Henryk M. Broder / 13.03.2019 / 08:15 / 49 / Seite ausdrucken

Wieder da, das perfide Albion

Je näher der Brexit heranrückt bzw. wegrückt, umso irrer wird die Berichterstattung über den Ausstieg der Briten aus dem großen europäischen Friedensprojekt. Was erlauben sich diese Geisterfahrer, deren einziger Beitrag zur Weltkultur in Backteig frittierte Fischfilets mit frittierten Kartoffelstäbchen sind? Die Briten sind nur zögerlich der EU beigetreten, und kaum waren sie drin, wollten sie wieder raus. 1984 handelte Margaret Thatcher mit der EU einen speziellen "Briten-Rabatt" aus. So bekam GB etwa zwei Drittel seiner Nettozahlungen an die EU von der EU wieder erstattet.

In einem Beitrag für das Handelsblatt, der Ende 2011 erschien, erinnerte Hans Olaf Henkel an die Geschichte des Begriffes "perfides Albion". Unmittelbarer Anlass war ein vorausgegangener EU-Gipfel, bei dem die Briten wieder einmal Forderungen gestellt hatten, welche die EU nicht erfüllen wollte. Der FDP-Politiker Rainer Brüderle meinte seinerzeit, die Briten würden "nur auf eigene Vorteile achten“, etwas, das die Deutschen nie getan haben und nie tun würden.

Nun, acht Jahre und viele EU-Gipfel später, lebt das perfide Albion wieder auf. Es ist noch perfider geworden. Und völlig verblödet. Denn nur eine Handvoll von Briten, würde "vom Brexit gewaltig profitieren", klärt uns Marietta Slomka im heute journal (hier ab 9:10) auf. Es sind "Mitglieder einer schwer reichen Oberschicht, die sich zwar nationalistisch geben, tatsächlich aber gar nicht auf Wohl und Wehe einer einzelnen Nation angewiesen sind". Und deshalb "der Europäischen Union mit Ablehnung begegnen". Schlimmer noch: "Sie agieren international und mögen insofern keine internationalen Regeln." Und sie bringen "ihre Schäfchen ins Trockene".

Wie nannte man solche Leute früher? "Vaterlandslose Gesellen" oder auch "Kosmopoliten". Einer hat seinen Wohnsitz nach Monaco verlegt, ein anderer angeblich mit Moskau geflirtet; der Staubsauger-Hersteller Dyson habe gehofft, sich im Falle eines Brexits von "lästigen Arbeistnehmerrechten und Umweltauflagen" befreien zu können. Jetzt wolle er "seine Zentrale nach Singapur" verlegen. Der schlimmste von allen aber sei der konservative Abgeordnete Jacob Rees Mogg, der verdiene jeden Monat 15.000 Pfund "für 30 Stunden Investmentberatung" - ein Betrag, für den Marietta Slomka nicht mal einen Lidschatten auftragen würde.

Für alle diese Schurkereien hat die ZDF-Korrespondentin in London zwei Zeugen gefunden. Einen Labour-Hinterbänkler namens David Lamy und einen Professor für Rechnungswesen, also Buchhaltung, an der Universität Sheffield. Schon hetzt habe der Brexit, sagt die Reporterin, "jeden britischen Haushalt 900.- Pfund gekostet". - Hat das ZDF jemals nachgerechnet, wie viel die "Willkommenskultur" jeden deutschen Haushalt gekostet hat?

Kein Wort von einem Referendum, das zugunsten eines Brexit ausfiel. Ein paar Superreiche wollten noch reicher werden und haben Millionen armer Landsleute über den Tisch gezogen.   Jetzt gilt es, die Briten zu isolieren. Oder wie es der Kandidat für das Amt des Kommissions-Präsidenten, Manfred Weber (CSU), an gleicher Stelle gestern abend sagte:

"Wir dürfen nicht dulden, dass das britische Chaos jetzt auch Europa infiziert." 

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Leserpost

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M. Schneider / 13.03.2019

Nun wissen wir aber wieder mal ganz genau Bescheid! Dieses Mal war es Frau Slomka und nicht Herr Kleber, die moralische Stimme der Nation. Und Herr Weber befürchtet eine Infizierung Europas durch das englische Chaos, wunderbar! Das Chaos haben wir längst, das scheint er nicht merken zu wollen, als Nachfolger des Herrn Juncker kann er es ja weiter vervollkommnen.

Joachim Lucas / 13.03.2019

Es bewahrheitet sich wieder einmal der Satz: ” Die Briten haben keine Freunde sondern nur Interessen. Bei den Deutschen ist es genau umgekehrt. Es wird sich über kurz oder lang zeigen, dass die Briten mit ihrem Austritt den besseren Weg gewählt haben. Und so ein paar Möchtergern-Visionäre mit den typischen Einzelbeispielen zum Beweis der Richtigkeit der engl. Perfidität werden nichts ändern an diesem Entschluß. Die EU in dieser Konstruktion, in dieser Verfassung ist eine Mißgeburt und wird am Geld, bzw. den Schulden krepieren.

Christian BC Jansson / 13.03.2019

Die WIllkommenskultur kostet die Deutschen nicht mehr als eine Kugel Eis… zwei Kugeln vielleicht…. allerhöchstens. Zusammen mit der Energiewende daher maximal einen kleinen Pinocchio-Becher im Jahr. Ohne Sahne.

Gerhard Maus / 13.03.2019

Shit, der gute Islay-Whisky wird teurer ...

Claudius Pappe / 13.03.2019

Noch schlimmer ist es um 16 Uhr im ZDF : Heute in Europa . Europa ist gut, Europa ist super, Europa ist spitze. Europa trallala…………...…………………….Da wird das Hohe Lied auf Europa gesungen. Europa was das Zeug hält. Und immer wieder diese kleinen Nettigkeiten. Anmoderationen zu einem belanglosen Thema in Londons Kneipen fangen wie folgt an:” London hat neben dem unsäglichem und beschämenden Brexit auch was besonderes zu bieten. In Londoner Pubs………..” Der WDR ist auch nicht besser. Wer in der Sendung- Im Westen -Regionalnachrichten erwartet wird enttäuscht. Trump, Brexit und Erdbeben in Timbuktu sind Thema. Die Tagesthemen sind nur noch auf Trump fixiert:......…...……...……......…...…….” Frankfurts Torhüter Kevin Trump hielt einen Elfmeter”.....................…………………...……...

H.Roth / 13.03.2019

„Wir dürfen nicht dulden, dass das britische Chaos jetzt auch Europa infiziert.“ Wenn eines sicher ist, dann die Tatsache, dass Gesundheit NICHT ansteckend ist.

Frank Volkmar / 13.03.2019

Herr Broder, Sie haben “die Lügen” vergessen, die Grundlage des Brexit waren (nach unseren mainstream-Medien). Nur die “Einkreisung Deutschlands” spricht man noch nicht offen an, obwohl wir in Europa mittlerweile wieder von zumindest “Andersdenkenden” umgeben sind. Da die natürlich falsch denken, vermutlich nicht erwähnenswert. Es ist wie gehabt, solange die Kapelle noch spielt, geht die “Reise nach Jerusalem” weiter.

Johann-Thomas Trattner / 13.03.2019

Die Großmannssucht heißt nun Groß-Europa; das Propagandaministerium ZDF und ARD; der neue Imperialismus nennt sich Fluchtursachen bekämpfen; die alte Kaiserflotte kehrt als Flugzeugträger wieder; der Volksverräter heißt nun “Brexiter”; nicht mehr der Volkskörper sondern Europa wird von den Reichen beschädigt. Bei Hofe sorgt man sich um die Frage, wie man die Thronfolge ohne lästige Wahlen bewerkstelligt….......Nur eines scheint gleich geblieben: Den Juden kann man einfach nicht trauen. Das ist deutscher Frühling 2019!

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