Julian Marius Plutz, Gastautor / 12.02.2021 / 06:18 / Foto: Imago / 68 / Seite ausdrucken

Wie Spahn mit Google die Pressefreiheit abschaffen wollte

Wenn der Staat sich um die Gesundheit seiner Bürger sorgt, dauert es nicht lange, bis der Verdacht des Paternalismus im Raum steht. Gerade in Demokratien, wo herrschaftliche Maßnahmen besonderer Begründungen bedürfen, hilft dieser wohlwollende Autoritarismus, den Zwang, den er zwangsläufig mit sich bringt, erträglicher zu machen. Politiker sehen sich gerne als zentrale Intelligenz, als letzte Instanz der Weisheit, die genau wissen, was die Menschen zu wollen haben. Die ehrlichste und wenig charmante Begründung für meinen Liberalismus ist dagegen die Erkenntnis, dass ich schlicht nicht weiß, welche Bedürfnisse der andere hat. Ich weiß es einfach nicht. Diese Tatsache kann in einer Partnerschaft bereits zu einer Herausforderung werden. Bei fremden Menschen ist die Behauptung, von deren Bedürfnissen genau Bescheid zu wissen, pure Anmaßung. Doch genau das versucht der Staat immer wieder. 

Das Bazillus des Paternalismus infizierte auch längst unseren Gesundheitsminister Jens Spahn. Zu einfach, zu greifbar und zu machbar kommt das gut gemeinte Diktat an Verboten und Erlässen daher. Er will doch nichts Böses, der Jens. Aber Sie wissen ja, wie es ist, mit dem „gut meinen“ und „gut machen“. Das sind häufig ganz schön unterschiedliche Dinge. Doch Spahn wollte es erzwingen, den edlen Paternalismus. Am Ende scheiterte er, das bitte ich Sie, wörtlich zu nehmen nehmen, kläglich. Doch eins nach dem anderen. 

Alles begann im November des vergangenen Jahres. Die Menschen bereiteten sich auf die neuen Maßnahmen der Politik, um Covid zu besiegen, vor. Wellenbrecherlockdown, Dauerwelle. Viel Welle, viel Angst. Angst vor dem Virus und wahrscheinlich bei den meisten noch mehr Angst vor den Maßnahmen. Ich kann es nur mit der Überforderung und Überlagerung von Themen rund um Covid erklären, dass der Deal von Spahn mit Google nicht ausreichend besprochen wurde. 

Ich mache den Bürgern hier wirklich keinen Vorwurf. Jeder verfügt über einen mentalen und emotionalen Haushalt, der hilft, Schreckensnachrichten zu verarbeiten. Und bei der täglichen Litanei an Infektions- und Todeszahlen, Horrorbilder, Triage-Ängsten und der Grausamkeiten mehr, kann ich es verstehen, dass andere, ebenfalls wichtige Themen weniger Gehör finden. Doch die Verabredung mit der größten Suchmaschine der Welt und dem Gesundheitsminister ist es wert, genauer beleuchtet zu werden. Zeigt es ein höchst problematisches Bild von Spahn zur Eigenverantwortung des Menschen einerseits und zur Pressefreiheit andererseits. 

Was Wahrheit ist, bestimme immer noch ich

„Wer Gesundheit googelt, soll zukünftig auf dem Nationalen Gesundheitsportal landen“, verkündete der CDU-Politiker im November 2020. Google verpflichtete sich, dass Menschen, die zum Beispiel „Fieber“ oder „Corona“ eingeben, zuerst auf das Gesundheitsportal des Ministeriums verwiesen werden. Heißt konkret: Nutzer werden eher auf die gewünschte Seite klicken, da sie vor anderen Angeboten platziert sind.

Diese Absprache bewertete die Firma Netdoktor GmbH, die die bekannte sowie gleichnamige Homepage betreibt, klagewürdig und zog vor das Landgericht München. Die private Gesundheitsseite fühlte sich benachteiligt und bekam Recht. Im Eilverfahren sah der richterliche Vorsitz den Deal als einen Kartellverstoß. Gegen den Deal hatte der Betreiber des Onlineportals NetDoktor.de wegen Verstößen gegen das Wettbewerbs- und Kartellrecht geklagt. Es bestehe die Gefahr, dass private Anbieter verdrängt werden und somit eine „Reduzierung der Medien- und Meinungsvielfalt“ stattfindet. „Don‘t be evil“? Naja. 

Einen zentralen Kritikpunkt beschrieb die Richterin in der Subvention der Vermarktung von Google als Monopolist. Da neun von zehn Deutschen die Websuche von Alphabet nutzen, setze die Kooperation „den freien Wettbewerb außer Kraft“. Dieser juristische Nieranschlag dürfte auch noch im Kanzleramt zu spüren gewesen sein. 

Spahns Vorhaben muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Das Gesundheitsministerium bezahlt einen de facto Suchmaschinen-Monopolisten, dass dieser behördlich auserkorene Inhalte des staatlich kontrollierten Gesundheitsportals vornehmlich anzeigt. Der Staat setzt seine Inhalte durch. Frei nach dem Motto: „Was wahr ist und was nicht, entscheide immer noch ich.“ Und die Partei, die hat immer recht. 

Freie Justiz muss sich durchsetzen

Die zentrale Intelligenz, das allwissende Amt, nimmt Maß und wird zu einer maßlosen Krake mit Tentakeln voll von gut gemeinten Absichten. Doch welchen Weg diese pflastern, ist bekannt. Zu Ende gedacht bedeutet diese staatliche Maßgabe das Ende der Pressefreiheit. Amtliche Portale bestimmen dann die Relevanz und Gewichtung von Informationen. 

Ebenfalls zu Ende gedacht, hätte dieser Deal bedeutet, dass Merkels Expertenrat, der vor Lockdown-Befürwortern nur so strotzt, noch sichtbarer gewesen wäre. Würde der gemeine Nutzer zum Beispiel „Maßnahmen“ oder „Covid Experten“ googlen, wäre es nicht unwahrscheinlich, dass als erste Drosten, Wieler oder Brinkmann über das staatliche Gesundheitsportal angezeigt worden wäre. Man kann der Richterin für ihren klaren Blick nur gratulieren und hoffen, dass sich in diesem Jahr möglichst viele Richter an ihre unbestechliche Unabhängigkeit halten. Denn das Unbehagen in der Justiz nimmt zu. Viele sehen statt Verhältnismäßigkeit Maßlosigkeit in den politischen Entscheidungen. Ich habe das Vertrauen in unsere Gerichte nicht verloren. Solche Urteile bestärken mich dabei. 

Im Jahr 2020 von Corona hat der Staat nicht nur seine herrschaftliche, sondern auch seine perfide Fratze gezeigt. Das Innenministerium spannte Wissenschaftler mit in ihre PR-Strategie ein. So sollten die Professoren für schlechte Zahlen sorgen, um den „hohen Handlungsdruck aufzuzeigen, so Staatssekretär Markus Kerber. Die Chance auf Selbsteinschätzung objektiver Zahlen und Fakten wird dem Bürger nicht zugetraut. Da muss der Staat als Vormund dem Mündel den Weg aufweisen, wie er zu handeln oder hier konkreter, zu denken hat. Paternalismus ist in der Demokratie die buckelige Verwandtschaft der Diktatur. Doch es ist wie überall: Es braucht ein Volk, das sich diese Politik gefallen lässt. 

Und, wie im Falle des Spahn-Google-Komplex, um eben das zu verhindern, benötigt es eine freie Justiz.

Dieser Beitrag erscheint auch auf Neomarius hier.

Foto: Imago

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Leserpost

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Stefan Riedel / 12.02.2021

Es ist etwas faul im (Gesundsheits) Staate Spahn( gut mit “H”). Könnte es an Angela liegen?

Frances Johnson / 12.02.2021

Herr Spahn scheint mir untragbar. Nie einen GM gesehen, der so wenig für die Bevölkerung übrig hat, und der weniger für psychische Gesundheit übrig hat als jede(r) GM (in) vor ihm.

Bernd Schreller / 12.02.2021

@HDiekmann “..zeigt, in welch’ erbärmlichem Zustand unsere parlamentarischen Demokratie und unsere Medien sind…” Die Medien sind nicht in einem erbarlichen Zustand, tun sie doch genau das, was sie sollen und weshalb sie überhaupt existieren (von uns zwangsfinanziert): uns verarschen

Hartwig Hübner / 12.02.2021

@ giesemann gerhard, @G. Böhm: Es gibt zwei neue NENNENSWERTE Browser auf dem Markt, die die Privatsphäre des Nutzers SCHÜTZEN: Der Browser “Brave” (vom Erfinder der JavaScript-Sprache, dem sog. Latein des World Wide Web). Einen Schritt rigoroser UND BESSER ist dann der Browser “Dissenter”, von den Machern der Seite GAB, der wiederum auf Brave aufbaut. GAB ist diese Seite, Twitter-ähnlich, wohin über 35 (fünfunddreißig) Millionen Nutzer nach der Zensurorgie und dem eindeutigen Wahlbetrug und dem gesetzeswidrigen Abschalten der Seite PARLER gingen. Ein Novum!! Dort ist die verfassungsmäßige Meinungsfreiheit erstmals gesichert. Dort kann mal all das sagen, was die Betrüger Merkel und Biden nicht hören wollen. Und eines ist sicher: Biden ärgert sich über alle Maßen!! Und die ANTIFA wird dort aktiv bekämpft und hinausgeworfen. ++ Zu metager.de ist zu sagen. Das ist alles purer Glaube, worauf sich Herr Giesemann natürlich verlässt. Herr Giesemann kann sich natürlich nur auf die offizielle Verlautbarung der diesbezüglichen Seite verlassen. Wenn wir aber diese Ebene naiv benutzen, wäre da noch DUCKDUCKGO zu erwähnen, die dem bösartigen Google ebenfalls eins auswischen. ++ Klug ist es, immer mehrere Suchmaschinen zu benutzen und sich nicht auf eine festzulegen und sich der jeweiligen Schwächen klar zu sein. Im Internet gibt es KEINE Privatsphäre. Wie beim Zocken an der Börse, werden nur die Erben die Wahrheit erfahren, wenn überhaupt. ++ Firefox SPIONIERT AUCH!! ++ Jeder der ein wenig programmieren kann, weiß, es kostet nur einen Knopfdruck um alle Nutzer von metager.de abzugreifen und die Daten weiterzuverkaufen. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! Für jeden Programmierer ein lächerliches Kinderspiel. Die Gier ist auch hierzulande verbreitet. ++ Jeder Nutzer sollte auch lügen im Internet. Falsche Fährten legen und so die Daten des Gegners entwerten. Schlauer sein, als die Möchtegerns.

Karla Kuhn / 12.02.2021

“Wer im Netz Covid-Informationen suchte landete automatisch auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums. ”  Wenn ich etwas wissen will, gebe ich gezielte Fragen ein, “Corona Transition”, “Rubikon”, “News2020” etc.pp. Ich komme nicht bei dem offenbar inkompetenten Spahn raus. Der war mal (oder ist noch ??)  Pharma Lobbyist. Solche Typen wie Spahn, offenbar nur dicke Luft aber nichts dahinter, scheinen die IDEALBESETZUNG für Typen wie Gates uns CCo. zu sein, um denen die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen.

Bernd Schreller / 12.02.2021

@Hartwig Hübner “Spahn, der niemals Gesundheitsminister hätte werden dürfen, weil er davon NICHTS verstehen kann, steht NATÜRLICH auf der Gehaltsliste von Soros” Ich wär Ihnen dankbar, wenn Sie nen Hinweis bzgl Ihrer Quelle (über ne Stiftung?) mitteilen könnten (link ist ja wohl hier nicht erlaubt). Danke

E. Albert / 12.02.2021

Gibt es eigentlich keine Möglichkeit, Spahn juristisch das Handwerk zu legen? Es reicht. Der veruntreut Steuergelder noch und nöcher, nutzt ganz offensichtlich sein Amt zur persönlichen Vermögensoptimierung und müsste eigentlich schon zurückgetreten sein, da er mit dem Chef-Lobbyisten der Hubert-Burda-Media liiert ist. (Um Interessenskonflikte zu vermeiden führt eine solche Verquickung in Großkonzernen i.d.R. dazu, dass ein Partner das Unternehmen verlassen muss. Das sollte daher wohl erst recht für einen Mandatsträger im Deutschen Bundestag gelten!) Der Kerl ist mehr, als überfällig!

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