Eine Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz rüttelt an den Grundfesten der Grundgesetz-Republik, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht merkt. Warum macht er das? Aus Unwissen oder mit Vorsatz?
Es hat wieder mal ein wenig gedauert, bis der mediale Mainstream darauf ansprang. Dabei war das, was Bundeskanzler Friedrich Merz am vergangenen Dienstag (22.07.2025) bei einem Besuch der Medizinischen Hochschule Hannover zu Protokoll gab, von ähnlichem Kaliber wie seine Antwort auf eine Frage der AfD-Politikerin Beatrix von Storch im Zusammenhang mit der zunächst gescheiterten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin. Von Storch hatte den CDU-Vorsitzenden gefragt, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, „Frau Brosius- Gersdorf zu wählen, für die die Würde eines Menschen nicht gilt, wenn er nicht geboren ist?" Merz antwortete darauf mit einem schlichten „Ja“, was Fassungslosigkeit in großen Teilen der Unionsfraktion hervorrief, weil sich Merz damit offenbar von den Grundprinzipien eines christlichen Menschenbildes verabschiedet hatte.
Auch diesmal ging es um eine Frage, die das Verhältnis der von Merz geführten Union und ihre Haltung zu christlichen Werten fundamental berührte, Werte, die der Union seit ihrer Gründung eingeschrieben und bekanntlich immer noch Bestandteil des Parteinamens von CDU und CSU sind. Merz nahm während seines Besuchs in Hannover Stellung zu Vorfällen an deutschen Universitäten, wo muslimische Hochschulgruppen nach Geschlechtern getrennte Veranstaltungen durchsetzen wollten. Es lohnt sich, die Äußerungen von Merz wörtlich wieder zu geben, die man, als sie an die Öffentlichkeit durchsickerten, zunächst kaum für möglich hielt:
„Ich möchte gerne alle Studentinnen und Studenten an allen deutschen Hochschulen aufrufen, im Geiste der Toleranz und des gegenseitigen Respekts auch unterschiedliche religiöse Zugehörigkeiten zu akzeptieren. Diejenigen, die aus der muslimischen Welt zu uns kommen, die an unseren Universitäten herzlich willkommen sind, mögen bitte daran denken, dass wir ein laizistischer Staat sind, dass wir hier eine strikte Trennung zwischen Staat und Kirche haben, und dass wir insbesondere an unseren Hochschulen erwarten, dass gerade dort der Geist herrscht, den unsere Gesellschaft ausmacht, nämlich Offenheit, Liberalität und Toleranz - auch religiöse Toleranz. Das erwarte ich insbesondere von denen, die hier an unseren Hochschulen studieren und aus anderen Kulturkreisen und vielleicht aus anderen Religionszugehörigkeiten kommen. Das erwarten wir, und das werden wir gegebenenfalls auch durchsetzen.“
Dem Redetext zufolge ist Deutschland für Merz ein laizistischer Staat, also ein Staat, in dem die öffentliche und religiöse Sphäre strikt voneinander getrennt sind, etwa wie in Frankreich, wo jede religiöse Betätigung als reine Privatsache angesehen wird. Kreuze in Schulen und Gerichtssälen, wie oft in Deutschland üblich, Religionsunterricht an staatlichen Schulen und ein Regierungschef, der, wie jüngst Friedrich Merz, seinen Amtseid mit der Formel „So wahr mir Gott helfe!“ beschließt oder an seinem Amtssitz alljährlich die „Sternsinger“ empfängt - alles undenkbar in unserem westlichen Nachbarland. Ganz zu schweigen von staatlichen Finanzämtern, die für die Kirchen die Kirchensteuer einziehen.
In Frankreich gilt konsequente Laizität seit 1905, als ein regelrechter Kulturkampf um den Einfluss der (katholischen) Kirche in Frankreich tobte. In Folge der Dreyfus-Affäre kam eine linke Regierung unter Führung von Georges Clemenceau an die Macht, die ein radikales Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat durchbrachte, das bis heute gilt. Demzufolge garantiert die Französische Republik zwar Religionsfreiheit, darf Religionsgemeinschaften aber weder anerkennen, noch finanzieren. In der Tradition dieses Gesetzes, mit dem die Linke endgültig den Jahrhunderte langen Einfluss der (katholischen) Kirche insbesondere auf das Bildungssystem brechen wollte, steht auch das 2010 verabschiedete Verbot der Verschleierung des Gesichts im öffentlichen Raum.
Die französische Laicité geht so weit, dass Kirchen im staatlichen Kontext gar nicht vorkommen. Es gab den Fall eines Geistlichen, der nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war, weil das staatliche Recht ihn nicht zur Kenntnis nahm. Er konnte seinen Versicherungsanspruch erst im Zuge einer Klage durchsetzen. Das große Interesse, das dem Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre Dame auch von staatlicher Seite zukam, sollte nicht als Aufweichung der Laizität gesehen werden, sondern mehr als patriotisches Bekenntnis und vielleicht auch als Wink an die erstarkenden Muslime, denen an der französischen Laiztiät nichts liegt, weil diese in ihren Augen schlicht Gotteslästerung darstellt.
In Deutschland dagegen gilt im Verhältnis zwischen Kirche und Staat ein Neutralitätsgebot. Daraus leitet sich das Toleranzgebot ab, demzufolge die verschiedenen religiösen Bekenntnisse und Glaubensgemeinschaften zu dulden und nicht zu behindern sind, sowie das Paritätsgebot, wonach religiöse Bekenntnisse und Glaubensgemeinschaften grundsätzlich gleich behandelt werden müssen. Neutralität im Sinne des Grundgesetzes bedeutet aber nicht eine „abwehrende“ Trennung von Staat und Kirche wie in Frankreich, sondern muss mit dem früheren Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde verstanden werden im Sinne einer „respektierenden, offenen“ Neutralität; jene folgt zwar durchaus dem Gedanken der Nichtidentifikation des Staates mit Religionen und Weltanschauungen und den sie tragenden Institutionen, das Grundgesetz kennt aber auch die Pflicht des Staates, Einzelnen wie auch Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften einen Betätigungsraum zu sichern, in dem sich die Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet entfalten kann. „Von Laizität ist Deutschland weit entfernt“, schreibt die FAZ völlig zutreffend.
Die Frage ist nun, wie Merzens Einlassung politisch zu bewerten ist. Ist es ein törichter Lapsus aus Unkenntnis, was Laizität bedeutet, oder verbirgt sich dahinter ein erneuter Kniefall vor der im Zuge der gescheiterten Wahl ihrer Kandidatinnen für das Bundesverfassungsgericht vergrätzen SPD und den Kirchen-feindlichen Grünen und Linken? Geht man von einem Lapsus aus, muss man Merzens sich häufende Ausrutscher schon in eine Reihe stellen mit den Unbedarftheiten einer Annalena Baerbock, wobei diese „nur“ Bundesaußenministerin war, deren „Böcke“ man gegebenenfalls höheren Ortes einfangen konnte. Merz jedoch ist dieser höhere Ort.
Steckt dahinter jedoch die Absicht, den Einfluss der Kirchen in Deutschland weiter zurück zu drängen, wäre dies nicht weniger töricht. Denn bessere Verbündete der aktuellen Regierungspolitik als die handzahmen Kirchen, kann man sich kaum vorstellen. Sie waren vorbildlich in der Exekution jeder noch so unsinnigen Corona-Maßnahme, machen vollumfänglich jede Verrenkung der Klima- und Einwanderungspolitik mit und geben sich als zuverlässige Hüter der Brandmauer „gegen rechts“. Einer immer mehr ausufernden staatlichen Fürsorge verleihen sie mit ihren fest in die Wohlfahrts- und Asylindustrie integrierten, längst weitgehend säkularisierten Organisationen Caritas und Diakonie einen Hauch göttlich inspirierter Mitmenschlichkeit, selbst wenn bald Roboter in die Alten- und Pflegeheime und Krankenhäuser einziehen.
Im Übrigen ist das Grundgesetz durchzogen von christlichem Geist und christlichen Werten. Im Sinne des unter Verfassungsrechtlern bestens bekannten „Diktums“ des bereits erwähnten Ernst-Wolfgang Böckenförde ist der freiheitliche Staat um der Freiheit Willen das Wagnis eingegangen, von Voraussetzungen zu leben, „die er selbst nicht garantieren kann“. Gemeint damit ist auch das Wirken der Kirchen und die verschiedenen Formen der Kooperation von Staat und Kirche. Mit seiner Erklärung Deutschlands zu einem laizistischen Staat hat Merz nichts weniger getan als diese Verfassungsvoraussetzung in Abrede zu stellen.
Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Merz macht alles aus Unwissenheit, wenn der Teleprompter gerade streikt.
Gerade die Bilder von Bayreuth - Einzug des Grauens - gesehen. Karin Soeder for Chancellor please! Wuerde sich bestens mit Meloni verstehen. Merz scheint sich seinen Smoking bei Donald Trump ausgeliehen zu haben. Der Maggus hat seine Schuhe nicht gefunden, und die Ilse sieht aus wie vor 100 Jahren, am Tisch bei den Buddenbrooks, insofern stilecht. Die eiserne Exkanzlerin laeuft auch noch dort auf.
@Günter H. Probst ... “Die kulturellen Wurzeln Europas in Christentum & Aufklärung, modifiziert durch Wissenschaft & Industrialisierung ist unumstritten.” ... Sie meinen, die christliche Kulturvernichtung wurde trotz des Christentums revidiert? Richtig. Seit der Renaissance, spätestens dem 30jährigen Krieg konnte kein Fürst die Kirchen mehr ernst nehmen. Denn dazu, wozu man Gott brauchte, taugte er nichts. Deswegen war auch “Gott mit uns” auf der Koppel vergebliche Liebesmüh’ zum Versager im Himmel. Die Entmystifizierung des Gottesdienstes, der Verlust des Gläubigen Angst durch die Aufklärung & Wissenschaft, sind die wesentliche Ursache des christlichen Niedergangs. Selbst die christlichen Hardcore-Spinner auf dem Achse-Forum, die uns unverschämterweise mit dem antiken Hollywood-Propaganda-Rotz der unheilig biblischen Superhelden belästigen, sind doch nur noch 5ter-Klasse-Christen. Anders als die Musels, ist doch keiner von denen bereit, mit “Santiago” auf den Lippen gegen die “Ungläubigen” in die Schlacht zu ziehen. Das können Sie haken, Herr Probst. Niemand nimmt das C bei der Union ernst, die Union selbst eben auch nicht. Es handelt sich hier um einen reinen Popanz, der Papst steht nackt da, vor einer Milliarde Schauspieler, die behaupten, der Papst hätte weiße Klamotten an. Hören Sie irgendwoher, daß die Kuttenbiesler den Musels irgendwo auf die Fresse hauen? Eben. Wie für DEI, Gender- & Klimawahn stirbt niemand mehr freiwillig, auch nicht für den Lattenjupp. Vergessen Sie diese Märchen aus dem Morgenland.
@L. Bauer und @Dieter Ernst: Sie beide haben meine volle Zustimmung! Mit dem substanzfreien Gerede liegt der ‘Schützenhallen-Pinocchio’ genau im Trend unserer übrigen, dauerhaft in Watte gepackten Filterblasen-Bewohner. Er kann ja gerne mal versuchen, seinen gedankenlos dahergeflapsten Wortschwall einem rauschebärtig-augenrollenden Kalifats-Forderer, Scharia-Anhänger und Koran-Zitierer zu erklären - aber bitte ohne Bodyguards und sonstiges ‘Bodenpersonal’!!!
@Hans-Joachim Gille: Und dann deklinieren wir mal Ihre Anwürfe weiter durch. Sie sind nämlich ein kleiner Meister in der Taktik ‘Lügen durch Verschweigen’. ‘Schmarotzertum’: Ich vermute Sie meinen den staatlich organisierten Kirchensteuer-Einzug. Der ist zunächst mal vglw. praktisch, weil bei den Finanzämter alle notwendigen Daten vorhanden sind. Der Staat zieht das Geld für die ‘Amts’-Kirchen aber nicht einfach so ein - der Staat ist in diesem Falle Dienstleister und Leistungserbringer - und die Kirchen als Leistungsnehmer BEZAHLEN für die erbrachte Leistung. Die Höhe dieser Provision variiert je nach Bundesland, liegt aber meist zwischen 2% und 4.5% der eingezogenen Kirchensteuer. Wirtschaftlich gesprochen: Es handelt sich also um einen normalen Diestleistungsvertrag zwischen 2 Parteien. Ob sich die Amtskirchen durch diese Vertragsbeziehungen einen Gefallen tun bzw. getan haben, oder diese Art ‘Abhängigkeit’ ihnen selber eher schadet, ist selbst innerkirchlich umstritten. Der Begriff ‘Schmarotzertum’ ist - in jedem Fall - eine bewußte ‘Unschärfe’ ihrer Argumentation, die in der BEABSICHTIGTEN Wirkung zur LÜGE wird (es sei denn sie befürworten den Raub von 1803; was Bolschewiken aller Coleur ja ohne jede Scham tun und wir von der DDR auch nicht anders gewohnt sind)! Letzter Punkt: ‘Laizistischer Staat’ sollte nicht bedeuten, daß Christen, Juden usw. (ggf. als intellektuell minderbemittelt DENUNZIERTE) Bürger zweiter Klasse sind; wie Sie Herr Gille, in vielen Forums-Beiträgen hier leider immer wieder andeuten. Wir sind in einem bürgerlichen Rechtsstaat Bürger wie alle Anderen, mit GLEICHEN Rechten und Pflichten! Und wenn Ihnen das nicht paßt, sollten Sie mal über Ihr Rechtsstaats-Verständnis nachdenken! - Ansonsten hat auch der Staat Pflichten. Und ob diese bunte Republik, die bekanntlich de-facto nicht mal ihre eigenen Polizei-Beamten gegen Gewaltverbrecher schützen kann, diesen Pflichten noch nachkommt - darf von Christen wie Atheisten getrost bezweifelt werden!
Meine Güte , wenn Merz beim Besuch der weltberühmten Medizinischen Hochschule Hannover eine unpräzise Formulierung in einer internen Fragerunde verwendet , dann “...rüttelt an den Grundfesten der Grundgesetz-Republik” gor nix nich. Also wenn dieses Schland sonst keine Sorgen hat , empfehle ich O-Töne vom Sauerländer Heinrich Lübke ...
Natürlich ist das Menschenbild, das hinter der Verfassung steht und das die Konzepte von Aufklärung und Demokratisierung getragen hat im Kern zutiefst jüdisch. Also wenn man so will von der Kultur der Gemeinschaft getragen, der Jesus entstammte. **************************************** Nimmt man noch den Schuld-Kult und die masochistische Seite unsere Kultur hinzu, so haben wir auch die christliche Zutat Paulinischer und Augustinischer Provenienz mit im Boot. **************************************** Insofern ist selbstverständlich die Rechts- und Gesellschaftsordnung und die Kultur unseres Landes zutiefst religiösen Wurzeln verpflichtet. Aber gewiss keinen, die mit dem Islam zu tun hätten!