Henryk M. Broder / 06.09.2019 / 11:00 / Foto: usbotschaftberlin / 93 / Seite ausdrucken

Wofür bekam Sawsan Chebli den Steh-auf-Preis für Toleranz und Zivilcourage?

Am 29. August gab Sawsan Chebli, die Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement, über Twitter bekannt, dass sie soeben für ihren "Einsatz gegen Antisemitismus mit dem Steh-auf-Preis für Toleranz und Zivilcourage geehrt" wurde.

Nun finde ich, dass sich Toleranz und Zivilcourage gegenseitig ausschließen. Aber vielleicht irre ich mich. Oder Frau Chebli ist die große Ausnahme. Egal. Ich wollte wissen, worin und woraus ihr Einsatz gegen Antisemitismus bestand und fragte beim  Vorsitzende der Jury, die ihr den Preis zuerkannt hatte, Julius Schoeps, nach. 

Julius und ich kennen uns schon viele Jahre und begegnen uns ab und zu bei Spaziergängen rund um den Lietzensee. Also schrieb ich ihm eine Mail und bat um eine Erklärung, warum Frau Chebli mit dem Steh-auf-Preis für Toleranz und Zivilcourage ausgezeichnet wurde. Er antwortete umgehend:

Lieber Henryk – richtig, ich habe die Jury geleitet, und die Jury hatte es nicht leicht, aus einer grossen Zahl von Vorschlägen auszuwählen.

Was, fragst Du, ist das außerordentliche Engagement von Sawsan Chebli im Kampf gegen Antisemitismus? Ich würde es, ehrlich gesagt, darauf gar nicht reduzieren sollen. Chebli ist eine Zivilgesellschaftlerin per se, macht es sich dabei selbst nicht leicht, und kann es am Ende niemandem hundertprozentig machen. So tickt diese Welt nun (leider) mal.

Auf ihr generelles Engagement für verschiedenste zivilgesellschaftliche Projekte und Initiativen in Berlin und anderswo gehe ich jetzt gar nicht weiter ein, komme also zu Antisemitismus. Fakt ist: Sawsan Chebli geißelt seit Jahren bei verschiedenen öffentlichen und auch nicht öffentlichen Gelegenheiten Antisemitismus als großes und beschämendes Phänomen unserer Zeit, und das als bekennende Muslima, und als Frau mit palästinensischer Herkunft. Sie kämpft  persönlich und mit den Mitteln ihres Amtes in Wort und in Tat, und sie sucht permanent das Gespräch mit Jugendlichen vor allem muslimischer Herkunft – gegen Judenhass. Dass ihr dabei jede Menge Hass, Drohungen und Anfeindungen privat und auch öffentlich entgegenkommen, ist vielleicht gar nicht so ungewöhnlich. Dass es auch von jüdischer Seite jede Menge Skepsis und Mißtrauen gibt, sicher auch nicht. Sie verfolgt diesen Weg trotzdem weiter, bringt Vorschläge, mit denen man/frau eben auch anecken kann, wie dem verpflichtenden Gedenkstättenbesuch für jeden Schüler (zumindest einmal in 10 oder 12 Jahren Schulzeit).  

Für die Ehrung vorgeschlagen wurde Sawsan Chebli von der pädagogischen Leitung der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz, die sie ebenfalls als sehr engagiert, glaubwürdig und effektiv im Kampf gegen Antisemitismus erlebt haben. 

Andy Nachama hat in seiner Laudatio für sie zutreffend ausgeführt, dass man Toleranz und Freiheit nicht geschenkt bekommt, sondern etwas dafür tun muss. Sie tut es.

Julius Schoeps

Nun ja, sooo genau wollte ich es gar nicht wissen, mir wäre auch eine weniger detaillierte Aufzählung der Verdienste von Frau Chebli in ihrem Kampf gegen den Antisemitismus recht gewesen. Wobei ich es natürlich ganz toll finde, dass sie ab und zu auch aneckt, z.B. mit ihrer Forderung nach einem verpflichtenden Gedenkstättenbesuch für jeden Schüler (zumindest einmal in 10 oder 12 Jahren Schulzeit). Obwohl ich finde, dass ein Besuch am Strand von Tel Aviv viel nützlicher wäre als eine Klassenfahrt nach Auschwitz. Aber darauf kommt es nicht an, ich bin ja nicht der Staatssekretär für Bürgerschaftliches Engagement und Reisen.

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sybille eden / 06.09.2019

Wie wäre es wenn Frau Chebli einmal im Monat Lesungen für Jugendliche veranstalten würde, indem sie aus aus dem Koran vorliest ! Ich denke da an die speziellen Stellen indem es um die “Juden” geht. Das wäre doch mal ein wirklich mutiger Schritt gegen Antisemitismus !

Ingolf Pärcher / 06.09.2019

Herr Broder, Sie scheinen diese Ulknudel mit hohem Haaransatz wirklich in Ihr Herz geschlossen zu haben, sonst wären weniger Beiträge über diese “Perle der SPD” auf Achse. “Chebli ist eine Zivilgesellschaftlerin per se”. hätte genügt, weil keine konkrete Info nachfolgte. “Merkel ist eine Autokratin per se” wäre auch mal eine Aussage. Weiters: “Fakt ist: A.Merkel geißelt seit Jahren bei verschiedenen öffentlichen und auch nicht öffentlichen Gelegenheiten Antisemitismus als großes und beschämendes Phänomen unserer Zeit.” Sprachliches Suchbild: Findet die Fehler!

Wolfgang Nirada / 06.09.2019

Eigentlich bin ich ja vollkommen gegen Burkas - aber im Falle Cheplig wäre die dann doch eine optische Wohltat. Im übrigen sollte meiner Meinung nach für solche Gestalten auch ein “Steh auf und geh endlich wieder nach Hause Preis” eingeführt werden.

Carl Gunter / 06.09.2019

Sawsan Chebli’s politisches Verdienst (und ziviles Engagement) halte ich in etwa so relevant wie Verona Poth’s Verdienst um die Musik. Da lange drüber nachzudenken zeugt von einem mangel an Sachverstand, oder einem allzu naiven Bild davon, wie die jeweilige Dame zu ihrer “Relevanz” gelangte. Kurzum: es nervt überhaupt von ihr zu lesen… (natürlich bin ich mir dabei bewusst, dass das “Interesse” hier eher satirischer Natur ist. Dennoch ist selbst das unangebracht. Auch die Vergabe von Philantropen-[Beweihräucherungs-]Preisen darf man nie ganz ernst nehmen. Oder wieso bekam etwa Obama seinerzeit den Friedensnobelpreis quasi als Antritts-geschenk, noch vor jeglicher präsidialer Tat? ... wenn man da zu lange den Sinn drin finden will, und an falscher Stelle danach sucht (!), wird man nur verrückt. Der Serienmäßige Drohnenmörder hat den, zumal im Nachhinein, sicher nicht gerechtfertigt. Die Gründe für die Vergabe muss man unter anderen Steinen suchen als tatsächlichen “Verdiensten”... Und das sage ich obwohl ich weiß, dass beim thema “antisemitismus” bei ihnen, lieber Herr Broder, der nüchterne Verstand meist tendenziell eher aussetzt—wie bei einem Stir beim Anblick des bewegten roten Tuchs—, und sie allzu eilfertig mit dieser Phrase um sich werfen, um sogar sehr humane Israelkritiker schon zu entmenschlichen… vllt. sollten sie gerade drum, bei späterer, nüchterner Betrachtung sich noch einmal fragen “wieso räume ich dieser Frau überhaupt noch irgend welche Relevanz ein? - ein Günstling und Hinterbänkler der Macht, der irgend wem irgend einen Gefallen geleistet haben mag, und der daher durch persönliche Hinter-Vorhang Einflussnahme irgend eines Mächtigen, so ein bedeutungsleerer Preis nachgeworfen wurde? - damit halte ich dieses lauwarme nicht-ereignis eines politischen Persönchens doch viel zu lange, künstlich, auch mit am Leben!” ... manche Themen muss man einfach sterben lassen, Herr Broder, und ich wünschte sie hätten dazu die nötige Selbstbeherrschung…)

Reinhart Bollmann / 06.09.2019

Eine Fahrt nach Auschwitz ist unbedingt zu empfehlen, um richtig einzuordnen, was heute seitens der AfD so alles propagiert wird!!!

Florian Bode / 06.09.2019

Wie wäre es mit einem Preis für Tierschutz und Förderung des Fleischkonsums. Könnte „Peter Altmeier Preis“ genannt werden.

Gabriele Schulze / 06.09.2019

@Volker Kleinophorst: bin ganz “bei Ihnen”, halsmäßig. Paßt doch aber gut in die “Haltungslandschaft”, das Bekennen. Wann gibt es eigentlich einen Hüpfpreis?

Claudius Pappe / 06.09.2019

Die Lebensgefährtin ( kann man auch Bettgenossin sagen ?) unseres Bundesaußenministers der Bundesrepublik Deutschland ( der maaßlose kleine Mann mit den zu kleinen Anzügen-auch Maasmänchen genannt) hat doch auch das Bundesverdienstkreuz bekommen und durfte bei der Bundespräsidentenwahl ( die Wahl mit den bunten Gästen und der besonderen Party), also was Wörner bekommt, bekommen auch andere……………….

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