An vier Tagen kommt es zu einer mehr oder weniger hohen Stromübererzeugung. Mangels Speichermöglichkeiten muss dieser Strom praktisch verschenkt werden.
Es war eine Woche, die sich in zwei Teile gliedern lässt: Die ersten drei Tage lag die regenerative Stromerzeugung ganztägig unter dem Strombedarf und es wurde ganztägig Strom importiert. Das Preisniveau lag im hohen Bereich. Der mittlere Strompreis für die drei Tage lag bei 92 €/MWh. Die letzten vier Tage der Woche hingegen waren „klimatechnisch“ echte Erfolgstage. Einmal, am Freitag, kratzte die regenerative Stromerzeugung an der Deckung des Strombedarfs. Dreimal überstieg die regenerative Stromerzeugung den Strombedarf Deutschlands. Hinzu kommt noch die zusätzlich zwecks Netzstabilisierung notwendige konventionelle Stromerzeugung. So kam es an allen vier Tagen zu einer mehr oder weniger hohen Stromübererzeugung. Weil es für den überschüssigen Strom keine ausreichenden Speichermöglichkeiten gibt, muss dieser Strom praktisch verschenkt werden. Der mittlere Strom-Preis lag für die vier Tage bei 48 €/MWh.
Am Samstag und Sonntag musste zum verschenkten Strom noch ein Abnahmebonus an die Länder gezahlt werden, die den Strom abnahmen. Dieser Chart belegt, dass der Preis bei Strom-Exporten (keine Fläche über der Null-Prozent-Linie ausgefüllt) niedrig ist, bei Strom- Importen (rote Fläche) hingegen hoch ist. Nur Strom-Importe in der Nacht liegen im mittleren Preissegment. Am Abend wird der zuvor evtl. mit Abnahmebonus verschenkte Strom von Deutschland teuer zurückgekauft. Natürlich nicht genau derselbe Strom. Aber eben Strom, den unsere Nachbarn mittels steuerbarer Kraftwerke zur Verfügung stellen. Als sie den Strom geschenkt bekamen, haben sie diese Kraftwerke etwas heruntergefahren und den Strom aus Deutschland in ihr Stromnetz eingespeist. Auf dieses Spiel sind sie mittlerweile gut vorbereitet. Ganz schön clever, oder? Und weil der Importstrom für Deutschland rechnerisch CO2-frei ist, freuen sich die Klimafreunde. Dass er hingegen teuer ist, ist nicht weiter schlimm. Davon profitieren alle Stromerzeuger. Nur der Stromkunde nicht. Der zahlt.
Warum fallen nur am Samstag und Sonntag die Preise in den negativen Bereich? An diesen beiden Tagen ist wegen des Wochenendes der Strombedarf generell gering. So kommt zum hohen Strom-Angebot eine geringe Nachfrage. Das ist Preisbildung in einer Markwirtschaft. Da werden unsere Freunde der Energiewende und die Besitzer von sowie Beteiligte an Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung wenig erfreut sein. Sie müssen die negativen Preise, die sie verursachen, zwar nicht selbst bezahlen – das machen wir, die Stromkunden –, aber sie bekommen keine Vergütung: Ab den Jahren 2024 und 2025 verringert sich gemäß § 51 Absatz 1 EEG 2023 der anzulegende Wert auf null, wenn der Spotmarktpreis im Verlauf von drei Stunden oder mehr negativ ist (negative Strompreise). Tritt dieser Fall ein, erhalten betroffene Anlagen rückwirkend ab der ersten Stunde mit negativen Strompreisen keine Marktprämie mehr. Quelle. Das schlägt ins Kontor.
Weil diese vergütungsfreien Phasen nicht nur immer öfter, sondern zumindest in solarstarken Zeiten (Mai bis August) auch sehr regelmäßig (Wochenende/Feiertag) auftreten werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis gegen den Sachverhalt der vergütungsfreien Stromerzeugung „aufgemuckt“ werden wird. Schließlich rettet Solarstrom die Welt. Das geht auf keinen Fall für umme, so unsere Klimafreunde. Die Politik dagegen fördert und fördert den Zubau von PV-Anlagen, als gäbe es kein Morgen. Doch, das gibt es. Es gibt sogar Prognosen für die Auswirkungen: Unsere vier letzten Tage der 19. Analysewoche sähen bei gleichen Wetterverhältnissen und 86 Prozent Ausbaugrad der Wind- und PV-Stromerzeugung so aus. Dass bei einem solchen Szenario negative Strompreise anstehen, ist sehr wahrscheinlich. Und denken Sie bitte jetzt nicht: Aber Speicher...! Wäre es einfach, technisch möglich und zu erträglichen Kosten machbar, Stromspeicher in benötigtem Umfang zu bauen, ich garantiere, wir hätten die entsprechenden Speicher schon.
Bei der aktuellen Wetterlage ist gar nicht notwendig, weit in die Zukunft zu schauen. Allein ein Ausblick auf die kommende Analysewoche zeigt die Realität der Stromerzeugung plus Preisentwicklung insbesondere über die Mittagsspitze. Warten wir mal ab, was der Sommer mit noch höherer Solarbestrahlung der Paneele bringt. Zumindest werden es keine hohen Strompreise sein. Wenigstens nicht über Mittag. Und dennoch muss der Stromkunde zahlen. Die negativen Strompreise. Verrückt, nicht wahr?
Wochenüberblick
Montag, 6.5.2024 bis Sonntag, 12.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 45,1 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 62,5 Prozent, davon Windstrom 12,7 Prozent, PV-Strom 32,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,4 Prozent.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 19. Analysewoche ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 19. KW 2024: Factsheet KW 19/2024 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 68 Prozent Ausbaugrad, Agora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad.
- NEU: Meilenstein – Klimawandel & die Physik der Wärme
- Klima-History 2: Video-Schatz des ÖRR aus dem Jahr 2010 zum Klimawandel
- Klima-History 1: Video-Schatz aus dem Jahr 2007 zum Klimawandel.
- Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Wasserstoff plus Zusatzinformationen
- Weitere Interviews mit Rüdiger Stobbe zu Energiethemen
- Viele weitere Zusatzinformationen
- Achtung: Es gibt aktuell praktisch keinen überschüssigen PV-Strom (Photovoltaik). Ebenso wenig gibt es überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es fast keine Überschüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023/24. Strom-Überschüsse werden bis auf wenige Stunden immer konventionell erzeugt. Aber es werden, insbesondere über die Mittagszeit, immer mehr!
Jahresüberblick 2024 bis zum 12. Mai 2024
Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2024: Chart 1, Chart 2, Produktion, Stromhandel, Import/Export/Preise/CO2
Tagesanalysen
Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2024 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.
Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.
Montag, 6.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 36,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,1 Prozent, davon Windstrom 13,7 Prozent, PV-Strom 22,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,0 Prozent.
Die Stromerzeugung wird von PV-Strom und ganztägigem Stromimport dominiert. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 6. Mai ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 6.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.
Dienstag, 7.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 33,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,3 Prozent, davon Windstrom 14,7 Prozent, PV-Strom 18,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,1 Prozent.
Etwas weniger PV-Strom, etwas mehr Windstrom. Ansonsten das gleiche Bild wie am Montag. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 7. April ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 7.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Mittwoch, 8.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 33,6 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,9 Prozent, davon Windstrom 8,4 Prozent, PV-Strom 25,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,3 Prozent.
Heute wieder stärkere PV-Stromerzeugung und sinkende Windstromerzeugung. Plus ganztägiger Stromimport. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8. Mai 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 8.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Donnerstag, 9.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 46,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,1 Prozent, davon Windstrom 5,6 Prozent, PV-Strom 40,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 18,6 Prozent.
Die PV-Stromerzeugung ist sehr stark. Windstrom wird hingegen kaum erzeugt. Dennoch wird der Bedarf von 11:00 bis 15:00 Uhr übertroffen. Der Preis entwickelt sich entsprechend.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 9. Mai ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 9.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Freitag, 10.5. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 47,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,4 Prozent, davon Windstrom 5,6 Prozent, PV-Strom 41,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 18,4 Prozent.
Die PV-Stromerzeugung ist weiter stark. Weil der Bedarf aber etwas höher ist als gestern, wird diese Linie knapp verfehlt. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 10. Mai ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 10.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.
Samstag, 11.5. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 53,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 71,5 Prozent, davon Windstrom 11,2 Prozent, PV-Strom 42,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 18,4 Prozent.
Ein schöner Sonnentag zum Wochenende. Der Bedarf ist gering. Die Stromübererzeugung lässt den Preis von 11:00 bis 16:00 Uhr in den negativen Bereich rutschen.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 11. Mai ab 2016.
Daten, Tabellen & Prognosen zum 11.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Sonntag, 12.5.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 65,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 81,0 Prozent, davon Windstrom 27,9 Prozent, PV-Strom 37,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,4 Prozent.
Noch weniger Bedarf und weiter hohe PV-Stromerzeugung. Der Preis geht richtig in den Keller.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 12. Mai ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 12.5.2024: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten
Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.
Rüdiger Stobbe betreibt seit 2016 den Politikblog MEDIAGNOSE.