Rüdiger Stobbe / 19.05.2020 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 4 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 19. Woche

Die 19. Woche zeichnet sich durch wenig Windstromerzeugung, recht ordentlicher Sonnenstromerzeugung und einer nahezu permanenten, gewollten Stromunterdeckung aus, was aus der 19. Woche eine Stromimportwoche machte. 5 Tage lang wurde per Saldo mehr Strom aus dem benachbarten Ausland importiert, denn exportiert, wie an der Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart schön zu erkennen ist.

Lediglich am Dienstag und Mittwoch wurde unter dem Strich etwas mehr ex- denn importiert. Die Strategie der Stromunterdeckung hat für Deutschland den Vorteil, dass in jedem Fall weniger CO2 ausgestoßen wird. Alle Emissionen werden dem Land angerechnet, welches den Strom herstellt. Auch wenn er anschließend verkauft wird. Bei der Kernkraft kommt ein ähnlicher Effekt zum Tragen. Importiert Deutschland (Jahreswerte: Hier klicken) unter anderem Strom aus Frankreich, enthält der Strommix ca. 70 Prozent Kernenergiestrom. Strom aus der Schweiz enthält um die 30 Prozent Kernenergiestrom (Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle Abbildungen und Mehr). Das ist jeweils mehr als der Anteil der Kernenergie am deutschen Strommix.

Dennoch kann von sogenannten Atomgegner-Klimaschützern gesagt werden, dass Deutschlands Strommix demnächst, genau in 2 Jahren, frei von Atomstrom ist. Weil Deutschland den Atomstrom nunmehr importiert. Lieber Sankt Atomian, verschon mein Land, verseuch die Schweizer und das Frankreichland. Wie zynisch die Sache mit dem deutschen Atomausstieg ist, belegt der Ausschnitt aus den ZDF-Heute-Nachrichten (Abbildung 1). Das Umspannwerk, das für lockere 30 Millionen Euro auf dem Gelände des Kernkraftwerks Philippsburg gebaut wird, dient dazu, Kohlegleichstrom aus NRW in Wechselstrom für Baden-Württemberg umzuwandeln. Die Kosten (Abbildung 2) für den Netzknoten Philippsburg liegen insgesamt bei einer Milliarde Euro. Kohlestrom ist gleich CO2-Strom.

Das ist genauso bigott wie die Stromleitung aus dem rheinischen Braunkohlerevier nach Belgien (Abbildung 3). Da soll Braunkohlestrom den Atomstrom aus Tihange ersetzen. Die beiden Beispiele belegen, dass die Ideologie "Atomkraft: Nein danke!" weit vor der Weltenrettungsideolgie "CO2 muss weg, sonst verbrennt die Welt" steht. Der Gipfel dabei ist: Der wegfallende Atomstrom wird durch Atomstrom aus dem Ausland ersetzt. Eine feine Leistung der Volksverdummung und Entlarvung auf dem Weg zur Deindustrialisierung Deutschlands. 

Tagesanalysen

Sonntag, 3.5.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 57,61 Prozent, davon Windstrom 16,30 Prozent, Sonnenstrom 21,74 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 19,57 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der Strombedarf Deutschlands ist gering. Der Wind weht schwach und schwächer. Der Strompreis ist im Keller. Der Lediglich zum Abend zieht er etwas an. Da benötigt Deutschland besonders viel Strom zusätzlich. Die Schweiz, Dänemark und Frankreich liefern. Wie den ganzen Tag über. Tschechin und Österreich machen Strompreis-Differenzgeschäfte.

Montag, 27.4.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 46,85 Prozent, davon Windstrom 16,22 Prozent, Sonnenstrom 14,41 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,22 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Um 8:00 Uhr zahlt Deutschland eine Spitzenpreis für etwa 9 GW. Den ganzen Tag importiert Deutschland Strom. Auch wenn die Windstromerzeugung über Tag anzieht: Es reicht nicht. Nach Sonnenuntergang steigt der Preis etwas, liegt aber – vom Morgen abgesehen – im Niedrigbereich. Diesmal liefern die Niederlande neben Frankreich und der Schweiz den fehlenden Strom.

Dienstag, 5.5.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,17 Prozentdavon Windstrom 20,83 Prozent, Sonnenstrom 18,33 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,00 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute insgesamt etwas mehr Windstrom. Frankreich, die Schweiz und die Niederlande liefern den fehlenden Strom. Zu insgesamt moderaten Preisen.

Mittwoch, 6.5.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 57,26 Prozent, davon Windstrom 19,35 Prozent, Sonnenstrom 23,39 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,52 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute exportiert Deutschland über die Mittagsspitze Strom. Selbstverständlich zu Billigpreisen. Höre ich da ein: "Aber wenigstens muss nicht noch Geld mitgegeben werden"? Ja richtig, das ist ein Trost. Der bittere Beigeschmack: Der Wind- und Sonnenstrom muss den Erzeugern gemäß EEG voll vergütet werden.

Donnerstag, 7.5.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,28 Prozent, davon Windstrom 11,97 Prozent, Sonnenstrom 23,93 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,38 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Morgen ist der Importstrom vergleichsweise günstig. Am Abend kostet er richtig Geld. Frankreich, die Schweiz und andere liefern. Frankreich macht – wie Tschechien und Österreich – rentable Preisdifferenzgeschäfte.

Freitag, den 8.5.2020: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,18 Prozent, davon Windstrom 6,36 Prozent, Sonnenstrom 25,45 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,36 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute gibt es fast keinen Windstrom. Dafür erzeugen die Photovoltaikanlagen Strom, als gäbe es kein Morgen. In der Spitze fast 35 GW. Das ist schon was. Hier zeigt sich schön, dass mit mehr regenerativ erzeugtem Strom der Preis fällt. Leider profitiert Deutschland kaum davon. In dem Moment allerdings, als Deutschland Strom benötigt sprich importiert, liegt der Preis relativ höher.

Samstag, 9.5.2020: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 62,17 Prozent, davon Windstrom 7,61 Prozent, Sonnenstrom 25,00 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 19,57 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung geht heute wieder gegen Null. Auch und vor allem auf See. Deutschland importiert den fehlenden Strom insgesamt günstig. Lediglich am frühen Abend kostet es über 35 €/MWh. Die üblichen Verdächtigen – Frankreich, Schweiz, die Niederlande – liefern. Österreich und Tschechien greifen ein paar hunderttausend € ab. Die Stromunterdeckungssaison hat in Deutschland begonnen. Wie vergangenes Jahr (Abbildung 4). So kann man seine Klimaziele erreichen. So kann man den Atomausstieg organisieren. Dabei ist es nur Augenwischerei und Vernichtung von Vermögen (Abschalten der KKW in Deutschland).

Null Wind, null Sonne ergibt Null Strom

Zum Schluss noch eine kurze Antwort auf die Frage, wer denn eigentlich in welchem Umfang vom oben beschriebenen Stromhandel in den jeweiligen Ländern und in Deutschland im Einzelnen profitiert beziehungsweise Verluste macht. Diese Analyse kann und will ich nicht leisten. Eines aber ist gewiss. Der deutsche Stromkunde ist der große Verlierer der Energiewende, welche faktisch eine Stromerzeugungswende ist. Er zahlt immer drauf. Egal, ob der Strom an der Börse günstig oder teuer gehandelt wird.

Da gibt es den einen oder anderen Zeitgenossen, der immer wieder und gerne sehr erfreut darauf hinweist, dass doch 60, 70 oder noch mehr Prozent des benötigten Stroms mittels regenerativer Energieträger erzeugt wurden. Das mag schön und richtig sein. Entscheidend sind gleichwohl nicht die hohen Werte, sondern die niedrigen. Da muss der Strom in entsprechend hohem Umfang konventionell hinzu erzeugt werden. Die entsprechende installierte Leistung konventionell muss kostspielig bevorratet werden. Lediglich Brennstoff wird eingespart. Hinzu kommt, dass die verlässliche Stromerzeugung mittels Biomasse und Wasserkraft naturgemäß begrenzt ist. Wind- und Sonnenkraft hingegen sind Energieträger, die im ungünstigsten Fall Null Strom erzeugen. Was ein paarmal pro Jahr der Fall war, ist und auch in Zukunft immer sein wird.

Das ist der Preis der gemäßigten Klimazone, in der Deutschland liegt: Da können noch so viele Wind- und Sonnenkraftanlagen installiert sein. Null Wind, null Sonne ergibt Null Strom. Sie können einen Fuhrpark mit 150 ganz fabelhaften Sportwagen besitzen. Wenn kein Kraftstoff zur Verfügung steht, bewegt sich keines dieser Fahrzeuge. Kraftstoff kann man heranschaffen. Wind und Sonne hingegen nicht. Deshalb wird das mit der Energiewende nichts. Außer einem: Teuer. Ist doch irgendwie ganz einfach, oder?

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

 

Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

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Peter Hager / 19.05.2020

Das zeigt die Verlogenheit unserer „Energiewender“ wieder einmal deutlich. In D aus der Kernenergie aussteigen und den fehlenden Strom - zum großen Teil Atomstrom - importieren. Und beim Kohleausstieg wird es genauso laufen. Einfach unglaublich!

Helmut Driesel / 19.05.2020

  Sehr geehrter Herr Stobbe, gurgeln Sie ruhig mal die “13 Thesen” der Fraunhofer-Gesellschaft. Alles ganz einfach, die schaffen das! Und falls doch mal ein Blackout ist, dann wird bestimmt Shutdown angesagt und die Woche wird als Feiertag bezahlt. Keine Panik auf der Titanic! Wieso verliert denn keiner mehr ein Wort über die diesjährig zu erwartenden “Zuwächse” an Windenergieaufkommen? Sind die schon negativ?, Herr Stobbe, Sie haben doch bestimmt Ihre Fühler an den richtigen Stellen. Irgendwie geht es nicht voran. Ich wohne immer noch an einer Stelle, wo weit und breit keine Windmühle zu sehen ist, da bekommt man doch ein schlechtes Gewissen. Die hier quer durch Thüringen laufende “Windstrom”-Trasse ist nach unseriösen Quellen noch nicht einmal zur Hälfte ausgelastet. Man hätte das auch halb so groß bauen können und die vielen Protestaktionen gespart. Stattdessen baut man jetzt woanders noch eine Zweite. Also für den “Import” kann das ja hier in der Mitte des Marktes wohl nicht sein oder? Soweit ich das weiß, gehen ja mindestens 3% Strom verloren auf 100km Transport. Also wenn der Windstrom aus Mecklenburg in der Schweiz gespeichert wird und dann noch am gleichen Tag zurück nach Berlin fließen muss, bleibt davon nur noch die Hälfte. Das bedeutet ja praktisch, die Einspeisevergütung hat sich relativ zur verbliebenem Energieportion verdoppelt oder? Wäre das nicht besser, man würde den Strom gleich dort “unten” kaufen?

Karla Kuhn / 19.05.2020

“Die Strategie der Stromunterdeckung hat für Deutschland den Vorteil, dass in jedem Fall weniger CO2 ausgestoßen wird. Alle Emissionen werden dem Land angerechnet, welches den Strom herstellt.””  Die HEUCHELEI hat Methode, denn genau SO ist es doch mit den Akkus für die E Autos. In Deutschland wird “SAUBER” gefahren und den Ländern, die wertvollen Zutaten liefern,  wird teilweise die Wasserversorgung zerstört und KINDER müssen diese Stoffe abbauen Können die sich eigentlich noch im Spiegel vor Heuschelei anschauen ?? Kenan Meyer stimmt, es wird höchste Zeit !  “Null Wind, null Sonne ergibt Null Strom. ” Mache Sie das doch bitte mal einem “Kobold” klar, bevor der diesen NULL Strom in den Stromleitungen speichert !

Kenan Meyer / 19.05.2020

Nebenbemerkung: “Atomkraft, nein danke!” ist eine Lüge. Wieso sieht man Träger dieser Forderung z.B nie in Büchel, wo die modernsten amerikanischen Atombomben lagern? Und das selbstredend eine der ersten Zielscheiben in Europa ist für einen russischen Erst-/Gegenschlag, der Deutschland auf lange Zeit komplett atomar verwüsten und unbewohnbar machen würde. Nein, genauso wie bei CO2 müssen sich dahinter ganz andere Absichten verbergen. Und ich finde, es ist höchste Zeit diese Leute zu entlarven.

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