Rüdiger Stobbe / 05.02.2019 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 16 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 4. Woche 2019

Von Rüdiger Stobbe.

Eine Kolumne, die sich mit der Herkunft des Stroms in Deutschland beschäftigt, muss selbstverständlich den Abschlussbericht der sogenannten Kohlekommission thematisieren. Nachdem bereits in der letzten Woche ein spezifischer Aspekt – die Abschaltung von 12,5 GW installierter Kohlekraftwerksleistung – behandelt wurde, steige ich nach der Analyse der 4. Woche Stromerzeugung in Deutschland, etwas tiefer in das Thema Kohleausstieg ein. Zunächst aber die Wochenanalyse 4. Woche 2019 auf der Datenbasis der vom Fraunhofer ISE bereitgestellten energy-charts

Das schöne Winterwetter, das sich am Freitag der 3. Woche bereits andeutete, hielt an. Sonnenschein und oft fast kein Wind. Dabei angenehme Temperaturen, etwas höher als der Gefrierpunkt. Leider kein Wetter für die Energieträger Wind und Sonne. Die Sonne steht im Winter tief, hat wenig Kraft. Der Wind ruhte weitgehend. Folge: Kaum Strom durch Wind- und Sonnenkraftwerke. Schauen Sie sich die Tabelle mit den detaillierten Zahlen an. Bitte insbesondere auch die Ex- und Importdaten vom 24.1.2019. Das ist wichtig, weil an diesem Tag auf den ersten Blick gemäß des aus der Tabelle entwickelten Charts kein Strom exportiert wurde. Dieser Eindruck ist nicht richtig. Lediglich der Saldo beträgt 0 TWh. Faktisch wurden 0,05 TWh importiert und 0,05 TWh exportiert. Hier nun die Wochenanalyse. Klicken Sie auf das Tagesdatum und das jeweilige Chart klappt mit den wesentlichen Infos auf.

Erneuerbare im Tief

20.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 20,14 Prozent

Mit 0,12 TWh wird sehr wenig Wind- und Sonnenstrom erzeugt. Lediglich Biomasse und Wasserkraft – zuverlässige, aber kapazitätsmäßig nahezu ausgereizte erneuerbare Energieträger heben die Erneuerbaren gesamt auf 0,29 TWh. Was trotzdem nur 1/5 der Gesamtstromerzeugung ausmacht. Der Stromexport übersteigt mit 0,2 TWh die erzeugte Strommenge aus Wind und Sonne um 0,08 TWh. Das ist festzuhalten, weil immer wieder gerne behauptet wird, Deutschland exportiere den überschüssigen Wind- und Sonnenstrom.

21.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 21,51 Prozent

Etwas mehr Wind. Trotz Biomasse und Wasserkraft ist der prozentuale Anteil der Erneuerbaren dennoch kaum höher als gestern, am Sonntag. Montags wird mehr Strom gebraucht. Die konventionelle Stromerzeugung steigt von 1,15 TWh auf 1,35 TWh. Exportiert werden 0,19 TWh. 0,01 TWh weniger, als Wind- und Sonnenkraftwerke an diesem Tag geliefert haben.

22.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 27,72 Prozent

Obwohl sich die Windstromproduktion gegenüber dem 21.1.2019 mehr als verdoppelt, trotz Biomasse und Wasserkraft werden nicht mal 30 Prozent Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromproduktion (1,84 TWh) erreicht. Der Nettostrombedarf in Deutschland lag an diesem Tag bei 1,59 TWh. Also wurden 0,25 TWh exportiert.

23.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 21,88 Prozent

Wieder nur etwas mehr als 1/5 tragen die Erneuerbaren zur Gesamtstromerzeugung bei. Erzeugter Wind- und Sonnenstrom fallen wieder auf 0,2 TWh. Ohne Wasserkraft und Biomasse sind das gerade mal 11,5 % der Gesamtstromerzeugung (1,74 TWh) an diesem Tag. Zur Erinnerung: Ende 2018 betrug die installierte Leistung der Wind- und Sonnenkraftwerke über 50 Prozent der installierten Gesamtleistung.

24.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 15,34 Prozent

Ein schwarzer Donnerstag für die Wind- und Sonnenstromerzeugung. 0,07 TWh, verteilt auf 0,05 TWh Windstrom und 0,2 TWh Sonnenstrom, wurden erzeugt. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass eine Verdoppelung der Wind und Sonnenkraftwerkskapazitäten zum Beispiel beim Windstrom 60.000 – auch in Wald hinein gebaut – statt 30.000 Windräder heute, in Deutschland auch nur maximal 0,14 TWh liefern würde. An diesem Tag war der Saldo Ex-, Import gleich Null. 0,05 TWh wurden exportiert. 0,05 TWh wurden importiert. Woher, wohin, können Sie in der Tabelle sehen.

25.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 22,49 Prozent

Auch heute ist das Ergebnis Wind- und Sonnenstrom unbefriedigend. Nur 0,21 TWh bringen die beiden Energieträger auf die Waage. Wiederum nur gut 1/5 tragen sie gemeinsam mit Biomasse und Wasserkraft zur heutigen Gesamtstromerzeugung (1,69 TWh) bei. 12,42 Prozent wären es, wenn nur Wind- und Sonne gewertet würden. 0,1 TWh werden exportiert.

26.1.2019 Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 41,46 Prozent

Aufatmen bei der Windwirtschaft. Endlich weht er wieder, der Wind, der zwar ein erneuerbarer und kostenfreier Energieträger ist, dem gleichwohl nicht zu trauen ist. Heute werden mit 0,52 TWh Strom aus Wind und Sonne zwar nur gut die Hälfte des Spitzenwerts vom 8.1.2019 erreicht. Aber immerhin. Die konventionelle Stromerzeugung fällt unter 1 TWh. 0,29 TWh werden exportiert, so dass die Erneuerbaren bei insgesamt recht wenig Bedarf (1,35 TWh netto) – es ist Samstag – zu einem Ergebnis kommen, das in etwa im Durchschnitt liegt. 

Vollständige AKW-Abschaltung bis 2022? Eher nicht.

Wobei Durchschnitt eben nur Durchschnitt ist. Strom muss genau dann erzeugt werden, wenn er gebraucht wird. Die Speicherproblematik ist nicht mal ansatzweise gelöst. Wenn sich solche Tage wie in dieser Woche häufen – 2018 erzeugten an 40 Tagen sämtliche  Windkraftanlagen in Deutschland jeweils unter 0,1 TWh Strom – dann ist die Versorgungssituation ohne ausreichende konventionelle Back-up-Kraftwerkskapazitäten gefährdet. Wenn es nicht Kohle- oder Atomkraftwerke sein sollen, bleibt nur der Strom aus Gas. Gas, das importiert werden muss. Gas, das teuer ist. Gas, das bei der Verbrennung – wenn auch weniger als Kohle – CO2 übriglässt. 

Die Sicherstellung der Versorgung mit genügend Strom ist der Aspekt, der für meine Analysen zunächst vorrangig ist. Hier zunächst auch nur der Zeitraum bis 2022. Das Jahr steht praktisch vor der Tür. 2022 soll der Ausstieg aus der Kernenergie komplett vollzogen und die Abschaltung von 12,5 GW durchgeführt worden sein. Plus weiterer Ausbau der Erneuerbaren. Alles andere steht in den Sternen. Wobei ich die vollständige AKW-Abschaltung bis Ende 2022 noch nicht so sehe. Warum? 

Die Empfehlungen des Abschlussberichts zum besagten Zeitraum bis 2022 sind recht überschaubar. Die installierte Leistung Kohlekraftwerke gesamt soll auf 30 GW (Gigawatt) reduziert werden. Zur Erzeugung des 2018 insgesamt erzeugten Kohlestroms – in etwa 207 Terawattstunden (TWh) – ist eine installierte Leistung von 23,6 GW nötig. 30 GW verbleibende Leistung reichen aus, um die 2018 benötigte Kohlestrommenge plus Reserve zu erzeugen. Die Ersparnis CO2 ist gleich Null. Im Bericht ist vorgesehen, die freiwerdenden Emissionszertifikate nicht weiter zu verkaufen. Es soll ja nicht das theoretisch (faktisch durchaus nicht) eingesparte CO2 in Deutschland womöglich anderswo erzeugt werden. Diese Erhöhungsvermeidung CO2 (Keine CO2-Ersparnis in Deutschland, aber auch keine anderswo in Europa) kostet den Steuerzahler sicher eine ganze Menge Geld. Weil werthaltige Emissionsrechte eben nicht verkauft werden. 

Für das Verständnis meiner Ausführungen ist es notwendig, ein wenig Kenntnis von den Maßeinheiten und deren jeweilige Verwendung im Strombereich zu haben. Gehen Sie bitte auf diese Seite.

Die Politiker-Sachkenntnis ist oft mehr als schwach

Die versprochenen Informationen zur Aktuellen Stunde im Bundestag am 31.1.2019  in Sachen Kohleausstieg können Sie hier abrufen. Da reden die Leute, die später darüber entscheiden, wie was gemacht wird. Wo, in welchen Taschen die Millionen, Milliarden und Abermilliarden Energiewende-Euro landen werden. Die Sachkenntnis ist oft mehr als schwach. Ein wirklich abschreckendes Beispiel: Rita Schürzelühr-Sutter, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. Sehen und hören Sie selbst.

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Leserpost

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toni Keller / 05.02.2019

Es ist natürlich durchaus richtig, dass die Menschheit jahrzehntausendelang ohne elektrischen Strom existiert hat, aber 1. war das Leben damals bedeutend mühsamer und auch kürzer,  und 2. sehe ich kein Land der Welt, dass den deutschen Irrsinn mitmacht, Davon noch mal abgesehen frage ich mich ernsthaft warum kein Grüner den Einfluss der Windräder auf das Wetter, thematisiert? Es kann doch nicht sein, dass man meint der untersten Luftschicht in großem Stil Bewegungsenergie entziehen (via Windrad in elektrische Energie umwandeln) zu können und meint dass das keinen Einfluss habe wird!

Karla Kuhn / 05.02.2019

Herr Auer, “Ich bin zwar nur gelernter Elektriker…”  Sind Sie froh, daß Sie GELERNTER Elektriker sind. Mal sehen wie die Sache in ca. zehn Jahren aussieht, ob es da überhaupt noch Elektriker gibt. Handwerker werden wahrscheinlich im Merkelland eines Tages genau so wie “ROHE EIER”  damals, in Grauer Vorzeit, in der DDR behandelt. Die meisten haben eher einen Termin beim Facharzt bekommen als einen Handwerker. Wir hatten Glück und jede Menge Beziehungen und WESTGELD aber die anderen, die das nicht hatten, waren arme Teufel.

Jürgen Teuber / 05.02.2019

Sehr geehrter Herr Stobbe. Ihre Ausführungen sind sehr aufschlußreich. Mich würden in diesem Zusammenhang aber noch folgende Fragen interessieren: 1. Was kostet den deutschen Stromkunden die Herstellung regenerativer Energie pro Einheit (denn diese Energie wird in der Regel exportiert)? 2.  Was bezahlt der Empfänger im Mittel für diesen Strom pro Einheit? 3. Was bezahlt der deutsche Stromkunde für den Strom, der zur Netzsicherheit/-stabilität aus dem Ausland importiert werden muß pro Einheit? Läuft es womöglich darauf hinaus, daß wir teuer erzeugten Strom billig exportieren, um bei Bedarf teuren Strom zu importieren?

Mathias Bieler / 05.02.2019

In besagter Woche fuhr ich an einem Solarpark vorbei. Alle Paneelle waren zentimeterdick eingeschneit. Schemenhaft sah ich durch den Nebel in einigen Abstand stillstehende Windräder wahr. Sicherlich ein “bedauerlicher Einzelfall” in diesem unserem Lande.

Peter Wachter / 05.02.2019

Warum bloß verhält sich manchmal oder meistens, die fachliche Kompetenz, umgekehrt proportional zur Länge des Namens. Gibt es da nicht ne fachliche Untersuchung von dem Wissenschaftler Herrn Loriot ?

Andreas Stüve / 05.02.2019

Man höre die Rede der Frau Schürzelühr-Sutter (Nomen ist Omen). Nach diesem Genuß versteht sogar ein Tauber, welch hochqualifizierte Staatssekretäre bei uns werkeln. Ich dachte zuerst, die Rede wäre auf einem Grünen-Parteitag aufgenommen worden. Mitnichten. Außer Durchhalteparolen a la DDR (Den Sozialismus in seinem Lauf…) oder des Dritten Reiches (“Endsieg”) sowie respektloser, ungehöriger Polemik ggü. der FDP ( namentlich Hr. Lindner) und AfD hatte die Dame NICHTS zu bieten. Wer solcherart Politiker in seinem Parlament alimentiert, braucht sich um den weiteren Niedergang seines ehemals wunderbaren Landes nicht weiter zu kümmern.

H.Schmidt / 05.02.2019

Das der Strom aus der Steckdose kommt ist ein alter Grünen-Witz. Man klebte sich damals sogar Aufkleber aufs Auto mit dem Spruch nur um den einen oder anderen evtl. zu ärgern. Wie und vor allem woher die Strom aber in die Steckdose kommt, interessiert 80% der Deutschen offensichtlich nicht, sonst würden sie evtl. anders wählen.

Karsten Dörre / 05.02.2019

Wenn Strom aus Kohle und Kernkraft abgeschafft, bezieht Deutschland Strom aus Nachbarländern - aus Kernkraft und Kohle. Alles gut!

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