Peter Grimm / 16.11.2018 / 06:25 / 25 / Seite ausdrucken

“Wir sind feine Sahne, wir sind Fischfilets”

Keine Angst, es soll hier nicht schon wieder um die Texte von „Feine Sahne Fischfilet“ gehen, in denen sie ihre brutalen Gewaltphantasien insbesondere gegen Polizisten und Journalisten besingen. Zum einen sind wir ja ein freies Land, in dem der tolerante Bürger all die Äußerungen zu ertragen hat, die kein Fall für Strafverfolgungsbehörden und Justiz sind. Zum anderen: Seit die immer noch in Revolutionsposen auftretenden Fischfilets dank der Protektion des Bundespräsidenten, des Bundesaußenministers und wichtiger Kulturredaktionen öffentlich-rechtlicher Medien zu einer Art Staatskapelle gegen rechts avanciert sind, muss man doch nach solch alten Kamellen ohnehin nicht mehr fragen.

Im Zuge der Berichterstattung über die angebliche Beschneidung der Kunstfreiheit durch die Entscheidung des Dessauer Bauhauses, die Fischfilets nicht in ihrer Institution auftreten zu lassen, hat das ARD-Kulturmagazin „titel thesen temperamente“ klargestellt: „Man muss diese Band nicht mögen, aber sie ist Teil der demokratischen Zivilgesellschaft.“ Und die Gewaltaufrufe vergangener Tage sind demnach auch vergessen, denn „das liegt 3 Jahre zurück, das Lied singt die Band nicht mehr, und beendet ist auch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz.“

Der Frontmann der Fischfilets konnte im Gebührenfernsehen deshalb umso klarer die Einschränkung der Kunstfreiheit beklagen, wenn eine Institution sich für eine Konzertabsage entscheidet: „Man hat vor diesen Leuten einfach nicht einzuknicken, sondern man hat da selbstbewusst aufzutreten und zu sagen: ‚Ey, wir lassen uns von euch definitiv nicht die Lebenslust nehmen! Und selbstverständlich sagen wir nicht ab, weil ihr meint, wir gehören hier nicht her oder so’.“

Selektive Kunstfreiheit?

Die Fischfilets sind gegenwärtig also die Helden der Kunstfreiheit. Merkwürdig ist nur, dass sie selbst seit Jahren Veranstalter gedrängt haben sollen, einer konkurrierenden Band die Konzerttermine abzusagen. „Serum 114“ ist eine Punk-Band aus Frankfurt, zu deren Musik der Autor dieser Zeilen wenig sagen will, weil sie ihm musikalisch ebenso wenig liegt wie die der Fischfilets. Eigentlich müssten sie die gleichen Zielgruppen ansprechen. Doch wenn „Serum 114“ bei einem Veranstalter auftreten will, bei dem auch „Feine Sahne Fischfilet“ aufspielen soll, würden die Fischfilets fordern, das jeweilige Serum-Konzert abzusagen, schreibt „Serum 114“ in einem Offenen Brief. Folgt man ihren Ausführungen, geht das schon seit Jahren so. Da scheint die Kunstfreiheit plötzlich nicht mehr viel zu zählen.

Als Grund der Distanzierung von Serum-Auftritten gilt, wen wundert‘s, eine angebliche Rechts-Tendenz der Band. Genau genommen wird „Serum 114“ immer wieder ein vermeintlicher Fehltritt vorgeworfen, der diesen Ruf begründet: Vor sieben Jahren hatten sie eine gemeinsame Single mit „Freiwild“ produziert und „Freiwild“ ist ja bekanntlich von nahezu allen Medien und Kulturakteuren quasi mit einem Prüfsiegel für rechte Gesinnung versehen worden. Wie begründet oder unbegründet das ist, wäre eine eigene Geschichte. Das Prüfsiegel bekam die Band 2013, als sie unter allgemeinem Beifall von der Echo-Verleihung ausgeschlossen wurde, weil sie „in ihren Songs völkisches und nationalistisches Gedankengut“ verbreiten würde. Das war zwei Jahre nach der Single mit „Serum 114“.

Trotzdem: Weil „Serum 114“ mit diesen inzwischen Unberührbaren vor sieben Jahren eine Single produziert hat, klebt der rechte Ruf an ihnen. Bei der informellen Staatskapelle gegen rechts sollen die Hass-Texte von vor drei Jahren vergessen sein, doch eine sieben Jahre alte Single nicht? Immerhin hätten die Serum-Mannen – so schreiben sie – auch die Gelegenheit zum öffentlichen Abschwören bekommen, die Unterwerfungsgeste jedoch verweigert. Da sie sich selbst auch als linke und gegen rechts aktive Band verstehen, wäre es auch schwer zu erklären, welchen Verfehlungen sie denn abschwören sollten.

„Wir scheißen auf Applaus von rechtsaußen“

Ob „Serum 114“ jetzt auch so viel Solidarität wegen kunstfreiheitsfeindlicher Konzertabsagen bekommt? Sicher nicht, denn dazu hat die Band aus Frankfurt nicht genügend Aufmerksamkeit erzielt und wollte sie das auch lange nicht, um keinen Beifall von der falschen Seite zu bekommen. Gedankt wird es ihnen nicht. Sie selbst schließen ihren Offenen Brief mit einem ganz eigenen Resümee:

„Wir sind im Laufe unserer zehnjährigen Karriere in so ziemlich jedes Fettnäpfchen getreten, was wir finden konnten und haben wirklich eine ganze Menge Mist gemacht. Aber eins, liebe feine Sahne, lassen wir uns wirklich nicht vorwerfen: Dass wir mit irgendwelchen braunen Gedanken sympathisieren oder mit Rechtsradikalen Geschäfte machen. Ob ihr das genauso seht wie wir, ist uns mittlerweile herzlich egal. Wir haben es langsam kapiert: Leute von links meckern, weil wir mal was mit Frei.Wild gemacht haben. Leute von rechts meckern, weil wir uns in unseren Texten und Aktionen klar gegen Nationalismus positionieren. Macht was ihr wollt und denkt. Wir werden auch weiterhin unseren Weg gehen. Ob euch das gefällt oder nicht.

PS: Für alle braunen Stammtischtrolle: Glaubt nicht, dass euch dieser Brief in die Karten spielt und spart euch dumme Kommentare. Wir scheißen auf Applaus von rechtsaußen. Weil wir uns von FSFF nicht erpressen lassen, heißt das nicht, dass wir euch an unserer Seite dulden.“

Damit wäre das auch klar. Aber darum geht’s ja nicht, sondern um die Kunstfreiheit. In diesem Sinne hier ein kleines Serum-Lied an die Fischfilets. Es ist auch oben im Bild direkt eingebettet.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Belo Zibé / 16.11.2018

Es gibt im Ur-Punk eine Faustregel: Von drei Akkorden sind zwei zu viel.  Daran halten sich die heutigen Protagonisten des Genres überhaupt nicht mehr. Da werden schon mal Nebenstufen eingeflochten, die an reaktionäre Peter Alexander Filme erinnern.Und in der Tat, gerade die sendungsbewusstesten, wie Campino und Co. , bewegen sich im musikalischen Brackwasser von Sid Vicious und den Flippers, wobei sie letzteren ähnlicher sein dürften, als ihnen lieb ist. Das Prädikat Staatskapelle ist ein weiterer Schritt in die Unglaubwürdigkeit.Es handelt sich gewissermassen um Sponsoring durch den politischen Mainstream. Zu Sponsoring durch Firmen sagt die Sängerin Björk: «Ich habe Steve Jobs einige Male getroffen, weil er mich immer wieder überreden wollte, Werbung für seine Firma zu machen.Das musste ich aber leider jedes mal dankend ablehnen.Ich bin eben einer alter Punk.Ich lasse mir ja nicht einmal meine Tourneen von Sponsoren finanzieren[...] Mir geht es um Integrität. Da bin ich ganz altmodisch.Ich finde es irgendwie beschämend, wenn ich Musiker, die ich bewundere , in Werbeclips sehe. Von mir aus sollen alle Werbung machen ,aber das nächste Mal, wenn ich ihre Musik höre, habe ich ein Problem.Wer sich für Werbung hergibt, dem glaube ich nie wieder, was er singt»

Frank Volkmar / 16.11.2018

Daran sieht man das viele “Einäugige” unterwegs sind, die in Gut und Böse oder mainstream bzw. “Rechtgläubige” und Rechts(extreme) differenzieren wollen bzw. sollen. Wenn es nicht richtig passt wird aus einer vermuteten Tendenz nach rechts mit einer angehängten Steigerungsform der Rechtsextreme. Da wird aus der Christin Asia Bibi im DLF die “christliche Aktivistin”, wobei der Mob eben der radikal-islamistische Mob ist, der mit dem Islam natürlich nichts zu tun hat. Da hat dann die Aktivistin vermutlich sogar selbst dazu beigetragen, das der Mob ihren Tod will. So hat wieder alles seine Richtigkeit !

gabriele bondzio / 16.11.2018

Die Fischfilets sind gegenwärtig also die Helden der Kunstfreiheit. “...scheint so als wollte man sie, als Sahnehäubchen, medial-politisch in die Köpfe (auch der Kinder/siehe Vera Lengsfeld: Deutschland ist Schei… – jetzt auch im Schulprogramm!/ET) einhämmern. Nein, ihr Fischfilets, wir haben Probleme mit euren Problemen ...Verweis mich aus der Stadt Ich scheiß drauf was du sagst Wer kein Rückgrat hat, der wird vereidigt auf den Staat. Lieber Hartz 4 beziehn, im Bett bis um 4 liegen, Bier trinken, Weed dealen, Speed ziehn, Als Geld im Staatdienst verdien ( offizieller Songtext/Wut) Wir wollen unsere Kinder nicht im Bett bis um 4, vollgepumpt mit Drogen!

Gertraude Wenz / 16.11.2018

Bin ich jetzt blöd oder was? ttt: “Man muss diese Band (das Fischgericht) nicht mögen, aber sie ist Teil der demokratischen Zivilgesellschaft.” Und sie nicht auftreten lassen zu wollen, ist laut allgemeiner Berichterstattung eine “Einschränkung der Kunstfreiheit”. Eine andere Band “Freiwild” wurde unter allgemeinem Beifall von der Echo- Verleihung ausgeschlossen, weil sie “in ihren Songs völkisches und nationalistisches Gedankengut” verbreiten würde. Aha, sie ist also nicht Teil der demokratischen Zivilgesellschaft. Für sie gilt die Freiheit der Kunst nicht? Ich kenne beide Bands nicht. Wie sehr aber mal wieder mit verschiedenem Maß gemessen wird, sieht ja der sprichwörtliche Blinde mit dem Krückstock! Hier wird willkürlich nach politischem Interesse geurteilt, gehandelt, Unrecht begangen, ohne dass Widersprüche überhaupt bemerkt werden oder -noch schlimmer: Sie werden bewusst in Kauf genommen, und zwar ohne eine Spur von Scham!

H.Milde / 16.11.2018

Das ist doch wie das mit rechten Büchern in linken Buchhandlungen, wo eine Dame von der Prawda des Westen (Spiegel) sich bedroht/beschmutzt fühlt nur im gleichen Raum wie diese zu sein. Dabei geht´s diesen “Kulturschaffenden” (ist das nicht ein Begriff ad DDR1.0?) HyperLinken, und dem ÖR, doch nur um Eines: PR/Meinungshoheit, und damit Macht und €uronen. Adolf´s PropagandaHinkefuß  hätte seine liebe Freude an diesen Herzchen, Methoden 1:1 übernommen.

Benjamin Zuckschwerdt / 16.11.2018

@Maximillian Einen Unterschied gibt es doch zwischen den zwei Fronten. Die judäische Volksfront verübt einen heroischen Suizid , während die Volksfront von Judäa beim sterben ihres Messias gut zu redet . Darauf eine Tüte Otternasen und gerne ein Säckchen Kies.

Frank Mertes / 16.11.2018

So ist es, Wasser predigen, Wein saufen, gegen Hass sein, aber selber Hass verbreiten, künstlerische Freiheit einfordern, aber selber künstlerische Freiheit beschneiden. Das ist das Grundsatzprogramm aller Linken, so auch von Feine Sahne Fischfilet. Da muss man sich nicht wundern. Was mich allerdings wundert und mir fast Bewunderung entlockt, wie man derart unmusikalisch und untalentiert sein kann, auch bezüglich der Texte, von der Musik ganz zu schweigen, und es dennoch zur Hofkapelle Steinmeiers und der Bundesregierung sowie zum Liebling der Medien bringen kann. Der Echo und der Deutsche Musikpreis sind ihnen sicher. Ginge es nach Können würden sie weiter auf Hartz IV machen müssen. Aber die Jungs hatten halt den richtigen Riecher, “Haltung” ersetzt Talent. Das haben sie erkannt, das muss man ihnen lassen.

Christian Beilfuss / 16.11.2018

Mit Verlaub: Man könnte auch mal einen Satz darüber verlieren, dass die Musik dieser Rostocker Beifangverarbeitung in Molkereiprodukten sich nicht von der expliziter Nazi-Rockbands unterscheidet. Dumpfes Gegröhle zum sturen Viervierteltakt und mit notorisch gleichen Riffs. Was Wunder: So was hört man halt in der Hooligan-Szene vom FC Hansa. Soweit im Speziellen. Im Allgemeinen gilt: Nicht die ideologische Verpackung sollte Kriterium sein, sondern die Qualität der Musik, des Gedankens, der Texte, der Begründung einer politischen Position. In alledem findet sich etwas wieder, das Rückschlüsse erlaubt: Ob wir es nämlich mit reflektierten, kreativ Begabten und kritisch Denkenden zu tun haben, oder mit dumpfen Mitläufern einer vorgesetzten Herrschaftspolitik. Und diesbezüglich ist die Feine Sahne Fischfilet so ziemlich das allerletzte, was herumläuft und sich akkustisch bemerkbar macht.

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