Die amerikanischen Wähler haben die gescheiterten "progressiven" Dogmen satt, sogar in Hochburgen der demokratischen Partei. Das kann so nicht gutgehen.
Während die Weltpresse derzeit von US-Präsident Donald Trump und seinen oft erratischen Machenschaften besessen ist, findet im anderen politischen Lager ein Kampf statt, der weitaus weitreichendere Konsequenzen haben könnte. Trump und seine Schergen mögen zwar die GOP (Grand Old Party = Republikaner, Anm. d. Red.) vollständig kontrollieren, die Zukunft der Demokraten aber ist ungewiß. Die Parteilinke befindet sich im Kampf gegen diejenigen, die die traditionellen Werte der Partei vertreten, wie etwa die Befürwortung von Wirtschaftswachstum und die Durchsetzung von Recht und Gesetz.
Momentan scheint die Demokratische Partei auf nationaler Ebene ihre Verschiebung nach links fortzuführen. Kamala Harris ist nach wie vor die Spitzenreiterin für die Präsidentschaftswahlen 2028 und Repräsentanten (im US-Kongress, Anm. d. Red.) wie Alexandria Ocasio-Cortez und Jasmine Crockett, die noch weiter links stehen, werden weithin als aufgehende Sterne gehandelt. Wenn man sich das Verhalten der Demokraten und ihrer Medienverbündeten ansieht, könnte man meinen, dass sie Talleyrands Stichelei folgen, dass die Bourbonen-Könige Frankreichs nach der Revolution „nichts gelernt und nichts vergessen haben".
Bei den jüngsten Wahlen des demokratischen Nationalkomitees zur neuen Führung der Partei zeigte sich weiterhin die andauernde Obsession mit Rasse und Geschlecht. Die erfahrene Demokratin Ruy Teixeira beschrieb dies so: "wie ein Mitschnitt aus einem soziologischen Seminar an einem kleinen geisteswissenschaftlichen College". Schon im November gab es ähnliche Szenen zu bestaunen, als der Kongressabgeordnete Seth Moulton (Massachusetts) heftigen Gegenwind bekam, als er es wagte, Bedenken hinsichtlich seiner jungen Tochter anzubringen, die beim Sport möglicherweise gegen männliche Athleten antreten müsse. In der Folge traten einige seiner wichtigsten Mitarbeiter zurück und es gab Drohungen einer Universität, ein mit seinem Büro verbundenes Praktikantenprogramm zu streichen.
Doch auch jetzt, da die Bundespartei immer weiter abdriftet, gibt es hoffnungsvolle Signale dafür, dass im modernen Kernland der Demokraten – das sind die großen Städte Amerikas – der anti-woke Widerstand wächst. Es gab erfolgreiche Aufstände gegen die Progressiven in eher unerwarteten Gegenden wie San Francisco, Los Angeles, Philadelphia und Seattle. Diese Art von Revolten könnte sich als die beste Hoffnung für die Demokraten erweisen, sich bei den kommenden Wahlen wiederzubeleben und moderatere Wähler zurückzuholen.
Unpopuläre Melange aus Identitätspolitik und grünem Predigertum
Es ist wichtig, dass die Demokraten „ihr Haus in Ordnung“ bringen, da die MAGA-Bewegung kurzlebiger sein kann als viele es erwarten. Nachdem man nur mit einem bescheidenen Vorsprung gegen eine schreckliche Kandidatin gewann, haben Trump und seine verschwörerischen, rechten Unterstützer womöglich schon einige Wähler wieder vergrault, die ihn letztes Jahr unterstützt haben. Seine Popularität, die ohnehin nie sonderlich stark war, zeigt einen geringfügigen Rückgang, da er sich in unnötigen Scharmützeln aufreibt, wie etwa im Falle Kanadas. Seine Bereitschaft, seinem „Billionaire Bro“ Elon Musk trotz seiner häufigen Online-Ausbrüche eine derart wichtige Rolle in der Regierung einzuräumen, erscheint vielen recht amateurhaft. Sogar einige Trump-Verbündete befürchten, dass Musk und die anderen MAGA-Oligarchen den populistischen Charme des Präsidenten untergraben.
Angesichts von Trumps Unstetigkeit wird 2026 (und vor allem 2028) derjenige, der die Demokraten kontrolliert, gute Chancen für die Präsidentschaftskandidatur haben. Wäre ich ein republikanisches U-Boot, täte ich alles für den weiteren Aufstieg progressiver Ideologen. Im Moment scheinen sich die Demokraten in den Kopf gesetzt zu haben, weiter jede Wahl zu verlieren. Der neue Parteivorsitzende, Ken Martin aus Minnesota, ist ein enger Verbündeter des gescheiterten Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Walz. Sogar Walz selbst hat sich für die Präsidentschaftskandidatur 2028 ins Gespräch gebracht.
Viele Demokraten sehen ihren oft hysterischen Widerstand gegen Trump und seine populistische Politik, die ihn ins Amt brachte, als Ticket für ein politisches Comeback. In Denver ruft der demokratische Bürgermeister Mike Johnston zu Protesten im Stil der Aufstände auf dem Tiananmen-Platz auf, um die Abschiebung von kriminellen Migranten zu blockieren. In Kalifornien haben Gouverneur Gavin Newsom und seine progressiven Verbündeten, schon vor den Bränden mit einer düsteren Haushaltslage konfrontiert, Millionen darin investiert, ihre tugendwedelnde Klimapolitik aufrecht zu erhalten. In Los Angeles schaffen es radikale Mitglieder der Demokratischen Sozialisten Amerikas – auch solche, die die völlige Abschaffung der Polizei fordern – weiterhin, ihren Einfluß innerhalb der Partei zu vergrößern.
Progressive Demokraten übertreffen sich gegenseitig in performativen Auftritten, es mangelt ihnen aber an der pragmatischen Ader – dem prägenden Symbol der Präsidentschaft von Clinton und sogar der Obama-Legislaturen. Obwohl sie nicht bereit sind, von ihrer unpopulären Melange aus Identitätspolitik und grünem Predigertum abzuweichen, setzen sie ihre Hoffnung nun darauf, sich an eine größer werdende rechte Arbeiterklasse anzubiedern, indem sie Trump und seine wohlhabenden Verbündeten angreifen. Elon Musk anzugehen ist zum neuen Mantra für die linken Progressiven geworden. (Seltsamerweise sahen sie keine Probleme darin, dass Google während der Obama-Präsidentschaften quasi im Weißen Haus wohnte, oder dass Mark Zuckerberg 2020 ihren Wahlkampf finanzierte.)
Ideologische Pattsituation
Ultra-woke Politik und disruptive Protest-Taktik werden nicht als populäre Alternative zum Trumpismus taugen. In den letzten Jahren ist der Anteil der Linken unter den Demokraten gewachsen, trotzdem repräsentieren moderate Demokraten immer noch die größere Gruppe. Seit der Wahl möchten die meisten, dass die Partei in die Mitte zurückkehrt. Dies wird enorme Anstrengungen erfordern, da Demokraten der alten Schule oft nicht dazu in der Lage waren, mit der wesentlich effizienteren Organisation der progressiven Linken, insbesondere unter den zunehmend radikalen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, mitzuhalten.
Und doch gibt es Widerstand, vor allem im Bereich der Kriminalität. Die Rebellion gegen zu lasche Strafverfolgung begann im Jahr 2022 im Kernland des Progressivismus, der San Francisco Bay Area, mit der Niederlage des Bezirksstaatsanwalts Chesa Boudin, einem von George Soros unterstützten progressiven Staatsanwalt. Im vergangenen Jahr gingen mehr als ein Dutzend weitere Repräsentanten-Sitze an Vertreter einer harten Anti-Kriminalitäts-Linie, inklusive Oakland, St. Louis und vor allem Los Angeles.
Die zweite Welle dieser Verschiebung ist erst in letzter Zeit angelaufen und ist besonders bei den Bürgermeister-Wahlen auffällig. Im vergangenen Jahr wählte San Francisco den gemäßigten Demokraten Daniel Lurie, den Erben des Levi-Strauss-Vermögens, trotz wokerer Alternativen. In der Zwischenzeit warfen die Wähler auf der anderen Seite der San Francisco Bay, in Oakland, den radikalen Bürgermeister Sheng Tao raus. Traditionelle demokratische Bürgermeister wurden auch in Houston und Philadelphia gewählt. Der ultra-progressive Bürgermeister von Chicago Brandon Johnson, der die einst so großartige Stadt in den finanziellen Ruin treibt, wird von 80 Prozent der Wähler in der „Windy City“ nicht gemocht. Seine Aussichten auf eine Wiederwahl im Jahr 2027 sind nicht sonderlich gut.
Die ideologische Pattsituation wird nächstes Jahr noch deutlicher werden, wenn weitere Bürgermeister-Wahlen anstehen. In Los Angeles juckt es den Milliardär Rick Caruso in den Fingern, eine Revanche mit Karen Bass auszufechten, deren Beliebtheitsgrad aufgrund ihrer Unfähigkeit stetig sinkt, was jüngst durch die Brände sehr deutlich veranschaulicht wurde. Umfragen zeigen Caruso mit einem soliden Vorsprung in jedem Vergleich. In ähnlicher Weise erwägt Josh Kraft, der Sohn des New England Patriots-Besitzers Robert Kraft, sich bei den im Laufe dieses Jahres anstehenden Bürgermeister-Wahlen in Boston in ein möglicherweise schweres Bergauf-Rennen gegen Bostons progressive Bürgermeisterin Michelle Wu zu werfen.
College-ausgebildete, meist alleinstehende, weibliche Aktivisten
Der größte Kampf könnte in New York City stattfinden, um die Frage nämlich, wer den zunehmend unpopulären Eric Adams ersetzen wird. Da mehrere progressive Kandidaten darum wetteifern, wer in die Gracie-Villa (die offizielle Residenz des Bürgermeisters von NYC, Anm. d. Red.) einziehen kann, neigen nun moderate Vertreter und Geschäftsleute (und ein großer Teil der Wähler) dem ehemaligen Gouverneur des Staates New York Andrew Cuomo zu, der gerade seine Kandidatur angekündigt hat. Wähler in New York City, einschließlich der Juden, der Latinos und Asiaten, sind nach rechts gerückt. Es gibt kaum Zweifel daran, dass Cuomo ein Schurke ist, aber den New Yorkern, die derzeit mit ansehen müssen, wie das Vorgehen der Stadtgewerkschaften und die Obdachlosigkeit zu Unruhen führen, könnte eine demokratische Version von Rudy Giuliani willkommen sein.
Eins steht fest: Die alten Demokraten werden sich einer starken Opposition aus den Reihen der woken Linken gegenübersehen. In Themenbereichen wie Reparationen für Schwarze, Transgenderismus, Schulauswahl und Kriminalität mag die progressive Ideologie nicht mit der öffentlichen Meinung konform gehen. Dies sind aber gehätschelte Überzeugungen unter städtischen Hipstern, mächtigen Gewerkschaften, der akademischen Welt und den Medien. Neben Afroamerikanern liegt die Kernbasis der Partei bei College-ausgebildeten, meist alleinstehenden, weiblichen Aktivisten. Diese Gruppe sieht sich selbst unter allen großen Gruppen des Landes als am unglücklichsten an und ist weitaus linksgerichteter als Menschen mit traditionellen Familien. Diese Klientel wird besonders durch den jüngsten Abbau der DEI-Industrie (Diversity, Equity, Inklusion = Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion, Anm. d. Red.) und anderen Kürzungen der staatlichen Bürokratie getriggert. Dies könnte ihre Existenz durchaus gefährden, insbesondere dann, wenn der Einsatz von künstlicher Intelligenz möglicherweise weitere Bereiche bürogebundener Schreibtischjobs dezimiert.
Noch weitere Teile der Demokratischen Koalition scheinen sich von der progressiven Politik abzuwenden. Insgesamt sind Einwanderer nach einer kürzlichen Umfrage in ihren sozialen Ansichten doppelt so konservativ wie die breite Öffentlichkeit und lehnen die Identitätspolitik ab, die für das derzeitige linke Glaubenssystem von zentraler Bedeutung ist. Sie sind auch eher Eltern als einheimische Amerikaner, und Eltern sind eine Wählergruppe, die sich in den letzten Jahren nach rechts bewegt hat.
Die Außenpolitik ist wahrscheinlich auch ein wichtiger Streitpunkt innerhalb der Koalition, insbesondere in Bezug auf Israel und Palästina. Die überwiegende Mehrheit des Anti-Israel-Kontingents sitzt in der progressiven Linken. Eine neue Gallup-Umfrage zeigt, dass Israel unter Demokraten weniger beliebt ist als Kuba, Mexiko und die palästinensischen Behörden. Unabhängige und besonders Republikaner sind dem jüdischen Staat gegenüber weitaus freundlicher eingestellt. Obwohl Juden außerhalb von Los Angeles und New York ein eher unbedeutender Block sind, halten sie in vielen Städten einen großen politischen Einfluß aufrecht – und sie können das demokratische Schiff in den kommenden Jahren verlassen, wenn die Partei weiter nach links blinkt. Derzeit liegt der Fokus innerhalb der Demokratischen Partei: Sowohl Lurie als auch Kraft sind jüdisch.
Gesucht: Alternative zu Wokismus und MAGAismus
Letztendlich geht es in der Schlacht um die Wirtschaft. Wie Ruy Teixeira argumentiert, täten die Demokraten gut daran, sich um die alltäglichen Sorgen der Arbeiterklasse zu kümmern, anstatt sie dazu anzuhalten, sich als „unterdrückte“ Minderheiten zu sehen. Diese langjährige Bastion der Partei wechselt jetzt nach rechts und ihre Zahl steigt. Nicht-Weiße machen jetzt über 40 Prozent der amerikanischen Arbeiterklasse aus und werden bis 2032 die Mehrheit stellen.
Das klare Versagen der Bidenomics (der Wirtschaftspolitik unter Joe Biden, Anm. d. Red.) ist auch ein Grund, warum so viele Oligarchen an der Wall Street und im Silicon Valley die Finanzierung der Demokraten eingestellt haben – zugunsten von Trump. Vor allem kritisieren sie die steigende Inflation und eine ständig wachsende bürokratische Regulierung. Ein weiterer Grund liegt im offensichtlichen volkswirtschaftlichen Versagen von „blauen“ (= von Demokraten regierten, Anm. d. Red.) Staaten wie Kalifornien, Illinois und New York, sich erfolgreich mit Staaten wie dem tiefroten (= von Republikanern regierten, Anm. d. Red.) Texas, South Carolina und Florida zu messen.
Bis 2028 werden viele Vertreter der wirtschaftlichen Schwergewichte, die jetzt gerade unter dem Tisch mit MAGA füßeln, nach Alternativen suchen. Seitens der Business-Elite werden wachsende Bedenken hinsichtlich der Politik von Trump geäußert, insbesondere beim Thema Zölle, auch wenn sie sich im Großen und Ganzen der Linie des Präsidenten beugen. Für viele einfache Wähler ist das Trumpsche Elixier aus Steuersenkungen und möglichen Reduzierungen staatlicher Ausgaben nicht nach ihrem Geschmack. Die Tatsache, dass der durchschnittliche Wähler (als Folge der Politik unter Biden) immer noch unter einem Rückgang des Reallohns leidet, könnte die Unterstützung für die MAGA-Agenda schon bald zu untergraben beginnen, sogar an deren Basis.
Kritisch betrachtet haben weder Trump noch sein kämpferischer Vizepräsident J.D. Vance den Charme von Ronald Reagan oder Richard Nixon. Aber da die GOP anfälliger wird, muß das demokratische Narrativ sich von Rasse und Klima wegbewegen und sich stattdessen auf Themen wie Inflation, steigende Kriminalität, unter Geldmangel leidende Schulen und die Bedrohung des Lebensstandards durch drakonische grüne Politik konzentrieren.
Für die Moderaten wird die Herausforderung darin bestehen, ein wirtschaftliches Programm zu entwickeln, das im Gegensatz zu progressiven Utopien auch funktioniert, das vor allem die Anstrengungen des Mittelstands und dessen Wachstum nicht unterdrückt. Der Trumpsche Drift könnte unter libertärem Einfluß dazu führen, dass sich die Wirtschaft in immer weniger Händen konsolidiert. Bei der Argumentation gegen MAGA wäre es klüger, populistische Gefühle mit etwas Anderem als eindeutig dysfunktionalen und unpopulären sozialistischen Ideen anzusprechen.
Wie ihre Vorgänger in der Clinton-Regierung müssen die Demokraten Intervention mit Reform und Respekt für private Initiative verbinden. Es gibt Elemente sowohl von Trump als auch aus Bidens ökonomischen Plänen – insbesondere für die Wiederbelebung der US-amerikanischen Industriebasis – auf denen man aufbauen könnte. Investitionen in die Infrastruktur, vernünftig verwaltet, sind ein traditionelles demokratisches Mittel. Schlußendlich könnte es der Schlüssel zur Wende sein, auch ein charmantes Gesicht zu finden, etwa Josh Shapiro aus Pennsylvania oder Kentuckys Andy Beshear.
Die Demokraten taumeln nach der Niederlage im November noch durch den Ring, aber die Zukunft der Partei ist immer noch enorm wichtig. Amerika und die Welt brauchen eine glaubwürdige Alternative zu Wokismus und MAGAismus.
Joel Kotkin ist Gastprofessor in Urban Studies an der Chapman University in Orange, Kalifornien, und leitender Forschungswissenschaftler am Civitas Institute der University of Texas. Von ihm ist zuletzt das Buch „The Coming of Neo-Feudalism“ erschienen. Er ist auch Kolumnist bei „Spiked“, wo dieser Beitrag zuerst publiziert wurde. Sie können Joel Kotkin auf X folgen unter @joelkotkin.
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