Felix Perrefort / 13.02.2023 / 11:00 / Foto: Tagesschau/Screenshot / 69 / Seite ausdrucken

Wie Drosten nun gegen Schulschließungen gewesen sein will

Der Wind bezüglich Schulschließungen in Coronazeiten hat sich gedreht. Und sieh an: Christian Drosten hat sie nie empfohlen! Echt jetzt?

Nun, da die exzessiven Schulschließungen als Fehler weithin anerkannt werden, bemüht der einflussreichste Regierungsberater sich folgendermaßen aus der Affäre zu ziehen. Schulschließungen in ganz Deutschland zu machen“, so Drosten im Spiegel-Interview mit Lauterbach, „haben wir nicht empfohlen! Ich habe das Bild einer Wiese bemüht, die mit Stroh bestreut ist, und darauf fliegen Funken. Wir waren damals so schnell in Deutschland mit der Diagnostik, dass wir diese ersten Glutnester sofort erkannt haben. Und deswegen hatte ich gedacht, dass wir die Schulen grundsätzlich offen lassen (!) könnten und nur lokal schließen, nämlich dort, wo wir die Inzidenz momentan nicht mehr in den Griff bekommen. Und ich hatte auch damals schon die Befragung von Schulexperten und Pädagogen empfohlen.“ 

Drosten sei also grundsätzlich für geöffnete Schulen gewesen, merkwürdig, dass er nie so rezipiert wurde. Hat man ihn nur missverstanden? Warum hatte er sich nicht deutlich gegen sie positioniert? Sie dauerten immerhin mehrere Monate an, genug Zeit dafür, seine Stimme zu erheben, wäre dagewesen. Der Grund dafür besteht schlichtweg darin, dass er sich wortwörtlich sehr wohl für grundsätzliche – nicht von lokalen Besonderheiten abhängige – Schulschließungen ausgesprochen hatte, wie im NDR-Podcast vom 12. März 2020 nachzuhören ist.

Anja Martini: „Schauen wir nach Deutschland, zu unseren Kultusministern, die heute zusammensitzen. Es soll darum gehen, Schulen zu schließen, und zwar wirklich in großem Stil. Das soll da heute beraten werden. Was raten Sie denen?“ 

Drosten antwortet in längeren Ausführungen, die unmissverständlich schließen:

„In dieser Zeit könnte man überlegen, ob man versucht, in diesem Intensivbetreuungsbereich, wo wirklich die Betreuung sein muss, weil sonst viele Bereiche des Arbeitslebens gerade auch in der Medizin zusammenbrechen, ob man da Hilfe leistet und dann aber doch für die Verlangsamung der Ausbreitung sagt: Die Schulen ab einem bestimmten Jahrgang werden geschlossen.“

Wer verdreht hier Tatsachen?

Einschränkend sind für ihn nur Überlegungen, die die Aufrechterhaltung des Betriebs betreffen, weil man kleine Kinder nicht allein zu Hause lassen kann. Einmal mehr zeigt sich, woran der Experten-Diskurs grundsätzlich krankt. Die Frage, ob Schulschließungen verhältnismäßig sein können, ist keine wissenschaftliche, sondern eine der Abwägung, die vor dem Hintergrund der Verfassungsprinzipien stattfinden und die grundrechtlich geschützten Bedürfnisse der Schüler zentral berücksichtigen muss, über welche Drosten kein Wort verliert. Ein Fachexperte hat in dieser Frage keinen Erkenntnisvorteil gegenüber gewöhnlichen Bürgern.  

Im verengten virologischen Blick ist „[d]ie Wissenschaft zu diesem Thema […] seit zweieinhalb Jahren klar. Schon 2020 sah man in England, dass Kinder so häufig wie Erwachsene infiziert sind. Noch früher hatten wir unsere Viruslaststudie gemacht…“ Nur entscheidet sich die Legitimität von Schulschließungen nicht daran, ob man im Rachen von Kindern so viel Viruslast vorfindet wie von Erwachsenen. Ja, dann wird das Virus eben auch in den Schulen vielfach übertragen. Es ist nicht entscheidend, weil es sich um eine gewöhnliche Atemwegsinfektion handelt, die auch von konformen Wissenschaftlern wie Fauci als „common cold“ kategorisiert wird.

Da „in sozialen Medien und der Öffentlichkeit ein Kampf um die Deutungshoheit über die Coronamaßnahmen entbrannt ist“, wie der Spiegel konstatiert, befürchtet Drosten „eine handfeste Umdeutung“. Dabei ist er doch derjenige, der seine Position zu den Schulschließungen im Nachhinein handfest umdeutet. Aber wen soll das überzeugen? Die Maskenpflicht verteidigt er weiterhin so apodiktisch, als „natürlich notwendig“, als hätte nicht eben noch der renommierte Cochrane-Report gezeigt, dass sie nicht hinreichend begründet werden kann. Einer der Autoren, Tom Jefferson, spricht übrigens in einem Interview wunderbar Klartext. 

Der von Drosten und Lauterbach registrierte Umschwung geht auf keine sinistren Umdeutungen oder Tatsachenverdrehungen zurück. Vielmehr geraten die Verantwortlichen der Corona-Maßnahmen zunehmend in die Defensive. Der Wind hat sich gedreht. 

Nachtrag: Am 10. Februar 2021 titelt rp-online.de: „Virologe Drosten warnt vor Öffnung der Schulen.“ 

Foto: tagesschau/Screenshot

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Leserpost

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Nico Schmidt / 13.02.2023

Sehr geehrter Herr Perrefort, so sind wir Deutschen. Keiner hat etwas gewußt und keiner war es. Geschichte wiederholt sich und das deutsche Gedächnis ist kurz. MfG Nico Schmidt

Didi Hieronymus Hellbeck / 13.02.2023

Der Typ ist eitel. Geld ist sicherlich nicht sein Hauptantrieb. Für einen eitlen Typen wir den gibt es nichts Schlimmeres als Kratzer auf dem Imagepanzer. Und die Kratzer nehmen zu. Nicht nur an der Univ. Bonn/Prof. Streeck wird man über ihn längst den Kopf schütteln. Vielleicht geht ihm die Muffe - Alpdruck: doch noch Lyssenko 2.0 werden, besudelt auf ewig?

Gudrun Meyer / 13.02.2023

Einerseits: Es fängt schon an. Niemand war dabei, niemand konnte etwas dafür, als die   Obrigkeit Grundrechte schredderte, als die Wirtschaft, vor allem die mittelständische Wirtschaft, willkürlich und schwer geschädigt wurde, als Haftregeln galten, als die Grenzen geschlossen wurden (natürlich nur für einheimische Pendler und Besucher von jeweils beiden Seiten der Grenzen, nicht aber für “besonders Schutzbedürftige”), als verantwortungslose Panikmache von fast allen Autoritäten geschürt wurde und als man die Hetz- und Ausgrenzungskampagne gegen die “Nicht-Geimpften” fuhr. Vermutlich werden demnächst die AfD (die als einzige Partei durchgängig anti-totalitär war und blieb) und die Werte-Union (die wenig von sich hören ließ, aber immerhin nicht selbst zu den krasseren Scharfmachern, Hetzern, Spaltern und Grundrechte-Abschaffern gehörte) an allen Maßnahmen schuld gewesen sein. Ach ja, dazu noch ein paar kleine Blockwarte, - Andererseits: Wenn der Wind sich wirklich gedreht hätte, müsste Drosten untertauchen, statt mit gewohnter Schamlosigkeit jede Verantwortung für Fehler und Verbrechen zurückzuweisen, die er beworben und regelrecht befohlen hatte. Schon, wenn der Wind sich ganz schwach gedreht hätte, müsste Drosten sich zumindest beträchtlich raffiniertere Lügen einfallen lassen als ein leicht widerlegbares “ich war´s nicht”. Nee, solange nicht der und ´ne lange Latte von Mittätern aus fast allen Ländern der Welt eines Verbrechens gegen die Menschheit angeklagt werden, bleibt es dabei, dass Obrigkeiten jederzeit wieder die Pandemiekeule gegen die Untertanen schwingen und massivsten Druck auf die allgemeine Teilnahme an medizinischen Versuchen ausüben können. Ein “nie wieder!” bekommt eine Gesellschaft nicht umsonst.

Johannes Hoffmann / 13.02.2023

Wenn Herr Drosten sich auch noch von seinem PCR-Test distanziert, sind wir endlich da, wo wir hin müssen. Der PCR-Test, insbesondere mit dem von Drosten vorgegebnen CT-Wert war und ist nicht in der Lage eine Infektion im Sinne des IfSG zu diagnostizieren.  Die aus den massenhaft, anlaßlosen PCR-Testungen abgeleiteten Inzidenzen, welche als Grundlage und Begründung aller Maßnahmen her halten mußten, sind schlicht Woodoo. Die verhängten Maßnahme waren samt und sonders rechtswidrig und jeder weiß es. Das ist alles. Und deswegen gibt es nix zu vergeben und zu vergessen.

Ludwig Luhmann / 13.02.2023

Antifa-Boi Drosten war ja auch gegen die Masken, für die Masken, gegen die Masken, für die Masken ... , aber unbedingt immer für die toxischen “Impfungen”, die keine Impfungen sind.

S. Andersson / 13.02.2023

Drosten, Lauterbach, Spahn und wie die alle heissen sind TÄTER die zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Das war und ist ein Verbrechen in meinen Augen. Das werden sehr viele ähnlich sehen. Da gibt es nicht so viel zu diskutieren. All die Mitläufer und Hetzer sollten dabei nicht vergessen werden…..... lasst die Spiele beginnen

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