Stefan Frank / 23.03.2020 / 13:00 / 11 / Seite ausdrucken

Wie Israel und Palästina in der Corona-Frage zusammen arbeiten

Die Koordination zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sei „sehr eng und sehr stark“, sagte Yotam Shefer, Israels Leiter der internationalen Abteilung beim Koordinator der Regierungsaktivitäten in den Territorien (COGAT), am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. COGAT ist jenes Organ des israelischen Verteidigungsministeriums, das für die Kontakte zur Palästinensischen Autonomiebehörde zuständig ist.

„In den letzten drei Wochen haben COGAT und die Zivilverwaltung in Judäa und Samaria in Zusammenarbeit mit dem israelischen Gesundheitsministerium daran gearbeitet, die Palästinensische Autonomiebehörde bei der Bewältigung des Ausbruchs des Coronavirus zu unterstützen“, so Shefer.

Israel habe bislang 400 Testkits und 500 Schutzausrüstungen speziell für die Coronavirus-Epidemie an Mitarbeiter des Gesundheits- und Sicherheitswesens der PA geliefert. Darüber hinaus würden für das medizinische Personal Israels und der PA gemeinsame Online-Tutorials und professionelle medizinische Workshops zum Umgang mit infizierten Patienten organisiert.

Enge Zusammenarbeit

Bis zum 20. März hat Israel 705 bestätigte Fälle von COVID-19 gemeldet, von denen 690 aktiv und 15 geheilt sind. Das palästinensische Gesundheitsministerium meldete 48 Fälle: 40 in Bethlehem, zwei in Tulkarem und je einen in Jericho und Ramallah. Bei 4 Fällen ist nicht klar, woher sie kommen.

„Im Moment werden alle palästinensischen Coronapatienten in palästinensischen Krankenhäusern behandelt“, sagte Shefer. Die PA habe die Stadt Bethlehem geschlossen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. In den letzten zwei Wochen habe die COGAT gemeinsam mit Dutzenden von Botschaften und Konsulaten den sicheren Transit von 1.000 Ausländern aus Bethlehem zum internationalen Flughafen Ben-Gurion arrangiert, von wo aus diese in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Täglich kämen Mitarbeiter des Gesundheitswesens der PA und Patienten aus den von der PA verwalteten Gebieten nach Israel, um in israelischen Krankenhäusern medizinisch behandelt zu werden, sagte Shefer weiter.

Ein hochrangiger palästinensischer Beamter, der nicht namentlich genannt werden möchte, bestätigte am Mittwoch gegenüber der israelischen Nachrichtenwebsite Times of Israel die Zusammenarbeit zwischen Israel und der PA. Dafür sei ein spezieller Mechanismus eingerichtet worden, um „von Augenblick zu Augenblick“ über alle Fragen im Zusammenhang mit dem Virus zu kommunizieren. „Das Virus kennt keine Grenzen und kann jeden infizieren“, sagte der Beamte und fügte hinzu, dass die Palästinenser „die Besatzung ablehnen, aber in dieser Frage mit Israel zusammenarbeiten müssen“.

Auf palästinensischer Seite werde dieser Mechanismus von Hussen al-Sheikh, dem Leiter der PA-Kommission für zivile Angelegenheiten, geleitet, sagte der PA-Beamte der Times of Israel, doch auch die Minister für Gesundheit, Landwirtschaft, Wirtschaft und Finanzen der PA seien darin eingebunden. „Wenn wir mit der israelischen Seite etwas über diese Ansteckung besprechen müssen, tun wir dies über diesen Mechanismus. Die Nachrichten gehen die ganze Zeit hin und her.“

Palästinenser, die in Israel arbeiten

So hätten die Palästinensische Autonomiebehörde und Israel auch eine gemeinsame Lösung für Arbeiter aus den Palästinensischen Autonomiegebieten gefunden, die in Israel arbeiten, etwa im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft oder auf dem Bau.

Da eine Ein- und Ausreise wegen der Epidemie nicht mehr möglich ist, teilte das Büro von Verteidigungsminister Naftali Bennett am Dienstag mit, dass der Minister die Behörden angewiesen habe, Palästinensern, die in „essentiellen Sektoren“ in Israel arbeiten, zu erlauben, die kommenden ein bis zwei Monate im Land zu verbringen, wobei ihre Arbeitgeber eine Unterkunft für sie finden, so die Times of Israel.

Kurz darauf teilte der Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammed Shtayyeh, mit, dass Palästinenser, die in Israel arbeiten, drei Tage Zeit hätten, die Palästinensischen Autonomiegebiete zu verlassen und in Abstimmung mit ihren Arbeitgebern Schlafgelegenheiten an ihren Arbeitsplätzen zu arrangieren.

„Wir versuchen, uns auf jedes Szenario vorzubereiten“, sagte Shefer:

„Die Gesundheit aller Bürger in der Region steht vor allem an erster Stelle und hat für uns oberste Priorität. Wir werden bei dieser gemeinsamen Anstrengung weiterhin mit der PA zusammenarbeiten. Wir unternehmen viele bedeutende Anstrengungen, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, einschließlich Bewegungseinschränkungen. Ich bin voller Hoffnung, dass wir zum Wohle der Gesundheit von uns allen erfolgreich sein werden.“

Rivlin telefoniert mit Abbas

Israels Präsident Reuven Rivlin rief am Mittwoch den PA-Präsidenten Mahmoud Abbas an und sagte ihm, die Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern sei „entscheidend für die Gesundheit beider Völker“, teilte das Büro des israelischen Präsidenten mit. „Die Welt hat es mit einer Krise zu tun, die zwischen Menschen oder ihrem Wohnort keinen Unterschied macht. Die Zusammenarbeit zwischen uns ist von entscheidender Bedeutung, um die Gesundheit von Israelis und Palästinensern zu gewährleisten.“

Der Präsident fügte hinzu, dass „unsere Fähigkeit, in Krisenzeiten zusammenzuarbeiten, auch ein Beweis für unsere Fähigkeit ist, in Zukunft zum Wohl von uns allen zusammenzuarbeiten.“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

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giesemann gerhard / 23.03.2020

Vielleicht bringt Corona den Palis bei: Von den Israelis können WIR was lernen - umgekehrt wohl eher nicht, Inshallah. Mit denen zusammenarbeiten, nicht so viele Kinder machen und schon geht was.

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