Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2024 um 0,1 Prozent schrumpfen, heißt es im Jahresgutachten der Wirtschaftsweise, welches am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Bisher hatte das Gremium 0,2 Prozent Wachstum prognostiziert.
„Die Schwäche der Industrie und die Dauer der Schwächephase legen nahe, dass die deutsche Wirtschaft neben konjunkturellen auch von strukturellen Problemen ausgebremst wird“, sagte Wirtschaftsweisen-Chefin Monika Schnitzer. In Deutschland habe es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Versäumnisse in der Politik und in der Wirtschaft gegeben.
Im laufenden Jahr gingen Produktion und Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe zurück. Die Investitionen sind ebenfalls rückläufig. Gleichzeitig führe die Erholung der Weltwirtschaft nicht im bisher üblichen Maße zu einer Steigerung der Exporte, so das Gremium. Die privaten Haushalte hätten zudem trotz deutlicher Reallohnzuwächse in den Jahren 2023 und 2024 ihren Konsum bisher nur wenig erhöht.
Für das kommende Jahr rechnen die Wirtschaftsweisen nach derzeitigem Stand nur noch mit einer schwachen Konjunkturerholung. Sie prognostizieren aktuell 0,4 Prozent Wachstum für 2025. Im Mai hatten sie noch mit 0,9 Prozent Wachstum für das kommende Jahr gerechnet. „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zeigt sich deutlich schwächer als in anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften“ sagte der Wirtschaftsweise Martin Werding.
Nach Einschätzung der Ökonomen wird die Verbraucherpreisinflation zurückgehen und sich dem EZB-Ziel annähern. Die Inflationsrate dürfte im Jahr 2024 durchschnittlich 2,2 Prozent betragen, für das Jahr 2025 rechnet der Sachverständigenrat mit einer Rate von 2,1 Prozent.
Die Wirtschaftsexperten beklagen in ihrem Jahresgutachten unter anderem, dass „zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben“ von der Politik zu wenig priorisiert würden und daher in Deutschland seit Jahren gering ausfielen. Diese Versäumnisse zeigten sich insbesondere bei den Ausgaben für Verkehrsinfrastruktur, Verteidigung und Schulbildung, deren gesellschaftlicher Nutzen größtenteils erst in der Zukunft eintrete. Diese würden gegenüber Ausgaben, die der derzeitigen Wählerschaft zugutekommen, von der Politik oft zurückgestellt.
Auch auf dem Wohnungsmarkt fordern die Wirtschaftsweisen Reformen. Die Knappheit des Wohnraums sei nicht nur ein soziales, sondern auch ein gesamtwirtschaftliches Problem, weil es den Zuzug von Arbeitskräften in produktive Regionen hemme, heißt es im Jahresgutachten. „Der Wohnungsneubau kann durch die Mobilisierung von Baulandpotenzialen, stärkere Bauanreize und eine Senkung der Baukosten mittels harmonisierter Bauvorschriften erhöht werden“, sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm.
(Quelle: Dts-Nachrichten)