Peter Grimm / 26.01.2020 / 12:00 / 61 / Seite ausdrucken

Wie gut geht’s Vanessa in Uganda?

In Uganda muss man wirklich gut und gerne leben können. Ein nominelles Bruttosozialprodukt von jährlich 638 US-Dollar pro Kopf, mit dem das Land eines der ärmsten der Welt ist, mag vielleicht etwas dagegen sprechen. Auch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 58,6 Jahren klingt für einen Europäer nur mäßig überzeugend. Wirklich demokratisch geht’s im Lande auch nicht zu und Homosexualität wird mit lebenslanger Haft bedroht. Das klingt eigentlich eher so, als würde man dort im alltäglichen Leben viele Gelegenheiten für unschöne Erlebnisse haben.

Aber das ist dort für eine 23 Jahre junge Frau offenbar ganz anders. Zumindest dann, wenn man in dem armen Land innerhalb eines Soziotops aufwächst und lebt, in dem man es sich in diesem Alter leisten kann, als Umweltschützerin zum Weltwirtschaftsgipfel nach Davos zu reisen und dort auch die Gelegenheit bekommt, vor den Großen dieser Welt aufzutreten.

Es klingt dramatisch, wenn die 23-jährige Uganderin Vanessa Nakate über einen Vorfall in der Schweizer Elite-Idylle erklärt: „Es ist das Schlimmste, was ich je in meinem Leben erlebt habe.“ Und was war das Schlimmste, das alle ihre schlechten Erlebnisse innerhalb und außerhalb ihrer schwierigen Heimat überbot? Sie wurde aus einem Agentur-Foto herausgeschnitten.

Auf dem in den Medien verbreiteten Gruppenbild vom Weltwirtschaftsforum in Davos sieht man die „Klima-Aktivistinnen“ Luisa Neubauer (23), Greta Thunberg (17), Isabelle Axelsson und Loukina Tille. Bild berichtet:

„Der Skandal an jenem Bild ist für viele jedoch das, was nicht zu sehen ist: Vanessa Nakate (23), Umweltschützerin aus Uganda.

Sie hatte für das Foto vom Fotografen aus links neben den anderen Aktivistinnen gestanden und wurde offensichtlich von der Nachrichtenagentur AP aus dem später tausendfach verbreiteten Foto herausgeschnitten.“

Für Nakate ein traumatisches Ereignis. „Ich habe geweint, weil es so traurig war, nicht nur weil es rassistisch war, sondern auch wegen der Menschen aus Afrika. Es zeigte, wie wir wertgeschätzt werden. Das hat mir sehr wehgetan. Es ist das Schlimmste, was ich je in meinem Leben erlebt habe.“, wird sie von Bild zitiert.

Abgesehen davon, dass sie der überwältigenden Mehrheit der Afrikaner wahrscheinlich unbekannt sein dürfte und diese deshalb vom Foto-Schnitt eher ungerührt bleiben, zumal ein Großteil schon mit dem nackten Überleben ausgelastet ist: Wie schön und unbeschwert muss für Vanessa das Leben in Uganda bislang gewesen sein, wenn die Sache mit dem Foto das schlimmste Erlebnis ihres Lebens war? Sicher würde sie die Mehrheit der Ugander um diese Erlebnislandschaft beneiden, aber für Vanessa ist es in Uganda nicht so schlimm. Oder lebt sie eigentlich ganz woanders? Die meisten Medien, die über den Foto-Skandal berichten, erwähnen das leider nicht.

Auch wäre interessant zu erfahren, dank welcher Geldquellen man denn als 23-Jährige in Uganda als Umweltschützerin seinen Lebensunterhalt bestreiten kann? Aber solche Fragen an junge Klimaheldinnen zu stellen, ist sicher zu despektierlich.

Und die jungen weißen Klimaheldinnen-Kolleginnen zeigen sich auch sofort solidarisch nach einem so traumatischen Erlebnis. Ihnen würde man schon eher glauben, dass das Herausschneiden aus einem Foto und verringerte Aufmerksamkeit für sie das Schlimmste sei, was ihnen widerfahren ist.

„Es tut mir so leid, dass sie dir das angetan haben … Du bist die Letzte, die das verdient! Wir sind alle so dankbar für das, was du tust, und wir alle senden dir Liebe und Unterstützung!“, schrieb Greta – oder einer der für Greta Schreibenden – auf Twitter. Auch AP habe sich entschuldigt: Nakate sei nicht aus böser Absicht aus dem Bild herausgeschnitten worden. Inzwischen habe die Agentur eine weitere Version des Fotos mit der Uganderin verbreitet.

Ob in Uganda jemand darüber nachdenkt, den Vorfall für eine Image-Kampagne zu nutzen? Vielleicht: „Uganda – hier passiert Ihnen nichts Schlimmeres, als aus einem Pressefoto entfernt zu werden“? Zumindest Schwule und Lesben sollten das dann im Interesse des eigenen Lebens nicht glauben.

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Leserpost

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Sabine Heinrich / 26.01.2020

Mir wird k…übel, wenn ich solche verwöhnten Gestalten sehe, denen ihre armen Landsleute und speziell die gepeinigten Frauen am Allerwertesten vorbeigehen, die verachtenswerte Narzissten sind. Pfui Teufel! Wohlstandsverwahrloste und Superreiche gibt es meines Wissens reichlich in Afrika - nur erfährt das niemand, der sein Wissen aus der Lückenpresse und den bekannten TV- Sendern bezieht. Dann könnten “wohltätige” Organisationen wohl auch nicht mehr so viele Spendengelder scheffeln, von denen wir nie erfahren, wo die eigentlich landen. Diesem selbstverliebten Gör empfehle ich, mal ein paar Wochen in einer Krankenstation in ihrem Land zu arbeiten - so wie ich unseren schulschwänzenden Klimahüpfern auch dringend anrate, nicht nur etwas für ihre erweiterungsfähige Bildung zu tun, sondern sich auch nützlich für ihre Mitmenschen und ganz praktisch für ihre Umwelt zu machen. Du meine Güte - ich darf gar nicht an die ca. 14jährige Schülerin denken, die wir vor ca. 35 Jahren im Himalajagebiet getroffen und im Jeep mitgenommen haben. Sie ging täglich 6km von ihrem winzigen Dorf durch die nahezu unbewohnte, einsame Gegend zur Schule - und wieder zurück - und war dankbar, dass ihre Eltern ihr den Schulbesuch ermöglicht haben - obwohl sie “nur” ein Mädchen war. Und hier und in Afrika und anderen Ländern verweigern Jugendliche Bildung, jammern, schwänzen… Es ist für mich (Lehrerin i.R.) unerträglich!

Ferenc v.Szita - Dámosy / 26.01.2020

dieses traurige und vor allem verlogene Szenario erinnert doch sehr an die einstigen Rückblicke von Jesse Owens auf die Berliner Olympischen Spiele von 1936: „Als ich am Kanzler (Anm.: Hitler) vorbeikam, stand er auf, winkte mir zu und ich winkte zurück. ... Hitler hat mich nicht brüskiert -sondern das war Franklin D. Roosevelt. Der Präsident hat mir nicht einmal ein Telegramm geschickt.“ ...tatsächlich ist das hartnäckige Gerücht, Hitler habe Jesse Owens den Handschlag verweigert, nicht zutreffend: Hitler soll an diesem Tag wohl NIEMANDEM der Teilnehmer die Hand geschüttelt haben, deshalb blieb es beim gegenseitigen ‘Nick-Gruß’ (s.o.)  -jedoch sein EIGENER Präsident, der ach so hehre Hüter der Demokratie Franklin D. Roosevelt, DER war es nämlich (sic!), der sich mitten im Wahlkampf nicht mit einem “N..gg..r” öffentlich ablichten lassen, ja nicht einmal mit ihm in Verbindung gebracht werden wollte; diese Geschichte ist über Jahrzehnte hindurch schlichweg halbwahrheitsgemäß kolportiert worden…!!! (...aber es ist schon grotesk, wie sich Geschichte wiederholen könnte: wer weiß: vielleicht heißt es ja demnächst im deutschen Funk, Fernsehen und diversen Printmedien, Vanessa Nakate sei “von der AfD aus dem Photo rausgeschnitten” worden…)

Gabriele H. Schulze / 26.01.2020

@Thomas Schmidt: kann was dran sein. Siehe auch TeilnehmerInnen auf FFF-Demos.

Harald Fiebig / 26.01.2020

Sehr geehrter Herr Grimm, diese Aktion des Fotomanipulierens hätte für sich gewirkt - auch ohne dass man noch zusätzlichen Senf darüber kippt.

Udo Kemmerling / 26.01.2020

Szenen aus einem psychotischen Paralleluniversum, in dem geistig grotesk verformte Extrem-Aliens, die zur totalen Verstörung des Betrachters alle wie kleine menschliche Mädchen aussehen, über Sachverhalte sprechen, die in diesem Universum schon nach kurzer Beschäftigung zu schweren Geisteskrankheiten führen.

Heiko Loeber / 26.01.2020

“BILDET EINE RETTUNGSGASSE - ICH BIN SCHWARZE!” (Frei nach Monika Gruber, Kabarettistin)

Paul Siemons / 26.01.2020

... da waren’s nur noch vier…

Karsten Dörre / 26.01.2020

Sorry, die Kritik ist berechtigt. Die Nachrichtenagentur AP hat im Nachgang dies auch korrigiert. Es ist kein Foto aus einer Menschenmenge zufällig entstanden sondern ein Bild von den Medien an die fünf Mädels gefordert, sich nebeneinander für ein Foto zu stellen. Dass die Bildbearbeitung das Schlimmste für die Frau aus Uganda in ihrem bisherigen Leben gewesen sei,  bleibt sehr dick aufgetragen.

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