Gerd Held / 01.09.2016 / 16:31 / Foto: Konto na chwilę / 13 / Seite ausdrucken

Wir schaffen das: Brennpunkt „Kleiner Tiergarten“ in Berlin

In Wahlkampfzeiten kann man oft eine merkwürdige Veränderung der Realität beobachten. Es ist eine Art Verkleidung. Allein schon die Wahlplakate. Auf einmal ist eine Stadt  mit lauter Köpfen bevölkert, die so tun, als wären sie hier die großen Macher. Und wie einfach sie das schaffen! Dieser Optimismus! „Alles ist auf einem guten Weg“ rufen sie uns zu – und wenn man lange genug hinschaut, klingt es von allen Seiten nach Wir-schaffen-das. Und dann dies Lächeln, als gäbe es einen parteiübergreifenden Dress-Code für Kandidatengesichter.   

Gewiss ist das nichts Neues, aber diesmal fällt es irgendwie stärker auf, wenn man so durch Berlin stapft. Ein Wahlplakat der CDU zeigt eine Gruppe älterer Frauen, die offenbar in einem U-Bahn-Abteil sitzt und viel Spaß hat. „Sicher unterwegs“ steht drauf. Ich steige in die U 9 und fahre vom Bahnhof Zoo in Richtung Moabit. Komisch, die Leute gucken gar nicht so spaßig. Sie sind eher ernst, müde, angespannt. Oft sehr angespannt. Ob das nur Zufall ist und ich gerade ein pessimistisches Abteil erwischt habe?

Ich steige an dem U-Bahnhof „Turmstraße“ aus. Ein bisschen Berliner Straßenleben und ein kürzlich sanierter Stadtpark, der „Kleine Tiergarten“, warten. Doch spätestens jetzt merke ich, dass die Leute gute Gründe haben für ihre Anspannung. Rings um den U-Bahn-Eingang kommt man an den herumlungernden jungen Männern kaum vorbei. Der Bürgersteig ist besetzt, und im Stadtpark stehen überall Grüppchen zusammen, die die Passanten, die hastig den Park durchqueren, mit verstohlenen oder herausfordernden Blicken verfolgen. Das soll das lockere Berlin im lockeren Deutschland sein? Die Atmosphäre ist eher bedrückend.  

Deutsche Männer mit Bierflaschen und arabische Männer ohne Bierflaschen

Hier breche ich diesen, doch recht subjektiven Bericht erstmal ab und übergebe an die „Berliner Zeitung“, die nicht gerade im Verdacht steht, ein „fremdenfeindliches“ Blatt zu sein. Dort ist am 18.Juli ein Artikel unter der Überschrift „Ein neuer Brennpunkt der Kriminalität“ erschienen. Der Artikel ist lesenswert:

„Sehr grob gesagt, lassen sich die Männer auf den Parkbänken in zwei Gruppen teilen: deutsche Männer mit Bierflaschen und arabische Männer ohne Bierflaschen. Letztere fühlen sich sofort beobachtet, wenn man sie anschaut und nicht gesenkten Blickes an ihnen vorbeihuscht. Sie sprechen Passanten an, weil sie sie für Kunden halten oder beschimpfen sie, weil sie sie als Polizisten wähnen. In der Grünanlage an der Moabiter Turmstraße hat sich seit dem vergangenen Herbst einiges verändert. In dem Park…haben Drogenhandel, Diebstähle und Gewalt zugenommen. Wie die Polizei auf Anfrage dieser Zeitung mitteilte, registrierte sie von Januar bis Ende Mai 199 Rohheitsdelikte. Im selben Zeitraum 2015 2015 waren es 61 Fälle…

Von Januar bis Mai wurden auch 312 Diebstähle erfasst, gegenüber 157 Delikten im Vorjahreszeitraum…Nach Informationen der Berliner Zeitung erklärte die Polizei den Park kürzlich intern zum `kriminalitätsbelasteten Ort´. In dieser Liste finden sich etwa Plätze wie das Kottbusser Tor oder die Gegend um das RAW-Gelände in Friedrichshain…

Inzwischen trauen sich manche Anwohner nicht einmal mehr am Tag in den Park. Geschäftsinhaber klagen über Belästigungen durch Dealer. Zu dem neuen Kriminalitäts-Brennpunkt gab es schon eine Anwohnerversammlung, bei der Mitarbeiter des Polizeiabschnitts 33 erklärten, dass sie jetzt stärker präsent seien.“

Ja, etwas wurde geschafft: Eine gravierende Verschlechterung

Soweit einige Ausschnitte aus dem Artikel. Ich bin also nicht der einzige, der sich seit einigen Monaten in diesem Kiez nicht mehr zu Hause fühlt. Die Krisen-Meldungen vom Kleinen Tiergarten und vom Umfeld des U-Bahnhofs Turmstraße häufen sich. Alles auf einem guten Weg? Nein hier hat ganz einfach eine Verschlechterung stattgefunden. Eine gravierende Verschlechterung. Ein neuer Brennpunkt hat sich gebildet. Genauer: Einige schon bestehende Verwahrlosungen sind in eine Situation verwandelt worden, in der die Polizei nicht mehr die Sicherheit der Passanten und Anwohner garantieren kann. Ein Park und ein Bahnhof, die für das öffentliche Leben des Stadtteils eine erhebliche Bedeutung haben, wurden zur No-Go-Area. Man kann da nicht mehr hingehen, schon gar nicht abends, schon gar nicht als Frau. Grundrechte der Berliner? Hier sind sie gestrichen.  

Und wie ist es dahin gekommen? Handelt es sich um eine Naturkatastrophe, die da über die Berliner hereingebrochen ist? Nein, diese Situation ist in direktem Zusammenhang mit der Migrationswelle entstanden, die durch die Politik der offenen Grenzen nach Deutschland geleitet wurde. Sie ist nicht durch höhere Gewalt entstanden, sondern von den Regierenden mutwillig herbeigeführt worden. Das gilt am Kleinen Tiergarten in einem sehr konkreten Sinn. Denn hier liegt in unmittelbarer Nähe das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Das war bis vor kurzem die zentrale Migranten-Aufnahmestelle für Berlin. Noch einmal der Artikel aus der „Berliner Zeitung“:

„Mit dem Flüchtlingsandrang im Herbst stiegen auch die Kriminalitätszahlen. `Bei den festgestellten Rauschgifthändlern im Kleinen Tiergarten handelt es sich derzeit überwiegend um Asylbewerber aus Afrika´, sagt ein Polizeisprecher. Einige kamen mit dem Flüchtlingsstrom, sagen Fahnder. Andere seien vorher schon dagewesen und hätten unter den Flüchtlingen im nahen Lageso Komplizen rekrutiert. In die Statistik der Gewaltdelikte fließen laut Polizei auch körperliche Auseinandersetzungen unter Wartenden im Lageso beziehungsweise mit den dortigen Sicherheitsdiensten ein. Doch die Kriminalitätszahlen blieben hoch, nachdem der Andrang am Lageso wieder abgenommen hatte…“

Dieser neue Kriminalitäts-Cluster ist Merkels Brennpunkt

Dieser neue Brennpunkt in der deutschen Hauptstadt ist also in direktem Zusammenhang mit der massenhaften Aufnahme illegaler Migranten entstanden. Es ist Merkels Brennpunkt. Man sollte sich in diesem Zusammenhang an einige Behauptungen erinnern, die im Zusammenhang mit dem „Wir schaffen das“ aufgestellt wurden. Da gab es die häufig wiederholte Behauptung, dass an Orten, wo viele Migranten angekommen sind, keine erhöhte Kriminalität zu verzeichnen sei. Um diese Behauptung ist es ziemlich still geworden.

Mancher Berliner erinnert sich jetzt auch daran, dass an diesem Berliner Ort vor ein paar Monaten noch eine ganz andere Kampagne lief: Das Landesamt Lageso wurde an den Pranger gestellt. Den Mitarbeitern wurde vorgeworfen, die Migranten nicht anständig zu behandeln und sich absichtlich nicht richtig anzustrengen. Sie seien verantwortlich für Wartezeiten, Krankheiten und Gewalttätigkeiten unter den Migranten. Von einer Gruppe wurde sogar der Todesfall eines Migranten vorgetäuscht und mit Trauerritualen regelrecht inszeniert, bevor sich alles als Lüge herausstellte. Danach wurden die Vorwürfe gegen die Aufnahmestellen nicht mehr so laut erhoben.

Doch eine andere Behauptung findet man umso häufiger. Nach dem Sinken der Neuzugänge wird behauptet, dass die Regierenden die Situation mehr und mehr in den Griff bekämen. In einem Artikel der FAZ vom 9.Juli 2016 wurde der Bundesinnenminister mit folgender Aussage zitiert: „Die Flüchtlingskrise ist zwar nicht gelöst. Aber ihre Lösung kommt in Europa gut und in Deutschland sehr gut voran.“ So hört man es auch in Berlin. Es wurde viel getan, heißt es meistens recht vage.

Vom Fall „Kleiner Tiergarten“ ist nicht die Rede. Er zeigt eine andere Realität. Obwohl „viel getan“ wird, gibt es eine Verschlechterung. Die Integrationsrechnung geht nicht auf. Es gibt viele Orte in einer Stadt, wo man die Realentwicklung beobachten kann. Diese Orte sind gewissermaßen Messpunkte, an denen sich herausstellt, was die Massenmigration mit diesem Land macht. Wer die Entwicklung am U-Bahnhof Turmstraße und am Kleinen Tiergarten über einige Zeit verfolgt hat, sieht die grinsenden Wahlplakate auf einmal ganz anders.                  

Foto: Konto na chwilę CC-BY-SA 4.0 via Wikimedia

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Andreas Rochow / 02.09.2016

Wie in vielen Metropolen der Welt ticken die Wähler in Berlin anders als im Rest der Republik. Und das scheint der Attraktivität der Stadt nicht einmal zu schaden. Gegen die soziale Entropie wird eine überforderte Polzei und ein hilfloses Heer von Sozialarbeitern in Stellung gebracht. Was der eine als Verlust von Sicherheit und Heimat empfindet, wird vom anderen als “bunte, flippige Szene” bejubelt. Merkel hat Erstere vollkommen aus den Augen verloren - koste es, was es wolle.

Martin Sommer / 02.09.2016

Das scheint es überall in Deutschland zu geben, bei uns in Mannheim ist z.B. die Neckarwiese um die Kurpfalzbrücke zum Brennpunkt geworden. Ständig Drogenverkäufer und schon einige schwerverletze und viele Vorfälle und was tut die Stadt? Absolut nichts!

Lambert Matthes / 01.09.2016

Sehr geehrter Herr Held, vielen Dank für diesen so lehrreichen Bericht aus dem Berliner “Wir schaffen das” - Alltag. Nach der Lektüre muss ich zugeben, dass ich die Klugheit und Weitsicht der berühmten Politikerin Göring-Eckardt (die Grünen) weit unterschätzt habe. Sprach doch die Fast-Theologin das hehre Wort “Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch ...”  Und Recht hat sie behalten. Punkt. Bei google.maps habe ich nachgeschaut und festgestellt, dass der Kleine Tiergarten (sein östlicher Teil) in Luftlinie nur ca. 1.200 m entfernt vom Bundeskanzlerbunker liegt.  Es wäre doch möglich, dass Fr. Bundeskanzlerin mal dort Spaziergang macht, so einfach probeweise ein Date mit der Realität (es soll ihr níx passieren, soll auch meinetwegen 20 Personenschützler mitnehmen), nach dem Motto, wozu in die Ferne fliegen, wenn das wahre Leben um die Ecke liegt.

Burkhard Mundt / 01.09.2016

Was schreiben Sie da? Laut FAZ vom 01.09.2016 “kippt die Stimmung gegenüber Flüchtlingen in Deutschland nicht. Die Deutschen sind gegenüber Flüchtlingen weiterhin positiv eingestellt” !  Also: Alles gut. Und das Lächeln in den Kandidatengesichter ist berechtigt.

Marcel Seiler / 01.09.2016

Berlin, das ist doch prima: Vielleicht erreicht es dann irgendwann auch die herrschende biogrünlinke Berliner Klasse, die das Sagen in der Politik und in den Medien hat, und holt sie aus ihren Wolkenkuckucksheim herunter. Ich hoffe auf noch mehr Brennpunkte in Berlin, und dann vielleicht in den Stadtteilen, in denen diese Traumtänzer leben.

Anna Märsch / 01.09.2016

Danke für den Beitrag. An vielen Orten in Deutschland hat es diese Entwicklung gegeben. Grade vorhin lief auf NDR Info ein Interview mit Merkel. Habe 15 min zugehört und gedacht; Ja, klingt alles sehr schön und so vernünftig, (sie sprach sogar in recht klaren, unverschachtelten Sätzen), fast könnte man ihr glauben- gäbe es da nicht diese andere Realität draußen vor der Tür, in den Parks, an den Bahnhöfen, in den Schulen, in dem Strom der nicht abreißenden Zeitungsmeldungen über gewalttätige Auseinandersetzungen in den Unterkünften, sexuelle Übergriffe zu jeder Tages- und Nachtzeit, auf Frauen, Mädchen, Jungen. Auf Strassenfesten, in Schwimmbädern, auf der Strasse. Nichts ist gut, egal, was Merkel sagt.

thom baranowsky / 01.09.2016

rufen sie berliner aus allen beliebigen kiezen zum berichten auf, alle werden ihnen ähnliche szenen von ähnlichen brennpunkten erzählen. die kreuzberger polizei fragt bei beschwerden wegen solcher dinge erst mal ab ob blut geflossen sei.  wird dies verneint, bekommt der anrufer zu hören: dann kommen wir nicht! am mehringplatz werden bevorzugt alte und kranke menschen überfallen und abgezogen, die können nicht weglaufen und gehen so gut wie nie zur polizei! wir schaffen das! nicht wahr frau merkel, herr müller, herr henkel, frau herrmann, quartiersmanagment .....

Wolfgang Kaufmann / 01.09.2016

Es wäre sehr einfach, die Kriminalitätsstatistik wieder nach unten zu bekommen. Man sollte einfach den „Wechsel des Besitzers durch überzeugendes Auftreten“ sowie „experimentelle Chirurgie für den Kleinstbedarf“ endlich legalisieren. Pingelige Strafgesetze sind das größte Hindernis für gelungene Integration; so klappt das nie mit der „Einen Welt“.

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