Peter Grimm / 28.01.2020 / 12:00 / Foto: A.Savin / 37 / Seite ausdrucken

Wie Heiko Maas europäische Juden schützen will

Bundesaußenminister Heiko Maas erklärt in diesen Tagen engagiert, wie man sich gegen Antisemitismus und Judenhass einsetzen muss. Juden sollen sich in Deutschland und Europa schließlich wieder sicher fühlen. Und worüber denkt er konkret nach? Mehr Polizei? Strikte Kontrolle und Steuerung der Zuwanderung, um möglichst keine weiteren Judenhasser zu importieren? Nein, viel besser: Mehr Geld für die OSZE und mehr Antisemitismus-Beauftragte in der EU.

Heiko Maas ist bislang bekannt als Genosse, der nach eigener Aussage wegen Auschwitz in die SPD und in die Politik gegangen ist, als Justizminister, der vormundschaftliche Gesetzgebung mag, als Außenminister, der vergessen hat, dass militärische Stärke gegenüber manch aggressivem Herrscher durchaus friedenssichernd sein kann, sowie als Experte für das Zeigen der richtigen Haltung, als solidarischer Besucher von Moscheen, wenn Muslimen wegen islamistischer Morde eine Rufschädigung drohen könnte – und als Autor von Büchern mit bester Gesinnung bei allerdings mäßigem Erfolg.

Wenn Genosse Maas jüngst auch als Spiegel-Gastautor brillierte, dann kann man erwarten, dass seine Zeilen richtungsweisend sind. Und er nimmt sich eines Themas an, dass zweifelsohne enorm wichtig ist, nicht nur in diesen Tagen, an denen es medial wegen des Gedenktagskalenders Konjunktur hat: Antisemitismus und Judenhass. Lesen wir also, was der Minister schreibt:

„Täglich werden sie auf unseren Straßen offen angegriffen oder im Internet bedroht und beschimpft. Allein in Berlin gab es in sechs Monaten mehr als 400 solcher Übergriffe – mehr als zwei pro Tag. Angesichts solcher Zahlen überrascht es mich nicht, dass fast jeder zweite Jude in Deutschland schon darüber nachgedacht hat, das Land zu verlassen. Schmerzen tut es umso mehr. Wir müssen dringend gegensteuern, damit aus solchen Gedanken nicht bittere Realität wird und es zum massiven Wegzug von Jüdinnen und Juden aus Deutschland kommt. Dass sich Menschen jüdischen Glaubens bei uns nicht mehr zu Hause fühlen, ist ein einziger Albtraum – und eine Schande, 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz.“

Satire vom Außenminister?

Eingeleitet wurden diese Zeilen durch die Erinnerung an den bekannten Mord-Anschlag eines Rechtsextremisten auf eine Synagoge in Halle im Oktober, der an einer stabilen Tür gescheitert ist, weshalb der Täter dann aber zwei andere Menschen erschoss. Gegen solche Rechtsextremisten muss man zweifelsohne konsequent vorgehen. Allerdings dürften die mehr als 400 Übergriffe auf Juden in Berlin, die Maas hier erwähnt, zu großen Teilen einer anderen Tätergruppe zuzuschreiben sein: muslimischen Migranten bzw. islamideologisch geprägten jungen Männern mit Migrationshintergrund. Aber über diese Bedrohung für Juden in Deutschland spricht und schreibt der Genosse Maas ebenso ungern wie über linken Antisemitismus. Vielleicht traut er sich ja nur nicht, weil er als Möchtegern-Publikums-Liebling weiß, dass weder seine Leser, noch die des Spiegel so etwas heutzutage lesen wollen. Folgen wir also weiter für ein paar Zeilen dem ministeriellen Autor.

„Worte reichen schon lange nicht mehr. In Halle war es nur eine Holztür, die Dutzende Menschenleben gerettet hat. Wir müssen jüdische Einrichtungen und Gemeinden besser sichern – nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Konkret werden wir der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa dafür in diesem Jahr eine halbe Million Euro zur Verfügung stellen.“

Entschuldigung, war das jetzt Satire? Oder will uns der deutsche Außenminister damit ernsthaft sagen, dass sich seiner Meinung nach die OSZE, die sonst eher Beobachtungsposten an Bürgerkriegsfronten wie in der Ost-Ukraine bezieht, um die Sicherheit im Vorfeld deutscher Synagogentüren kümmern soll? Oder ist ihm nur gerade keine bessere Maßnahme eingefallen, die er nach der Plattitüde, dass Worte nicht reichen, hätte erwähnen können? Bekommt die OSZE diese halbe Million ohnehin oder gibt’s die extra zum Schutze von Juden vor Antisemitismus?

Irgendwie müsste doch auch dem Außenminister klar sein, dass nicht die OSZE für den Schutz deutscher jüdischer Einrichtungen zuständig ist, sondern beispielsweise die deutsche Polizei. Und die kann – egal in welchem Bundesland oder auch im Bund – jedwede Zuwendung für die Beseitigung personeller und materieller Defizite dringend gebrauchen. Als Außenminister ist der Genosse Maas dafür zwar nicht zuständig, aber als Regierungsmitglied doch irgendwie auch nicht ganz einflusslos, oder?

Wer muss denn immer Vorreiter sein?

Während wir uns diese Gedanken über die vorigen Zeilen machen, hat der eigentlich angesprochene flotte Spiegel-Leser die hier kleinlich monierten Widersprüche gnädig übersehen. Ihm wurde schließlich gleich im nächsten Absatz erklärt, dass es hier gar nicht nur um die Verantwortungsbereiche praktischer deutscher Politik geht, sondern um das große Ganze:

„Doch damit ist es natürlich nicht getan. Täter wie der von Halle sind international vernetzt, sie radikalisieren sich im Internet, über Grenzen hinweg. Und egal, ob sich die Attacken gegen ein jüdisches Museum in Brüssel, einen koscheren Supermarkt in Paris oder eine Synagoge in Deutschland richten – jeder Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf Europa, auf unsere Kultur und unsere Werte. Denn Antisemitismus widerspricht allem, wofür Europa steht: Toleranz, Freiheit, Menschenwürde.“

Jawoll! Wenn man so groß denkt, dann kann man sich natürlich nicht um konkrete Kleinigkeiten kümmern, wie die hinreichende Ausstattung der Polizei oder um die Änderung einer Zuwanderungspolitik, die seit Jahren auch für Zuzug junger schlagkräftiger Judenhasser nach Deutschland sorgt. Dass es auch den eingeborenen Judenhass gibt, taugt an dieser Stelle kaum als Argument dafür, zusätzliche Antisemiten zu importieren und zu alimentieren.

Natürlich erinnert uns der Außenminister auch wieder an die besondere Rolle unseres Volkes:

„Wir Deutschen sind nicht nur aufgrund unserer Geschichte besonders gefordert: Im Sommer beginnt unsere Ratspräsidentschaft der Europäischen Union, im November unser Vorsitz im Europarat. Und bereits in wenigen Wochen übernehmen wir erstmals die Leitung der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken.“

Ja, wer, wenn nicht wir, sollte in Sachen Holocaust-Gedenken die Führung übernehmen? Zu führen, dass war einst beim Antisemitismus und ist jetzt beim Anti-Antisemitismus ein Anliegen der deutschen Regierung:

„Alle EU-Mitgliedstaaten haben sich vor gut einem Jahr verpflichtet, Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln. Gerade Deutschland muss hier vorangehen. Zu wenige Mitgliedstaaten haben nationale Beauftragte zum Kampf gegen Antisemitismus. Das muss sich ändern. Wir brauchen ein Europäisches Netzwerk aus Beauftragten aller Mitgliedstaaten, die den Kampf gegen Antisemitismus in einem Europäischen Aktionsplan bündeln.“

Im Beauftragtenwesen ist Deutschland nachweislich ein Vorreiter. Und so ein „Europäisches Netzwerk aus Beauftragten aller Mitgliedsstaaten“ im Bunde mit der OSZE wird die Antisemiten bestimmt in die Schranken weisen. Wollte uns Genosse Maas das sagen? Oder hatte er nur aneinander gereiht, was ihm beim Griff in seinen Textbausteinkasten zufällig in die Hand fiel?

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Tobias Kramer / 28.01.2020

Auch auf die Gefahr hin, dass es nicht freigeschalten wird, aber dieser Mann hat für mich eine gewaltige Schrauber locker. Der Mann ist Außenminister der noch viertgrößten Volkswirtschaft der Erde und macht dieses Land lächerlich wo er nur kann. Und zu allem kommt noch diese Doppelzüngigkeit und Doppelmoral. Gerade Maas, der angeblich wegen Auschwitz in die Politik gegangen ist, sollte dann ein besseres Geschichtsverständnis an den Tag legen und auch dementsprechend handeln. “Zeig mir deine Politiker und ich sag dir, wie du regiert wirst.” Schon irre, was sich da ganz oben ohne Rücksicht auf Verluste austoben darf.

Hans-Peter Dollhopf / 28.01.2020

Herr Michel, Sie schreiben: “Nach meinen Informationen war der junge Täter wohl eher ein sehr spezieller Fall und durchaus Judenhasser ., oder ist bei Ihnen jeder ‘Judenhasser’ rechts ?”  Anders als bei der Zschäpe, bei der die Medienmaschine glühte, liegt über diesem Fisch von Halle ein bleiernes Schweigen im Blätterwald. Etwas Näheres zu erfahren von dieser kranken Kreatur könnte ja womöglich “nicht hilfreich”(tm) sein beim Ranken des Mythos eines geistigen Brandstifters. Beim Mord oder Totschlag, vermeintlich, weiß der Teufel, an Lübcke scheint die Sache ähnlich zu laufen, obwohl auch dort mit großem Fleiß in Richtung AfD konstruiert wird. Nach den stark angestiegenen judenfeindlichen Anschlägen in den USA versuchten liberale jüdische[sic] Organisationen, Donald Trump als geistigen Brandstifter zu framen und schworen bitterlich Wahlkampf gegen ihn zu organisieren. Das hätten sie auch so gemacht, aber nachdem ein judenfeindlicher Anschlag von einem Linken verübt wurde und ein weiteres judenfeindliches Massaker von Afroamerikanern, ist da nun logischerweise etwas Luft raus. Donald Trump hat eine Chance, auch in einer zweiten Amtszeit dem jüdischen Staat Israel, wie bisher bereits, Gutes zukommen zu lassen. Ob die linken israelischen Chaoten, die dort nach der März-Wahl am Ruder sein könnten, das aber wollten, bliebe abzuwarten.

Norbert Brausse / 28.01.2020

Ob solche Umfragen Herr Maas auch kennt: Laut EU-Umfrage unter Juden: Häufigste Täter-Gruppen: Radikale Muslime (30 Prozent), aus der linken Szene (21 Prozent), Arbeits-, Schulkollegen, Bekanntenkreis (16 und 15 Prozent), Rechtsexteme (13 Prozent). Leider wird man dies in den deutschen Systemmedien nicht lesen können. Oder sollte ich mich wirklich ein einziges Mal täuschen?

Gudrun Dietzel / 28.01.2020

Wer nicht schreiben kann, sollte es bleibenlassen. Maas gehört dazu. Der Mann hat nichts zu sagen, deshalb kann er auch nichts sagen. Er benutzt die Worte so, wie er sich in seine zu kleinen Anzüge zwängt. Es paßt hinten und vorne nicht. Gut für ihn: Er bemerkt diese Peinlichkeit nicht.

M. Schneider / 28.01.2020

Dieser Beitrag zusammen mit dem von Stefan Frank gestern verursachen bei der Lektüre nur noch Übelkeit und Entsetzen über das Verhalten und die ebenso scheinheiligen wie doppelzüngigen Äußerungen unserer sogen. Spitzenpolitiker, die ganz offensichtlich nur gegen den Antisemitismus massiv zu Felde ziehen, wenn er vermeintlich von rechts und insbesondere von der AfD zu kommen scheint. Das Wohlwollen unserer Politik ist den erklärten Feinden Israels weiterhin gewiss, darauf können sie sich verlassen.

Hans-Peter Dollhopf / 28.01.2020

Herr Grimm, Sie fragen: “war das jetzt Satire?” Nein. Im Zuge der von Merkel nun auch offiziell in Davos bestätigten Großen Transformation soll der Nationalstaat aufgelöst werden und die Länderei schließlich von supranationalen Regimen wie Brüssel der OSZE, der UNO verwaltet werden. Die Idee von Maas, unser Steuergeld für die Aufgabe des Schutzes nicht dem bundesdeutschen Innenministerium und seinen Polizeibehörden zukommen zu lassen, sondern an die OSZE zu transferieren, ist darum vollkommen stringent mit Merkels “Sportpalast”-Rede in Davos. Diese Ganoven bauen Herrschaft über uns auf, die sich unerreichbar außerhalb des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes und der parlamentarischen Kontrolle der vom deutschen Volk gewählten Abgeordneten eigenermächtigt installiert hat. Maas macht fremde Mächte mobil. Gegen diese Republik. Und diese kleine rote Null, dessen Gesockspartei gerade noch 12 Prozent in Umfragen erreicht und damit absolut unberechtigt den Außenamtschefsessel zugeschachert bekommen hat, ist ein dreckiger Putschist gegen den wahren Souverän: gegen dieses deutsche Volk.

Dr. Phil Omanski / 28.01.2020

Über den aktuellen Antisemitismus zu schreiben wie Herr Maas, ohne das Wort Islam auch nur zu erwähnen, ist dumm und eine freche Zumutung für die Juden in Deutschland. Mich wundert nicht, daß der Exodus, wie er in Frankreich stattgefunden hat, in Deutschland auch geschieht.

Jürgen Fischer / 28.01.2020

Ein würdiger Träger dieses Amtes. Hoffentlich wird er nicht auch noch Bundespräsident, wie einer seiner Vorgänger, dem er in punkto Geplapper stark ähnelt. Ob er diesen Text wohl selbst verfasst hat?

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