Rüdiger Stobbe / 04.04.2023 / 11:00 / Foto: Doenertier82 / 4 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 12. Analysewoche 2023 – Ein negativer Strompreis

Eine sehr starke regenerative Stromerzeugung führt zu einer erheblichen Strom-Überproduktion, die zunächst einen Preisverfall bewirkt, um dann „von einem Tag auf den anderen“ einzubrechen. Stromimporte werden notwendig, die Preise ziehen an.

Die regenerative Stromerzeugung beginnt am Montag schwach, steigert sich dann im Wochenverlauf, um zum Sonntag abzuflachen. Stromimporte werden notwendig, wenn es sich für die konventionellen Stromproduzenten aus ökonomischen Gründen nicht lohnt, wegen des schnellen Erzeugungswechsels Wind-Solar-Kraftwerke anzuwerfen. Das würde zu viel Strom im Markt – verbunden mit fallenden Preisen – bedeuten. Da nimmt man die hohen Importpreise doch lieber mit. Zahlen muss ohnehin der Stromkunde. Die Strompreisentwicklung ist starken Schwankungen unterworfen. Von minus 6 €/MWh bis knapp 166 €/MWh reicht die Bandbreite. Erstmals in diesem Jahr wurde ein negativer Strompreis aufgerufen.

Eine sehr starke regenerative Stromerzeugung am bedarfsarmen Samstag und die Notwendigkeit, die Netzfrequenz mittels konventionellem Groß-Generatorenstrom stabil bei 50 Hertz zu halten, führen zu einer erheblichen Strom-Überproduktion. Diese führt zunächst zum Preisverfall. Sozusagen „von einem Tag auf den anderen“ bricht die regenerative Erzeugung ein. Prompt werden Stromimporte notwendig und die Preise ziehen an. Zum Nachfragehöhepunkt am Vorabend des Sonntags steigt der Preis auf 120 €/MWh. Selbstverständlich importieren unsere Nachbarn am 25.3 praktisch nur Strom aus Deutschland. Am 26.3. hingegen wird die meiste Zeit Strom nach Deutschland exportiert. Netto natürlich.

Ein weiterer Ausbau der regenerativen Stromerzeugung hätte bei einem Ausbaugrad von 68 Prozent zur Folge, dass praktisch noch jeden Tag konventioneller Strom hinzuerzeugt werden müsste. Bei einem Ausbaugrad von 86 Prozent wäre an den letzten sechs Tagen der Woche eine erhebliche Strom-Überproduktion zu verzeichnen. Die Preise würden in den Keller fallen. Speicher werden im erforderlichen Umfang nicht zur Verfügung stehen. Auch nicht im Jahr 2040. Am Montag aber müsste Strom konventionell beigesteuert werden, um den Bedarf Deutschlands zu decken. Mit Importen kann der Bedarf keinesfalls gedeckt werden. Europa wird die größte Industrienation der EU nicht mit Strom versorgen. Wenn Deutschland 2040 noch eine Industrienation ist. 

Montag, 20. März 2023 bis Sonntag, 26. März 2023Anteil Wind- und PV-Strom 45,7 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,9 Prozent, davon Windstrom 27,4 Prozent, PV-Strom 8,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,1 Prozent.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 12. Analysewoche ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur KW 12/2023 Factsheet KW 10/2023 – ChartProduktionHandelswocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

  • Der Heizungstipp: Gas-, Ölheizung oder Wärmepumpe? Der Tipp vom Schornsteinfeger hier.
  • Weitere Informationen zur Wärmepumpe im Artikel 9. Analysewoche.
  • NEU: Prof. Ganteförs überraschende Ergebnisse zu Wärmepumpe/Gasheizung (Quelle des Ausschnitts)
  • Lohnt die Produktion von Grünem Wasserstoff? Der Artikel 10. Analysewoche gibt Auskunft
  • Achtung: Es gibt praktisch keinen überschüssigen PV-Strom. Ebenso gibt es praktisch keinen überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es keine Überschüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023. Überschüsse werden bis auf sehr wenige Stunden im Jahr immer konventionell erzeugt!
     

Jahresüberblick 2023

Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023Chart 1Chart 2ProduktionStromhandelImport/Export/Preise/CO2Agora 2030Stromdateninfo Jahresvergleich ab 2016
 

Tagesanalysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.

Montag, 20. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 24,9 Prozent. Anteil erneuerbarer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 36,8 Prozent, davon Windstrom 18,3 Prozent, PV-Strom 6,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,0 Prozent.

Die regenerative Stromerzeugung ist heute noch gering. Die Preisentwicklung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 20. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 20.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Dienstag, 21.3.2023: Anteil Wind- und PV-Strom 28,7 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 40,1 Prozent, davon Windstrom 19,6 Prozent, PV-Strom 9,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,5 Prozent.

Die regenerative Stromerzeugung zieht an. Knackige Importstrompreise für alle.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 21. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 21.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Mittwoch, 22. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 51,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,6 Prozent, davon Windstrom 39,7 Prozent, PV-Strom 11,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,4 Prozent.

Starke regenerative Stromerzeugung. Am Mittag geht die Wind- und PV-Stromerzeugung in Richtung Bedarfsdeckung. Der Strompreis geht Richtung Null

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 22. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 22.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Donnerstag, 23. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 50,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,2 Prozent, davon Windstrom 44,7 Prozent, PV-Strom 6,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,3 Prozent.

Zum Sonnenuntergang kommt es zu einer Windstromdelle, die mittels Importstrom geschlossen werden muss. Kostet selbstverständlich richtig Geld.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 23. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 23.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Freitag, 24. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 53,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,1 Prozent, davon Windstrom 47,5 Prozent, PV-Strom 6,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,3 Prozent.

Heute wieder  eine Windstromdelle zum Vorabend. Und wieder der Tageshöchstpreis zu diesem Zeitpunkt.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 24. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 24.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

Samstag, 25. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 59,8 Prozent. Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 70,7 Prozent, davon Windstrom 50,3 Prozent, PV-Strom 9,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,8 Prozent.

Heute bewegt sich die Preislinie bis 16:00 Uhr an der Null-Linie. Dann steigt die Nachfrage.

Belege für die Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 25. März ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 25.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

Sonntag, 26. März 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 47,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 60,9 Prozent, davon Windstrom 37,9 Prozent, PV-Strom 9,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,5 Prozent.

Belege für die Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 26. März ab 2016.

Über Nacht bricht die Windstromerzeugung um etwa zwei Drittel ein. Massive Stromimporte fallen an. Die Preisentwicklung.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 26.3.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

 

Rüdiger Stobbe betreibt den Politikblog Mediagnose.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ulla Schneider / 04.04.2023

Eigentlich lese ich zum erstenmal diese Rubrik, der anderen Male überflog ich es. - So ein Theater von Stromerzeugung. Klingt nach Ebbe und Flut. Da kann niemand ruhig schlafen, bei diesem Zappelstrom. Der DUAL FLUID REAKTOR muss her! - Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. Ein deutsches Genphänomen.

Gus Schiller / 04.04.2023

@Sebastian Weber: Sie hat doch recht. Fast jedes Haus bis Baujahr 1980 hat einen Speicher vulgo Dachboden. Nur kann der Michel dort nur sein nicht benötigtes Zeug aufbewahren und keinen Strom speichern. Aber was weiß Frau Prof. schon vom normalen nicht woken Leben!?

Sam Lowry / 04.04.2023

Wir haben eine Pandemie der Ungedämmten! Ungedämmte müssen vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden! Dämmungs-APP jetzt!

Sebastian Weber / 04.04.2023

Zitat: ” Speicher werden im erforderlichen Umfang nicht zur Verfügung stehen.” (= im dritten Absatz). Hier muss ich Sie - räusper - korrigieren. Wie sagte doch der blonde Engel der Energiewende, Frau Professor (!) Claudia Kemfert: “Wir haben Speicher noch und nöcher!” Wo ist also das Problem?

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rüdiger Stobbe / 23.04.2024 / 11:00 / 2

Woher kommt der Strom? 15. Analysewoche 2024

Es werden große Mengen Strom importiert – in der Wochenmitte sogar mehr als ein Viertel des Bedarfs. Dafür folgt darauf eine Überproduktion. Die 15. Analysewoche…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 16.04.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 14. Analysewoche 2024

Abgesehen vom Ostermontag korrelierten die Niedrig- und Negativpreisphasen immer mit Nettoexporten Deutschlands ins europäische Ausland. Wenn wir Strom importierten, stieg der Preis. Bei der Betrachtung dieses…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 09.04.2024 / 10:00 / 6

Woher kommt der Strom? 13. Analysewoche 2024

Der Sonntag zeigt, wie dumm es laufen kann: Über Tag kaum Windstrom. Ordentliche PV-Stromerzeugung. Und hohe Stromimporte: Innerhalb von vier Stunden steigt der Strompreis von Null…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 02.04.2024 / 11:00 / 3

Woher kommt der Strom? 12. Analysewoche 2024

Geben und Nehmen: Bis zum 23. März 2024, 9:00 Uhr hat Deutschland permanent Strom importiert. Ab 10:00 Uhr bis zum Ende des Analysezeitraums wurde, bis auf…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 26.03.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 11. Analysewoche 2024

Fast die komplette Woche wird Strom aus dem benachbarten Ausland importiert. Nur am Donnerstag gibt es eine längere Unterbrechung, die 14 Stunden dauert. An diesem Chart erkennt…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 12.03.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 9. Analysewoche 2024

Geringe Windstromerzeugung macht immer wieder Importe notwendig. Außerdem: Rechnungshof-Schelte für Energiewender Habeck und das Revival der Verbrenner. 31 Stunden wurde in der neunten Analysewoche kaum Windstrom erzeugt.…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 05.03.2024 / 11:00 / 5

Woher kommt der Strom? 8. Analysewoche 2024

Die regenerative Stromerzeugung ist insgesamt nicht übel, doch werden naturgemäß – und auch in dieser Woche – immer wieder Importe notwendig. Und die kosten. Offensichtlich…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 27.02.2024 / 10:00 / 2

Woher kommt der Strom? 7. Analysewoche 2024

Leider schwankt die regenerative Stromerzeugung erheblich. PV-Strom- und Windstromerzeugung sind hochvolatil, wie die aktuelle Analysewoche belegt. Stromlücken können nur durch starken Stromimport geschlossen werden. Die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com