Rüdiger Stobbe / 22.12.2020 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 11 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 50. Woche

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Windstromerzeugung (Abbildungbitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen und mehr) ist in der dritten Woche nacheinander so schwach, dass sogar eine angenommene Verdoppelung der Wind- und Sonnenstromerzeugung nicht ausreichen würde, um den Strombedarf Deutschlands auch nur annähernd zu decken (Abbildung 1). Selbstverständlich kann man fordern: Ja, eine Verdreifachung, oder gar Verfünffachung ...! Diesen Zeitgenossen sei gesagt, dass erst mal eine Verdoppelung geschafft werden sollte. Allein das Ziel ist dank der Corona-Maßnahmen mittlerweile miserablen wirtschaftlichen Lage und dem Abbau von Windkraftanlagen (bis zu 16 GW bis 2025 von aktuell 62 GW) in den nächsten Jahren wegen Wegfalls der EEG-Subventionen höchst anspruchsvoll.

An Abbildung 1 erkennt man auch ohne akademisches Studium, dass die zum Teil überschüssige, regenerativ erzeugte Energie 2020 auch in irgendwelchen Speichern oder gewandelt in Wasserstoff bei weitem nicht ausgereicht hätte, um die Stromversorgungslücken auch nur annähernd zu decken. Die zeitlichen Ziele, welche sich unsere Energiewendefreunde in Richtung Dekarbonisierung stecken, sind das reine Wunschdenken, das mit der Wirklichkeit, wie sie sich aktuell darstellt, recht wenig zu tun hat.  Da wird Geld ohne Sinn und Verstand zum Fenster hinausgeworfen. Natürlich in die Taschen der Klimaindustrie inkl. der Betreiber von in aller Regel nicht kleinen und zahlreichen Wasserstoffprojekte, die solange vollkommener Unfug sind, solange sie nicht mit tatsächlich überschüssigem, regenerativ erzeugtem (= sämtlicher Strom zur Deckung des deutschen Bedarfs wird aus regenerativen Energieträgern gewonnen) Strom betrieben werden.

Davon ist der in Deutschland produzierte Strom allerdings sehr weit entfernt, wie diese Woche wieder mal zeigt (Abbildung 2). Ich bin mal gespannt, wie die für die bundesdeutschen Abschaltorgien verantwortlichen Personen ihren Kopf aus der Schlinge ziehen wollen, wenn Kernkraft-, Braun- und Steinkohlestrom (Abbildung 3) nicht mehr zur Verfügung stehen, um den Grundbedarf Deutschlands zu decken. Das haben wir nicht gewusst, werden sie wohl kaum behaupten können.

Die Exportstrompreise waren für Deutschland in dieser Woche dank wenig Windstrom nahezu auskömmlich. Wären da nicht die beiden Stromlücken gewesen, welche durch Stromimporte geschlossen werden mussten. Da bezahlte Deutschland – wieder mal – Spitzenpreise, wieder mal die Höchstpreise der Woche (Abbildung 4).

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und die daraus generierte Tabelle ist unter Abbildung 5 abgelegt. Abbildung 6 enthält die Im-/Exportzahlen des aufgelaufenen Jahrs 2020 sowie die der 50. Woche.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 6.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 29,58 Prozent, davon Windstrom 16,90 Prozent, Sonnenstrom 1,41 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,27 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wenig Windstrom, wenig Sonnenstrom, wenig Bedarf. Die Konventionellen haben keine Probleme, den Strom passend hinzu erzeugen. Die Strompreise schwanken zwischen 33 und 55 €/MWh. Diese Nachbarn kaufen Deutschland den Strom an. Bemerkenswert: Polen, Tschechien, Schweden und Dänemark exportieren nach Deutschland. 

Montag, 7.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 32,54 Prozent, davon Windstrom 21,89 Prozent, Sonnenstrom 1,18 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,47 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Montag, Werktag: Der Bedarf steigt. Die Windstromerzeugung ebenfalls. Zum Ende des Tages nimmt die Windstromerzeugung wieder ab. Der Beginn einer Dauerflaute, unterbrochen von etwas Sonnenstromerzeugung. Bis Donnerstag, den 10.12.2020 gegen Mittag. Heute müssen die konventionellen Kraftwerke schon ganz kräftig Strom hinzuerzeugen, um den Bedarf zu decken. Sie schaffen es. Deutschland exportiert Strom (Immer per Saldo). Das Preisbild gleicht im Prinzip dem gestrigen. Wer kauft den Strom? Diese Nachbarn.

Dienstag, 8.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 21,60 Prozentdavon Windstrom 9,26 Prozent, Sonnenstrom 2,47 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,99 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken

Hängen im Wind- und Sonnenschacht. Die konventionelle Stromerzeugung schafft die Kante. Einige halten sich mit Ex- und Importstrom die Waage. Es entsteht keine Unterdeckung. Die Preise sind diese. Insgesamt auskömmlich. 

Mittwoch, 9.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 17,72 Prozentdavon Windstrom 6,96 Prozent, Sonnenstrom 0,63 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,13 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Noch mehr Hängen im Wind- und Sonnenschacht. Dennoch schaffen die Konventionellen die Hinzuerzeugung nahezu vollständig. Lediglich um 8:00 und um 11:00 Uhr muss Strom importiert werden. Der Preis liegt von 9:00 bis 14:00 Uhr bei 105 €/MWh. 17:00 Uhr werden 114 €/MWh aufgerufen. Dann steigen die Exporte Deutschland genau so stark, wie der Strompreis fällt. Der Markt funktioniert. Die Konventionellen können/wollen die Produktion nicht allzu stark drosseln. Der Donnerstag steht bevor. Mit sehr, sehr wenig Strom aus regenerativen Energieträgern. Das zeigt ein Blick auf die Wetterlage. Hängt die Windstille womöglich auch mit den zigtausenden Windenergieanlagen zusammen, die dem ohnehin geringen Windaufkommen die letzte Energie rauben?

Donnerstag, 10.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 16,67 Prozent, davon Windstrom 5,13 Prozent, Sonnenstrom 0,64 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,9 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Kaum Windstrom, fast kein Sonnenstrom. Auf See kommt die Windkrafterzeugung praktisch komplett zum Erliegen. An Land ist es kaum besser. Die konventionelle Stromerzeugung läuft wieder auf Hochtouren. Dennoch: Sie reicht von 7:00 bis 19:00 Uhr nicht, um den Strombedarf Deutschlands zu sichern. Der Importstrom muss von Deutschland teuer bezahlt werden. Von 72 bis 105 €/MWh reichen die Preise. Auch wenn ich mich wiederhole: Woher soll der Strom kommen, wenn 2030 die drei unteren Balken "weg" sind? Wobei der Kernenergiebalken ganz unten bereits Ende 2022 wegfällt, der schwarze Steinkohlebalken bereits nächstes Jahr dünner wird. 

Freitag, 11.12.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 35,12 Prozent, davon Windstrom 24,40 Prozent, Sonnenstrom 1,19 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,52 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wind kommt auf. Die Windstromerzeugung zieht an. Die Sonnenstromerzeugung ist weiter schwach. Die Stromerzeugung mittels Steinkohle wird gedrosselt. Deutschland exportiert Strom zu insgesamt auskömmlichen Preisen an diese Nachbarn.

Samstag, 12.12.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 28,57 Prozent, davon Windstrom 16,43 Prozent, Sonnenstrom 0,71 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,43 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken.

Zum Wochenende sinkt die regenerative Stromerzeugung wieder in Regionen, die unsere Freunde der Energiewende nicht sehen wollen. Gleichwohl sind sie Fakt. Da nutzt kein fester Glaube, da nutzt kein positives Denken: Es wird eben viel zu wenig Strom mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Und alle Geschichten (Speicher, Wasserstoff, virtuelle Speicher und und und) helfen da nicht weiter. Wie Abbildung 1 eindrucksvoll zeigt, wird gar nicht genug Strom regenerativ erzeugt, um den Bedarf zu decken. Auch wenn die „Strommenge Wind/Sonne“ verdoppelt würde.  

Kaum ein ökonomisch verträgliches Gelingen der Energiewende

In der Weihnachtswoche möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen Lesern und Kommentatoren zu danken. Einige Leser schreiben Kommentare an mich persönlich, die weit über das Übliche hinausgehen. Diese veröffentliche ich gerne, weil sie für alle Leser von Avhgut.com weiterführende Erkenntnisse bringen. An erster Stelle und stellvertretend für alle anderen möchte ich Peter Hager nennen, mit dem ich mittlerweile regelmäßigen Kontakt habe und der mit seinen Ausarbeitungen die Kolumne sinnvoll erweitert (heute: Abbildung 7). Aber auch viele, viele andere Leser tragen zur Wissens- und Meinungsvielfalt bei der Kolumne bei. Herzlichen Dank dafür.

Vor einigen Wochen trat ein Leser an mich heran und schlug vor, Auswertungsmodule zu den Werten z.B. von Agora bereitzustellen. Er würde diese programmieren. Unter Abbildung 8 sehen Sie, wie weit das Projekt fortgeschritten ist. Wir haben dafür eine eigene Internetseite kreiert. Wahrscheinlich wird sie im Januar 2020 veröffentlicht werden. Es ist sicher das, was sich viele Leser wünschen. Die Vielzahl von Werten in Sachen Strom/Energie kann strukturiert zusammengefasst und analysiert werden. Zeitnah und immer aktuell.

Nahezu durchgängig ist die Erkenntnis, dass bei allem Wohlwollen die Fakten, die Werte, die Analysen und weitergehenden Betrachtungen kaum ein ökonomisch verträgliches Gelingen der Energiewende hergeben. Nur ein weitgehend deindustrialisiertes Land kann mit natürlicher = höchst volatiler Energie bestehen und auskommen. Bedauerlich ist, dass "Wissenschaft", die Kolumne ist wissenschaftliche Arbeit in bestem Sinn, bei den oft ideologisch verbrämten Entscheidungsträgern keine Rolle spielt. Obwohl sie gerne und oft das Gegenteil behaupten.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt fast 5 Jahre den Politikblog  www.mediagnose.de

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Karsten Dörre / 22.12.2020

Bis zur Abschaltung der Kohle- und AKW stellen die Grünen den oder die Bundeskanzler/in. Vielleicht auch Doppelbundeskanzler, um niemanden zu benachteiligen. Die werden behaupten, die vorherigen Regierungen sind schuld.

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