Marvin Wank / 07.05.2019 / 08:33 / Foto: Jan Tomaschoff / 95 / Seite ausdrucken

Willkommen in der Idiokratie!

Von Marvin Wank.  

Zehntausende Schüler protestieren gegen angeblich unlösbar schwere Abiturprüfungen. Bis heute Morgen zählte eine entsprechende Petition bereits mehr als 50.000 Unterschriften. Doch das Abitur tatsächlich zu erleichtern wäre ein fataler Fehler.

Schon jetzt zeigt sich an meiner Universität ein deutliches Delta (für die Bremer: das ist ein Unterschied) zwischen meinen Kommilitonen (das sind meine Mitstudent*innen) aus den diversen (das wisst ihr natürlich) Bundesländern. Ich habe Kommilitonen mit Abiturnoten von 1,5 und besser, die im vergangenen Semester durch jede einzelne Prüfung gefallen sind.

Mit dem Abitur erhalten jedes Jahr tausende von Schülern ihre Hochschulreife, obwohl sie definitiv nicht reif für eine Hochschule sind. In der Uni verstehen sie dann natürlich nur Bahnhof, aber macht ja nix, schließlich kriegt man ja fett Bafög vom Steuerzahler, und die Prüfung kann man ins nächste oder ins übernächste Semester schieben. Oder man macht einfach so weiter, wie man in der Schule aufgehört hat: Ist die Prüfung zu schwer, wird einfach auf die Barrikaden gegangen und eine Anpassung des Notenschlüssels gefordert. Hat ja im Abi schon blendend funktioniert.

Natürlich lässt sich eine Prüfung auch nicht ewig schieben. Und das führt zu massenhaft Studienabbrechern. Laut dem statistischen Bundesamt haben 17 Prozent der Deutschen einen Hochschulabschluss, aber mit ca. 32 Prozent fast doppelt so viele die Hochschulreife. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass so ein Soziologiestudent bis zum 10. Semester den Steuerzahler auch dann Geld kostet, wenn er anschließend bei McDonald’s arbeitet – sofern er das überhaupt tut.

Das Problem ist nur: Irgendwann wird gesiebt. Sieben wir nicht im Abitur aus, sieben wir im Studium aus. Sieben wir im Studium nicht aus, dann sieben wir irgendwann Deutschland aus dem Weltmarkt aus.

Marvin Wank ist 18 Jahre alt und Student der Wirtschaftsinformatik aus Chemnitz.

Dieser Beitrag erscheint auch auf dem Schülerblog Apollo-News

Foto: Jan Tomaschoff

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Leserpost

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Bernhard Krug-Fischer / 07.05.2019

@HaJoWolf, ich (Abi 1978) kann Ihre Aussage nur bestätigen. Im Ort meiner Schule wird alle fünf Jahre ein Treffen aller ehemaliger Schüler und Lehrer veranstaltet. Im Jahr 2000 hat sich schon ein Biologielehrer „beschwert“, dass er nur noch ein Drittel des Stoffs, den er uns im Grundkurs und im Leistungskurs vermittelte, durchbringen kann. Dass das Niveau generell sinkt, konnte man auch an der Sendung „Wer wird Millionär“ erkennen (schaue ich mir aber schon seit ewigen Zeiten nicht mehr an), wo Studenten als Kandidaten bei den einfachsten Fragen, welche normal Allgemeinwissen sind), scheitern. Es gab mal eine Dokumentation, wo Schüler „einfache“ Matheaufgaben mit dem Taschenrechner lösen durften. Die haben nicht einmal bemerkt, dass das Ergebnis nie und nimmer stimmen konnte, weil sie falsche Zahlen eingegeben hatten.  Der Rechner hat es doch so ausgerechnet. 

Ingolf Pärcher / 07.05.2019

Hätten unsere Junggenies nur halb soviel Zeit ins Lernen/Üben wie ins Streiken und Motzen gesteckt, wäre man weiter. Sogar, was bei uns mit einem Bachelor von den Unis abgeht, ist für einen anspruchsvollen Berufsweg nicht ohne Weiterschulung hilfreich. Ich erinnere mich an Prüfungsaufgaben aus den 85+ern, die mich Anfang der 90er echt ins Schwitzen gebracht haben (hab dennoch den guten alten Dipl. Ing. geschafft) und die Selektierung, die ich selber vornehmen und gelegentlich gerichtlich verteidigen muß, kann ich nur sagen, das mediale Bodybuilding macht nur Blasen im Kopf und bei mir weiche Knie (leicht modifiziert aus einer Bud Spencer/Terence Hill- Synchronisation). Mathe ist neben Physik das einfachste Fach auf der Welt, wenn man Grundsätze der Logik verinnerlicht hat. Mit einem derartigen Ansinnen schießt sich die “Jugend” echt in die Clownsecke.

R.Krug / 07.05.2019

An einer Technikerschule hier in BW wurde vor ca. 10 Jahren zur Probe eine “Prüfungsarbeit” geschrieben. Die Noten waren katastrophal. Die angehenden Techniker beschwerten sich. Als ihnen gesagt und bewiesen wurde, dass die Aufgaben aus einer Aufnahmeprüfung von vor ca. 20 Jahren stammten, war das Entsetzen groß.

Hans Bethe / 07.05.2019

Hallo, eine Prüfung, bei der niemand durchfällt, ist keine. Ich habe mich vor drei Jahren bei meinem Arbeitgeber intern beworben und die junge Kollegin in der Personalabteilung hat mich nach meiner Mathematiknote (befriedigend) zum Abschluß des Grundstudiums befragt. Ich habe Elektrotechnik in Aachen studiert! Als ich erklärt hatte, dass wir Durchfallquoten von über 90%!!! hatten, wurde ich nur ungläubig angestarrt! Zitat eines Professors: Wir führen nicht nur zerstörungsfreie Prüfungen durch! Niemand hat gelacht; wir wussten, dass das kein Witz war. Mein Vater hat in den 50er Jahren Mathematik an der RWTH Aachen studiert. In einer Prüfung bestanden von 25 Kandidaten nur 2! Mein Vater mit “ausreichend” und ein 2. Kommilitone mit “gut”. Der ist später Professor für Mathematik geworden. In den 50er Jahren lag die Abiturquote bei 5%, 1987 bei 25% und aktuell bei > 50%. Früher hat man gesagt, dass man mehr hätte lernen müssen. Heute ist die Prüfung zu schwer! Hans Bethe

Thomas Schmidt / 07.05.2019

Mal ehrlich, wer rechnet denn heute noch komplizierte Sachen im Beruf? Das Rechnen nach fast immer eine Software, man muss nur den In- und Output verstehen Insofern, insbesondere angesichts der immer schon abstossenden Schulmathematik mit den größten Pädagogik Nieten als Lehrern, wirklich schade wenn vielen intelligenten Leuten deswegen das Studium versagt bleibt.

W. Heller / 07.05.2019

@Gerold Sass „Entgegen aller Unkenrufe, geht es nicht um den Stoff, sondern die Art der Aufgabenstellung (um die Ecke gedacht) und die Länge des Lösungsweges, die ähnlich nie geübt waren …“ Aus meiner bescheidenen Erfahrung eines abgeschlossenen Maschinenbaustudiums kommt es gerade z.B. in der Mathematik nicht darauf an vorgegebene Lösungswege (egal ob kurz oder lang) zu üben, sondern diese (z.B. in Prüfungen) selber zu entwickeln bzw. zu finden. Oder anders ausgedrückt, der fleißigste Schüler kann so viel lernen und üben wie er will, irgendwann erreicht nun mal jeder seinen persönlichen Intellekt. Wenn es im Kopf also einfach nicht „Klick“ machen will, hat man halt Pech gehabt. Zur Not kann man dann ja immer noch Politiker werden. Beispiele dafür gibt es ja reichlich in den Parlamenten.

Wolfgang Richter / 07.05.2019

Erfrischend und Dankeschön, daß diese Wahrheit von einem jungen Menschen aus dem Kreise der “Betroffenen” formuliert wird, nicht von einem “alten weißen Mann”, dem bei vorstehenden Worten vorgestige Weltfremdheit unterstellt wird. Vielleicht wäre es noch interessant zu wissen, wie viele der wegen der “zu schweren” Matheprüfung jetzt Jammernden ihre letzten Freitage statt lernend eher hüpfend auf der Straße verbracht haben. Aber wenn’s mit dem Studium am Ende nichts wird, so zeigen viele der politisch Aktiven, vor allem auf der linksgrünen Seite, wie man sein weiteres Leben auskömmlich von Staatsknete gestalten kann.

Frank Dieckmann / 07.05.2019

Nicht die Schüler sind dümmer geworden, sondern die Lehrer sind schlechter geworden und abhängig vom Bundesland die Schulen. Lehrpläne ohne Logik, falsches unverständliches, teilweise stark mißverständliches Deutsch in den Aufgaben und überhaupt ein allgemeines Wischiwaschinixgenauesmachenwirnicht tragen zum Bildungsverfall aktiv bei. Wenn sich Eltern in Hamburg keine Nachhilfe für 50 Euro die Stunde leisten können, hat der Nachwuchs kaum noch Chancen. Wenn 10 Leute aus gleichen Zutaten etwas kochen und bei der Hälfte ist es nicht genießbar, liegt das dann etwa an den Zutaten?

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