Rüdiger Stobbe / 16.02.2021 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 15 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 5. Woche 2021

Die fünfte Analysewoche bietet das komplette Spektrum des Stromhandels, wenn regenerative Stromerzeugung mehr oder eben auch weniger stark involviert ist. Eine entscheidende Rolle kommt den Möglichkeiten und dem Geschick der Techniker und Ingenieure der konventionellen Stromerzeuger zu. Ihre höchst anspruchsvolle Aufgabe ist es jetzt noch, den Strombedarf Deutschlands zu sichern. Denn der regenerativ erzeugte Strom reicht dafür bei weitem nicht aus. Ist die Bedarfsdeckung, aus welchen Gründen auch immer, mittels Eigenerzeugung bundesdeutscher Kraftwerke nicht möglich, muss der fehlende Strom importiert werden. Weil Deutschland den Strom dringend benötigt, sind die Preise, die von Deutschland gezahlt werden müssen, entsprechend hoch. Dieser Sachverhalt ist zu Beginn der fünften Woche zu beobachten.

Zum Ende der Woche ist das Gegenteil der Fall. Da reicht der erneuerbar erzeugte Strom zwar auch nicht aus. Er hat sich in der Spitze gegenüber dem Wochenanfang aber vervierfacht. Musste zu Beginn der Woche noch Strom importiert werden, muss nunmehr überschüssiger Strom exportiert werden. Die konventionellen Erzeuger haben die Stein- und Braunkohlestromerzeugung sowie die Gasstromerzeugung massiv und – ich gehe davon aus – so weit möglich herunterfahren. Dennoch ist so viel Strom im Markt, dass er verschenkt werden muss. Manchmal sogar mit einem kleinen Bonus.

In der Wochenmitte gelingt die Nachführung, die Anpassung der konventionellen Stromerzeugung an die regenerative bis auf eine Ausnahme recht ordentlich. Es muss kein Strom verschenkt oder hinzugekauft werden. Die Ausnahme am 4.2.2021 von 16 bis 20 Uhr belegt, wie unberechenbar, wie schwer kalkulierbar die regenerative Stromerzeugung ist. Wurden um 12:00 Uhr nach knapp 30 GW regenerativ produziert, waren es um 16:00 Uhr nur noch gut 13 GW. Da kamen die Konventionellen nicht nach: Der fehlende Strom musste hochpreisig importiert werden. Von dieser Ausnahme abgesehen, bewegten sich die Preise in der Wochenmitte zwischen 30 und 60 €/MWh. Zahlungen, die Deutschland für den Strom kassierte, den es exportierte.

Bemerkenswert ist, dass der regenerativ erzeugte Strom auch in der fünften Woche nur zweimal ausgereicht hätte, wenn Wind- und Solarstrom doppelt so hoch gewesen wäre, als es tatsächlich der Fall war. In den 38 bisher analysierten Tagen des Jahr 2021 waren es insgesamt nur sechs Tage, an denen eine angenommene Verdoppelung Wind- und Solarstrom ausgereicht hätte, um den Strombedarf Deutschlands zumindest im Tagesdurchschnitt zu decken.

Die Tagesanalysen

Montag, 1.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 29,80 Prozent, davon Windstrom 17,22 Prozent, Solarstrom 1,99 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,6 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Montag, Werktag. Der Strombedarf ist hoch. Die regenerative Stromerzeugung ist ab Mittag gering. Die Konventionellen kommen nicht nach. Stromimporte werden notwendig. Es werden die höchsten Preise der Woche aufgerufen. Diese Nachbarn profitieren.

Dienstag, 2.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 28,86 Prozentdavon Windstrom 16,11 Prozent, Solarstrom 2,01 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,74 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Noch eine Preisspitze am heutigen Dienstag. Über Tag zieht die Stromversorgung mittels Wind- und Solarkraft an. Eine für Deutschland preisentspannte Wochenmitte wird ab Mittag eingeläutet. Die konventionellen Stromproduzenten passen ihre Erzeugung der regenerativen an. Die von Deutschland von diesen Nachbarn erzielten Exportpreise sind insgesamt nahezu auskömmlich.

Mittwoch, 3.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,80 Prozentdavon Windstrom 36,48 Prozent, Solarstrom 1,26 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,06 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Gut ein Drittel des heutigen Bedarfs wird über den Tag erzeugt. Den konventionellen Stromproduzenten gelingt die Nachführung. Spitzenpreise von über 50 €/MWh erzielt Deutschland für seinen Exportstrom. Natürlich wie immer per Saldo von diesen Nachbarn. Bemerkenswert: Frankreich exportiert die gesamte Woche Strom nach Deutschland.

Donnerstag, 4.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 39,10 Prozent, davon Windstrom 24,36 Prozent, Solarstrom 4,49 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,26 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ein entspannter Tag bis auf die oben bereits erwähnte Ausnahme. Die schnell fallende regenerative Stromerzeugung verursacht eine Stromlücke zur Vorabendzeit, die hochpreisig geschlossen werden muss. Die konventionellen Stromproduzenten konnten oder wollten die Lücke nicht schließen. Viele Nachbarn machten Preisdifferenzgeschäfte.

Freitag, 5.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 40,00 Prozent, davon Windstrom 27,10 Prozent, Solarstrom 2,58 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,32 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ein ertragreicher Tag für die bundesdeutsche Stromerzeugung. Gleichmäßige, eine für die Konventionellen gut nachführbare regenerative Stromerzeugung. Immer leicht über dem Bedarf. Der Handelstag fällt wieder durch die hohen Stromexporte Frankreichs nach Deutschland auf. Der Südwesten benötigt Strom. Strom, der dort seit dem Abriss des Kernkraftwerks Philippsburg eben aus Frankreich kommt.

Samstag, 6.2.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,67 Prozent, davon Windstrom 48,00 Prozent, Sonnenstrom 2,00 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,67 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken & Sonntag, 14.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,33 Prozent, davon Windstrom 53,33 Prozent, Sonnenstrom 1,33 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,67 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Das Wochenende bringt viel erneuerbar erzeugten Strom. Die konventionellen Kraftwerke können nicht so stark gedrosselt werden, dass die Übererzeugung gering bleibt. Also fallen die Preise zeitweise ins Bodenlose. Die beiden Handelstage im Detail.

Peter Hager aus Lauf in Franken hat wesentliche Zahlen zur E-Mobilität zusammengestellt:

Wie vermutet sind die PKW-Neuzulassungen im Monat 01/2021 stark eingebrochen:

Gesamt: 169.754 (gegenüber dem Vorjahr -31,1%)

  • Hybrid (inkl. Plug-in): 45.449 (gegenüber dem Vorjahr +47,5%)
  • E-Antrieb: 16.315 (gegenüber dem Vorjahr +117,8%)

Mehr Zulassungen gegenüber dem Vorjahresmonat hatten bei den Herstellern lediglich:

  • Tesla: 453 Fahrzeuge (gegenüber dem Vorjahr +23,4%)
  • Volvo: 3.624 (gegenüber dem Vorjahr 9,4%)

Der Anteil an gewerblichen Anmeldungen lag im Gesamtjahr 2020 lag bei 63%. Wenn man 01/2021 mit 12/2020 vergleich schaut die Situation auch bei der E-Mobilität negativ aus:

Gesamt: 169.754 (gegenüber 12/2020: -45,5%)

  • Hybrid (incl. Plug-In): 45.449 (gegenüber. 12/2020: -43,9%)
  • E-Antrieb: 16.315 (gegenüber 12/2020: -62,6%)

Damit dürfte die MwSt. – Reduzierung im 2. Halbjahr von 2020 einen beträchtlichen Vorzieheffekt bei den Neufahrzeugen gehabt haben.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

 

Rüdiger Stobbe betreibt fast fünf Jahre den Politikblog www.mediagnose.de.

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g.schilling / 16.02.2021

@RMPetersen: Als nächstes werden die Leute Licht in Säcken fangen, um es nach Sonnenuntergang in den Wohnungen wieder frei zu lassen. Das nennt man dann Kreislaufwirtschaft.

g.schilling / 16.02.2021

“Bürger werden mit Hilfe der Nationalgarde in “Wärmezentren” evakuiert. Die Windräder sind eingefroren…” Amerika könnte doch hier das Flüssiggas, das sie uns aufdrängen wollen, bestens selber verbrauchen. Aber es gibt wahrscheinlich keine Verbrennungsmöglichkeit mehr. So schön funktioniert die neue Energiewelt! Weil wegen ““Klimaerhitzung”” gibt es ja keine Winter mehr.

Peter Hager / 16.02.2021

@Hermine Mut: Wenn eine 20 Jahre alte PV-Anlage noch einwandfrei läuft ist diese viel zu schade für die Entsorgung (Ressourcenverschwendung wie von Ihnen zu recht angesprochen). Besitzer von Ü20-Anlagen können mit der im Dez. 2020 verabschiedeten EEG 2021 Novellierung ganz gut leben. Eine Einspeisung ist weiter zulässig und zugleich kann der PV-Strom selbst genutzt werden (die Eigenstromnutzung ist bis 30 kWp möglich ohne Zahlung der EEG-Umlage). Bei Eigenstromnutzung ist zudem kein Einbau eines Smart Meter erforderlich (für Anlagen bis 7 kWp). Die Einspeisevergütung nach durchschnittlichem Marktpreis halte ich für fair (schliesslich sind die Anlagen abgeschrieben und wurden 20 Jahre gut vergütet) und die Vermarktungsvergütung von 0,4 Cent / kWh finde ich angemessen (der Betreiber muß sich nicht um die Selbstvermarktung kümmern). Den nachträglichen Einbau eines Batteriespeichers gilt es sorgfältig abzuwägen, denn dieser sowie Eigenstromverbrauch und PV-Anlagengröße sind unbedingt aufeinander abzustimmen.

Peter Hager / 16.02.2021

@Detlef Fiedler: Sie haben recht. In den Zulassungszahlen dürften sicher etliche Händlerzulassungen enthalten sein, insbesondere wenn neue Modelle auf den Markt kommen. Nachdem insbesondere im 2. Halbjahr 2020 auch viele Privatkunden die Senkung der Mehrwertsteuer zum Kauf genutzt haben ist in 01/2021 der Anteil an gewerblichen Anmeldungen wieder auf über 71% gestiegen. Generell ist bei den E-PKW noch viel Bewegung beim Ranking nach Herstellern und Modellen festzustellen. So liegt z.B. Tesla trotz der Steigerung von über 23% ggü 01/2020 beim Hersteller-Ranking auf Platz 12 mit 2,8% Marktanteil (im Gesamtjahr 2020 auf Platz 3 mit 8,6%) . Bei den beliebtesten Modellen im Januar 2021 kommt das Model 3 von Tesla mit 422 Stück ebenfalls nur auf Rang 12 .  

Thomas Brox / 16.02.2021

@ giesemann gerhard. Bei der Verrechnung unserer horrenden Stromimporte und potentiellen Bonuszahlungen (bei Exporten) über Target-2 gibt es zwei kleine Problem. Wichtige Stromlieferanten oder Abnehmer sind nicht im Euro: Polen, Tschechien, Dänemark, Schweden, Schweiz. Mit Ausnahme von Frankreich tauschen wir mit den wichtigsten Target-2 Schuldnern keinen Strom aus. ++ Die Target-2 Forderungen Deutschlands betragen aktuell 1060 Milliarden Euro, realistisch gesehen verlorenes Volksvermögen.

M. Haumann / 16.02.2021

Und in Texas sind derzeit wegen eines heftigen Kälteeinbruchs Millionen Haushalte ohne Strom. Bei bis zu -39 Grad. Die Bürger werden mit Hilfe der Nationalgarde in “Wärmezentren” evakuiert. Die Windräder sind eingefroren…

F. Auerbacher / 16.02.2021

Herr Stobbe, ich kann ja nicht jede Woche dasselbe schreiben, aber immer mal wieder doch. Ihre Kolumne ist erhellend und zeugt von enormem Fleiß und Sachverstand. Herzlichen Dank dafür!

Hermine Mut / 16.02.2021

Haben vor einigen Tagen erklärt bekommen, dass unsere 2003 installierte PhV-Anlage, die damals ca 36 000.-EUR gekostet hat und jährlich 3500 kwh “erntet” nach Ablauf der 20 Jahre Einspeisvergütung praktisch Müll sein wird, weil für den eingespeisten Strom keine Vergütung mehr zu erwarten sei und der zusätzliche Bau eines Speichers genauso teuer, wie eine neue Kombination von Photovoltaikanlage + Batterie wäre, die dazuhin noch leistungsfähiger sei. Welch krasse Ressourcenverschwendung !  Fehlt noch die entsprechende Abwrackprämie -      Öko-Industrieller-Komplex, ick hör dir trapsen .

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