Daran, dass der Krieg noch nicht vorbei ist, sind nicht die Russen, sondern die Ukrainer schuld. Hinzu kommt, dass die Russen mit uralten Waffen kämpfen müssen, während die Ukrainer topmodern ausgerüstet sind. Das ist so unfair, als würden die Klitschko-Brüder gegen einen Amateurboxer aus der Fliegengewichtsklasse antreten.
Dass die Ukrainer den Krieg gegen Russland von langer Hand geplant und die Russen so lange provoziert haben, bis denen der Kragen geplatzt ist, was dann von den Ukrainern so in Szene gesetzt wurde, als wären sie, die Ukrainer, von den Russen überfallen worden, das wissen wir schon lange. Es ist vor allem die Zürcher Weltwoche, die immer wieder auf die unglaubliche Heimtücke der Ukrainer hinweist, die Abertausende von Zivilisten opfern, nur um die Russen schlecht aussehen zu lassen.
In der aktuellen Online-Ausgabe der WeWo steht auch ein Beitrag von Luca Steinmann, einem schweizerisch-italienischen Journalisten, der „seit Beginn den Ukraine-Krieg aus dem Donbass als fast einziger westlicher Reporter auf der Seite der Russen (verfolgt)“.
„Auf der Seite der Russen“ ist in diesem Fall mehr als nur ein geografisches Detail, es ist eine Positionsbestimmung, die bereits im Vorspann artikuliert wird. „Der Wind heult, am Himmel sausen die Raketen: Wie erleben russische Soldaten den Krieg? Zu Besuch bei Armeeangehörigen, die mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg gegen einen topmodern ausgerüsteten Gegner kämpfen.“
Gute Frage, wie erleben die russischen Soldaten den „Krieg“, der eigentlich nur eine „militärische Spezialoperation“ ist? Während am Himmel die Raketen „sausen“, kämpfen sie – die russischen Armeeangehörigen – „mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg gegen einen topmodern ausgerüsteten Gegner“.
Das ist nicht fair, das ist demütigend, als würden Klitschko-Brüder gegen einen Amateurboxer aus der Fliegengewichtklasse antreten. Aber das ist noch nicht alles.
Der Ukraine die NATO-Träume austreiben
WeWo-Reporter Steinmann berichtet aus einem Gebiet, das „bis 2022 unter ukrainischer Kontrolle“ stand, bevor Putin „am 24. Februar seine Truppen in Richtung Kiew losschickte…, um der Ukraine die NATO-Träume auszutreiben“. Dabei passierte ihm ein Missgeschick. Er unterschätzte den „Kampfgeist“ und die „eiserne Entschlossenheit“ der Ukrainer, die sich nicht einfach ergeben wollten und „den Russen einen erschöpfenden Stellungskrieg“ aufzwangen.
Was sagt uns das? Daran, dass der Krieg noch nicht vorbei ist, sind nicht die Russen, sondern die Ukrainer schuld. Die Russen haben auch keine offenen Rechnungen mit den Ukrainern. „Die Ukrainer sind eigentlich nicht meine Feinde“, sagt ein russischer Soldat, „ich bin hier, um gegen die Vereinigten Staaten zu kämpfen“, und zwar im Osten der Ukraine, „an der Grenze zwischen den Regionen Luhansk und Charkiw“. Ein anderer Soldat stimmt ihm zu: „Es ist wie zu Zeiten der Sowjetunion, die Amerikaner waren und sind unser erster und ärgster Feind.“
Kamerad Steinmann, der „als fast einziger westlicher Reporter auf der Seite der Russen“ arbeitet, beobachtet einen „russischen Scharfschützen“, der „aus der Tiefe eines Grabens auf den Feind gegenüber“ feuert. Dabei fällt Steinmann auf, dass der russische Scharfschütze „dies mit einer DSchK, dem überschweren sowjetischen Maschinengewehr, hergestellt 1938“ tut. Statt den russischen Scharfschützen zu fragen, ob auch die Munition aus dem Jahre 1938 stammt, stellt er ihm die Frage, „warum die russische Armee dermaßen alte Waffen verwende“.
Brot für die Welt?
Die Antwort des Scharfschützen macht einmal mehr deutlich, dass die Russen mit allem gerechnet haben, nur nicht damit, dass es im Zuge der „Entnazifizierung“ der Ukraine zum Einsatz von Waffen kommen könnte. „Wir müssen uns mit dem begnügen, was wir haben. Wir sind nicht die Ukraine, die ständig Nachschub erhält. Jedes Mal, wenn wir ihre Fahrzeuge abschießen, schaffen sie es, sofort neue an die Front zu bringen.“
Wie schaffen das die Ukrainer nur? Ganz einfach: „Dass die Ukrainer zum Sieg entschlossen sind, zeigt, dass sie einer Gehirnwäsche unterzogen wurden.“ Während die Russen die Situation klar und nüchtern bewerten: „Ich war anfänglich gegen den Krieg, aber wenn wir besiegt werden, fürchte ich, dass Russland von westlichen Geschäftsleuten besetzt wird, wie es in den neunziger Jahren geschah, als unser Volk hungern musste. Es war schrecklich, und es ist jetzt meine Pflicht, dafür zu kämpfen, dass das nicht noch einmal geschieht.“
So gesehen, könnte die militärische Spezialoperation auf dem Boden der Ukraine auch als ein „Krieg gegen den Hunger“ bezeichnet werden, also eine humanitäre Aktion. Und in der nächsten Ausgabe der WeWo schreibt Margot Käßmann zum Thema „Brot für die Welt“!