Die Testschlange als Demo

Die Ungeimpften stehen jetzt wieder Schlange. Besonders vor dem Testzentrum. Wer im Hotel ein Zimmer begehrt, in der Muckibude den Bizeps trainieren will oder eine Pizza drinnen im Warmen verzehren möchte, kommt nicht an einem Coronatest vorbei. Man kann das ganze Prozedere als überwiegend unsinnig auffassen, man kann sich über Ausgrenzung aufregen oder über den politischen Erpressungsversuch, der dahinter steckt.

Es kann aber auch sein, dass sich unsere Pandemie-Prätorianer damit gerade ein wenig ins Fleisch schneiden.

Denn man kann das Ganze auch als Chance sehen und sich über die unbeabsichtigten Folgen der Schikane freuen. Ich war gestern einkaufen und beobachtete vor mehreren Teststationen recht lange Schlangen, unter anderem auf dem Parkplatz von Lidl. Meist junge gesunde Menschen, aber auch einige im fortgeschrittenen Alter, versammelten sich dort brav hintereinander, manche waren sogar an einem Stehtisch im Gespräch miteinander vertieft. Bei dem Anblick hatte ich plötzlich den Eindruck, so einer Art Demonstration der Ungeimpften beizuwohnen. Die unausgesprochene Botschaft der Bilder signalisiert das im Meinungskampf gerne benutzte Motto: "Wir sind viele!". Man muss nur hinschauen. Also Schluss mit dem Defätismus.

Da versammelte sich keine kleine verschüchterte Minderheit, sondern eine zahlenmäßig relevante Bevölkerungsgruppe, und das auch noch gesund und munter und im besten Alter. Sie sahen nicht gerade eingeschüchtert aus – und auch nicht so, als ob sie sich von Herrn Spahn, Herrn Söder oder wem auch immer zu irgendetwas zwingen lassen möchten. Ich vermute übrigens, dass ohne deren Erpressungsversuche deutlich mehr Menschen zu einer Impfung bereit wären. 

Unbeabsichtigte Folgen sind Resultate von Handlungen, die von den dafür Verantwortlichen nicht gewünscht wurden. Diese Folgen können absehbar oder nicht absehbar sein, oft kommt es sogar zu einem perversen Effekt, der das Gegenteil des Beabsichtigten darstellen kann. Die Bundesregierung ist auf diesem Gebiet absolut führend und stellt dies nun einmal mehr unter Beweis. 

Im konkreten Falle erzwingt die Regierung Versammlungen von Ungeimpften und fördert die öffentliche Kommunikation und politische Willensbildung unter diesen, also genau das, was sie normalerweise mit Wasserwerfern zu verhindern sucht, wenn sich Querdenker an einer Berliner Straßenecke versammeln. Ich kann daher Geimpfte, die gleichwohl die Einschränkungen der Bürgerrechte für Ungeimpfte nicht hinnehmen wollen, nur dazu aufrufen sich einfach dazu zu gesellen und so zu tun, als ob sie nicht geimpft wären. 

Das Versammlungsgebot vor den Testzentren macht diese zu den letzten Safe Spaces der öffentlichen politischen Willensbildung in diesem Lande. Versammlungen sind hier ausdrücklich erlaubt und staatlich sogar gefördert. Ich bin dafür, den Wahlkampf mitten in dieses Geschehen zu tragen, nehmen Sie einen Hocker mit und halten eine feurige Rede wie im Londoner Hyde Park an der Speakers Corner. Demokratie lebt!

Foto: Onderwijsgek/Montage Achgut.com CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Tim Acker / 25.08.2021

Wir Ungeimpfte sind auch eine Marktmacht. Wir sollten uns auf zwei Sachen vorbereiten:- siehe Frankreich, wo bereits die Polizei Leute nicht mehr zum Essen einkaufen lässt. Was nützt es, wenn Lambrecht 2 G für verfassungswidrig erklärt. Was wird nach der Wahl sein -bei diesen Volksveertretern-und auf die Karlsruher ( Verfassungsg.)kann man einen ...Sch….geben. Boykotte von solchen Geschäften etc., die 2 G anwenden werden- Einkaufsgemeinschaften bundesweit. Getestete engagieren fürs Einkaufen bundesweit. Günstige Testzentren aufbauen /wegen der Familien und der Kosten. Was ist mit Klagen ?.

Christian Oede / 25.08.2021

Sobald man sich aber mit einem gut lesbaren “ungeimpft” Demoschild in die Schlange stellen würde, käme unverzüglich die Polizei, um unter Zuhilfenahme eines “Überraschungsparagrafen” die unangemeldete Demo aufzulösen.

M. Quadermueller / 25.08.2021

Nachvollziehen kann ich das nicht. Ich bin bislang mit exakt 0 (in Worten: Null) Tests klargekommen. Insofern dürfen die gerne so teuer wie eben möglich werden. Orte und Institutionen, die einen Test von mir verlangen, zeigen damit eindeutig, daß sie auf mich verzichten wollen. Und ich kann auf sie verzichten. Wer mitmarschiert, darf gerne unter meinem Beifall in die Insolvenz gehen, und das habe ich auch bereits mehr als einem Einzelhändler/Gastronomen/Friseur/Kulturschaffenden, der mich ehemals zu seinen Kunden zählte, klargemacht. Das Problem sind die Mitmarschierer. Auch bei den Tests.

Jonas Jäger / 25.08.2021

Etwas blauäugig. Könnte man meinen, dass eine Schlange in den Gulag auch eine Art Protest ist. Demo findet am Samstag in Berlin statt! Freiheit statt Gulag-Deutschland!

M.Müller / 25.08.2021

Jetzt behaupten Sie, unsere Demokratie müsste gerettet werden, weil nur vor den Testzentren die letzten “Safe Spaces” existieren würden. Einen Safe Space hätten sich die CSD Teilnehmer und Veranstalter in Taucha am letzten Wochenende tatsächlich gewünscht. Ansonsten gab es letztes Wochenende Demos u.a. in Essen (Corona-Auto-Corso), Berlin, Hamburg, Kiel, Siegen, Trier (Afghanistan). Das ist das Ergebnis einer 2 Minuten Google Suche, also sicherlich unvollständig. Sie zeigt aber, dass es sehr wohl Räume zur politischen Willensbildung gibt und die Testzentren keineswegs die letzten Möglichkeiten wären. Bin gespannt, wenn Sie vom aus dem Vorgarten winkenden Demonstrationsteilnehmer (siehe Ihren Bericht vom 8.2.2021) zum Speaker a’la Speakers Corner mutieren. M.Müller

Bernd Weber / 25.08.2021

“Ich kann daher Geimpfte, die gleichwohl die Einschränkungen der Bürgerrechte für Ungeimpfte nicht hinnehmen wollen…. ” Wer sich impfen lässt tut dies aus Überzeugung: es ist richtig, es ist wichtig und unter Gefahrenabwägung das kleinere Risiko; wie sollten solche Menschen Ungeimpfte unterstützen können - dies wäre Schizophrenie im höchsten Grade ! Wer als Geimpfter wirklich die Wahlfreiheit der Ungeimpften unterstützen will, soll seiner Partei Druck machen und nicht Ungeimpften gute Ratschläge geben.

Laura Mavrides / 25.08.2021

Vielen Dank, Herr Maxeiner - ihr Beitrag hat mir ein positives Gefühl gegeben. In Zeiten wie diesen greift man nach jedem Strohhalm.

Frances Johnson / 25.08.2021

Daher bin ich auch der Meinung, dass an den schlechten Umfragewerten nicht etwa Laschet schuld ist, sondern das Gespann Söder-Spahn. Ja, wenn ich das sehe,werde ich einen Kaffee mit ihnen nehmen.

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