Stefan Klinkigt / 16.11.2024 / 12:00 / Foto: Montage achgut.com / 57 / Seite ausdrucken

Lauterbach: „Windkraft schützt den schönen Wald vor Klimaschäden“

Die Zerstörung unseres einstmals wunderschönen Landes durch die weitere Verunstaltung mit riesigen, landschaftsfressenden Windradungetümen geht unvermindert in die nächste Runde.

Am 1. Februar 2023 trat das sogenannte Wind-an-Land-Gesetz (Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land) in Kraft, durch das die Bundesländer verpflichtet werden, zwei Prozent ihrer Landesfläche für eine Windenergienutzung auszuweisen.

„Windkraft schützt den schönen Wald vor Klimaschäden“

Bundesgesundheitsminister Professor Doktor Karl Lauterbach postete vor ein paar Tagen auf X (vormals Twitter) eine Grafik, die die taz 2022 veröffentlicht und gefragt hatte: „Ein Fünfzigstel der Fläche Deutschlands soll künftig für Windkraft genutzt werden. Ist das viel oder wenig? Und was bedeutet der Wert genau?“ Minister Lauterbach schrieb dazu:

„Gute Grafik ⁦@tazgezwitscher zur Flächennutzung. Ob man Windräder schön findet oder nicht: Über Jahrzehnte werden wir sie brauchen. Und 98% der Fläche sind nicht betroffen. Der zerstörte Wald ist erst recht nicht schön. Windkraft schützt den schönen Wald vor Klimaschäden“

Nach Lauterbachs Logik schützen also Windräder die Wälder, indem diese abgeholzt und vernichtet werden, um das Zwei-Prozent-Ziel für Windenergienutzung zu erreichen. Donnerwetter! Wieder etwas dazugelernt. Im nordhessischen Reinhardswald, „Grimms Märchenwald“, einem der ehemals schönsten Wälder im Herzen Deutschlands, kann man gerade in Echtzeit erleben, wie „Windkraft den schönen Wald vor Klimaschäden schützt.“ Vor einem Jahr schrieb mein Achgut-Kollege Georg Etscheit dazu in dem Artikel „Der entweihte Märchenwald“:

„Wenn sich kein Wunder ereignet, wird sich mitten im Reinhardswald, in Sichtweite der Sababurg, schon bald der größte „Windpark“ Hessens erheben. Jahrelange Proteste gegen das Energiewende-Prestigeprojekt der einstigen schwarz-grünen Landesregierung in Wiesbaden blieben ungehört. Jetzt kreischen die Sägen, dröhnen die Holzerntemaschinen im Wald, um Bauplätze und 14 Kilometer Schneisen freizuschlagen, auf denen die riesigen Masten und Rotoren an ihre künftigen Bestimmungsorte transportiert werden. Zunächst sollen auf zwei behördlich ausgewiesenen Windkraftvorrangflächen 18 fast 250 Meter hohen Windkraftwerke in den Himmel ragen, jedes höher als der Kölner Dom. Auf insgesamt sieben solcher Flächen wäre Platz für mindestens fünfzig Windturbinen. Aus dem Wunderwald wird ein Industriegebiet ohne Magie.“

„Es ist toll, diesen Meilenstein zu erreichen“

Leider ist das Wunder ausgeblieben. „Es ist toll, diesen Meilenstein zu erreichen“, jubelte unlängst Ralf Paschold, Geschäftsführer der Windenergie Reinhardswald Verwaltungsgesellschaft mbH, in einem Interview mit Radio FFH. Endlich hat man freie Bahn nach dem jahrelangen Gequengel der Windkrafthasser, Klimaleugner und Fortschrittsbremser (von denen allerdings noch mehrere Klageverfahren am Hessischen Verwaltungsgerichtshof laufen). Nun werde der Bau der Fundamente vorbereitet.

Ja, so ist das im Land der Großen Transformation. Wenn das Weltklima gerettet werden soll, dann hat das bisschen Scheiß-Natur gefälligst Platz zu machen, damit das endlich mal klar ist! Aber Sarkasmus beiseite.

Was genau geschieht eigentlich beim Bau von sogenannten „Windparks“ (wobei bereits diese Bezeichnung blanker Hohn ist)? Auf der Website Blackout News wird auf eine Langzeitstudie von Zilong Xia et al. mit dem Titel „Assessment of forest disturbance and soil erosion in wind farm project using satellite observations“ (Bewertung von Waldbeeinträchtigungen und Bodenerosion bei Windparkprojekten anhand von Satellitenbeobachtungen) hingewiesen, die am 27. Sept. 2024 auf ScienceDirect veröffentlicht wurde:

„Die Forscher schildern es eindrücklich: Die Installation von Windturbinen erfordert riesige Flächen. Wälder müssen abgeholzt werden, um Platz zu schaffen. Die Waldrandeffekte beeinträchtigen die umliegende Vegetation stark. Entwickler fällen sogar zusätzliche Bäume, um die Effizienz der Turbinen zu steigern. Diese Maßnahmen verschärfen den Eingriff in die Natur. Zufahrtsstraßen, die für Betrieb und Wartung benötigt werden, verschlimmern die Lage. Da die Abstände zwischen den Turbinen optimal sein müssen, macht dies die Straßen länger und die Zerstörung größer. Der Lebensraum zahlreicher Tierarten geht verloren, Wälder fragmentieren, und Wildtiere werden vertrieben.“

„Flexibilisierungsklausel“ ermöglicht auch die Nutzung von Waldflächen

Hier im Freistaat Sachsen, in dem ich lebe, war es bisher so, dass entsprechend dem Landesentwicklungsplan von 2013 die Nutzung von Waldgebieten durch die Windenergie grundsätzlich vermieden werden sollte. „Seit Januar 2023 ist aufgrund einer vom Landtag beschlossenen ‚Flexibilisierungsklausel‘ auch die Nutzung von Waldflächen, zunächst befristet bis 2027, eingeschränkt möglich“, erfährt man bei der Fachagentur Wind und Solar. Seit dem Inkrafttreten des Wind-an-Land-Gesetzes werden Städte und Gemeinden zunehmend unter Druck gesetzt, ihr Umland für den Bau immer größer werdender Windradungetüme zur Verfügung zu stellen. Wie die Stadt Neustadt in Sachsen, die sich seit Jahren gegen die Ausweisung eines Windvorranggebietes wehrt. Auf ihrer Website weist die Stadt auf ihr nunmehr eingeschränktes Mitspracherecht hin und bittet ihre Bürger um Mithilfe:

„Für den Bereich Rückersdorf ist seitens des Investors die Anordnung von sechs Windenergieanlagen mit einer Höhe von 285 Metern neben den zwei bestehenden Anlagen mit 100 Meter Höhe geplant. Anlagen in der Dimension von 285 Meter Höhe sind bisher in Sachsen überhaupt noch nicht gebaut worden. Neben der Verunstaltung des hiesigen Landschaftsbildes und den negativen Auswirkungen für Flora und Fauna führen diese riesigen Windkraftanlagen zwangsläufig zu enormen Belastungen, vor allem hinsichtlich Schallimmissionen und Schattenschlag.“

Dass hier mit der Gesundheit und Wohnqualität der Bürger argumentiert wird, ist sicher richtig. Was allerdings viel öfter benannt werden sollte, ist die sinnlose, groteske Ressourcenverschwendung im Namen der Weltklimarettung. Vergleicht man z.B. Windenergieanlagen (Onshore) mit Kernkraftwerken der III. Generation, wird dies allein anhand des Einsatzes der Massenwerkstoffe Stahl und Beton (beides bereits bei ihrer Herstellung sehr energieintensive Baustoffe) mehr als deutlich. Aktuelle Materialmengenangaben dazu findet man bei „Our World in Data“. Das Breakthrough Institute (Seaver Wang et al.) hat 2024 eine Studie veröffentlicht, in der die Materialbedarfe verschiedener Stromerzeugungstechnologien miteinander verglichen werden können.

Für die Erzeugung einer Gigawattstunde (GWh) werden benötigt (siehe Grafik):

• Windenergie Onshore: Beton 5.144 kg/GWh, Stahl 1.676 kg/GWh
• KKW, Druckwasserreaktor (AP 1000): Beton 516 kg/GWh, Stahl 83 kg/GWh

... also bereits das 10-fache (!) an Beton und das 20-fache (!) an Stahl im Vergleich zur Kernenergie. Für Windenergie käme noch der hier nicht berücksichtigte Material-Mehraufwand für zusätzliche Hochspannungsleitungen und Speichersysteme anteilig hinzu. Darüber hinaus müssen Onshore-Windräder alle 20 Jahre erneuert werden – mitunter ist ihre Nutzungsdauer allerdings deutlich kürzer, u.a. durch nutzungsbedingte Materialschäden, z.B. in den stark schwingungsbeanspruchten Fundamenten. Die Lebensdauer eines Kernkraftwerks der III. Generation kann dagegen 60–70 Jahre betragen.

„Ja, natürlich wird alles zurückgebaut“

Apropos Fundamente: In Stolpen, der Nachbarstadt von Neustadt in Sachsen, fand im Oktober eine öffentliche Stadtratssitzung statt, bei der die Firma Vento Ludens ihr Projekt zum „Repowering“ des Rennersdorfer Windparks (bei Stolpen) vorstellte. Ja, selbstverständlich würden im Zuge des Repowering die alten Vestas-Anlagen komplett und restlos zurückgebaut, einschließlich des Entfernens der Stahlbetonfundamente, versicherten die Vento Ludens-Vertreter auf Nachfrage den Stolpener Bürgern – womit sie von den Anwesenden schallendes Gelächter ernteten. Die derzeitigen fünf Vestas-V52-Anlagen (je 0,85 MW, Gesamthöhe 100 Meter) sollen ersetzt werden durch drei Anlagen der 6-MW-Klasse mit einer Gesamthöhe von 260 Metern, die damit die weithin sichtbare, unverwechselbare Burg Stolpen – auch bekannt als das „Tor zur Sächsischen Schweiz“ – um über 200 Meter überragen würden.

Abgesehen von der optischen Zerstörung der einzigartigen Landschaft: Windkraftanlagen der 6-MW-Klasse erfordern gigantische Fundamente mit mehr als 32 Metern Durchmesser, die mit ca. 2.600 Kubikmetern Stahlbeton (das entspricht einem Gewicht von 6.500 Tonnen pro Fundament !!!) dimensioniert sind, welche dann nach dem Ende der Laufzeit „zurückgebaut“, d.h. aus dem Boden entfernt werden müssten. Glaubt irgendjemand, dass das jemals geschehen würde?

PS: Die Stadt Stolpen lädt ein zu einer Filmvorführung am Freitag, 29. November 2024, 19:00 Uhr, im Großen Saal des Hotels „Goldner Löwe“, Markt 3/4, 01833 Stolpen. Gezeigt wird der Dokumentarfilm von Jörg Rehmann „End of Landschaft – Wie Deutschland das Gesicht verliert“.

 

Stefan Klinkigt, Baujahr 1956, geboren und aufgewachsen in Sachsen, studierte damals Bauingenieurwesen (mit Abschluss als Dipl.-Ing.). Lebt nach 26 Jahren Rheinland seit 2015 wieder in Sachsen und arbeitet als bildender Künstler, Kommunikationsdesigner und Fotograf. Für Achgut als Autor, Lektor und Karikaturist tätig. Streift mehrmals in der Woche mit der Kamera in der Sächsischen Schweiz herum.

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

netiquette:

Burkhard Mundt / 16.11.2024

Beim militanten Protest in den Achtzigern gegen die Startbahn West des Frankfurter Flughafens wurden zwei Polizisten erschossen. So ândern sich die Zeiten.

Burkhart Berthold / 16.11.2024

Die meisten von uns werden es noch erleben, wie diese Dinger wieder abgebaut werden.

Dirk Jungnickel / 16.11.2024

Mit Psychopathen sollte man Mitleid haben, aber Klabauterbach ist (noch) Regierungsmitglied .  Auch da ist er in entsprechender Gesellschaft.  Vielleicht sollte man ihm Sprechverbot erteilen !  Oder ihn täglich mit seinem Amtseid konfrontieren. Oder ihn mal ein paar Stunden an einem Windquirl festbinden…

Barbara Strauch / 16.11.2024

@Christiane Neidhardt:  Es wird nicht mehr nur das Regenwasser nicht mehr im Waldboden aufgenommen (und fließt dann sturzbachähnlich ins Tal zur nächsten Flutkatastrophe). Darüber hinaus wird auch ohne Regen der Waldboden ständig “trockengeföhnt”, denn die Monster befördern stetig die feuchte Bodenluft nach oben, wo die Feuchtigkeit einfach verdunstet. Daher auch die häufigen Brände bzw. die Borkenkäfer, gegen die die gestreßten Bäume sich nicht mehr wehren können. Das ist Geo-Engineering vom Feinsten!

B.Jacobs / 16.11.2024

Das ist der hirnrissigste Blödsinn , den ich je gehört haben ähnlich die Abgase des des Trabis tun dem Wald gut, wobei der Trabi nicht so gemein gefährlich war, wie Windkillermühlen die Vögel, Fledermäuse schreddern und Insekten orientierungslos machen, jeder wie er es politisch baucht. Wenn ein Windrad brennt, mag es noch nicht einmal die Feuerwehr dank hoch giftiger Materialien löschen können. Will Lauterbach am Fressnapf der Diäten bleiben mit grünen Hirngespinsten, die das Wirtschaftsdesaster erst angerichtet haben?

Michael Guhlmann / 16.11.2024

Vor ein paar Tagen erfuhr ich aus Leserzuschriften auf Welt online - besser Belesene als ich werden das längst gewußt haben -, daß den Windbaronen auch dann eine sogenannte Einspeisevergütung gezahlt werden muß, wenn ihre Anlagen gar nicht laufen oder wenn der Strom gegen Entgelt verklappt werden muß. Jede neuerrichtete Windmühle im Norden verschafft ihren Eigentümern einen per Gesetz gesicherten Gewinn.  Solange die verniedlichend “Stromautobahnen” genannten Leitungen von Nord nach Süd nicht existieren, ist das für die Betreiber auf Jahre ein finanzielles Perpetuum mobile.  Das ist der Grund für das Gejaule, Deutschland brauche noch mehr - noch viel mehr - Elektrowindmühlen. Es wird geplündert, was immer zu plündern geht.

Peter Krämer / 16.11.2024

Alles klar. Hohe Steuern schützen mich vor unsinnigewn Ausgaben.

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