheint zu erklären woher der Strom kommt. Für sie kommt: Eben aus der Dose, dem Zapfhahn des Netzspeichers. Doch, ist so mancher Fortschrittnetzer nicht in der Zeitschleife der 1980er-Jahre stecken geblieben? Ewiggestrige die glauben sie seien die Zukunft? - Der gläubige Christ pilgerte nach Lourdes und das mitgebrachten Fläschchen des heiligen Wassers (jetzt auch im Internet käuflich, erspart das Hinlaufen) steht als Fetisch auf dem Küchenschrank; der Weltretter aber pilgerte nach Brokdorf, dem Sinnbild des Höllentores das es zu verschließen galt. Dort gab es zudem die Pilgersegnung des Wasserwerfers, eine Weihe die das Recht beinhaltete zu sagen: „I am a rebel!”, zudem war es auch eine Art imaginärer Tapferkeitsmedaille im antikapitalistischen Kampf. - Und nun? Da sitzt es, das Rebellchen, träumt sich in den Wendlandschlamm zurück und öffnet eine Flasche Wein. Natürlich handgepresst aus ökologischem Anbau in Nordgrönland zur Unterstützung der dortigen Eisbären… Oder irgendwas Ähnliches.  Und dabei es ergeht sich gedanklich im „Damals“… Heute begraben in einem Reihenhaus, bald in einer Wohnschublade vegetierend. Mainstream als Revolution, Revolte als Event, Blockwart als Zweitberuf …. „Prost“ sagt das Rebellchen zu einer einstigen Schlammgenossin: „Auf die Zukunft.“…  Und draußen vereist das letzte Windrad. Blackout…—- „ No! It’s greenout, with red inside.…“. Wie gesagt: Anglizismen müssen sein…

Peter Wachter / 23.02.2021

Videotipp YT:“Blackout – Wie gut sind wir auf Hessen ohne Strom vorbereitet? | doku” HR vom 24.01.21 + “Stefan reagiert: ZDF Frontal Katastrophenfall Blackout - Wenn in Deutschland der Strom ausfällt” vom 19.02.21

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