Rüdiger Stobbe / 07.05.2024 / 12:00 / Foto: Doenertier82 / 1 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 17. Analysewoche 2024

Über verschenkten Strom und zusätzliche Geldmitgabe bei Stromabnahme.

In der 17. Analysewoche des Jahres 2024 wurde bis zum Samstag, den 27. April 2024 um 9:00 Uhr durchgängig Strom aus dem benachbarten Ausland importiert. Genau zum bedarfsarmen Wochenende kam es dann teilweise zu einer Stromübererzeugung, die zum massiven Preisverfall über Tag führte. Während am Samstag von 11:00 bis 16:00 Uhr der Strom an unsere Nachbarn „nur“ verschenkt wurde, kam es am Sonntag von 9:00 bis 16:00 Uhr zu negativen Preisen. Der Strom wurde nicht nur verschenkt. Es musste Geld mitgegeben werden, damit er überhaupt abgenommen wurde. Immerhin: Die regenerativen Stromproduzenten erhielten keine Vergütung für diesen Zeitraum.

Das Geschäftsmodell, welches unsere europäischen Nachbarn mit dem passgenauen An- und Verkauf von Strom betreiben, ist äußerst einträglich. Zumal es sich andeutet, dass es in diesem Jahr wegen des starken, ohne Sinn und Verstand erfolgten Zubaus von PV-Anlagen, immer öfter zur Anwendung kommen wird. Zu Lasten des deutschen Stromkunden.

Am Sonntag dieser Analysewoche kam es wieder zu Stromerzeugungs- und Preisverhältnissen, die das Geschäftsmodell besonders lukrativ machten. Dementsprechend clever wurde von unseren Nachbarn gehandelt. Dieser Chart zeigt, dass ab 7:00 Uhr die 0-€/MWh-Linie erreicht wurde, ab 9:00 Uhr exportiert Deutschland mehr Strom, als es importiert: Der Strompreis wird negativ. Erst um 17:00 Uhr wird die 0-€/MWh-Linie wieder erreicht. In diesem Zeitraum „kaufen“ unsere Nachbarn viel Strom und nehmen noch eine Menge Geld als Bonus mit. Entweder speichern sie den Strom mit Pumpspeicherkraftwerken, oder sie fahren die eigene Stromproduktion entsprechend herunter und nutzen den importierten Strom direkt. Ab 18:00 Uhr benötigt Deutschland wieder Strom aus dem Ausland. Da liegt der Preis bereits bei 25 €/MWh. Deutschland fragt weiter den Strom unserer Nachbarn ab. Das Hochfahren der eigenen konventionellen Stromproduktion plus Windstromanstieg reichen nicht aus, um die ausklingende PV-Stromproduktion zu ersetzen. Deshalb steigt der Preis auf fast 80 €/MWh um 21:00 Uhr.

Um die Nachfrage Deutschlands zu decken, fahren unsere ausländischen Nachbarn ihr Stromproduktion entsprechend hoch. Dass sie das alles können, liegt an dem in der Stromindustrie tätigen hochqualifizierten, erfahrenen und cleveren Personal, den Technikern und Ingenieuren, die jede Chance zum Geldverdienen mit der eigenen Stromerzeugung in Einklang bringen. Das Werkzeug: Top-Kommunikation, steuerbare Kraftwerke und gute Wetterberichte für die nächsten ein bis zwei Tage. So kann der deutsche Stromkunde, dessen Stromversorgung von der Natur, von Wind und Wetter abhängig ist, nach Strich und Faden ausgenommen werden. Auch das führt mit zu den höchsten Strompreisen weltweit. Neben den horrenden Abgaben, die zusätzlich zum Börsenstrompreis getragen werden müssen. 

Die Strompreise von Montag bis Samstag schwankten um die 90-€/MWh-Linie. Selten fielen Sie unter 80 €/MWh. Sie bewegten sich entsprechend der Nachfrage. Morgens und am frühen Abend wurden jeweils Höchstpreise erzielt. Über die Mittagsspitze fiel der Preis jeweils auf das Tagestief, war aber wegen des Importes immer noch mehr als auskömmlich. Auch für die deutschen Stromproduzenten. 

Wochenüberblick

Montag, 22.4.2024 bis Sonntag, 28.4.2024Anteil Wind- und PV-Strom 44,4 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 58,9 Prozent, davon Windstrom 22,4 Prozent, PV-Strom 22,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,5 Prozent.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 17. Analysewoche ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 17. KW 2024: Factsheet KW 16/2024 – ChartProduktionHandelswocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 68 Prozent AusbaugradAgora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad.

  • Klima-History 2: Video-Schatz des ÖRR aus dem Jahr 2010 zum Klimawandel
  • Klima-History 1: Video-Schatz aus dem Jahr 2007 zum Klimawandel.
  • Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Wasserstoff plus Zusatzinformationen
  • Weitere Interviews mit Rüdiger Stobbe zu Energiethemen
  • Viele weitere Zusatzinformationen
  • Achtung: Es gibt aktuell praktisch keinen überschüssigen PV-Strom (Photovoltaik). Ebenso wenig gibt es überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es fast keine Überschüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023/24. Strom-Überschüsse werden bis auf wenige Stunden immer konventionell erzeugt. Aber es werden, insbesondere über die Mittagszeit immer mehr!

Jahresüberblick 2024 bis zum 28. April 2024

Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2024Chart 1Chart 2ProduktionStromhandelImport/Export/Preise/CO2

Tagesanalysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2024 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.

Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.

Montag, 22.4.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 35,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,3 Prozent, davon Windstrom 13,6 Prozent, PV-Strom 21,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,9 Prozent.

Kaum Windstrom. Tages-Spitzenpreis -171 €/MWh. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 22. April ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 22.4.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.

Dienstag, 23.4.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 36,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,1 Prozent, davon Windstrom 15,6 Prozent, PV-Strom 21,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent.

Die Windstromerzeugung zieht auf schwachem Niveau über Tag an. Tages-Spitzenpreis -181 €/MWh. Die Strompreisbildung

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 23. April ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 23.4. 2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Mittwoch, 24.4.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 41,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,8 Prozent, davon Windstrom 24,2 Prozent, PV-Strom 16,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,7 Prozent.

Weiterhin schwache Windstromerzeugung. Weiter sind ganztägige Stromimporte notwendig. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 24. April 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 24.4.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Donnerstag, 25.4.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 36,6 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,1 Prozent, davon Windstrom 17,7 Prozent, PV-Strom 18,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,4 Prozent.

Die Windstromerzeugung sinkt. Die Strompreisbildung

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 25. April ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 25.4.2024: ChartProduktion, HandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Freitag, 26.4 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 40,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,7 Prozent, davon Windstrom 19,2 Prozent, PV-Strom 21,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent.

Nach einem kleinen Windbuckel in der Nacht von Donnerstag auf Freitag sinkt die Windstromerzeugung erneut. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 26. April ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 26.4.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.

Samstag, 27.4. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 53,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 69,3 Prozent, davon Windstrom 20,6 Prozent, PV-Strom 32,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,1 Prozent. 

Weniger Bedarf, weil Wochenende plus fast ein Drittel PV-Stromerzeugung (des gesamten Tages) plus steigende Windstromerzeugung = Vier Stunden verschenkter Strom (0€/MWh) // ab 16:00 Uhr Stromimport = steigende Preise mit dem Tages-Spitzenpreis -119 €/MWh. 

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 27. April ab 2016.

Daten, Tabellen & Prognosen zum 27.4.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Sonntag, 28.4.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 68,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 82,2 Prozent, davon Windstrom 45,2 Prozent, PV-Strom 22,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent.

Bis etwa 18:30 Uhr reicht die eigene, die bundesdeutsche Stromerzeugung. Der Bedarf ist noch geringer als gestern. Die im Verhältnis zu den Tagen vorher starke Windstromerzeugung plus die fast ein Viertel des benötigten Gesamtstroms erreichende PV-Stromerzeugung plus die zwecks Netzstabilisierung notwendig konventionelle Erzeugung für zu einem massiven Preisverfallmit negativen Strompreisen. Ab 18:00 Uhr wird Importstrom benötigt, was zu steigenden Preisen führt.  

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 28. April ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 28.4.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Rüdiger Stobbe betreibt seit 2016 den Politikblog MEDIAGNOSE.

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Thomas Szabó / 07.05.2024

Deutschland verkauft Strom billig und kauft denselben Strom wieder teuer zurück. Der Wirtschaftsminister begreift das als einziger nicht?

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