Die Parlamentswahlen am Sonntag in Rumänien standen im Zeichen des neu eingeführten Mehrheitswahlrechts, nach angelsächsischem Muster, und der niedrigsten Wahlbeteiligung seit dem Ende der Diktatur.
Die gute Nachricht ist, dass jetzt nur noch fünf parlamentarische Spieler existieren, die schlechte Nachricht betrifft den Zustand dieser Parteien, ihren Ruf. Es gibt mindestens zwei Delikte, die man allen Beteiligten zutraut: leere Versprechungen und Korruption satt.
Zurück zur guten Nachricht. Dank des neuen Wahlrechts und der Fünf-Prozent-Klausel, aber auch der geringer werdenden Neigung des Wählers zum Eklat, ist die peinlichste Figur der rumänischen Politik, Gigi Becali, Vulgäraufsteiger und Billig-Berlusconi, draußen. Draußen ist auch der Volksverhetzer Vadim Tudor, mit seinen aus dem Nationalkommunismus hervorgegangenen Linksnationalisten, der die Polemiken der neunziger Jahre weitgehend beherrschte. Die Fraktion der Securitate, des Ex-Geheimdienstes, die ihn unterstützte, hat ihren Einfluss mittlerweile eingebüßt.
Das heutige Rumänien, ein EU-Mitgliedsland mit aufstrebender Ökonomie, hat die Zeichen der Zeit erkannt. Man gibt sich dementsprechend liberal. Das einschlägige Prädikat führen gleich zwei der Großparteien in ihrem Namen. So, die auf den traditionellen Nationalliberalismus setzende Nationalliberale Partei (PNL) des bisherigen Premier-Ministers Popescu-Tariceanu. Er selbst ist im Unternehmer-Ranking weit vorne zu finden.
Die zweite Partei, die sich liberal nennt, ist die Demokratisch-liberale Partei (PD-L) des für seine hemdsärmeligen Sprüche bekannten und in der Unterschicht beliebten Staatspräsidenten Traian Basescu. In Rumänien spricht man gerne von einer rechten und von einer linken politischen Option. Nationalliberale und Liberaldemokraten bezeichnen sich als rechts und verstehen sich dabei als wirtschaftsliberal.
Die linke Option wiederum wird von den Sozialdemokraten (PSD) besetzt, die ursprünglich den alten Apparat im Schlepptau hatten, sich bei der Neueinrichtung des parlamentarischen Systems in Rumänien später aber durchaus auch als Stabilitätsfaktor erwiesen haben. Mit dem Wandel ihrer Interessen haben sich ihre Methoden geändert, geblieben ist ihnen ein Hang zu dubiosen Zweckbündnissen.
Diesmal ist es die Wahlallianz mit der Scheinpartei des Bukarester Medienmagnaten Dan Voiculescu. Er kommt aus dem dubiosen Milieu der einstigen Securitate-Auslandsfirmen und seinem Vermögen werden dunkle Quellen nachgesagt. Die Partei nennt sich Konservative Partei, ihr rumänisches Kürzel PC von „partidul conservator“ wird von dem zu Scherzen neigenden Durchschnittsrumänen gelegentlich als „partid comunist“, als kommunistische Partei, gelesen. Man könnte auch sagen, es ist die Partei der mit der Zeit gehenden neoliberalen Fraktion der ehemaligen Securitate.
Im Parlament wird, in seiner bisherigen Größe, auch mit dem neuen Wahlrecht, der Verband der ungarischen Minderheit vertreten sein. Für die sogenannten kleinen Minderheiten gibt es zwar weiterhin eine Sonderregelung, sie ist aber weniger großzügig als die bisher geltende.
Gewonnen haben, nach den vorläufigen Ergebnissen, zwar die Sozialdemokraten, aber, um zu regieren, brauchen sie einen Koalitionspartner. Wahrscheinlich werden es die Nationalliberalen sein, deren Minderheitsregierung zuletzt von der PSD toleriert wurde. Rechnerisch wäre auch eine Verbindung zwischen den Nationalliberalen und den Liberaldemokraten möglich. Da gibt es aber persönliche Rivalitäten, nicht zuletzt zwischen Premierminister und Staatspräsident. Dazu kommt, dass der Staatspräsident, den Premierminister bestimmt, und der Ungarnverband bereit ist, mit jedem zu koalieren. So gesehen, ist das Meiste noch offen. Was sich jetzt schon sagen lässt: Rumänien nähert sich brav den EU-Standards. Im Guten wie im Schlechten.