Ein neues Wort hat den deutschen Wortschatz erreicht, vielleicht schafft es eines Tages den Sprung in den Duden: der Gürtel-Schläger. Das besondere, und auf den ersten Blick nicht Erkennbare an diesem Wort ist seine politische Dimension: Der Gürtelschläger schlägt mit seinem Gürtel nicht wahllos zu, er bevorzugt Kippa-Träger. Also Juden. Oder, wie im aktuellen Fall, einen Palästinenser, der in Israel lebt, und der mal erfahren wollte, ob Juden in Deutschland tatsächlich so gefährdet sind, wie es immer heißt. Er hat es erfahren.
Der Gürtelschläger hat eine weitere politische Dimension. Er ist ein Moslem, ein Araber, was der Titel „Gürtelschläger“ nicht gleich verrät, und was in vielen Berichten eher weniger prominent erwähnt wird. Warum das Versteckspiel? Weil es sich bei ihm um eine in mehrfacher Hinsicht peinliche Erscheinung handelt.
Erstens: Im Land des Holocaust ist jeder Judenhasser eine peinliche Erscheinung. Und zweitens: Der, um den es hier geht, ist kein eingeborener sondern ein fröhlich importierter Judenhasser. Wir haben ja schon mit unseren eingeborenen genug zu tun. Die ganz alten sterben zwar langsam aus. Aber die jüngeren, ob mit oder ohne Springerstiefel, sind offenbar nicht klein zu kriegen. Und als ob das nicht reichen würde, müssen wir zusätzlich noch einen kräftigen Schub an Judenhassern importieren. Ich weiß nicht, ob es statistisch belegbar ist. Aber ich fürchte, wir sind (oder waren) nicht nur Exportweltmeister, wir sind auch Judenhasser-Importweltmeister.
Jeder, der sich mal in der arabischen Welt aufgehalten hat, musste sich dort mit der weit verbreiteten, klammheimlichen Hitler-Verehrung herumärgern. Und solche Leute haben wir uns hübsch naiv, als wären wir die sprichwörtlich doofen Blondinen, haufenweise ins Land geholt. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da sich viele Juden wieder zuversichtlich im eigentlich (oder hoffentlich) geläuterten Land der einstigen Judenmörder niederlassen. Die neuen Juden sind ein großartiges Kompliment an die Deutschen von heute. Und dann sind wir so dusselig, gleichzeitig massenhaft neue Judenhasser zu uns hereinzuholen. Mich erinnert diese Verdrehtheit an den Mainzer Karneval: „Draußen stehen Judenhasser. Wolle mer se heroilasse?“ Dann kommt der Narrhalla-Marsch und sie marschieren unter Beifall herein.
Ein Scan-Gerät, das die Grenzbeamten warnt?
Und dann sind sie da und wir wollen den Zuwanderern aus dem politisch verkorksten Morgenland unsere schönste Toleranz zeigen. Gut gemeint, aber blöd gelaufen. Denn schon stecken wir tief in einer Zwickmühle. Man kann sie auf folgenden Nenner bringen: Moschee oder Synagoge? Kopftuch oder Kippa? Die Antworten auf diese Zwickmühlen-Fragen sehen so aus: Moscheen sind nicht überall willkommen, aber sie brauchen keinen Polizeischutz wie unsere Synagogen. Moslemisch gewickelte Kopftücher sind nicht überall beliebt, aber sie müssen keinen Gürtel-Schläger fürchten wie ein Kippa-Träger.
Oder abstrakter ausgedrückt: Der Staat Israel und sein Staatsvolk haben den Schutz der deutschen Staatsräson, während die Moslems den Schutz des deutschen Toleranz-Edikts haben. Aber das Toleranz-Edikt für Moslems scheint besser zu greifen als die deutsche Staatsräson, die unsere Juden nicht ganz so enthusiastisch schützt.
Ich bin stolz darauf, dass Juden angefangen haben, sich in Deutschland wieder heimisch zu fühlen. Ich fände es furchtbar, wenn sie sich immer weniger heimisch fühlten. Und was die lieben Moslems angeht: Mir wären sie viel herzlicher willkommen, wenn sie ihren Judenhass vor der Einreise beim Zoll abliefern würden. Judenhass sollte bei uns zu den strengstens verbotenen Importartikeln gehören. Leider wird Judenhass beim Ganzkörper-Scannen an unseren Grenzen bisher nicht sichtbar. Aber lässt sich da wirklich nichts machen? Ein Scan-Gerät, das die Grenzbeamten warnt: Vorsicht Gürtelschläger! Das wäre ein gewaltiger Fortschritt. Dann könnten wir uns wieder ganz darauf konzentrieren, den eingeborenen Anti-Semiten das Handwerk zu legen.
Habe ich eingangs gesagt, wir seien Judenhasser-Importweltmeister? Es könnte sein, dass Frankreich uns in dieser Disziplin den Rang abläuft. Dann wären wir nur Zweiter. Aber auch das wäre ja schlimm genug.

Alles und jedes wird heute von der Politik im hohen Ton und meistens folgenlos gefordert. Wirkliche Verantwortung aber scheut sie. So dankt das Politische ab. Mit ihm könnten Freiheit, Sicherheit und Wohlstand schwinden.
Offensichtlich hat die Bundesregierung nicht verinnerlicht, dass Juden in den freien Kulturen von elementarer Bedeutung sind. Ein starkes Zeichen und schönes Geburtstagsgeschenk an Israel wäre die Ankündigung der Verlegung der deutschen Botschaft nach Jerusalem.
Nun war es ein arabischer Israeli ( oder ein israelischer Araber?), der mit einer Kippa auf dem Kopf einen Selbstversuch gestartet hatte. Was wäre wohl gewesen, hätte diesen Versuch ein nichtjüdischer Bio-Deutscher unternommen? Der schwächste Vorwurf wäre sicher Fremden- oder detaillierter Islamfeindlichkeit gewesen. 2 Jahre andauernden Aushandelns des Zusammenlebens sollte die schon länger Hierlebenden doch soweit sensibiliert haben, dass diese Art der Verkleidung doch eine unerhörte Provokation darstellt. Unsere Gerichte und auch die behandelnde Krankenkasse würden das sicher so sehen.
Der Schutz von Juden vor Judenhass ist „ Staatsräson“ und die Verteidigung des deutschen „Toleranz-Edikts“ ist eine Sache des Gefühls. Ersteres MUSS erledigt werden, zweites wird mit Begeisterung und voller Überzeugung durchgeführt. Zwischen beiden Herangehensweisen liegt ein großer Unterschied. Der Schutz der Juden ist eben bei uns offensichtlich keine Gefühlssache. Und was ich nicht fühle, erfüllt mich nicht mit Begeisterung. Das mache ich halbherzig. Ich mache es, weil es von mir erwartet wird. Ich tue meine Pflicht. Dabei müsste die Solidarität mit Juden den Deutschen eine Herzensangelegenheit sein. Warum scheint das nicht so zu sein? Warum scheint es für sie kein Problem darzustellen, wenn hunderttausende Feinde von Juden in unser Land geholt werden? Feinde, die die Juden so sehr hassen, dass sie auf offener Straße mit Gürteln schlagen. Welche Gefühle entstehen bei uns Deutschen, wenn wir diese Bilder sehen? Finden wir das halb so schlimm? Ist ja kaum etwas passiert? Wenn wir nur einmal, ganz kurz, in der Haut des Angegriffenen stecken dürften, würden wir verstehen, wie sich das anfühlt, auf Grund der schlichten Tatsache, dass wir leben, angegriffen zu werden. Aus Solidarität sollten wir uns eine Kippa aufsetzen, anstatt uns an unserer Toleranz zu ergötzen. Warum fühlen wir das nicht? Was macht denn unsere Herzen so verstockt? Erfolgt denn die „Pflichterfüllung“ wider Willen? Haben wir denn heimliches Verständnis für den Gürtelschläger? Ist unsere Abneigung gegen eine antisemitische Tat nur dann geboten, wenn die Tat von einem Rechtsradikalen begangen wird? Nur dann dürfen wir wütend sein? Aber auf einen Muslim darf man nicht wütend sein. Wir reservieren unsere Gefühle, ob gute oder schlechte, wir teilen sie ein, wir erleben sie in dem Maße, wie unser Verstand es uns befiehlt oder erlaubt. Denn vielleicht steckt noch viel Hass und Aggression in uns. Wir verdrängen es nur. Was man nicht auslebt, delegiert man möglicherweise unbewusst an andere.
Wunderbar und auf den Punkt, sehr geschätzter Chefredakteur a.D.. Sie sollten bitte auch öfter für Ihre frühere Zeitung schreiben - für uns Leser wäre das eine echte Bereicherung!
Die Zustände hier werden den in Frankreich immer ähnlicher . Wer sich offen als Jude zu erkennen gibt , schwebt in einer großen Gefahr. Wer in Berlin-Neukölln oder Duisburg-Marxloh mit Kippa unterwegs ist , sollte die 110 immer griffbereit haben. Und das schlimme ist , dass absolut keine Konsequenzen gezogen werden. Außer dem üblichen Bla-Bla der Politiker, die ja "so betroffen" sind , passiert absolut nichts. Und wenn gar nix mehr geht holt Herr Prof. Pfeiffer eine Statistik aus der Schublade, wonach ca. 110 % aller antisemitischen Vorfälle von Rechtsextremen verübt werden.
Herr Bonhorst, haben Sie Geduld und Vertrauen. Frau Merkel hat doch bereits erklärt den Antisemitismus mit aller härte bekämpfen zu wollen. Oder glauben Sie etwa, dass daraus nichts wird, weil in 12 Jahren ihrer Kanzlerschaft nie etwas zählbares heraus gekommen ist?!