Achgut.com / 19.12.2019 / 06:19 / Foto: Tobias Klenze / 74 / Seite ausdrucken

Wir verneigen uns vor einem großen Künstler…

... und bitten ihn um Entschuldigung, Asche auf unser Haupt! Philipp Ruch ist Gründer des "Zentrum für politische Schönheit" und nahm an unserem Beitrag von „Nazis ­– Angebot und Nachfrage“ Anstoß. Anlass für den Beitrag war die jüngste Aktion des Ruch Ensembles. In seinem Text darüber schreibt Autor Markus Vahlefeld unter anderem:  

Das „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) unter Herrn Dr. Philipp Ruch ist zu so etwas wie dem Markenzeichen des progressiven Merkel-Deutschlands geworden. Hier versammeln sich die wildgewordenen guten Deutschen, die in völlig kunstbefreiten aber hochmoralisch aufgeladenen Aktionen mal davon träumen, Andersdenkende umzubringen („Tötet Roger Köppel“) und mal davon phantasieren, vor der Asche Holocaust-Ermordeter deutsch-militärische „Zapfenstreiche“ abhalten zu können... 

Das ist allerdings nicht der Gegenstand eines von Philipp Ruch kuratierten Schreibens, das Achgut.com über seine Anwälte erreichte. Wir wollen die darin enthaltene Richtigstellung unseren Lesern nicht vorenthalten. Hier einige Auszüge:

Berichterstattung: „Nazis - Angebot und Nachfrage“ 

www.achgut.com vom 09.12.2019 [....]

[....Sehr geehrte Damen und Herren, 

In der oben bezeichneten Berichterstattung wird in Bezug auf unseren Mandanten von Ihnen folgendes verbreitet: 

„Dr. Philipp Ruch entstammt einer Familie, die mütterlicherseits tief in die Hitler-Diktatur verstrickt war. Sein Urgroßvater, Dr. Martin Költzsch, war bereits früh in die NSDAP einge­treten, ein strammer Unterstützer der Nazi-Diktatur gewesen und hatte das Hitler-Reich als Diplomat im Ausland vertreten“.

Das ist unwahr. Unser Mandant besitzt keinen Urgroßvater namens Martin Költzsch und auch keinen Urgroßvater anderen Namens, der „das Hitler-Reich als Diplomat im Ausland vertreten“ hat. 

Weiter heißt es in Ihrem Artikel:

„Dabei ist der Urgroßvater kein Einzelfall in der Ahnenreihe des Dr. Philipp Ruch. Ein anderer naher Verwandter steuerte (...) einst den ganz im braunen Stil gehaltenen Auf­satz „Das Judentum in der Musik“ zu Theodor Fritschens „Handbuch der Judenfrage“ bei. (...) Im letzten Satz seines Beitrages mahnte Dr. Koeltzsch damals: „Wir alle haben ... die Pflicht, das Judentum in der Musik restlos auszuschalten.“ - Auch dafür kann sein Nachfahre Dr. Philipp Ruch selbstredend nichts (...).“ 

Herr Dr. Hans Koeltzsch ist kein naher Verwandter unseres Mandanten. Diese Verwandtschaftsbeziehung wurde offenbar frei erfunden. Hierfür spricht auch, dass kurz vor der Veröffentlichung Ihres Artikels ein mit „Satire“ überschriebener Artikel auf „ef-magazin.de“ (eigentümlich frei) veröffentlicht wurde, der ebenfalls diese unzutreffenden Verwandtschaftsverhältnisse enthielt. Möglicherweise wurde hier also ohne weitere Recherche einfach abgeschrieben und die Satire für bare Münze genommen. 

Die Anknüpfungspunkte für die fragwürdigen Ferndiagnosen Ihres Artikels, wie dass die vermeintliche „Besessenheit“ unseres Mandanten „das Resultat einer Projektion der eigenen Familiengschichte auf die Allgemeinheit“ sei oder dass das „Problem“ unseres Mandanten ein „psychopathologisches“ sei, stellen sich damit als unwahr heraus. Da sich zudem die unwahren Behauptungen zu den vermeintlichen Verwandtschaftsverhältnissen unseres Mandanten mittlerweile auch noch weiter verbreiten [...] sollen diese Behauptungen nicht einfach stehen gelassen werden [....]

[....Namens und in Vollmacht unseres Mandanten habe ich Sie dazu aufzufordern, sich ihm gegenüber zu unseren Händen zu verpflichten, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Vertragsstrafe, die ggf. vom zuständigen Landgericht zu überprüfen ist, zu unterlassen, in Bezug auf unseren Mandanten zu veröffentlichen und/oder verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

„Dr. Philipp Ruch (...) sein Urgroßvater, Dr. Martin Költzsch, war bereits früh in die NSDAP eingetreten, ein strammer Unterstützer der Nazi-Diktatur gewesen und hatte das Hitler-Reich als Diplomat im Ausland vertreten. (...)  

(...) Ein anderer naher Verwandter steuerte (...) einst den ganz im braunen Stil gehal­tenen Aufsatz „Das Judentum in der Musik“ zu Theodor Fritschens „Handbuch der Judenfrage“ bei. (...) Im letzten Satz seines Beitrages mahnte Dr. Koeltzsch damals: „Wir alle haben ... die Pflicht, das Judentum in der Musik restlos auszuschalten.“ - Auch dafür kann sein Nachfahre Dr. Philipp Ruch (...).“

wie geschehen in dem auf http://www.achgut.com unter dem 09.12.2019 veröffentlichten Artikel mit der Überschrift „Nazis – Angebot und Nachfrage“. 

Für den Eingang einer entsprechenden Unterlassungsverpflichtungserklärung habe ich mir eine Frist notiert auf den [...] 

Mit freundlichen Grüßen

Wie gesagt, wir entschuldigen uns ohne Wenn und Aber für eventuelle Fehler in der Berichterstattung. Auch wenn unser Autor die Verwandtschaftsverhältnisse von Philipp Ruch noch nicht endgültig klären konnte, haben wir seinen Ahnen und damit ihm möglicherweise Unrecht getan, weil wir nicht hinreichend abgesicherte Informationen verwendeten, das bedauern wir.

Gleichzeitig freut es uns, dass die Performance des astreinen Zentrums für politische Schönheit nun auch formaljuristisch mit unserer Hilfe fortgeschrieben wird und dass die letzte Asche-Aktion garantiert nicht der Vergessenheit anheim fällt, sondern weiter Gegenstand der Erinnerungskultur sein wird. Wir von Achgut.com, also vom Zentrum für publizistische Schönheit, werden unser Bestes tun, diese Aktion in nachhaltiger Erinnerung zu halten. „Bei Aktionskunst ist die öffentliche Wirkung Teil der Performance“, möchten wir mit Philipp Ruch zum Fortgang des nun auf Gegenseitigkeit beruhenden künstlerischen Engagements anmerken, „natürlich bringen unsere Aktionen Paragrafen auf Kollisionskurs“. 

Wenn Sie Achgut.com dabei unterstützen wollen, Herrn Ruchs Wirken weiterhin in der gebührenden Weise zu würdigen, können Sie das auf dem Spendenbutton unter diesem Text tun.

Nachbemerkung:

Um Missverständnisse zu vermeiden: Der oben im Anwaltsschreiben zitierte Satz  "Auch dafür kann sein Nachfahre Dr. Philipp Ruch selbstredend nichts (...).“ ist ein Zitat aus dem Text von Markus Vahlefeld und keine Anmerkung der Anwälte.  "Auch dafür kann sein Nachfahre Dr. Philipp Ruch selbstredend nichts (...),“ betont Markus Vahlefeld mehrmals in seinem ursprünglichen Text.

Foto: Tobias Klenze CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

K. Kirschberg / 19.12.2019

Da kann achgut jetzt zwar versuchen, es von der humorvollen Seite zu nehmen, es bleibt die Tatsache, Unwahres über Ruch geschrieben zu haben. Das ist sehr ärgerlich. (Ich habe es geglaubt, den Artikel wie viele andere zuvor schon weiterempfohlen.) Es war Wunschdenken, weil es so schön ins Konzept passte. Damit hat man sich leider nicht anders verhalten als der Spiegel mit Relotius, auch dessen Geschichten wurden ungeprüft geduckt, weil man sie gern lesen wollte. Ein Tag der Betrübnis.

Günther Schmidt / 19.12.2019

Leider ist das nicht zum ersten Mal passiert. Woher soll man wissen, was man noch glauben kann? Dabei ist es doch eigentlich so unwichtig, wer seine Vorfahren waren: seine Taten sind es, die heute zählen. Klar wäre der Artikel dann weniger unterhaltsam gewesen, aber darauf kommt es doch nicht an.

Hans Reinhardt / 19.12.2019

Wenn Herrn Ruchs Vorfahren auch nur annähernd so widerlich selbstgerecht und abstoßend waren wie er es selbst ist, kann ich mir durchaus vorstellen, dass selbst die Nazis nichts mit dieser Brut zu tun haben wollten.

Peer Munk / 19.12.2019

Ich verstehe nicht, wie es dazu kommen konnte, hier falsche Verwandschaftsverhältnisse dieses miserablen Herrn Ruch zu veröffentlichen. Namen verwechselt? Irgendwo ungeprüft abgeschrieben? Würde mich ernsthaft interessieren, da ich viel von der Achse halte.

Stephan Bender / 19.12.2019

Kurzanalyse: Philipp Ruch wollte wie Max Frisch ein intellektueller Architekt werden, wurde aber in der DDR von zwei Psychologen aufgezogen. In der Folge entwirft er nicht etwa Häuser, Straßen und Plätze, sondern bedeutungsschwangere Steelen, die das schlechte Gewissen anderer enthalten. Cubism meet Psychoanalysis, der mathematische Raum als Ort des Unterbewussten schafft eine selbstreferentielle Moral, in der ein biologistischer Appendix in Form von Vorfahren nicht enthalten sein kann. Insgesamt betrachtet ist das ein künstlerisch nicht ganz doofer Ansatz, aber die interdisziplinäre Ausführung ist sehr mangelhaft.

Andreas Rochow / 19.12.2019

Als extremer Linksausleger des Grundgesetzes demonstriert Ruch sein Geschafftsmodell: Auch als Ungelernter kann man mit gefühlter Bessermoral in Merkel-D Karriere machen. Unwesentlich, wer sein Vater war oder ist. Schlimmer ist, dass es seinen Sohn von früh an in dieser Richtung indoktriniert.

Matze Axion / 19.12.2019

Wenn man zwischen den Zeilen des Anwaltsschreiben liest, hat der Herr Dr. Ruch vielleicht doch einen Vorfahren gehabt, der “bereits früh in die NSDAP eingetreten, ein strammer Unterstützer der Nazi-Diktatur gewesen ist”, denn dieser Passus des Artikels wird seltsamerweise nicht beanstandet. Erst in der Wiederholung im Gesamtkontext zur Unterlassung wird wieder darauf Bezug genommen. Entweder nicht ganz sorgfältig gearbeitet oder Absicht? 

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