Mehr 2000 Palästinenser überquerten seit Samstag den Grenzübergang zwischen dem palästinensischen Gazastreifen und Ägypten in Rafah, nachdem Kairo die Blockade Gazas anlässlich des muslimischen Fastenmonats Ramadan als „humanitäre Geste” für zwei Tage gelockert hat. Israel und Ägypten haben den dicht besiedelten Landstrich mit einer Blockade belegt, nachdem die radikal-islamische Hamas dort vor einem Jahr in einem blutigen Putsch die Macht übernahm und die pragmatische Fatah von dort vertrieb.
Im Gazastreifen selbst nehmen die Spannungen allerdings zu. Dort streiken seit Samstag hunderte Ärzte, nachdem die islamistische Hamas fünfzig ihrer Kollegen aus politischen Gründen entlassen hat. Sie wurden verdächtigt, der gegnerischen Fatah nahe zu stehen. Tausende Lehrer, die weiterhin ihr Gehalt von der Fatah in Ramallah im Westjordanland erhalten, wollen sich den streikenden Ärzten anschließen, nachdem die Islamisten in den Schulen hunderte Fatahanhänger mit ihren Gefolgsleuten ersetzt haben. Die von der Fatah kontrollierte palästinensische Autonomiebehörde (PA), die ihren Sitz in Ramallah im Westjordanland hat, ist für die Zahlung der Gehälter der Beamten verantwortlich. Seit der Machtübernahme der Hamas zahlt sie vor allem im Sicherheitssektor nur Beamten, die sich weigern, unter der Herrschaft der Hamas weiter zu arbeiten. Streikbrecher erhalten Geld von der Hamas. Bisher waren der Gesundheits- und Erziehungssektor davon weitgehend ausgenommen. „Wir werden es niemand gestatten, die Gesundheit unserer Bürger zu gefährden”, sagte der Hamas-Gesundheitsminister Naem Kassem und drohte, den Streik mit der „schwersten Form der Bestrafung” zu ahnden und zu brechen. Die Hamas bezichtigte die Fatahführung in Ramallah, den Streik angezettelt zu haben. In Ramallah wies man jede Verantwortung weit von sich, brachte aber Verständnis für die Streikenden zum Ausdruck.
Unterdessen wird der tiefe Graben, der zwischen der Hamas in Gaza und der Fatah im Westjordanland trennt, an immer mehr Kennzeichen erkenntlich. Dieses Jahr begann bei 33 Grad im Schatten die Winterzeit in den beiden Palästinensergebieten zum ersten Mal an unterschiedlichen Tagen. Während die Hamas in Gaza bereits am vergangenen Donnerstag die Zeiger verstellen ließ, stieg man im Westjordanland erst in der Nacht zum Montag auf die Winterzeit um. Beide Landstriche wollen sich damit deutlich vom Nachbarn Israel abheben, wo der Winter erst am fünften Oktober offiziell Einzug halten wird.