Vera Lengsfeld / 19.07.2018 / 12:30 / Foto: Ronny Stiffel / 45 / Seite ausdrucken

Wie die FAZ eine Unwahrheit korrigiert

In der Sonntagsausgabe der FAZ vom 24. Juni erschien eine Attacke auf ehemalige Bürgerrechtler der DDR, mit der ich mich hier bereits auseinandergesetzt habe. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Arnold Vaatz hat den einschlägigen FAZ-Beitrag ebenfalls auf Achgut.com thematisiert. Mir geht es hier noch einmal um die Faktentreue der Qualitätspresse – hier konkret der FAZ – und ihr Umgang mit den Betroffenen.

Der FAZ-Journalist Pergande war der Meinung, seinen Beitrag mit dem folgenden Satz krönen zu müssen:

„Vera Lengsfeld ist wohl das prominenteste Beispiel: Über die Grüne und CDU kam sie zur AfD“.

Ein Satz, der angesichts meiner politischen Biographie eigentlich eindeutig ist: Ich habe als Bürgerrechtlerin die Grünen der DDR mitgegründet und wurde als deren DDR-, später Thüringer Spitzenkandidatin erst in die Volkskammer und dann zweimal in den Bundestag gewählt. 1996 wechselte ich als Bundestagsabgeordnete auf Grund der offenkundigen Hinwendung der Grünen zum linken Lager und zur damaligen PDS – zusammen mit anderen Bürgerrechtlern, unter anderem Günter Nooke – zur CDU. Ich wurde für die CDU zwei weitere Male in Thüringen aufgestellt und war letztlich 15 Jahre lang MdB.

Seit 2005 bin ich verstärkt publizistisch tätig, dabei auch zunehmend kritisch gegenüber dem grünen Kurs von Angela Merkel, aber ich bin weiterhin Mitglied der CDU. All dies sind Fakten, die jeder ganz einfach überprüfen kann. Eine FAZ hat natürlich viel mehr Möglichkeiten. Also wie versteht man einen solchen Satz angesichts meiner Biographie? Ich denke, genauso wie viele verbliebene treue FAZ-Leser aus dem konservativen Teil der CDU, die besorgt nachfragten: "Frau Lengsfeld, sind Sie jetzt bei der AfD?"

Wie man die Unwahrheit erklärt

Ich habe mich deshalb umgehend an die FAZ gewandt, erst direkt, dann über meinen Blog und Medien wie Achgut.com und schließlich, da ich keinerlei Reaktion wahrgenommen habe (ich bin keine FAZ-Leserin) per Anwalt. Vor einigen Tagen erhielt mein Anwalt von FAZ-Geschäftsführer Volker Breid eine Antwort: Am 1. Juli hätte die FAS freiwillig eine Korrektur gedruckt und dies,

„obwohl der inkriminierte Satz ohnehin keinesfalls so verstanden werden musste, dass Ihre Mandantin jetzt Mitglied der AfD ist. Denn aus den zwei vorstehenden Sätzen ergab sich eindeutig, dass sich der inkriminierte Satz lediglich darauf bezog, dass einige DDR-Oppositionelle aus der DDR heute ‚AfD-Positionen vertreten‘“.

Und so der FAZ-Geschäftsführer weiter:

„Von einer Migliedschaft Ihrer Mandantschaft in der AfD war also überhaupt nie die Rede.“

Und jetzt der Clou:

„Dass wir auch künftig nicht den Eindruck erwecken werden, dass Ihre Mandantin Mitglied der AfD sei, dürfte daher selbstverständlich sein. Aufgrund der freiwilligen Korrektur erübrigt sich schließlich auch ein Anspruch auf Richtigstellung Ihrer Mandantin.“

Juristisch mag dies vertretbar sein, es hat auch den aus FAZ-Sicht gewünschten Effekt, nämlich, dass ich mein Anliegen nicht juristisch weiterverfolge. Aber ich sage aus publizistischer Sicht: Journalistisch ganz schwach, liebe FAZ.

Kleine FASZ-Lesehilfe für die Zukunft: Wenn in der FAZ über politische Arbeit und Biographien geschrieben wird und Parteinamen Personen zugeordent werden, dann bitte, bitte nicht an Mitgliedschaften denken. Wenn der dumme Leser einen solchen Schluss zieht, dann ist er selbst schuld, die FAZ war’s jedenfalls nicht, sie hat’s nur als Gerücht in die Welt gesetzt.

Also bitte erst den Kontext prüfen, denn es könnte sein, dass die Faktenpresse nicht über Fakten redet, sondern küchenpsychologische Deutungen von vermuteten oder echten politischen Weltanschauungen verbreitet. Oder ihren eigenen Legenden erlegen ist. Und dabei natürlich niemals einen Fehler zugeben kann – könnte man ja als Schwäche der verwendeten Argumente deuten. Liebe FAZ: Du warst früher besser…

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Leserpost

netiquette:

Michael Scheffler / 19.07.2018

Die FAZ wendet sich immer mehr Richtung taz. Nur dass man in der FAZ kaum noch kommentieren darf.

J.Dannenberg / 19.07.2018

Fakt ist, dass sie Frau Lengefeld, auch zur AfD gewechselt haben könnten. Das ist nun einmal Fakt. Nebenbei, Sie könnten ja noch einmal in sich gehen, nein..,............  auch gut Anscheinend geht die große Angst der sogenannten demokratischen Zeitungen vor dem eigenen politischen und gesellschaftlichen Totalversagen umher. Die stehen doch schlicht und einfach kurz vor der Pleite.

Armin Hoffmann / 19.07.2018

Bleiben Sie standhaft, Frau Lengsfeld! Sebastian Haffner schrieb vor vielen Jahren, daß kein Berufsstand sich so schnell gleichschalten ließ, wie der Stand der Juristen. Gleichschaltung scheint heute wieder opportun bei diesen hochbezahlten Wortklaubern! Was für eine Schande, die böse Absicht und Dummheit der FAZ-ler auch noch zu verteidigen!  

Marion Sönnichsen / 19.07.2018

Werte Frau Lengsfeld, es fragen sich sicherlich die Leute nicht so sehr „besorgt“, ob Sie bei der AfD sind, sondern wohl eher „besorgt“, warum Sie noch bei der CDU sind. Zeichnet Sie das denn nicht eher aus, dass Journalisten der F.A.Z. Sie mit der AfD assoziieren? Ich finde, wenn man mit der CDU und damit ja auch mit deren Politik assoziiert wird, ist das doch eher eine Beleidigung.

Sebastian Weber / 19.07.2018

Die FAZ hat anscheinend ein kleines Problem damit sich verständlich mitzuteilen. Habe eben ihre Facebook-Seite besucht und unter dem Artikel “Rebellen in Südsyrien geben weiteres Gebiet auf” folgenden Frage eines Users entdeckt: “Erkläre bitte warum „Rebellen“ und „IS“ Zusammenhängen da ...danke”. Antwort der FAZ: “Das war etwas missverständlich ausgedrückt, das stimmt. Der Artikel bezieht sich auf die allgemeine Lage in Syrien, was den Kampf gegen den IS sowie gegen Syriens Regierungsgegner umfasst. Beste Grüße aus der Redaktion.”. Ich tippe daher nicht auf böse Absicht sondern schlicht auf Unfähigkeit.

Albert Fütterer / 19.07.2018

Tja, wenn schon das BVerfG urteilt: „Der Gesetzgeber muss keinen Wirklichkeitsmaßstab wählen, sondern kann auch einen Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde legen.“ Nämlich wenn es um die Wohnung als Beitragsgrundlage geht. Der Gesetzgeber ist an die Wirklichkeit nicht gebunden, sondern kann auch einen Ersatz für die Wirklichkeit zur Entscheidungsbasis nehmen. Warum sollte dann ein FAZ- Geschäftsführer bei seinen Äußerungen einen Wirklichkeitsmaßstab anlegen.

Paul Mittelsdorf / 19.07.2018

Da bekommt Frau Lengsfeld mal ein Lob ... Ich hätte kein Problem damit, in AFD-Nähe gerückt zu werden.

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