Rüdiger Stobbe / 01.09.2020 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 6 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 34. Woche

An drei Tagen der 34. Woche (Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen und mehr) war die Windstromerzeugung – unerwartet? – schwach. Die Sonnenstromerzeugung war auch nicht befriedigend für Hochsommerzeiten. Die Folge waren zum Teil sehr hohe Preise (Abbildung 1), die Deutschland für den Import fehlenden Stroms an seine Nachbarn bezahlen musste. Dafür waren die Exportpreise über die Mittagsspitze, wenn Deutschland einen Stromüberschuss erzeugte, niedrig. Was unsere Nachbarn gerne zu rentablen Preisdifferenzgeschäften nutzen (Abbildung 2).

Der Überschuss ist kein rein regenerativ erzeugter Strom. Der Überschuss besteht unter dem Strich immer aus dem Strommix, den Deutschland insgesamt erzeugt. Einen echten, rein mittels erneuerbarer Energieträger erzeugten Stromüberschuss hat es in Deutschland noch nicht einmal für eine einzige Stunde gegeben. Auch Windräder werden manchmal abgeschaltet. Auch wenn dem nicht so wäre, würde der Strom nicht reichen (Abbildung 3).

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart finden Sie unter Abbildung 4. Unter Abbildung 5 sind die Im- und Exportdaten des aufgelaufenen Jahres 2020 und der 34. Woche abgelegt. 

Die Tagesanalysen

Sonntag, 16.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,32 Prozent, davon Windstrom 11,61 Prozent, Sonnenstrom 22,32 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,39 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Strompreise des heutigen Tages liegen zwischen 20 und 40 €/MWh. Bemerkenswert ist, dass die Niederlande und auch Frankreich über Tag günstig Strom an Deutschland verkaufen, um ihn am Abend relativ teuer einzukaufen. Die Schweiz und Österreich hingegen, machen es – wie immer – umgekehrt.

Montag, 17.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 36,29 Prozent, davon Windstrom 9,68 Prozent, Sonnenstrom 13,71 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,90 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute beginnt die dreitägige Windstromflaute, kombiniert mit recht geringer Sonnenstromerzeugung. Am Morgen kann Deutschland den fehlenden Strom noch zum Preis von um die 40 €/MWh zukaufen. Am Abend müssen hingegen über 60 €/MWh hingelegt werden. Vor allem die Schweiz und Frankreich liefern den fehlenden Strom. Österreich macht kluge Preisdifferenzgeschäfte. 

Dienstag, 18.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 34,29 Prozentdavon Windstrom 6,40 Prozent, Sonnenstrom 15,20 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,80 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Ein ähnliches Bild wie gestern. Allerdings muss Deutschland am Morgen und am Abend in der Spitze weit über 50 €/MWh für den Stromimport bezahlen. Als über Mittag etwas Stromüberschuss erzeugt wird, fällt der Preis. Österreich profitiert. 

Mittwoch, 19.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung Über WordPress 36,22 Prozentdavon Windstrom 4,72 Prozent, Sonnenstrom 18,90 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,6 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Tag 3 der Flaute.

Auch heute werden morgens und abends wieder Spitzenpreise aufgerufen. Nur in der Nacht bis 5:00 Uhr ist der Strompreis verhältnismäßig moderat. Die Nachfrage ist insgesamt gering. Wer profitiert von der Preisachterbahn? Zum Abend deutet sich das Ende der Windstromflaute an. 

Donnerstag, 20.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,28 Prozent, davon Windstrom 14,93 Prozent, Sonnenstrom 16,42 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,94 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

In der Tat. In der Nacht zum Donnerstag zieht die Windstromerzeugung an. Um über Tag wieder abzusinken. Doch in der Nacht zum Freitag erholt sich die Windstromerzeugung nachhaltig. Bevor es allerdings soweit ist, zahlt Deutschland für den am Abend fehlenden Strom noch fast 64 €/MWh. Das macht um 19:00 Uhr gut 458.000 €. Wäre es da nicht wirtschaftlicher, den Strom selber zu erzeugen? 

Freitag, 21.8.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,33 Prozent, davon Windstrom 26,67 Prozent, Sonnenstrom 15,56 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,11 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute pendelt sich das Preisniveau zwischen 20 und gut 40 €/MWh ein. Verkaufter Strom ist günstig, eingekaufter Strom ist teuer. Ausnahme: Frühmorgens. Die Niederlande exportieren annähernd den kompletten Tag Strom nach Deutschland. 

Samstag, 22.8.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,33 Prozent, davon Windstrom 36,36 Prozent, Sonnenstrom 11,57 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,40 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Einstieg ins Wochenende bringt richtig viel Windstrom. Die Strompreise fallen mit etwas über 4 €/MWh über Mittag Richtung Null-Linie. Werden sie am Sonntag negativ werden? Ja sicher! Mit Tief Kirsten wird es nächste Woche richtig knackig, was die volatile Stromerzeugung anbelangt. Es kommt zu einem echten Windstrombuckel. Und mit 90 €/MWh wird ein echter Spitzenpreis fällig. Für wen? Nächste Woche mehr dazu.

Obwohl bei richtig viel Wind- und Sonnenstrom die Strompreise regelmäßig in den Keller oder tiefer gehen, soll die Stromerzeugung mittels Windkraft und Photovoltaik weiter ausgebaut werden. Geld spielt offensichtlich keine Rolle. Es ist schließlich nicht das eigene. Geplant ist ein "Investitionsbeschleunigungsgesetz" in Sachen Windkraftanlagen. Was das bedeutet, beschreibt Achgut-Gastautor Justus Lex in diesem Achgut.com Beitrag. 

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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Monika Diekmann / 01.09.2020

Herr Rüdiger Stobbe, danke für Ihre ausführlichen Beiträge, sie sind wie ein Tagebuch, und wichtig für spätere Zeiten.

Klaus Kalweit / 01.09.2020

Altmaier “will” jetzt schnelleren Ausbau der Windkraft. Dazu sollen Gemeinden 0,2 Cent pro kWh bekommen und Hausbesitzern, denen die Anlagen dann dichter als bisher erlaubt an die Grundstücksgrenzen gesetzt werden, sollen verbilligten Strom zur Entschädigung angeboten bekommen. Das ist angeblich erforderlich, um das gesetzte Ziel von 65 % erneuerbarer Energie bis 2030 zu erreichen. Ich finde es ehrlich gesagt zum ..., uns willkürliche Ziele vorzusetzen und dann auf Erfüllung zu pochen. Doch das nur nebenbei. Und natürlich sind die Sonnenstromprofiteure nun alarmiert und fordern mehr Förderungen. Mir leuchtet absolut nicht ein, wie das in Zukunft ohne Kern- und Kohlestrom und ohne ganz gewaltige Speicherung funktionieren soll, aber ich bin ja auch nicht so klug wie der Altmaier und seine Berater.

Thomas Brox / 01.09.2020

Die Proteste gegen die Selbstermächtigung des Regimes wegen Corona lenken natürlich vom Desaster der Energiewende ab. Die Energiewende wirkt nicht so spektakulär wie diese Vorgänge, aber umso tödlicher. Die Ablenkung wird das Regime sicherlich nutzen um klammheimlich weitere Maßnahmen durchzudrücken, wie zum Beispiel das “Investitionsbeschleunigungsgesetz“. Vermutlich werden jetzt auf Teufel komm raus Windräder und Solaranlagen gebaut. Schließlich werden alle Kernkraftwerke bis 2022 abgeschaltet. Die neuen Windräder und Solaranlagen lösen zwar das Problem des Zufallsstroms nicht, aber unsrer Nachbarstaaten können dann noch viel mehr Geld verdienen. Der Strompreis wird weiter steigen. Die Erhöhungen werden durch Steuern über den Bundeshaushalt bezahlt, damit die “Gäste” und das indigene Prekariat nicht randalieren. Durch die Quersubventionierung wird die Energiewende noch bürokratischer und intransparenter, der echte Strompreis wird dadurch vertuscht.

Andreas Rühl / 01.09.2020

Ich verfolge die Datenlage, seitdem die Achse sie veröffentlich, danke für den Autor, der sich diese Arbeit macht! Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass in den zuständigen Ministerien diese Daten nicht bekannt sind, es sind ja keine Geheimnisse. Die banalen Tatsachen: Ohne unsere Nachbarn, als Stromabnehmer oder -lieferanten wäre das deutsche Stromnetz schon mehrmals zusammengekracht. Und zwar nicht, weil irgendwelche Kalamitäten die Erzeugung des Strom beeinträchtigt hätten, sondern weil schlicht und ergreifend der Strom volatil erzeugt wird und es keinerlei Möglichkeit gibt, Über- und Unterkapazitäten anders auszugleichen als durch massiven Export und Import. Wenn dem so ist, dann frage ich mich, was davon als Information die Fachminister erreicht? Das können ja nicht nur Jubelarien sein. Laufen die Abteilungsleiter da gegen Wände? Reden Sie mit tauben oder blinden Ministern? Es kann doch nicht ernsthaft der Fall sein, dass diese Faktenlage völlig ignoriert wird, dann müsste man ja von einer Dummheit in dreifacher Potenz ausgehen. So ideologisch verblödet kann doch kein Mensch sein, der in unserem Land Verantwortung trägt. Die Vorstellung allein, dass das ganze Netz kollabiert - mit tagelangem Ausfall, bis es wieder “hochgefahren” ist - muss doch bei jedem Verständigen zu der Erkenntnis führen, dass volatile Stromerzeugung nur dann verantwortbar ist, wenn man zugleich über Technologien verfügt (und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt), die die Stabilität des Netzes gewährleisten. Diese Technologien existieren aber nicht. Daher verbietet sich die volatile Stromerzeugung derzeit schlicht. So einfach ist das. Aber offenbar bereits zu kompliziert für die Entscheidungsträger im Land.

Peter Hager / 01.09.2020

@Hagen Müller: Die von Ihnen beschriebenen kurzen Stromunterbrechungen werden häufig durch Umschaltungen im Netz verursacht (bedingt u.a. durch Überkapazitäten oder Unterkapazitäten bei den volatilen Energieerzeugern). Dies kann sich in Produktionsbetrieben so auswirken, dass z.B. speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) in den “Stop-Modus” gehen und Anlagenteile oder eine Anlage steht. Selbst wenn keine materiellen Schäden auftreten kann ein Wiederhochfahren durchaus zeitintensiv sein. Diese kurzen Netzunterbrechungen gehen nicht in die SAIDI-Kennzahl (System Average Interruption Duration Index) der Bundesnetzagentur ein (hier werden nur Versorgungsunterbrechungen mit einer Dauer über drei Minuten berücksichtigt). Um solchen kurzen Netzunterbrechungen vorzubeugen werden häufig für die Stromversorgung von Automatisierungskomponenten wie SPS zusätzlich zu den AC/DC-Netzgeräten sog. Puffermodule (ausgestattet mit Hochleistungskondensatoren) eingesetzt. Diese können dann Netzausfälle bis zu mehreren Sekunden überbrücken.

Hagen Müller / 01.09.2020

Die 34. Woche war es auch, wo zweimal in unserer Firma kurze Stromunterbrechungen (<1sec.) registriert wurden (Wiedereinmal, es häuft sich langsam). Einmal ca. 12:30, einmal ca. 17:30. Ich vermute, es waren Netzumschaltungen im Spiel. Das gesamte Variete stand still, lediglich ein alter Kompressor ohne Elektronik ging nicht auf Störung, Die Werker haben im ø dann 0,5- 1 Stunde zu tun, alles wieder in Gang zu setzen. Wir werden jetzt darüber Buch führen.

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