Deutschland und Europa sind verbissen in ihre selbstzerstörerische Wirtschaftspolitik. Und jetzt kommt auch noch Trump, der die in den USA abräumt – und uns dadurch zusätzlich das Wasser abgräbt. Das ist nicht seine „Schuld“, es ist unsere Dummheit. Wo bleibt die wirtschaftspolitische Debatte?
Eine Debatte, die die Realitäten ernsthaft wahrnimmt, zweitens die Ursachen ehrlich benennt und drittens den notwendigen Kurswechsel ermöglicht? Es wirkt nicht so, nach dem unsäglichen „Kanzlerduell“ erst recht nicht. Damit sind Deutschlands staatstragende Kreise auch bei diesem Thema (ganz entgegen dem propagierten Selbstverständnis) durch und durch anti-amerikanisch. Dabei sind die Zeichen leicht erkennbar, historisch wie aktuell:
„It’s the economy, stupid“ – ist als geflügeltes Wort in die neuere Zeitgeschichte eingegangen. Bill Clintons Wahlkampf-Stratege James Carville hat das geprägt, bevor der damalige Gouverneur des kleinen Arkansas am Ende (Januar 1993) erfolgreich ins Weiße Haus einzog. Um die materiellen Sorgen der Bevölkerung sollte der Kandidat sich kümmern und sein Wahlkampf darauf konzentriert werden.
Das war letztlich eine Variation des berühmten „one-liners“, mit dem Ronald Reagan 1980 glanzvoll gegen Jimmy Carter gewann, als er das Fernseh-Publikum im Duell gegen den Amtsinhaber fragte: „Are you better off now than you were four years ago“: seid Ihr jetzt (wirtschaftlich) besser dran, nach vier Jahren Carter-Regierung? Das waren die meisten objektiv nicht und sie stimmten entsprechend, für den auch charakterlich gewinnenden Außenseiter (der allerdings vorher das große Kalifornien als Gouverneur regiert hatte).
Natürlich hat zuletzt auch Donald Trump die Wahl gewonnen, weil die Biden-Regierung den Amerikanern mit galoppierender Inflation und Stagnation auf dem Arbeitsmarkt für einheimische Bürger die Suppe versalzen hat – das und die viel-millionenfache illegale Einwanderung waren die beiden Kernthemen des neuen US-Präsidenten. Die „Demokraten“ hielten dagegen mit angeblichen wirtschaftspolitischen Erfolgen, belegt mit (teilweise manipulierten) statistischen Daten und deren propagandistischer Verdrehung, abseits der Lebenswirklichkeit der Menschen – und mit der Verteufelung Trumps, den sie als quasi-faschistischen Diktator und Gefahr für die Demokratie darstellten.
„Haltet den Dieb“, ruft der Kanzler scheinheilig
Die Politik von rotgrün (mit gelber Unterstützung bis Ende letzten Jahres) und die der Biden-Regierung liegen auf der selben Linie, ebenso die Mechanismen der öffentlichen Selbstdarstellung und Verächtlichmachung des politischen Gegners. Auch die Ergebnisse der Politik sind – wenig überraschend – im Kern die gleichen. Nur gibt es hier keinen Herausforderer wie Bill Clinton, Ronald Reagan oder Donald Trump, der dem Amtsinhaber wirtschaftspolitisch so richtig zu Leibe rückt und glaubhaft versprechen könnte, den Karren erfolgreich aus dem Dreck zu ziehen. Stattdessen gibt es nur oberflächliche Rhetorik, und zwar von beiden Seiten – das ist das Erstaunliche.
Zwar winken nun sowohl der alte wie der wahrscheinliche neue Kanzler mit materiellen Versprechungen, auf Plakaten und in Reden tauchen „Wachstum“ und plötzlich doch wieder günstigere Energiepreise auf. (So ähnlich versuchte es auch Kamala Harris, die sich als Kämpferin gegen hohe Verbraucherpreise präsentierte, als hätte sie mit den Misserfolgen ihrer eigenen Regierung – als Vizepräsidentin! – nichts zu tun. Scheinheiligkeit kennt keine Grenzen.)
Die Beinahe-Apathie des politischen Deutschlands angesichts des fortschreitenden Niedergangs, kombiniert mit heimeliger „Ich kümmere mich drum“-Pose des ausscheidenden Kanzlers sowie sagenhafter Selbstverleugnung des zuständigen und hauptverantwortlichen Ministers von der Küste – all das ist auf unschöne Weise atemberaubend und ein weiterer Beweis für die Weltfremdheit und Dreistigkeit auch der Medien und Meinungsmacher.
Erschreckend und entmutigend ist, dass auch der angeblich so weltläufige „Herausforderer“ von der Union im großen „Kanzlerduell“ den Eindruck hinterließ, nicht zuletzt wegen komplett fehlender Konsequenz, seine Kritik am wirtschaftlichen Niedergang seien nur beinahe beliebige Textbausteine in einem inszenierten Geplänkel, keine ernstgemeinten Politikwechsel-Absichten in einer tatsächlich existenziellen Krise (Siehe hier Peter Grimms Eindrücke). Man kann über Probleme so reden, dass sie unter dem Gerede verdeckt und vor einer echten Lösung geradezu geschützt werden: Politik als Simulation und Ersatz echten Handelns.
Preise rauf, Wertschöpfung runter, Schulden wachsen
Tatsächlich ist der selbstgemachte Niedergang sogar in den amtlichen Zahlen der deutschen Statistik mit Händen zu greifen, und niederschmetternd – gerade auch, weil er sich so festgesetzt hat wie eine chronische Malaise, die man umso schwerer abschüttelt:
Im September 2021, zur letzten Bundestagswahl, stand der Verbraucherpreisindex bei 103,8 (also fast vier Prozentpunkte höher als im statistischen Basisjahr 2020); Ende 2024 (letzte veröffentlichte amtliche Zahl) bei 120,5. Was bedeuten die zusätzlichen 16,7 Indexpunkte während der Ampel-Regierungszeit? Eine durchschnittliche Inflation über die drei-ein-viertel Jahre von (exponentiell gerechnet) 4,7 Prozent per anno! Jeder Euro des Arbeitnehmers oder Sparers ist im selben Zeitraum auf einen echten Wert von 86 Cent geschrumpft, über kaum mehr als drei Jahre.
Das spiegelt sich direkt in den Reallöhnen wieder, die diesen Wertverlust durch Inflation rechnerisch aufgreifen: Im dritten Quartal 2021 stand der Index bei genau 100 – exakt drei Jahre später bei genau 98. Der typische Arbeitnehmer kann demnach von seinem Netto mindestens zwei Prozent weniger einkaufen. Ob der „Warenkorb“ des Statistischen Bundesamts die Lebenswirklichkeit des Normalverdieners überhaupt angemessen widerspiegelt oder etwa die rasant steigenden Lebensmittelpreise für Familien unterbewertet, ist da noch gar nicht berücksichtigt.
Es ist – gegensätzlich zur Wahlpropaganda der Altkommunisten, die als „Linke“ firmieren, aber eigentlich nur die umbenannte SED von Erich Honecker sind – keine Umverteilung von arm zu reich, die sich da widerspiegelt, sondern eine Wirtschaft, die nicht vom Fleck kommt oder gar abgängig ist – auch Aktieninhaber (nicht nur von VW, aber die ganz besonders) sehen ihre Felle schwimmen. Das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) lag 2021 wiederum preisbereinigt (Inflation gegengerechnet) bei 103,67 Indexpunkten. 2022, nach der heißen „Covid“ Phase, erreichte es immerhin 105,09 – um 2024 wieder zurückzufallen auf 104,59.
Deutschland in der Stagflations-Falle
Deutschland erlebt also faktisch eine spürbare Rezession, bei gleichzeitig schmerzhafter Inflation – zusammen ergibt das die berüchtigte „Stagflation“, ein Horror-Szenario für jede Volkswirtschaft. Es kommt aber noch schlimmer, als die Zahlen gerade eben nahelegen, denn entscheidend ist die Wertschöpfung je Einwohner. Mehr Einwohner, die Geld umsetzen, lassen automatisch das Nationalprodukt steigen – aber der Wohlstand im Land hängt davon ab, wie viel davon auf jeden Einzelnen entfällt oder auf einen privaten Haushalt.
2021 lag der Index für das BIP je Einwohner bei 103,63 Indexpunkten – 2024 nur noch bei 102,68. Je Einwohner wird demnach weniger produziert, und das, obwohl die Zahlen für 2021 natürlich massiv mit dem durch die „Covid“-Panik bedingten Einbruch belastet sind. Gegenüber den 104,29 Indexpunkten für 2022 ergibt sich sogar ein Rückgang der Wertschöpfung je Einwohner um 1,6 Prozent in nur zwei Jahren! Wo ist der öffentliche Aufschrei, wo ist das rastlose Krisenmanagement der Politik? Der Wirtschaftsminister guckt schräg vom Plakat und verspricht „Zuversicht“.
Erneut muss man nun leider sagen: Es ist alles noch schlimmer. Denn gleichzeitig hat der Bund massiv weitere Schulden angehäuft, die letztlich von den Bürgern verzinst und geschultert werden müssen. Im September 2021 lagen die Schulden des Bundes je Einwohner bei 18.103 Euro – drei Jahre später bereits bei 20.349. Der Zuwachs für eine vierköpfige Familie beträgt damit statistisch fast 9.000 Euro – während die Reallöhne wie gesagt um zwei Prozent gefallen sind und die Wirtschaft im Rückwärtsgang ist. Zyniker könnten argumentieren, die höheren Schulden würden durch die hohe Inflation „verbilligt“ oder gar kompensiert.
Die Wahrheit ist, dass die schamlos angehäuften Staatsschulden in Echtzeit durch die Bürger bezahlt werden, eben durch den Wertverlust ihres eigenen Geldes (und Sparvermögens). Es ist politischer Diebstahl im Grunde, oder Betrug. (Eine Basis-Inflation von ein bis zwei Prozent ist aus Ökonomen-Sicht genau richtig und kein Grund zur Besorgnis, solange die Wirtschaft produktiver wird und alle vorankommen. Eine Inflation von durchschnittlich fast fünf Prozent, während die Wirtschaft zerbröselt, ist katastrophal.)
Der Öko-Sozialismus in seinem Lauf
Deutschland zehrt an seiner Substanz, ohne Perspektive für einen Aufschwung. In dieser Situation kann man es als Provokation wahrnehmen, wenn der Kanzler bräsig vom Wahlplakat guckt und „Wachstum“ verspricht und „Sicherheit“. Das Ergebnis seiner eigenen Politik – in Wahrheit natürlich nur eine verschärfte Fortsetzung der Merkel-Politik – ist das Gegenteil: realer Rückgang der Wertschöpfung, hohe Inflation, noch höhere Schulden; die materielle Sicherheit (und die vor Kriminalität) für den Normalbürger wird immer geringer. Weitere „neue“ planwirtschaftliche Subventionsorgien, wie von Scholz avisiert, würden es nur schlimmer machen. Mehr vom Gleichen!
Kurz vor der Wahl kommt man der Stimmung im Volk vermeintlich entgegen, signalisiert „wir sind bei Euch und Euren Sorgen“, aber gleichzeitig gibt es nicht den geringsten Hinweis, dass man die eigentlichen Ursachen für die Misere erkennt und bereit ist, daran etwas zu ändern. Trostpflaster verspricht man, bestenfalls, aber die muss am Ende auch wieder niemand anders als der gebeutelte Arbeitnehmer bezahlen. Wer sonst? Der eigenen Klientel des akademisch gebildeten Nutznießers in Staatsdiensten oder quasi-Staatsdiensten bei verlogen sogenannten „Nichtregierungs-Organisationen“ oder des schamlos begünstigten klima-industriellen Komplexes geht es nie an den Kragen.
Die Ursachen der Misere sind offensichtlich. Der Niedergang der deutschen Wirtschaft und Wertschöpfung ist Absicht. Es ist eine Politik der De-Industrialisierung der westlichen Nationen, die durch die „Klimapolitik“ und das groteske, weder notwendige noch überhaupt mögliche Ziel der „Klimaneutralität“ propagandistisch überhöht verfolgt wird. Nicht nur ist Energie in Deutschland viel zu teuer geworden, sie ist zudem nicht mehr zuverlässig verfügbar: Die Nachfrage soll sich gefälligst nach dem Angebot von Sonne und Wind richten – tödlich für die Effizienz jeder Industrie in der internationalen Konkurrenz.
Hinzu kommt die pathologische Regulierungs-Wut aus Brüssel, von Deutschland mitbefeuert und immer musterschülerhaft umgesetzt. Gewerbetreibenden wird das Leben immer schwerer gemacht, mit einer Mischung aus Planwirtschaft und Bürokratie. Die resultierenden Belastungen für Wirtschaft und Bürger versucht die Bundesregierung abzufedern und zu übertünchen mit immer neuen Subventionen und Verschiebe-Bahnhöfen. Damit der Strompreis nicht ganz so rasant durch die Decke geht, muss der Steuerzahler aushelfen, aber für den Bürger kommt es aufs Gleiche raus: Ob er aus der linken oder rechten Tasche beklaut wird, macht es nicht besser.
Verliebt ins Scheitern, unbelehrbar
Die Staatsausgaben steigen, während die produzierende Wirtschaft im Grunde sabotiert und abgewürgt wird. Mehr Geld jagt weniger Güter, das produziert unvermeidlich die Inflation; hohe Inflation dämpft noch zusätzlich das Vertrauen potenzieller Investoren, während der allgemeine Konsum als Wachstumstreiber ohnehin wegbricht. Es ist eine Abwärtsspirale, aus der man nur durch einen mutigen, kompletten Politikwechsel ausbrechen könnte.
Teil der Misere auch aus ökonomischer Sicht ist natürlich, dass die Millionen der „jetzt hier Lebenden“ eben eine massive Netto-Belastung der deutschen Nation sind, sie liegen dem Wohlfahrtsstaat auf der Tasche und müssen von der verbleibenden Produktivbevölkerung mitgeschleppt und alimentiert werden. Davon haben viele die Nase voll und verabschieden sich vorgezogen in die Rente; das Ungleichgewicht zwischen kompetenten Arbeitskräften und Wohlfahrtskosten (Sozialversicherungen, Staatsausgaben) wächst noch schneller. Andere verabschieden sich ins Ausland und entfliehen so der Misere.
Das alles lässt sich nicht mit ein wenig gutem politischen Willen ändern – oder Worthülsen oder kosmetischen Korrekturen. Die Situation wird noch weiter erschwert durch den Machtwechsel in Amerika – nicht weil Präsident Trump etwas Unziemliches täte, sondern gerade weil er im nationalen Interesse genau das Richtige tut. Einerseits ist es gut für die weltweite Wirtschaft, wenn die US-Volkswirtschaft aus ihrer Misere erlöst wird (nämlich einer Rezession des produktiven Gewerbes, außerhalb des Staatssektors) und wieder richtig Schwung gewinnt.
Aber Deutschland und Europa sind verbissen in ihre selbstzerstörerische Politik. Solange die gleiche dumme Politik auch von Biden verfolgt wurde, gab es zumindest insoweit keine Konkurrenz. Aber wenn Trump die Bürokratie abbaut, Energie massiv verbilligt und zuverlässig verfügbar macht, Steuern senkt und auf fairen Handel drängt, gräbt er automatisch Europa das Wasser ab. Das ist nicht seine „Schuld“, es ist unsere Dummheit, wenn wir uns darauf nicht endlich einstellen und ein Beispiel daran nehmen. Die Durchhalteparolen aus Berlin und Brüssel sind Realitätsverweigerung und – soweit man darin so etwas wie Sachaussagen erkennen mag – gelogen, dass sich die Balken biegen.
Die Ideen des Merz
Das Fatale an der Situation ist nicht, dass Rotgrünlinks jede Einsicht fehlt und außer vordergründiger Rhetorik und mehr vom gleichen Unfug nichts zu erwarten ist. Sondern dass auch die Partei des kommenden Kanzlers und er selbst ebenso wenig bereit sind, das Steuer grundlegend herumzureißen. Wie Merz stolz triumphierend verkündet hat: Der Weg zur „Klimaneutralität“ sei „unumkehrbar“. Auch lässt man sich nicht überbieten in EU-Hörigkeit und in dümmlichem Anti-Amerikanismus.
Weiß Merz mehr darüber, wie „Wirtschaft“ funktioniert? Kann er besser mit Zahlen umgehen? Ist er geneigt, die gröbsten Auswüchse des Regulierungswahns und der planwirtschaftlichen Steuerung zu stoppen oder abzumildern? Vermutlich alles JA, aber das ist auch keine große Herausforderung, verglichen mit der ideologisch fixierten Stümperei der noch Regierenden.
Auch er verspricht, den Strompreis abzufedern, indem Kosten der hanebüchen in die Hose gehenden „Energiewende“ aus Steuergeld bezahlt werden anstatt vom Stromkunden. Den Feldzug gegen die Gasheizungen will er beenden – aber damit nimmt er nur eine weitere Stufe der Eskalation des Energie-Kriegs gegen die Bürger wieder weg; an der Grundmisere ändert er nichts. Hier und da Steuern senken – schön und gut, aber welche der absurden Staatsausgaben will er im Gegenzug runterfahren? (Hintergrund in der Reportage von Peter Grimm.)
Nein, da ist kein Wille zum ernsthaften, grundlegenden Umsteuern erkennbar. Und das gilt, bevor auch nur ein Hauch von „Koalitionsverhandlungen“ mit den Sozis begonnen hat, die noch nicht einmal vorgeblich ihren Kurs ändern wollen – Scholz verspricht nur blaue Wunder, ohne Politikwechsel, denn man hat ja alles richtig gemacht und nur die doofe FDP ist an allem schuld.
Donald Trump hat Amerika eine „revolution of common sense” verordnet, eine Revolution im Sinne des gesunden Menschenverstands (leider keine sehr schöne Übersetzung, aber was soll man machen). Wie weit ist die deutsche Politik, wie weit ist auch der wohl unvermeidbare neue Bundeskanzler davon entfernt? Leider sehr viel weiter, als man zu Zeiten Ronald Reagans für eine Packung „Camel“ Zigaretten zu gehen bereit gewesen wäre.
Michael W. Alberts hat langjährige Erfahrung in der Politikberatung und in politischer Kommunikation, auch zugunsten von Funktionsträgern der Liberalen, und betätigt sich nebenberuflich publizistisch.