Alexander Wendt / 06.04.2019 / 08:24 / Foto: achgut.com / 49 / Seite ausdrucken

Wie sich Medien beim Versuch blamierten, die AfD zu blamieren

Heißen die meisten Messerstecher mit Vornamen Michael? Zumindest im Saarland? Genau das behauptete eine ganze Reihe von Medien, nachdem das saarländische Innenministerium auf die Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Rudolf Müller zur so genannten Messer-Kriminalität geantwortet hatte.

Der AfD-Politiker wollte nicht nur die Nationalität der Tatverdächtigen wissen, sondern auch deren Vornamen, geordnet nach Häufigkeit. Aus der Statistik des Innenministeriums ergab sich, dass bei 1490 polizeibekannten Fällen zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 30. April 2018 der Vorname Michael am häufigsten vorkam, nämlich 24 Mal. Es folgen Daniel (22) und Andreas (20).

„Die meisten Messerangreifer heißen Michael“, titelte Spiegel Online.

„Messerstecher heißen im Saarland meistens Michael“, meldete RTL.

Die BILD versuchte es schon etwas vorsichtiger: „Die meisten deutschen Messerstecher heißen Michael“.

Die Aussage aller drei Schlagzeilen, die jeweils einen Text mit dem sinngemäßen Inhalt ‚so blamierte sich die AfD’ einleiteten, war falsch. In keine Redaktion fiel es auf, dass ein erheblicher Unterschied zwischen der Aussage: Michael ist unter den namentlich bekannten Tatverdächtigen der häufigste Vorname (mit etwa 2 Prozent) und der Behauptung: Die meisten Tatverdächtigen heißen Michael ein erheblicher Unterschied besteht. Nämlich der zwischen relativer und absoluter Mehrheit. Ganz abgesehen davon, dass die Statistik Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit einem Messer zusammenfasste. Es ging also keineswegs nur um Messerstecher, sondern auch um Personen, die andere mit einem Messer bedrohten oder ein illegales Messer mit sich führten.

Was geht aus der Messer-Statistik tatsächlich hervor?

Nur: Was geht aus der Messer-Statistik des saarländischen Innenministeriums tatsächlich hervor? Die Beamten registrierten in dem fraglichen Zeitraum insgesamt 1.490 Verdächtige im Zusammenhang mit Messern. Namentlich bekannt waren davon 1.201. Über die anderen 289 liegen keine Erkenntnisse vor, das heißt, es kann sich theoretisch ausschließlich um Deutsche, ausschließlich um Nichtdeutsche oder eine Kombination beider Teilmengen handeln.

Von den 1.201 bekannten Personen waren 842 Deutsche, 122 Syrer und 36 Afghanen und 94 EU-Ausländer. Unter denen, die einen deutschen Pass besaßen, verfügten 14 noch über einen weiteren Pass; die Gruppe der Doppelstaatler fiel also, anders als wahrscheinlich von der AfD vermutet, kaum ins Gewicht.

Der Anteil deutscher Verdächtiger in der Aufstellung lag also bei 70,1 Prozent, der von Nichtdeutschen bei 29,9 Prozent. Eine Nationalität stach besonders hervor, die der Syrer, und zwar mit einem Anteil von 10,15 Prozent.

Von der Bevölkerung des Saarlandes, gut eine Million (991.433 per 30.9. 2018) sind 12,02 Prozent laut Statistischem Landesamt Nichtdeutsche. Davon wiederum stammt je etwa die Hälfte aus anderen EU-Ländern, die andere Hälfte aus anderen Staaten. Der Anteil von Syrern an der Bevölkerung im Saarland liegt bei etwa 0,8 Prozent.

Das heißt: Laut Polizeistatistik sind nichtdeutsche Täter im Zusammenhang mit Messern im Saarland mehr als doppelt überrepräsentiert. Täter syrischer Herkunft sind mehr als zwölffach überrepräsentiert. Dass in einem Bundesland, das zu 87,8 Prozent von Deutschen bewohnt wird und immerhin 70,1 Prozent der Messer-Täter hervorbringt, ein deutscher Vorname am häufigsten vorkommt, und zwar wiederum ein sehr häufiger Vorname – das entspricht allen statistischen Erwartungen. Leider auch die Überrepräsentation von Einwohnern arabischer Herkunft bei Gewalt- wie Sexualstraftaten. Sie entspricht den Werten von etlichen anderen Polizei-Daten.

  • So stieg vom 1. Halbjahr 2016 zum 1. Halbjahr 2017 in Bayern die Zahl der Sexualstraftaten um 48 Prozent. Daran hatten wiederum Zuwanderer (überwiegend Asylantragssteller) einen Anteil von 18 Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von 1,1 Prozent (126 Tatverdächtige von insgesamt 685 ). Von den Tätern aus der Gruppe der Zuwanderer stammten laut Bayerischem Innenministerium gut 70 Prozent aus dem Nahen und Mittleren Osten.
  • Nach einer Untersuchung im Auftrag des Bundesfamilienministeriums am Beispiel Niedersachsensstellten Zuwanderer aus Marokko, Algerien und Tunesien 17,1 Prozent aller Tatverdächtigen – bei einem Bevölkerungsanteil von 0,9 Prozent.

Junge Männer mit arabischem Migrationshintergrund 

Die Frage der AfD nach den Vornamen der Täter mochte also plakativ sein und an der statistischen Wahrscheinlichkeit vorbeigehen. Trotzdem bestätigten die Zahlen des Innenministeriums die kriminologische Erfahrung, dass junge Männer mit arabischem Migrationshintergrund weit überdurchschnittlich häufig bei Straftaten allgemein und Messervorfällen im Besonderen auftauchen.

Die saarländischen Zahlen sagen also:

1. Die meisten Verdächtigen im Saarland in Zusammenhang mit Messern heißen nicht Michael (98 Prozent heißen anders).

2. Auch die meisten deutschen Tatverdächtigen heißen nicht Michael, sondern anders.

3. Über die Vornamen speziell von Messerstechern gibt die Statistik überhaupt keine Auskunft.

4. Deutsche Tatverdächtige sind unterrepräsentiert.

5. Nichtdeutsche Tatverdächtige sind überrepräsentiert.

6. Syrische und auch afghanische Tatverdächtige sind weit überrepräsentiert.

Und siebtens: Viele Journalisten haben offensichtlich größte Schwierigkeiten, selbst einfache Statistiken auszuwerten, relative von absoluten Mehrheiten zu unterscheiden, Tatkategorien korrekt abzulesen und Ruhe zu bewahren, wenn es um die AfD geht, ganz besonders, wenn es ihnen schon in den Fingern zuckt, zu tippen: So blamierte sich die AfD.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Alexander Wendts Publico

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Kristina Laudan / 06.04.2019

Vielen Dank für diese Erläuterungen. Ich dachte mir schon, dass irgendjedmand die Statistiken (bewusst?) falsch interpretiert hat! Mag die Frage der AfD plakativ gewesen sein oder nicht - sie war offensichtlich inhaltlich berechtigt. Denn es ging der AfD sicherlich nicht um die Vornamen, sondern um die Herkunft. Und anhand des Vornamens lässt sich nun mal recht häufig schnell erkennen, ob “Zuwanderer” oder (Bio-)Deutsche die Täter sind. Jetzt frage ich mich nur: wird die Tatsache, dass die Statistik von mehreren “seriösen” Zeitungen falsch interpretiert wird, irgendwo in ebendiesen Zeitschriften korrigiert? Und: was ist so schlimm daran, die Wahrheit zu schreiben??? Dass eben bestimmte Gruppen überrepräsentiert sind, z.T. sogar deutlich überrepräsentiert??

Anders Dairie / 06.04.2019

Während Frau MERKEL beim mächtigsten Mann der Welt, TRUMP, abgemeldet ist,  sie wird nicht mehr empfangen, kratzt sie sich bei OBAMA ein, der keine gewichtige Rolle mehr spielt.  BILD hat ihn als eigentlichen Schädiger Europas ausgemacht.  Klar ist, undank Merkel läuft in der deutschen Politik längst das Gegenteil des Richtigen.  Wer nun die Vertretung PUTINs in Westeuropa übernimmt,  steht m.E. noch gar nicht fest.  Die Politiker der AfD im Bundestag sehen nicht wie Trottel aus,  die unbeleckt fremden Interessen nachlaufen. Dass man sich bei Russland immer um gute Nachbarschaft bemühen muss, braucht niemand extra zu lernen:  Bismarck lesen bringt weiter !  Putin präsentiert Russland momentan.  Aber ist P.  wirklich legitim mit den russischen Wahl-Sauereien?

Wilfried Cremer / 06.04.2019

Natürlich führen seit paar Jahren auch mehr Deutsche Messer mit sich. Nicht jeder ist immun gegen das Barbarentum. Wir werden farbig, farbig heißt in vielen Sprachen rot, wie Blut.

Fritz kolb / 06.04.2019

Es gab und gibt keine Fairness der politischen Parteien untereinander, schon garnicht gegenüber der AfD. Wobei es schon eine ziemlich steile Nummer ist, das Bekenntnis von ca. 6 Millionen Wählern fortwährend zu diskreditieren. Die teilweise sehr ungeschickt formulierten Themensetzungen von politisch unerfahrenen AfD-Politikern sind natürlich ein gefundenes Fressen für die etablierten Medien. Die sind zu Bütteln der etablierten Parteien verkommen und für mich, bis auf Wetterbericht und Lottozahlen, völlig unglaubwürdig. Und zu alledem kommen noch Figuren wie ein bayerischer AfD-Abgeordneter, der sein verletztes Ego mit AfD-bashing heilen und damit, sozusagen als Bewerbung,  in die Reihen der CSU aufgenommen werden möchte. Man kann das durchaus als Verrat bezeichnen, und die CSU täte gut daran, die Bewerbung eines Verräters abzulehnen.

Frances Johnson / 06.04.2019

Ich ziehe aus solchen Versagerleistungen, die ja von Leuten über 14 und unter 90 oft durchschaut werden, den Schluss: Heimlich wollen die Medien die AfD, denn sie haben die beste Methode gefunden, um ihre Anhängerschaft zu vermehren. Etwas Besseres als kurze Beine gibt es nicht. Solche Darstellungen könnte man übrigens nur noch mit Ausgangsverbot durchbringen.

Ann-Katrin Singer / 06.04.2019

Auch wenn ein Täter über einen deutschen Pass verfügt, heißt das noch lange nicht, dass er keinen Migrationshintergrund hat! D.h. auch die 70,1 % tatverdächtiger “Deutscher” wären bei einer Statistik zu hinterfragen.

Bernart Welser / 06.04.2019

Ebenso wie “Fachkräfte”, “Goldstücke”, “Armlänge Abstand”, “Bereicherung”, “Herzlichkeit”, “Lebensfreude” und etliche weitere Begriffe symbolisiert nunmehr auch der Vorname Michael die ununterbrochenen Bemühungen von Politikern und Medienschaffenden, die Bevölkerung, was die illegale Zuwanderung und ihre Folgen betrifft, über den Tisch zu ziehen..,.

Sebastian Gumbach / 06.04.2019

Die Medien hsben keine Schwierigkeiten - sie machen das ganz bewusst so. Das ist eine bewusste Täuschung der Menschen, weil man 1. darauf setzt, dass niemand genauer nachfragt und 2. hofft, dass kaum jemand die Achse oder andere alternative Medien liest. Das ist Vorsatz!

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