Letztendlich passiert wieder das, was schon immer zu den großen Katastrophen der jüngeren Menschheitsgeschichte geführt hat. Eine Ideologie stellt einen alleinigen Anspruch auf die Wahrheit ungeachtet der Grenzen der Realität und die Masse folgt der Ideologie. Wenn die Ideologie dann an der Realität scheitert, werden die (vermuteten) Feinde der Ideologie für deren Scheitern verantwortlich gemacht und mit skrupelloser Brutalität bekämpft werden.
Die grünlinken Alt-68er haben ganze Arbeit geleistet – und zwar in allen Ländern des Westens. Denn überall wird heute alles grün und bio und vegan angerichtet. Täglich werden über die Mainstreammedien Halbwahrheiten verbreitet, an Schulen bis hinauf in die Universitäten werden die ehemals systemkritisch sich gebenden Narrative mit ihren Schuldzuweisungen angeblich wissenschaftlich, in Wahrheit aber religiös verpackt den Heranwachsenden zum Verzehr vorgesetzt, die Letztere brav schlucken und verdauen, weil sie zur Elite gehören (wollen). Unhinterfragt und gerne übernimmt man die Pauschalschuld, dass der westliche Mensch für all die Sauereien auf unserm Planeten verantwortlich sei, für sämtliche Kriege, verdreckte Meere, verpestete Luft, Flüchtlingsströme, Klimawandel. Genussvoll machen die westlichen grünlinken Eliten mit diesen «Bergen von Schuld» Politik, treiben immer mehr und immer neue Steuern ein, lechzen nach den privaten Vermögenswerten, damit sie die Millionen Migranten alimentieren können, ihre «Freiflüge» nicht verlieren und es sich weiterhin bequem machen können in ihren Staatskarossen und ihren schicken Wohnungen. Bei den heutigen Schülern und Studentinnen ist in der Regel nicht nur ein erhebliches Defizit an sprachlicher Ausdrucksfähigkeit festzustellen, sondern auch ein erschreckend schwaches historisches Verständnis. Punktuell lassen sie sich hinter dem Ofen hervorholen, wenn ein naives Mädchen wie Greta Thunberg durch die Medien instrumentalisiert wird, weil es in Bezug auf das Klima den gleichen Stuss herunterleiert wie jene, die sie zur Heiligen stilisieren. Man sieht nicht mehr über die eigene Nasenspitze hinaus, nicht mal mehr zum Menschen nebenan, denn das Handy liegt näher. Nur Querdenker schaffen Querverbindungen. Von denen gibt es immer weniger.
Die Not war so groß, daß Millionen allein von Zivilcourage leben mussten.
So lässt sich der Schuldwahn differenziert denkender und fühlender Menschen erklären. Bei vielen ist es einfacher. Ihr hypermoralischer Anspruch an andere ist nie erfüllbar, an sich selbst stellen sie genau einen Anspruch, den sie als moralisch empfinden: den, immer richtig zu liegen. Wenn ein Gedankenpolizist wie Harald Welzer in STERN 5/2019 (“Ihr Kampf”) eine moralische Konsensverschiebung nicht etwa beiderseitig, sondern ausschließlich rechts sieht, und dort bereits dann, wenn Menschen zwar “nie die AfD wählen würden”, aber einem einzelnen Satz eines AfD-Politikers zustimmen, ohne auf Welzers gnädige Erlaubnis zu warten, dann fragen diese Menschen sich eben nicht, ob Welzer und die STERN-Redaktion noch ganz normal oder aber eine Gruppe totalitärer Ideologen mit offenem Herrschaftsanspruch sind. Nein, sie trompeten lauter denn je gegen alles, was “rechts” sein soll. Falls der Wahn zusammenbricht, bevor D eine weitgehend orientalisierte Ruine ist, werden ganz wenige Täter (z.B. aus der STERN-Redaktion, aber wirklich nicht nur da) und eine Handvoll Mitläufer sich ernsthaft fragen, was sie falsch gemacht und verschuldet haben. Für alle anderen geht es mit der nächsten Gesellschaftsideologie weiter, und zwar bruchlos. Sie haben immer richtig gelegen, und liegen auch nach großen Veränderungen richtig.
Sie haben recht, Frau Schunke. Letztendlich erwächst aus diesem Schuldkomplex eine Paralyse der gesamten Gesellschaft. Ich beobachte mit großer Verzweiflung schon langr den Niedergang der westlichen Leistungsgesellschaft. Als ich 1990 von Osten aus dazukam, war er bereits im Gange: Das Selbstbild stimmte schon überhaupt nicht mehr mit den Realitäten überein. Heute ist das nur noch extremer: die produktiven und wettbewerbsbestimmenden Kräfte dieses Landes werden immer mehr paralysiert, zugeschüttet mit Schwätzern, begraben unter Bullshitjobs, unproduktiven, nur heiße Luft absondernden Nichtskönner*Innen mit Orchideenfach-Qualifikation. Das letzte Beispiel konnte man gestern bei Heise lesen: Flüchtlinge sollen in einer Art Schnellbesohlung in wenigen Monaten zu industriemäßig wettbewerbsfähigen Softwarespezialisten ausgebildet werden. Die Chefin der „Bildungsfirma“ hat bezeichnenderweise selber keine Ahnung vom Programmieren, ist Sozialwissenschaftlerin. Dies wird uns eines Tages ganz fürchterlich um die Ohren fliegen. Allerdings werden die Schuldigen dafür schon jetzt festgelegt: das sind die, die genau vor dieser Entwicklung warnen und die als „rechts“ oder neuerdings „konservativ“ stigmatisiert werden. Das Prinzip von Chemnitz ausgeweitet auf die gesamte Gesellschaft.
Schön auf den Punkt gebracht. Die hier beschriebene Fernmoral entwickelte sich in den 1970ern in kirchlichen und maoistisch-grünen Kreisen und entfaltet ihre Wirkung. Da muss man als liberal-konservativer Bürger argumentativ dagegenhalten: Mit Vernunft, Verstand und Wissen.
“Sahnekirsche” auf einem Kuchen. Wusste gar nicht, dass es das gibt. :-) Gut analysiert und treffend beschrieben. Vermutlich hat jede europäische Nation auch noch ihre speziellen Gründe. Bei uns Deutschen scheint es wohl der Hang zu Extremen zu sein. Dazu noch ein übermäßig ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Churchill meinte wohl einmal: Man habe die Deutschen entweder an der Gurgel oder zu Füßen. Mittelmaß ist nicht so unser Ding. Zumindest nicht innerhalb der letzten ca. ca. 170 Jahre. Die beherrschenden Motive der Deutschen (als Nation) scheinen wohl die Weltrettung und Menschheitsbeglückung zu sein. Darunter machen wir es nicht. Was alle Anderen nicht verstehen ist: Wir Deutschen wissen, was das Beste ist und meinen es doch immer nur gut. Was wir Deutschen nicht verstehen ist: Der Weg in die Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
@Winfried Kellmann Haben Sie die Bibel eigentlich jemals gelesen? Die Ursünde, wo natürlich eine Frau schuldig daran ist? Nur ein Beispiel von vielen. Lots Frau wäre ein anderer Fall. Samson/Simson und Delila, die ihm verriet. Wie kommen Sie auf diesen abstrusen Vorwurf, dass im christlichen Abendland die Schuld immer beim Mann lag? Hexenverbrennungen? Ich bin persönlich etwas betroffen, wie man die Geschichte so einfach umschreiben kann.
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