Vera Lengsfeld / 07.04.2023 / 16:00 / Foto: Tim Maxeiner / 20 / Seite ausdrucken

Wie viel von Orwells 1984 ist heute Realität?

Zensur, Geschichte, Familie, Jugend, Krieg, Planwirtschaft, Überwachungsstaat, Unperson. Was in Orwells Dystopie beschrieben wird, kommt einem oft auf beängstigende Weise bekannt vor. Zu Recht? Ein neues Buch gibt, fein säuberlich geordnet, Auskunft.

Wie viel von Orwells 1984 ist heute Realität? Viel zu viel, ist das Fazit eines Buches „1984 – Wir wurden gewarnt“, das bei Manuscriptum erschienen ist. Das Thema ist so brisant, dass der oder die Autoren es nicht gewagt haben, unter ihrem eigenen Namen zu publizieren. Er oder sie haben als Pseudonym Georg Odergut gewählt, so hieße George Orwell, ins Deutsche übersetzt. Odergut geht bei seiner Untersuchung systematisch vor. Unter den jeweiligen Überschriften wie Zensur, Geschichte, Familie, Jugend, Krieg, Planwirtschaft, Überwachungsstaat, Unperson wird erst zitiert, was in Orwells Dystopie dazu steht, um dann zu betrachten, wie die Realität in Deutschland 2020 aussieht. Am Erschreckendsten ist, wie sehr wir uns in den drei Jahren, seit das Manuskript fertiggestellt wurde, weiter in Richtung 1984 bewegt haben. Die Corona-Krise hat da wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. 

Vor 2020 konnte sich niemand vorstellen, dass die Grundrechte der Bürger unter dem Vorwand des Seuchenschutzes einfach abgeschafft würden. Seit Beginn dieses Jahres muss die Politik einräumen, dass die von ihr exekutierten Maßnahmen wirkungslos bis kontraproduktiv waren. Sie versucht aber, eine öffentliche Aufarbeitung zu verhindern. Sie denkt auch nicht daran, die Maßnahmenkritiker, die diffamiert und gemaßregelt wurden, zu rehabilitieren. Auch wird bis heute versucht, die Übersterblichkeit als Impffolge zu vertuschen. 

Waren es die alternativen Medien, die den Versuch, eine Pandemie nicht medizinisch, sondern mit politischen Mitteln zu bekämpfen, zu Recht kritisiert haben, sind es wieder vor allem die alternativen Medien, die eine schonungslose Aufarbeitung fordern. Wenn die verhindert wird, ist die Gefahr der Wiederholung riesig. Wie groß, kann man daran ermessen, dass Gesundheitsminister Lauterbach schon 2021 laut darüber nachgedacht hat, die Corona-Maßnehmen, das heißt die Außerkraftsetzung der Freiheitsrechte, in die „Klimaschutzpolitik“ zu überführen.

Ein Buch gegen das Vergessen

Wer Oderguts Werk liest, muss ihm uneingeschränkt zustimmen, dass wir nicht mehr den Anfängen wehren können, weil wir uns schon mitten im Prozess des Demokratieabbaus befinden. Es ist vor allem ein Buch gegen das Vergessen. Wer erinnert sich an die Bilder von Kindergartenkindern, die gezwungen wurden, ihre Zeit in aufgemalten engen Kreisen, entfernt voneinander zu verbringen? Wer an die Polizisten, die Kinder am Rodeln hinderten oder Jugendliche, die sich im Park trafen, wie Verbrecher jagte, Menschen, die allein auf einer Bank saßen, unter Androhung von Strafen aufstehen ließen? Wer erinnert sich an die Geschäfte, die einen Teil ihres Angebots mit Absperrbändern für Kunden unzugänglich machen mussten, andere Waren aber verkaufen durften?

Fast vergessen ist die Berliner Anordnung, dass in zehn Einkaufsstraßen Maskenzwang verfügt wurde, während man alle anderen Straßen maskenlos betreten durfte. Eine Berlinerin, der nicht bewusst war, dass in ihrer Einkaufsmeile in Steglitz Maskenzwang herrschte, sollte nicht eine, sondern zwei Ordnungsstrafen bezahlen. Als sie sich weigerte, die zweite anzuerkennen, wurde sie fast auf den Tag genau in Ersatzhaft genommen, an dem Gesundheitsminister Lauterbach im Fernsehehen einräumte, dass viele Coronamaßnahmen unsinnig waren und manche Bundesländer zu „Exzessen“ geneigt hätten. 

Warum werden in einem Rechtsstaat nicht die Strafen, die wegen unsinniger bis exzessiver politischer Entscheidungen verhängt wurden, umgehend aufgehoben und die Betroffenen rehabilitiert?

Wer Oderguts Buch liest, erfährt die Antwort: Weil die Erosion des Rechtsstaates schon Jahre vor Corona begonnen hat. Das trifft auch auf die Meinungsfreiheit zu, wie auf die meisten anderen Merkmale einer Demokratie. Odergut liefert dafür eine Fülle von Beispielen mit Quellenangabe. Sein Buch ist deshalb eine Art Kompendium, aus dem man sich bedienen kann, wenn man Argumente in der Debatte braucht.

„Wie zerstört man eine Demokratie?“

Besonders interessant ist zum Schluss das Kapitel über das Buch von Naomi Wolf „Wie zerstört man eine Demokratie?“. Die ausgewiesene Linke hat zehn Punkte ausgemacht, die eine Demokratie zersetzen. 

Oderguts Fazit: Bis auf die Errichtung von Geheimgefängnissen haben wir in Deutschland in allen andern neun Punkten erhebliche Fortschritte bei der Zerstörung der Demokratie gemacht.

1. Die Beschwörung einer äußeren und inneren Gefahr
2. Die Einrichtung von Geheimgefängnissen
3. Die Entwicklung einer paramilitärischen Truppe
4. Die Überwachung der Bürger
5. Die Infiltration der Bürgerbewegungen
6. Die willkürliche Verhaftung und Freilassung von Bürgern
7. Die Verfolgung einzelner Bürgerbewegungen
8. Die Einschränkung der Pressefreiheit
9. Die Diffamierung von Kritik als Spionage und Verrat
10. Die Unterhöhlung des Rechtsstaates.

Es wird Zeit, dass die Botschaft in der Öffentlichkeit endlich gehört wird!

Georg Odergut: „1984 – Wir wurden gewarnt. Wie viel von Orwells Roman ist bereits Realität?“ Manuscriptum, 2022

Foto: Tim Maxeiner

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Jochen Lindt / 07.04.2023

Punkt 2 muss “Öffnung der Grenzen” (für Feinde) heißen.

A.Schröder / 07.04.2023

Jedes Tier, jeder Pilz, jede Bakterium, jede Pflanze ist in der Lage sich besser zu wehren gegen äußere Feinde, als derzeit der Mensch in diesem Land es tut. Da muß es wohl ein geheimes Mittel geben: Verblöde ohne Schmerzen.

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