Thomas Rietzschel / 20.09.2022 / 16:00 / Foto: achgut.com / 39 / Seite ausdrucken

Wir kommen durch diesen Winter, versprochen!

Geht es darum, Plattitüden zu großen Botschaften aufzublasen, das Banale als politische Leistung zu verkaufen, ist Olaf Scholz so leicht nicht zu schlagen. In der abgelaufenen Woche verkündete er bei einem Treffen mit Gewerkschaftern und Wirtschaftsvertretern: „Wir kommen durch diesen Winter.“

Meine Güte! Wer hätte das für möglich gehalten? Die Deutschen werden nicht, was der Satz im Umkehrschluss bedeuten würde, Gefahr laufen, während der kälteren Monate auszusterben. Nein, sie werden auch das nächste Frühjahr erleben. Darauf muss man erst einmal kommen; und dann muss man auch noch den Mut aufbringen, dies im Tonfall einer Siegesmeldung zu verkünden.

Nun gut, der bundesdeutsche CEO mit dem stereotyp emotionslosen Gesichtsausdruck einer geschnitzten Puppe aus dem Kasperletheater hat es geschafft, das Land in den Schlaf zu quasseln. Der Deutsche weiß jetzt, dass er sich ruhig unter sein Federbett kuscheln kann, den „General Winter“ nicht länger fürchten muss. Scholz hat das rhetorisch zuwege gebracht. Und niemand sollte sich wundern, wenn er demnächst verspricht, dass am Ende der Nacht wieder ein neuer Morgen grauen wird. Die Kunst seiner Politik besteht eben darin, aus der Maus einen Elefanten zu machen, die pure Selbstverständlichkeit mit politischer Bedeutung aufzuladen. 

Und morgen geht die Sonne wieder auf

Allerdings sollten wir den Mann auch nicht unterschätzen. Indem er uns mit Plattitüden abfertigt, den Medien das Futter gibt, das sie brauchen, um Zeilen und Sendezeit zu füllen, lenkt er zugleich von dem ab, was er nicht tun will. Die schweren Kampfpanzer, die die Ukraine bräuchte, um Putin zu vertreiben, mag der brave Sozialdemokrat bis heute nicht liefern. Lieber das Selbstverständliche an die große Glocke hängen als tatkräftig handeln, um dem russischen Zaren die Grenzen aufzuzeigen. 

Ja, es stimmt, „wir werden durch diesen Winter kommen“, zähneklappernd schlimmstenfalls, womöglich auch etwas abgemagert, aber doch allemal im Vertrauen darauf, dass uns der Kanzler weiter versichert, was er politisch erreicht hat, und wenn es der nächste Sonnenaufgang wäre. Aber nun und ganz im Ernst, wie tickt der Mann eigentlich, welchen Eindruck macht das Volk auf ihn? Hält er uns für so treudoof, dass wir ihm jede Trivialität als große Politik abkaufen – oder ist er selbst so hohl, dass er gar nicht mehr merkt, auf welch geistigem Niveau er sich bewegt mit seiner Phrasendrescherei? Doch was immer man annehmen mag, das eine oder das andere, feststeht, als Kanzler ist der Mann fehl am Platz. 

Ich weiß, auch das ist keine umwerfend neue Erkenntnis. Allein, je schneller sie zum Allgemeinplatz wird, desto besser. 

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Leserpost

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Heiko Stadler / 20.09.2022

“Ich werde dich vor den Flammen retten, versprochen!” sagt der Brandstifter zu seinem Opfer, nachdem er sein Haus angezündet hat.

Esther Braun / 20.09.2022

Und wie wir durch diesen Winter kommen werden, keine Bange. Also, ein bisschen Glück mit dem Wetter müssen wir halt haben, sagt der Habeck. Wären Sonnen- oder auch Schönwettertänze kulturelle Aneignung, oder sollen wir nach einem originalen Schamanen suchen, so einen mit Rasseln und halben Wolf auf dem Kopf?

Gerhard Döring / 20.09.2022

Züge von Größenwahn? (Wir haben nach seiner Logik lediglich ein Temperaturproblem, kein Kälteproblem) Keiner wird erfrieren usw. Ist der noch bei Sinnen?

Heiko Stadler / 20.09.2022

... und die, die nicht durch den Winter gekommen sind, weil sie verhungert, erfroren oder durch Plünderer erschlagen worden sind, können ja dem ohnehin nicht widersprechen.

A. Smentek / 20.09.2022

“Hält er uns für so treudoof, dass wir ihm jede Trivialität als große Politik abkaufen”?—- Leider steht zu befürchten, dass ein gar nicht mal kleiner Teil der Deutschen tatsächlich so treudoof ist. Wer heute noch mit Maske herumläuft, war und ist schließlich auch treudoof genug, das Pandemie-Märchen zu glauben, wahrscheinlich auch die Klimakatastrophen-Saga. Ich frage mich so maches Mal, ob es überhaupt irgendetwas gibt - und sei es noch so schädlich oder gar tödlich -, das man den Deutschen nicht verkaufen kann als etwas, das nur zu ihrem Besten geschieht. Darüber hinaus gilt, dass wir von der Politik, allen voran die Grünen, mit so vielen schlicht idiotischen Vorschlägen dauerbombadiert werden, dass Vielen wirklich nicht mehr gesondert auffällt, wenn irgendwer verbalen Dünnpfiff absondert.

Werner Schiemann / 20.09.2022

Derartige Binsen haben den Vorteil, daß sie meistens stimmen. Ähnlich den sogenannten Bauernweisheiten. Zum nächsten Frühjahr, nach überstandenem Hunger- und Kältewinter, werden wir dann von ihm hören: ” Wenn der April vorbei ist, dann weiß man daß es Mai ist. “

Thomas Szabó / 20.09.2022

Die Titanic kommt an, versprochen!

Sam Lowry / 20.09.2022

Wir sind unabwendbar dem Untergang geweiht. So wie damals die 3 Leute in der Apollo 13. Es kann nur noch ein Wunder helfen… noch glaube ich dran. +++ “It ain’t over till the fat lady sings” +++

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