Von Elisa David.
An einigen Orten in Deutschland hat es vergangene Woche geregnet. Wer jetzt glaubt, dass das eine normale Wettererscheinung ist, weiß gar nicht, wie falsch er damit liegt. Und wer es wagt, das „explosives Sommergewitter mit Kraftregen und heftigen Stürmen“ als kleinen Sommerschauer abzutun, lässt damit nur seine Maske fallen, um bloße Dummheit zu enthüllen. Aber keine Sorge, die Welt ist vielleicht hoffnungslos verloren, aber die Schäfchen, die sich auf Gretas Weg verirrt haben, sind das nicht. Jeder hat eine Erleuchtung verdient, und zum Glück bin ich ja da.
Also ich sage es ganz langsam, damit es sogar die hintersten Dunkeldeutschen verstehen: der zunehmende Niederschlag ist ein Vorbote des Klimawandels. Das weiß ich, weil mein Deutschlehrer das gesagt hat. Und der muss das wissen. Er sah so ernst aus, als er das sagte. Er starrte in die Ferne – wie ein Kapitän, der weiß, was nach der Ruhe vor dem Sturm auf ihn zukommt. Nur dass es keine Ruhe ist, sondern Gewitter, mit grölendem Donner, Blitzen und Killerregentropfen, die den Weltuntergang vorhersagen. Praktisch nebenbei legte der zeitweise den Flugverkehr lahm – das muss man sich mal vorstellen, der Klimawandel ist so stark, dass er sich schon selbst bekämpft.
Mein Deutschlehrer ist bei seiner Annahme übrigens nicht allein. Auch am Potsdam-Institut für Klimaforschung ist man sich sicher – wir bekommen die ersten Folgen des Klimawandels bereits durch immer extremere Wetterlagen zu spüren. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Sintflut kommt und wir endgültig zum blauen Planeten werden, wir sollten also schon einmal überlegen, welches Pärchen auf die Arche Noah darf.
Wie bauen wir das Schiff möglichst klimaneutral?
Das Überleben der Menschheit will geplant sein, darum sollte man zuerst festlegen, wie viele Exemplare wir auf das Schiff lassen. Nur zwei Menschen sind wohl kaum genug, um die wunderbare Vielfalt unserer Schöpfung zu repräsentieren. Auf Heterosexuelle werden wir leider nicht verzichten können, auf Männer auch nicht, schließlich müssten die Überlebenden sich irgendwie fortpflanzen können. Wir müssen also überlegen, wie wir ihn machen – den Schritt ins neue Zeitalter. Es gibt noch so viele offene Fragen: Wie bauen wir das Schiff möglichst klimaneutral? Wie soll das Auswahlverfahren ablaufen?
Wer jetzt denkt, dass das schon kompliziert ist, der hat entweder zu wenig Nachrichten geschaut oder nicht so kompetente Lehrer wie ich. Denn wir haben nicht nur ein zu viel Wasser zu befürchten, sondern auch ein zu wenig. So stellte meine Englischlehrerin unsere Klasse vor kurzem zur Rede, warum nicht ein Einziger von uns am Freitag die Schule schwänzt. „Der Klimawandel schreitet voran! Die Dürreperiode des letzten Jahres steht sogar auf Wikipedia! Eigentlich müssten wir alle auf die Straße!“
Ich muss mich entschuldigen – es ist wahr, ich habe noch nicht einmal für das Klima protestiert. Das ist die Schuld, die ich mit mir herumtrage und vor der mich weder mein doppeltes X-Chromosom, noch mein braunes Haar schützen kann. Aber zum Kern der Aussage: Der Klimawandel sorgt für Überschwemmungen, aber auch für Dürre. Das hört sich für Ungläubige vielleicht widersprüchlich an, aber auch hier bin ich natürlich wieder zur Stelle, um den Zweiflern zu sagen: So einfach ist das nicht.
Die Wege der Klimakatastrophe sind unergründlich. Doch sie vereinen sich in der Zerstörung. So erwartet ein Team von internationalen Forschern, dass sie in Zukunft zu mehr bewaffneten Konflikten führen wird. Das berichtete das Fachmagazin „Nature“ über eine Studie, die unter Leitung von Wissenschaftlern der Stanford Universität und mit Beteiligung von Forschern der Universität Hamburg durchgeführt wurde.
Ist ja alles so komplex
In einem Szenario mit vier Grad Erwärmung wäre das zusätzliche Konfliktrisiko durch Klimawandel etwa fünfmal so hoch wie das im letzten Jahrhundert. Der Zusammenhang zwischen Klima und Konflikten ist somit offiziell bestätigt. Wie? Sag ich nicht. Ich verweise wie Klima- und Friedensforscher Jürgen Scheffran auf die Tatsache, dass die Wechselwirkungen komplex sind und auf mehreren hundert Seiten Anhang dokumentiert wurden. Wo die sind? Sag ich auch nicht.
Also schließt euch uns an, denn wir haben Hafervollkornkekse. Und nicht nur das – wer heutzutage noch cool und auf der Höhe sein will, sollte einige Sachen bedenken. Das klingt vielleicht aufwendig – aber ich bin ja hier. Und ich habe die Weisheit seit meinem letzten Sojapudding im wahrsten Sinne des Wortes mit Löffeln gefressen.
Das bringt mich zu meinem ersten Punkt: Auf Milch muss verzichtet werden, denn Kühe sind schlecht fürs Klima. Alternativen sind zum Beispiel Reis- und Sojaprodukte, die auf dem Weg zu uns über den halben Globus gekarrt werden, denn das ist gut fürs Klima. Das schmeckt zwar absolut widerlich, aber da gewöhnt man sich dran und nichts schmeckt besser als ein gutes Gewissen.
Punkt Nummer zwei: Avocadotoast. Jeder, der etwas Selbstrespekt hat, muss heutzutage wissen, wie man ein gutes Avocadotoast macht. Die Avocados müssen von möglichst weit herkommen, wie alles was wir essen, denn – Treibhauspflanzen trauen wir nicht. Alles muss direkt aus der Natur kommen, in Plastik verpackt, mit größtmöglichem Aufwand zu uns geschleppt und dann nur zur Hälfte verkauft werden. Zum Toast ist wichtig, darauf zu achten, dass es sich dabei auch tatsächlich um Vollkorn handelt. Wenn es nach Pappe schmeckt, ist es genau richtig. Die Regeln zum richtigen Essen lassen sich zusammenfassen mit dem Leitspruch: Da ist was drin, das schmeckt so komisch, das ist bestimmt gesund (und nebenbei auch klimafreundlich).
Wir riechen aus Prinzip nach Kernseife
Punkt Nummer drei: die Gesamterscheinung. Wir riechen aus Prinzip nach Kernseife, denn Kernseife ist toll. Alles was wir tragen, ist farblos und ausgewaschen, aus Baumwolle oder ähnlichen Naturprodukten und kratzt ganz fürchterlich. Komfort ist etwas für Leute, die einen Planeten B haben, und den haben wir nicht. Das bringt mich zum letzten Punkt: unser Kryptonit. Man könnte die Hälfte unserer Generation mit einer Dose Erdnüssen umbringen. Die Frage ist nicht ob, sondern welche Allergien man hat. Während unsere Vorfahren Angst vor Pocken, Pest und Cholera hatten, sind es bei uns Hundehaare, Hausstaub und Birkenpollen.
Also schließt euch uns endlich an, wir haben die Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat. Unsere Welt geht entweder 2050, oder in genau 140 Jahren definitiv zu 100 Prozent unter, zu beiden Szenarien ist nicht ein Verantwortlicher noch am Leben. Aber wenn sich alle unserer Bewegung des Verzichts anschließen, dann vielleicht doch. Klingt widersprüchlich? Tja, so einfach ist das nicht.
Elisa David ist 18 Jahre alt und stammt aus Lübeck
Dieser Beitrag erschien auch auf dem Schülerblog Apollo-news.