Die Union meint es ernst und will jetzt, glaubt man der WELT, „illegale Migration begrenzen“. Der stellvertretende Unionfraktionschef Thorsten Frei lehnt sich sogar ganz weit aus dem Reichstagsfenster: „Eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme wird es mit CDU und CSU nicht geben“. Aha. Ich fände das nur irgendwie noch eine Spur glaubwürdiger, säße die Union nicht seit vierzehn Jahren mit der gleichen Chancelorette an der Macht und würde auch seitdem bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit geradezu ironischer Schalkhaftigkeit das Gegenteil von dem machen, was sie öffentlich und speziell vor Wahlen herausblökt.
Jetzt also – also JETZT, vor der Europawahl, der „Schicksalswahl eines Kontinents“, wie die zukünftig fremdalimentierten Europaabgeordneten ihren desinteressierten Bürgern einhämmern wollen – soll „illegale Migration begrenzt werden“. Fällt nur mir der Widerspruch auf? Oder gibt es da gar keinen Widerspruch?
Aber selbst offensichtlicher Schwachsinn ist ja heute salonfähig: „Illegaler Drogenhandel“ wird jetzt nicht mehr bekämpft, sondern „begrenzt“, wie das liebevolle Beispiel der Drogenvertickerzonen im Görlitzer Park in Berlin zeigt. Dort hat die Parkverwaltung mit Spraydosen (aus 100 Prozent abbaubarer Farbe) rosa „Zonen“ eingerichtet, in denen „halt so Drogen und so“ „verkauft“ werden sollen/dürfen/können/müssen. Das spart Polizei und gibt der kriminellen Szene in Berlin so etwas wie einen Kaufhauscharakter. „If you can’t beat ’em, join ’em“, wie der Lateiner sagt, „mit den Realitäten umgehen“ nennt das Florian Schmidt, natürlich von den immer realitätsumgänglichen Grünen.
Ist es Zeit für legale Morde?
Umgehen wir also mal die Realitäten. Wenn die Union schon „illegale Migration“ „begrenzen“ will – warum dann nicht der ganz große Wurf? Wie wäre es, „illegalen Diebstahl“ zu begrenzen, und der Diebstahl von bestimmten Gegenständen wie Handy oder Beträgen bis 50 Euro (inklusive Zechprellen und Mehrwertsteuer) blieben künftig straffrei? Das würde zum einen die Statistik nach unten drücken und außerdem die Gerichte entlasten. Finden Sie das absurd? Ist aber so schon diskutiert worden – zumindest in Kiel und wenn der Täter intelligent genug ist, keine Ausweispapiere zu haben. Dann hat er eben Pech gehabt, der Täter, und wird nicht bestraft. Und wie sieht es mit „illegaler sexueller Belästigung“ aus? Wäre es nicht sinnvoll, hier auch entsprechende Belästigungszonen auf Bahnhöfen und Partymeilen einzurichten? Einzige Bedingung sollte hier aber sein: Der Belästiger MUSS dann auch sexuell belästigen. Egal, wer die Belästigungszone betritt. Für so manchen Ausflug eines Kegelclubs wäre das mal eine willkommene Abwechslung vom touristischen Einerlei. Und, nur falls jemand fragt: „Legale sexuelle Belästigung“ gibt es natürlich ebenso, wie es „legalen Diebstahl“ gibt. Das eine bekommen Sie beim Arzt, das andere beim Finanzamt.
Ich persönlich würde, selbstverständlich im liberalsten Sinne, auch „illegale Morde“ begrenzt sehen wollen: Jeder Bürger sollte das Recht haben, maximal einen Mord straffrei begehen zu dürfen. Man könnte dann endlich seinen Todfeind (oder wenigstens den Nachbarn) niederstrecken und trotzdem am nächsten Tag auf die Arbeit marschieren. Da die meisten Mörder sowieso Erst- und Letzttäter sind, würde das eine enorme Einsparung an Personal, Aufwand und damit letztlich CO2 bedeuten. Außerdem wüsste mein Nachbar nie, ob ich meinen Mord schon begangen habe und er sicher ist, und er wäre dementsprechend freundlich zu mir. Ich zu ihm übrigens auch. Nachdem außerdem auch jeder zweite Mord unentdeckt bleibt, könnten die Behörden tatsächlich erst beim dritten Mord mit den Ermittlungen mal so langsam anfangen. Das würde die Zahl illegaler Morde ad hoc begrenzen – und weniger polizeiliche und juristische Kapazitäten binden, die sich dann mit Wichtigerem beschäftigen könnten. Beispielsweise mit der korrekten Geschlechtsanrede auf Bankformularen für Senioren, die ja auch nichts Besseres zu tun haben. Obwohl die Zeit knapp wird. Den Hinweis auf die angespannte Lage der Rentenkassen spare ich mir an dieser Stelle.
Je mehr und länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass die Einrichtung von Dealerzonen im Görlitzer Park schlicht und ergreifend der Sicherung der Nahversorgung des Bundestages dient. Ohne Drogen kann man einfach nicht auf derart absurde und bizarre Gedanken kommen. Außer, man ist Autor. Und selbst ich brauche dazu Kaffee und Nikotin.
Deswegen gerne noch einmal langsam und zum Mitschreiben für die Union: „Illegale Migration“ muss nicht „eingedämmt“, sondern verhindert werden. Deswegen nennt es sich ja ILLEGALE Migration, liebe christliche Helden der C(hancelorette)-Parteien. Ihr wollt doch sicher auch „illegale Parteienfinanzierung“ nicht „eindämmen“, sondern verhin… ach, egal. Ich habe den Fehler selbst gefunden. Herbert Grönemeyer ist daran schuld. Er wollte immer „Kinder an die Macht“ bringen. Das haben wir nun davon. Allerdings haben wir da weit weniger zu lachen, als uns Herbert versprochen hat. Vielleicht ist der ja auch im Grunde seines Herzens Politiker. Illegale Musikdownloads begrenzen.