Schon Alexander Wendt stellte 2014 in seinem Buch „Der Grüne Blackout“ die Frage, wie es wohl wäre, wenn eines Tages eine echte Alternative zu fossilen Energieträgern gefunden würde und Deutschland dann einen Haufen nutzlosen Elektroschrott und Sondermüll in Form von Windanlagen und Photovoltaik auf Feldern und Dächern stehen hätte. Wie viele Milliarden Euro und Gigawattstunden Energie könnten am Ende verschwendet und für immer verloren sein, wenn die Politik einem technologischen Durchbruch in die Parade fährt? Im Moment scheint diese Frage rein rhetorisch zu sein.
Zu gewiss ist man sich in Ministerien, Parteien und Aktivistenverbänden, dass alles das schon gut ausginge, was wir zur Herbeisubventionierung der Energiewende und der Verkehrswende gleich mit (Stichwort Sektorkopplung) unternehmen. Meine Befürchtung ist nun, dass der politische Dreiklang aus Sonne, Wind und Elektroautos uns längst in eine technologische Sackgasse geführt hat. Schon mehrfach habe ich hier kritisch darüber berichtet. Heute besteht die Gefahr, dass wir durch politische Betriebsblindheit bereits eine brauchbare Technologie übersehen haben, was uns in Gestalt gewaltiger Freiheitseinschränkungen im Individualverkehr und technologischem Verfall noch teuer zu stehen kommen könnte.
Teures Leck in unseren Stoffkreisläufen
Wenn auch aus anderen Gründen, so begrüße ich doch die Anstrengungen, sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen. Ich sehe das eher unter dem Aspekt der Rohstoffkonkurrenz, denn Erdöl und Kohle kann man nicht nur verbrennen, sondern zuhauf nützliche Produkte daraus herstellen. Zwar halte ich das durch Verbrennung entstehende CO2 nicht gerade für ein giftiges Gas und habe es für seine Segnungen stets verteidigt, aber der Anstieg des CO2-Gehalts der Luft geht ja tatsächlich teilweise auf menschliches Wirken zurück und stellt in meinen Augen vor allem eines dar: ein teures Leck in unseren Stoffkreisläufen, eine Kohlenstoffsenke, in der die mühsam konzentrierten Stoffe wieder verschwinden, welche wir noch nicht gut genug nutzen können.
Prozesse zu entwickeln, die weniger CO2 freisetzen und sparsam mit Energie umgehen, mag hüpfende Fridays-for-Future-Kids glücklich machen, der Marktwirtschaftler sollte darin aber vor allem gesteigerte Effizienz und bestmöglichen Einsatz von Ressourcen erblicken. Die Luft zu verschmutzen, liegt nicht im Interesse von Unternehmen, die im echten Wettbewerb stehen und sich nicht bei der Politik freikaufen können. Bestes Beispiel ist die verheerende Umweltbilanz, welche sämtliche Unternehmen unter sozialistischer Ägide vorzuweisen hatten oder haben. Es spricht also prinzipiell auch nichts dagegen, eine „Verkehrswende“ einzuleiten, sofern der Verkehr danach tatsächlich besser dasteht als vorher.
Das E‑Auto als trojanisches Pferd
Das Bessere ist seit jeher des Guten Feind und deshalb setzten sich Technologien von allein durch, wenn sie einen höheren Nutzen versprachen. Und jetzt bitte nicht wieder VHS vs. Betamax als Gegenbeispiel. Hier war es letztlich der Preis, der das Rennen machte. Und irgendeinen (Netto-)Mehrwert braucht es, wenn man keinen Zwang anwenden will. Was für die E‑Autos spricht, liegt auf der Hand: die Fahrleistungen sind beeindruckend und machen Freude. Doch schon der zweite Vorteil, die geringe Geräuschentwicklung, erkauft man mit dem Nachteil, dass Fußgänger die Autos schlechter erkennen.
Lässt sich dieses Problem noch leicht lösen, wiegen andere Nachteile schwerer: Reichweite, Ladezeiten, Akku-Chemie, Gewicht, Selbstentladung, teure Ladeinfrastruktur. Nicht zu vergessen die Netzlast durch Sektorkopplung, denn während der Verkehr vormals ein eigenständiger Verbrauchssektor war, soll dessen Energiebedarf nun noch auf die Stromerzeugung oben drauf gepackt werden. Ebenfalls nicht zu vergessen die Tatsache, dass der hohe Bestand an PKW und LKW als Teil der Investitionen in Gefahr ist.
Denn Umrüstungen von Verbrennern auf Akkubetrieb sind so gut wie ausgeschlossen, und gleichzeitig drohen Fahrverbote und andere Nutzwerteinschränkungen. Durch Skalierung vergrößern sich die meisten Probleme auch noch, und es ist abzusehen, dass am Ende die bittere Wahrheit stehen wird, dass die individuelle Mobilität generell nicht mehr flächendeckend möglich ist und stattdessen Mangel, Zuteilung und elitärer Zugang dazu die Regel sein wird. Ob dieser Abwärtstrend oder der des moralischen Framings der Gesellschaft schneller sein wird, so dass niemand mehr überhaupt Autos fahren „will“, sei Gegenstand von Fantasie, Zukunftsforschung und grünen Programmträumen.
Die vielen Nachteile der E‑Mobilität sollen sich nun in ein Netto-Positiv verwandeln, indem man die anstehende Weltrettung als individuelle Aufgabe in die Gleichung einbezieht. Ein Taschenspielertrick, der vielleicht gar nicht nötig gewesen wäre, wenn die Politik nicht schon vor Jahren beschlossen hätte, ausschließlich auf E‑Autos zu setzen. Die mangelnde Offenheit gegenüber anderen Technologien hat uns vielleicht einen Weg verbaut, der tatsächlich ans Ziel geführt hätte.
Was wäre, wenn?
Bleiben wir beim Positiven. Bleiben wir auch bei der Prämisse, es gälte, CO2 zu vermeiden. Die Gründe lassen wir mal dahingestellt sein. Was wäre, wenn wir eine elektrische Antriebstechnologie hätten, die mit den Leistungsdaten eines Tesla aufwarten kann? Was wäre, wenn deren Reichweite sogar der von herkömmlichen Benzin- und Dieselautos überlegen wäre und das „Aufladen“ so schnell vonstatten ginge wie das Tanken von Benzin?
Was wäre, wenn man keine teure Ladeinfrastruktur bräuchte, wenn also die Allgemeinheit nicht mit ihren Steuermilliarden erst mal Netze errichten und subventionieren müsste? Was wäre, wenn sich aus dieser Technologie ganz automatisch eine Übergangstechnologie für die alten Verbrenner ergäbe, die Senkung der Emissionen folglich auch im Fahrzeugbestand stattfinden könnte, sodass nicht Milliarden Euro an Investitionen auf Null gehen müssten? Was wäre, wenn die benötigte Energie sich leicht und verlustfrei speichern und transportieren lassen würde?
Das wären schon eine Menge Vorteile gegenüber der Akku-Autos, die heute hochsubventioniert über unsere Straßen rollen, oder? Die Politik würde sich doch sicher – schon um die eigenen Klimarettungspläne nicht zu gefährden – wie der Bär auf den Honigtopf auf diese Technologie stürzen? Weit gefehlt!
Auf alle Fälle: Brennstoffzelle
Brennstoffzelle? Ist doch ein alter Hut, werden Sie jetzt sagen. Schließlich stammt diese Erfindung aus dem 19. Jahrhundert, und die langjährigen Versuche, Brennstoffzellen mit flüssigem Wasserstoff als Energiequelle von Autos zu nutzen, kam nie über Insellösungen oder Versuche hinaus. Wasserstoff ist einfach zu aggressiv, braucht zu hohe Drücke und die Herstellung per Elektrolyse beziehungsweise der Transport ist teuer. Doch warum soll man unter Druck stehenden Wasserstoff verwenden, wenn man stattdessen Methanol bei Raumtemperatur und normalem Luftdruck verwenden kann?
So jedenfalls dachte sich das Roland Gumpert, ein pensionierter Audi-Ingenieur, und tüftelte an einem Antriebskonzept, das mit einer Brennstoffzelle, einer kleinen Batterie und einem Gemisch aus 60 Prozent Methanol und 40 Prozent Wasser die Leistung eines echten E‑Autos mit der Praxistauglichkeit eines Benziners verbindet. Dankenswerterweise befasste sich eine Dokumentation des Bayrischen Rundfunks Anfang Mai 2021 mit Gumpert, seiner Erfindung und den Schwierigkeiten, die geballte Ignoranz seiner Branche und der Politik zu überwinden.
Nicht nur dem Schreiber dieser Zeilen, sondern auch den Filmemachern beim BR ist nicht ganz ersichtlich, warum sich das Verkehrsministerium so wenig für das interessiert, was Gumpert da auf die Beine gestellt hat. Zwar sponserte Scheuers Ministerium Gumpert einen E‑Smart, den er zum Brennstoffzellenauto umbaute, wollte vom Ergebnis aber bis kurz vor Drehende nichts wissen. Dass es sich eben ausgerechnet um das Ministerium von Andi „Millionenversemmler“ Scheuer handelt, kann nur ein Teil der Erklärung sein.
Sicher muss Gumpert noch einige Probleme dieser Methanol-Technologie lösen, die im euphorisch vorgetragenen Film nicht betrachtet wurden, aber frei von Problemen ist die E‑Mobilität in ihrer aktuellen Form ja auch nicht gerade. Und das bei locker zehn Jahren Fördervorsprung! Setzte man ernsthaft auf Methanol, diese einfachste Form aller Alkohole, ergäben sich allerdings zahlreiche Vorteile, ohne dass man dazu auf das Pfadfinderabzeichen „Weltretter 1. Klasse“ verzichten müsste. Hier nur in Stichpunkten:
- Methanol lässt sich auf verschiedene Art herstellen. Nicht nur aus fossilen Rohstoffen, sondern auch aus Pflanzen oder katalytisch aus CO2. Und das geschieht bereits im großtechnischen Maßstab, schließlich ist Methanol Basis für zahlreiche chemische Prozesse.
- Methanol lässt sich verlustfrei speichern und einfach transportieren. Die nötige Infrastruktur ist bereits vorhanden.
- Die Distribution kann über bestehende Tankstellen erfolgen, es handelte sich lediglich um eine weitere Sorte Flüssigkeit, hier eben das Methanol/Wasser-Gemisch.
- Benzin-Verbrenner können in den meisten Fällen auf die Speisung mit reinem Methanol umgerüstet werden. Der Aufwand ist geringer als die Umstellung auf Autogas und könnte die CO2-Bilanz (so diese denn für wichtig erachtet wird) der bestehenden Flotte verbessern. Zur Versorgung wäre nur eine weitere Zapfsäule nötig, die Versorgung mit Benzin könnte mittelfristig verringert, die mit Methanol mit der Zeit ausgedehnt werden.
- Man hätte somit zwei Pfade, die man gleichzeitig beschreiten und durch verminderte Steuern auf Methanol und Förderprogramme für den Umbau bestehender PKW auch attraktiv machen könnte. Die Mineralölsteuer könnte ja schon mal wegfallen. Zahlreiche PKW sind heute sogar ab Werk in der Lage, Methanol zu nutzen.
- Statt unsere Kernkraftwerke abzuschalten, könnte man mit Hilfe der Kernenergie Methanol aus allen Prozessen gewinnen, die CO2 erzeugen. Aus dem „Luftverschmutzer“ CO2 würde so ein wertvoller Rohstoff, der sich gewinnbringend als synthetischer Treibstoff vermarkten lässt. Aus einem Malus würde ein Bonus.
- Selbst wenn Methanol „nur“ als Substitut für Benzin verwendet würde, wäre dessen Energie- und CO2-Bilanz noch deutlich besser als die von fossilen Energieträgern. Selbst für den Luftverkehr ist Methanol als Substitut und Beimischung technisch möglich.
Gebremster Schaum
Theoretisch ist es noch nicht zu spät, die Chancen zu nutzen, die Methanol für den Verkehrssektor bietet. Doch wer diesbezüglich noch Hoffnung hegt, hat womöglich das „deutsche Prinzip“ vergessen. Nämlich einen Weg bis zum bitteren Ende zu gehen, selbst wenn sich erweisen sollte, dass es der falsche ist. Durch politische Starrheit hat man gegen ein anderes wichtiges Prinzip verstoßen: die Technologieoffenheit. „Der Zug“, so drückte es im Film ein Ingenieur aus, „ist abgefahren“. Gemeint war der „Zug“ Elektromobilität in seiner heute herbeigeförderten Form. Zu lange gehe man schon diesen Weg, zu viel wurde gewagt, zu viel Geld verbrannt, um jetzt noch einer alternativen Technologie das Feld freizumachen.
Man hat der Politik und letztlich dem Steuerzahler schon so viel Subvention abgepresst, da möchte man sich nur sehr ungern von einem Neuling die Butter vom Brot nehmen lassen. Und wie stünde die Politik da, wenn sich all die Milliardenprogramme, die teuren Ladesäulen, der Netzausbau und der ganze mediale Budenzauber als voreilig, unnütz und technologieblind erweisen würden? Man wird also irgendein negatives Merkmal suchen und sicher auch finden, um der Methanol-Brennstoffzelle das Licht klammheimlich auszublasen. Einer Technologie, die bereits im Beta-Stadium und bei der ersten Vorführung in München (siehe BR-Doku) seinen Akku-elektrischen Konkurrenten verdammt alt aussehen ließ.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.
Beitragsbild: Creative Commons CC0 Pixabay

Für die zukünftige Bereitstellung von Energie mittels Brennstoff, Treibstoff und Strom wird es weltweit zweifelsohne multiple Lösungen brauchen, möglicherweise zum Teil auch mit der beschriebenen Methanol-Brennstoffzelle. Leider kann man von den zuständigen Fachministern Anja Karliczek (BMBF, Bundesministerium für Bildung und Forschung) und Peter Altmaier (BMWi, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) dazu sehr wenig Initiative erwarten, da beide fachlich inkompetent sind. Mehr als Schlagworte wie „Klimaschutz“, „CO2-neutral“, „Erneuerbare Energien“, Wind, Sonne, Biomasse, „Grüner Wasserstoff“, Elektro- oder Wasserstoff-Autos, dazu „Smart Irgendetwas“, können die beiden nicht bieten. Sie sind selbst in einfachen Sachverhalten auf mehr oder weniger kompetente Berater, darunter etliche Einflüsterer und Profiteure, angewiesen. Und unterscheiden Sie mal bitte korrekt zwischen den Qualitäten dieser „Experten“, wenn Sie einerseits selbst keine Ahnung von der Sache haben und sich andererseits von irgendwelchen Visionen oder Ideologien leiten lassen.
Sehr guter Beitrag, Herr Letsch! Und hoffnungsvoll - nur leider nicht für das derzeitige Deutschland. Das fährt lieber ideologiegesteuert und blind für technologisch fortschrittliche Neuerungen vor die Wand. Ganz im Sinne der Merkelschen großen Transformation oder dem Schwabschen Great Reset.
Das Problem ist der Wähler: der will keinen Politiker, der bekennt, dass er die beste Lösung nicht kennt und technikoffen den Markt die Lösung finden lässt. Der Wähler will einen Politiker, der “weiß, wie man die Welt rettet” (d.h. so tut) und XYZ als “DIE richtige Lösung” durchsetzt. Politiker der zweiten Art werden gewählt und bestimmen die Politik.
Ich habe mir die »Nathalie« Seite angesehen. Super! Wenn er jetzt noch Umrüstsätze für normale Benzinmotoren anbieten würde, wäre ich dabei. Aber solange ich in Deutschland lebe, wird das dank der Politverbrecher nichts. Schade, denn eine normale E-Gurke lehne ich aus den im Artikel genannten Gründen ab.
Ich habe mir die im Artikel verlinkte BR-Doku angesehen, also die Testfahrt zwischen dem nach Gumpert umgerüsteten BMV-Smart (A) und einem “E-Konventionellen” Smart (B). Ganz typisch die erste besorgte Bemerkung des B-Fahrers über die herrschende Außentemperatur von 6 Grad Celsius. Die veranlasste ihn dann auch ohne Heizung zu fahren, eingemummelt mit Skimütze. Offensichtlich nach dem Motto: “Was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter”. Im A-Smart dagegen, übrigens auch mit Beifahrerin, eine gemütliche Fahrt mit Fußheizung und ohne Kopfbedeckung oder Überkleidung. Beim B-Smart ständige Überlegungen, wann und wo aufladen. und mit wievel Prozent—60 oder doch lieber 80—, um das Fahrziel sicher erreichen zu können. Eine 30-münitige Aufladung war dann schließlich auch nötig, beim A-Smart dagegen nicht; laut Gumpert war er zu der Testfahrt nach München aus Ingoldtadt angefahren und werde dann auch wieder dorthin zurückfahren. Fazit: A schlägt B in jeder Hinsicht und der B-Fahrer blickte nach dem Test auch ziemlich belämmert aus der Wäsche. Aber was soll’s, die Weichen sind gestellt, und eins ist sicher, es wird für uns alle noch sehr teuer werden.
Es gibt nichts Gutes - außer man tut es ....... oder so ähnlich. Aber aus Richtung aller der z.Z. herrschenden politischen “Versager- Vereinigungen” ist da wenig Fortschrittliches zu erwarten. Wohlstandsverwahrlosung und grassierender Leerstand zwischen den Ohren lassen selbst bei gutem Willen keine Hoffnung schimmern. Hinzu kommt eine ideologische Verkleisterung im Oberstübchen, welche selbst die einfachsten Zusammenhänge nicht erkennen lässt und immer wieder zu neuen Denkblockaden führt. Am Schlimmsten ist, dass diese Art der machtbesessenen Nichtsnutze immer wieder Fuß fassen kann und nicht ausstirbt. Ob da vielleicht mit der Evolution was nicht stimmt? MfG
PS. Warum nicht gleich Verbrenner mit Methanol - so lange bis die Brennstoffzellen ausgereift sind. Diese Technologie ist erprobt und ausgereift.