Willkommen in der „Merkelokratie!“

Bernd Zellers neuer Satire-Band „Merkelokratie“ nähert sich mit den Mitteln der Karikatur Angela Merkel – und kommt ihr dabei näher als so mancher Zeitungsbericht. In rund 60 Cartoons geht Zeller mit unbestechlichem schwarzen Pinselstrich dem Innenleben Ihrer Majestät, Pardon, unserer Bundeskanzlerin auf den Grund und versucht zu erforschen, was die tieferen Beweggründe für die manchmal nicht ganz schlüssig erscheinenden Pfade der „Einzigen“ sind.

Wer beispielsweise leise Zweifel am Demokratieverständnis der Kanzlerin hegt, lernt in diesem Band eine andere, eine nachdenkliche Angela Merkel kennen. Zeller liefert etwa eine Darstellung, die die Kanzlerin bei einem Spaziergang mit einem Berater zeigt. Dieser erklärt ihr: „Ulbricht sagte: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles unter Kontrolle haben.“ „Und warum muss es demokratisch aussehen?“, fragt eine unerschrockene Kanzlerin zurück.

Noch höhere Sphären ihres politischen Scharfsinns hält eine weitere Abbildung für uns fest. Angela Merkel steht sinnierend am Fenster und diktiert ihrem Sekretär, der stilecht auf einer Schreibmaschine tippt: „Die Niederschlagung des Thüringer Frühlings war notwendig, um einen faschistischen Putsch abzuwenden. Und deshalb gab es nie einen sogenannten Thüringer Frühling.“

Ein praktisches Verhältnis zum Journalismus

Die wahren Perlen ihrer Rhetorik hebt sich die Kanzlerin in ihrer gewohnten Bescheidenheit jedoch stets für öffentliche Auftritte auf, wie beispielsweise eine Pressekonferenz: „Und deshalb sage ich in aller Deutlichkeit, dass eventuelle Lockerungen nur die Maßnahmen betreffen, die von uns getroffen wurden, und nicht als allgemeine Wiedererrichtung der Grundrechte vermittelt werden, für die es keinen Anlass gibt, dafür stehe ich“, lässt Zeller sie sagen.

Auch ihr praktisches Verhältnis zum Journalismus bleibt vom Karikaturisten nicht unkommentiert. Ihre unerschütterliche Trockenheit bewahrt Angela Merkel vor den tückischen Gefahren der Eitelkeit: „Haben Sie meine Huldigungsorgie schon gelesen?“, möchte ein besonders eifriger Schreiberling wissen. „Natürlich nicht. Ich weiß doch, was drinzustehen hat“, weist ihn Angela Merkel ungerührt in die Schranken.

Bernd Zeller zeichnet sich durch viel Nachsicht und Wohlwollen gegenüber der Kanzlerin aus. Somit ist für ihn auch klar, dass Angela Merkel mit ihren 66 Jahren nicht mehr jeden neumodischen Unsinn mitmachen muss. Sie weiß, was sich bewährt hat. Ihre Antwort auf die naseweise Bemerkung eines Beraters – „Manche, also nur wenige, sprechen davon, wir würden in die Planwirtschaft rutschen.“ – kann daher nur lauten: „Welche Wirtschaft?“

„Die Kanzlerforschung hat die Genderforschung vorangebracht“

Dass trotz ihrer Vorzüge nicht alle im Volk die Qualitäten unserer Kanzlerin erkennen, lässt Bernd Zeller nicht ohne Rüge stehen. Zwar gibt es eine Vielzahl treuer Untertanen: „Wie froh wir doch sein können, die Kanzlerin Merkel zu haben, die uns durch die Krise führt. Jemand anderes hätte den unwichtigen Posten gestrichen“, kommentiert etwa eine findige Bürgerin.

Doch die Stimmen der mäkeligen Unverständigen werden immer lauter: „Die Kanzlerforschung hat die Genderforschung vorangebracht, indem sie den Beweis lieferte, dass toxische Männlichkeit auch bei einer Frau auftreten kann“, wird da polemisiert. Wie weit die Respektlosigkeiten gegen unsere Landesmutter gehen, hält Bernd Zeller schon auf dem Titelbild fest: „Was würden Sie gern einmal der Bundeskanzlerin sagen?“, fragt ein Fernsehteam einen Passanten. „Sie sind verhaftet!“, kommt da zurück.

Wie soll man solche Einfaltspinsel nur auf eine alternativlose fünfte Amtszeit Merkels vorbereiten? Der vorliegende Cartoonband Bernd Zellers ist schon mal ein guter Anfang. Denn er zeigt nicht nur, dass die Kanzlerin letztlich auch bloß ein Mensch ist, sondern darüber hinaus, dass man mit Humor noch die größten Unglücke übersteht.

„Merkelokratie“ von Bernd Zeller, 2020, Solibro Verlag, ISBN 978-3-96079-078-5, gebunden, 68 Seiten, 16,00 Euro. Hier bestellbar.

Foto: Bernd Zeller, Merkelokratie

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Leserpost

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herbert binder / 02.08.2020

“..solch garstig reden entbehret einer jeglichen vernunfte und ist gar schändlich spiel mit feuer und ander Hexerey. Keinem Manne sey geraten sich des hasses anstecken zu lassen was nimmer verzeylich schand wär”. Ja, liebe Frau Stockmann, unser täglich BZ gib uns heute.

Bernart Welser / 02.08.2020

Statt “Merkelokratie” könnte man auch sagen: Merkulatur…

Peter Thomas / 02.08.2020

Der Bernd Zeller ist einer scharfsichtigsten Durchblicker in unserem verkommenen Lande. In einer herkömmlichen Diktatur wäre er längst eingebuchtet. Der moderne totalitäre Staat aber kann sich die teuren Knäste sparen: Nach der Abschaffung des Bargelds, der Rechtsprechung, des Fleisches und des Automobils werden Nichtjubler einfach digital runtergedimmt und schließlich - bei fortdauernder Renitenz - abgeschaltet. (Konto weg + Netzidentität weg = Mensch weg.) Wer es nicht glauben will, schaue sich den Fall von Martin S. aus Wien an.

Ilona Grimm / 02.08.2020

Das Buch muss ich haben! Schon die „Sprache des grünen Reiches“ hat mir viel Freude bereitet. Lieblingsbeispiele daraus: •„Was eine Bereicherung ist und unseren Wohlstand sichert, siehst du daran, dass du nichts mehr verdienst, wenn du dagegen bist.“  •Der Redner vor einer Versammlung von Grüngutmenschen: „Vor jede Personenbezeichnung wird ein ;  (Semi-Colon) gesetzt, um zu zeigen, dass Menschen, die eine Darmoperation hatten, mitgemeint sind. Die werden sonst in der Sprache versteckt.“  •„Helene Fischer ist doch eigentlich reich genug, um sich mal klar grün zu positionieren.“ •„Quotenfrauen dürfen nicht zu kompetent sein, sonst sieht es wieder so aus, als wären sie wegen Fachkompetenz auf den Posten gelangt.“—- Ich habe das Buch auch schon zweimal verschenkt - aber von keinem der Beschenkten je eine Resonanz erhalten. Die grünen Khmer und ihre Plagiatoren sind sooo humorlos… Danke für den Hinweis, werte Frau Stockmann!

E. Grüning / 02.08.2020

Angela Merkel ist, wenn man trotzdem (noch) lacht!

Wiebke Ruschewski / 02.08.2020

Ich habe bereits 2 Werke von Zeller. “Die Sprache des grünen Reiches” und “Deutschlantis”. Beide sehr empfehlenwert! “Deutschlantis” habe ich auch mal verschenkt. Kam gut an.

P.Neumann / 02.08.2020

FDJ-Sekretärin konnte man nur werden, wenn man die Phrasen des Arbeiter- u. Bauernstaates im Schlaf auf sagen konnte, inhaltsleere Propaganda, so wurde und wird Politik gemacht…

Bernhard Freiling / 02.08.2020

Satire? Einfach mal googeln, was darunter zu verstehen ist. Wo ist hier die Ironie, die Übertreibung oder der beißende Spott? Bernd Zeller setzt doch nur die traurige Realität in Bilder um. Satire? Bebilderte Geschichtsschreibung ist das.  ;-)

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