Stefan Frank / 26.01.2022 / 16:00 / Foto: Achgut.com / 6 / Seite ausdrucken

Wie der Israelboykott palästinensische Künstler schikaniert

Der Fall des palästinensisch-jordanischen Rappers Emsallam zeigt, dass BDS nicht so sehr auf Überzeugung, sondern vor allem auf Repression beruht.

Ein palästinensisch-jordanischer Rapper leidet darunter, dass die Anti-Israel-Boykottkampagne BDS reglementiert, wo er auftreten darf und wo nicht, und bei Zuwiderhandlung seine Karriere zerstören würde. Das ist das Thema eines Beitrags, der vor einigen Tagen in der israelischen Tageszeitung Haaretz erschien (hinter einer Bezahlschranke). Verfasst hat ihn Sheren Falah Saab, die bei Haaretz für arabische Kultur zuständig ist.

Der Künstler, um den es geht, heißt Msallam Hdaib, genannt Emsallam. Der 30-jährige Musiker wurde in der jordanischen Hauptstadt Amman geboren. Mit 14, so berichtet die Autorin, begann er seine Musikerkarriere mit dem Schwerpunkt Hiphop und betätigt sich nebenbei als bildender Künstler. 

2020 beendete er sein Kunststudium an der Stroganov-Akademie für Design und angewandte Kunst in Moskau mit dem Examen. Danach blieb er in Moskau. 

Drei Alben habe er bislang veröffentlicht, so die Journalistin; in ihnen öffne er „ein Fenster für die dritte und vierte Generation palästinensischer Flüchtlinge in Jordanien, ihren Kampf mit dem Leben in Armut, ihr Bedürfnis, eine nationale Identität zu bilden und ihre Sehnsucht nach einer Selbstverwirklichung, die nicht konform ist mit dem nationalen Narrativ“. 

Emsallam spreche einen jordanischen Dialekt des Arabischen, gemischt mit palästinensischen Wörtern. „Seine Texte enthalten viele Begriffe und Bilder, die außerhalb der Welten der West-Bank-Städte Hebron und Dschenin unvertraut sind; dem fügt er kulturelle Symbole von Ländern der gesamten Region hinzu.“ In einem Lied mit dem Titel „Deswegen“ verwende er etwa die Klänge der irakischen Trommel.

Wie Emsallam in Konfrontation mit BDS geriet

2018 gab Emsallam Konzerte in Haifa, in den Golanhöhen und in der West Bank. Die Haaretz-Autorin schreibt:

„Sein Auftritt in Israel weckte die Wut der BDS-Aktivisten, die auf der offiziellen Facebookseite der Bewegung argumentierten, ein solcher Akt sei es wert, von der palästinensischen und arabischen Welt mit einem Boykott belegt zu werden, da er die Beziehungen zu Israel normalisiere. 

'Msallam Hdaibs Auftritte sollten boykottiert werden, niemand sollte sie besuchen', schrieben sie und legten damit die Art von Druck an den Tag, die sie auf palästinensische Musiker in der arabischen Welt ausüben, um sie daran zu hindern, sich an der Normalisierung der Beziehungen zu Israel zu beteiligen.“

Emsallam sagte seine Konzerte nicht ab und schwor auch nicht, sich in Zukunft den Drohungen zu beugen. „Seit diesem Vorfall“, so Sheren Falah Saab, „leidet er weiter unter der Verfolgung durch BDS-Aktivisten. Bei seiner derzeitigen Tournee trat er in Kairo, Beirut und Amman auf, aber Haifa steht nicht mehr auf dem Programm“.

Wie die Autorin schreibt, ist er nicht der einzige arabische Künstler, der ins Visier von BDS geriet:

„Der Sänger und Komponist Aziz Maraka, der 2019 in Kafr Yasif auftrat und damals von Haaretz interviewt wurde, war danach in der arabischen Welt einem summarischen Boykott ausgesetzt. Er tritt kaum noch irgendwo auf, und seine musikalische Aktivität ist stark beschränkt.“

Auch Palästinenser von Boykott betroffen

Auch Emsallam wurde schwerer Schaden zugefügt. „Die Verfolgung durch BDS hat ihn persönlich geschädigt, und jeglicher weiterer Aufritt innerhalb der Grenzen Israels wird ihn seine Karriere kosten, alles zerstören, was er bislang erreicht hat“, sagt eine von der Journalistin zitierte anonyme „Quelle aus dem jordanischen Musikgeschäft“. 

Selbst wenn Emsallam noch einmal in Israel würde auftreten wollen, „wird es nicht passieren, weil das wirklich seine Karriere beenden würde“.

Haaretz-Autorin Sheren Falah Saab ist wohlgemerkt keine erklärte Gegnerin der BDS-Kampagne. Sie fragt in ihrem Beitrag, „ob BDS mehr schadet als nützt“, und das scheint für sie tatsächlich eine Frage zu sein, die noch einer Antwort harrt. 

Was sie umtreibt, ist nicht etwa der antisemitische Charakter von BDS, sondern „was passiert, wenn der Boykott selbst eine geschwächte Minderheitsgruppe trifft, selbst wenn diese nicht Teil des Unterdrückungsunternehmens ist“. 

Im Klartext: Sie sorgt sich um den Kollateralschaden, dass auch Palästinenser beziehungsweise Jordanier wie der Rapper Emsallam unter der Boykottkampagne zu leiden haben. Sein Ziel sei es, habe dieser einmal geschrieben, „den politischen Konsens zu brechen, der an einem kulturellen Boykott festhält, der Palästinenser in der West Bank und in 1948 eroberten Gebieten (d.h. Israel) der Besatzung wegen isoliert“.

„Israel kann kein normaler Teil der Region“ sein

Tatsächlich kann man argumentieren, dass die Palästinenser, gemeinsam mit den Juden in der Diaspora, die Hauptopfer von BDS sind. 

Die Juden, die nicht in Israel leben, werden geschädigt, weil die BDS-Kampagne weltweit den Antisemitismus befeuert und sie damit in noch größere Gefahr bringt, Opfer von antisemitischer Beleidigung, Ausgrenzung, Körperverletzung oder sogar Mord zu werden. 

Die Palästinenser sind Opfer von BDS, weil dieses repressive Regime all ihre Schritte überwacht, sie daran hindert, Kontakte zu Israelis zu pflegen oder dazu zwingt, diese Kontakte geheim zu halten – also ein Doppelleben zu führen – oder die Konsequenz zu tragen, geächtet und ausgestoßen zu werden; sie erleiden wirtschaftliche Verluste oder können womöglich ihren Beruf gar nicht mehr ausüben.

Im Interview mit einem Moderator des linksgerichteten französischen Pro-BDS-Blogs Paroles d’Honneur schwärmte BDS-Chef Omar Barghouti kürzlich davon, dass „dreihundert“ Musiker, Regisseure und Intellektuelle einen Boykottaufruf gegen das Festival Arabofolies des Pariser Institut du Monde Arabe unterzeichnet hätten. 

Der Hass hatte sich daran entzündet, dass dort mit Neta Elkayam auch eine arabischsprachige Sängerin aus Israel auftrat. In dem besagten Interview betonte Barghouti, wie richtig dieser Boykott gewesen sei: Israel könne „kein normaler Teil der Region“ sein und auch „kein normaler Teil eines Festivals, bei dem arabische Musik gefeiert wird, wie es das Institut du Monde Arabe getan hat“.

Die BDS-Kampagne basiert auf zwei Fiktionen, die von jenen, die sie unterstützen, für wahr gehalten werden müssen. 

Die eine ist, dass es ein Makel sei, boykottiert zu werden. Wenn das für israelische Juden und arabische Musiker gilt, gilt es dann nicht auch für BDS selbst? In einigen Ländern der Welt, vor allem in den USA, sind es die BDS-Hetzer, die boykottiert werden. Macht sie das gemäß ihrer eigenen Logik zu aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßenen, verächtlichen Wesen?

Die andere Fiktion ist, dass alle Musiker, die geplante Konzerte in Israel absagen oder ihre Unterschrift unter Boykottaufrufe wie den von Barghouti erwähnten, setzen, dies aus freiem Willen täten und sich damit mit dem Ziel von BDS – der Zerstörung Israels – einverstanden bzw. „solidarisch“ erklären würden. 

Der Fall des Rappers Emsallam zeigt, dass BDS nicht so sehr auf Überzeugung, sondern vor allem auf Repression beruht. Wenn Musiker nicht oder nicht mehr in Israel auftreten, muss das keine politische Stellungnahme sein, sondern zeigt erst einmal nur, dass die von BDS benutzten Taktiken der Einschüchterung und Bedrohung wirken.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karla Kuhn / 26.01.2022

Klingt zwar momentan NOCH nach Zukunftsmusik   aber genau das wurde meiner OMA im DRITTEN REICH nahegelegt, sich von ihrem jüdischen Eheman scheiden zu lassen. Sie hat es Nicht getan. Mein Stiefopa konnte versteckt werden,  bis ein DENUNZIANT ihn an die Gestapo verraten und er 1944 im Juli Suizid begangen hat, um der KZ Einweisung zu entgehen. Mittlerweile ist mein Vertrauen in die Politik im MINUSBEREICH angelangt, so daß ich absolut NICHTS mehr ausschließe . Und noch schlimmer, ich traue mittlerweile JEDEM CORONAAKTEUR ALLES ZU ! Ein Palmer kann sich offenbar KNAST, HOHE GELDSTRAFEN, RENTENENZUG,  die sich die Menschen selber erarbeitet haben,  vorstellen! IST der STAAT schon SO pleite, daß Palmer sich vorstellen kann, den UNGEIMPFTEN RENTNERN, die sich weigern,  sich diese GIFTPLÖRRE - GEN THERAPIE spritzen zu lassen, ihnen die Renten zu entziehen ? Abgesehen davon,  daß das gar nicht möglich ist, eben so wäre eine IMPFPFLICHT, lt AUSSAGEN mehrerer ANWÄLTE. u. a. auch GYSI, kaum durchsetzbar. Der NÜRNBERGER KODEX von 1947 ,der extra geschaffen wurde um zu verhindern, daß solche GREUALTATEN, wie gegen die JUDEN im DRITTEN REICH geschehen, durch VERGASEN aber auch durch MEDIZINISCHE MENSCHENVERSUCHE, die wie LABORRATTEN MIßBRAUCHT wurden, sich NIE WIEDERHOLEN DÜRFEN ! Wenn eine Frau LEYEN nachdenkt,  diesen NÜRNBERGER KODEX ev. abschaffen zu wollen, dann bingt sie m-.M-n- ihre GESINNUNG nur zu deutlich zu Tage. Es ist erschütternd, wie in die dieser kurzen Zeit sehr viele Menschen ihren WAHREN CHARAKTER offenbart haben. Diese TOXISCHE GEN-THERAPIE hat leider schon viele TOTE und sehr viele schwere NW verursacht. ENGLAND hat jetzt ALLE MAßNAHMEN aufgehoben, auch der IMPFPAß darf NICHT MEHR verwendet werden ! Etliche andere LÄNDER sind gefolgt !  EIne sehr kluge Entscheidung . ÖSTERREICH möchte wohl wieder VORREITER sein, wie durch den östrreichischen Postkartenmaler schon einmal geschehen??  Die ersten KLAGEN sind IN DEN HAAG schon eingegangen.

Volker Kleinophorst / 26.01.2022

Die größten Nazihasser sind selber Nazis. Nicht wirklich überraschend. Denn das ist ja nicht neu. So erklärt auch das Getöse, was man um seinen sich selbst zugeschriebenen “Antifaschismus” machen muss. Um sich zu vergewissern und seine Opfer für seine eigene Unmenschlichkeit verantwortlich zu machen. Wer in der Wahrheit lebt, muss nicht dauernd darüber reden. Wer in der Lüge lebt hingegen, der weint an Arafats Grab und unterstützt den “Kauft nicht bei Juden”-BDS und keift bei Wallstreet, Hollywood, Zuckerberg, Soros, Epstein, Weinstein, Feinstein sofort Nazi.

Hans-Peter Dollhopf / 26.01.2022

Ein, jedenfalls in meinen abendländischen Augen, amüsanter Artikel zu einem Schuss, der voll nach hinten losging: “Thanks, Ben & Jerry! Israel’s international relations are flourishing, completely undermining the agenda of the BDS movement”  von Mitchell Bard bei Israel National News vom 20.01.22. Parallel zu der Kriegswaffe “BDS” im israelisch-arabischen Konflikt ist auch die Aktion von Jasmina Kuhnke auf der Frankfurter Buchmesse im letzten Jahr, wie auch das, was Jutta Ditfurth in diesem Jahr daraus machen will (“Jutta Ditfurth will Verlage durch Antifa prüfen lassen”, Junge Freiheit, 24.01.2022) exakt ... BDS! BDS sind auch die vom herrschenden Coronafaschismus gegen uns Nichtgeimpfte und Kritiker freigesetzten Kampfmittel!

Marcel Seiler / 26.01.2022

Nach dem 2. Weltkrieg erging sich die gesamte westliche Welt in Völkerverständigung. Dieser Impuls hat sich verbraucht. Abgrenzung und Feindseligkeiten sind normal und vielfach gesellschaftsfähig geworden. Ich glaube nicht, dass man dagegen viel machen kann. Der Satz “Es ist nichts stärker als eine Idee deren Zeit gekommen ist”, gilt auch für schlechte, abscheuliche Ideen.

Franz Klar / 26.01.2022

Ein schreckliches Einzelschicksal und ein großer Verlust für Musikliebhaber !

Wilfried Düring / 26.01.2022

Nun, wie ihre historischen Vorbilder bekämpfen die BDS-Aktivisten ja nicht (nur) den ‘Juden an sich’; sondern auch und vor allem den sogenannten ‘jüdischen Geist’. Das ‘Schwarze Korps’, mediales Sprachrohr der SS , formulierte und begründete einst die These, daß noch gefährlicher als die ‘eigentlichen Juden’, die sogenannten ‘Weißen Juden’ oder ‘Gesinnungs-Juden’ seien. Bekannter ‘Fall’ einer solchen Klassifikation war der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg; der in NS-Deutschland die Relativitätstheorie Albert Einsteins verteidigte. Insofern paßt das Vorgehen der BDS’ler doch perfekt sowohl zur Ideologie - als auch zu den ideologischen Altvorderen!!! Das ist nur konsequent. Wann werden die ersten ‘Arier’ aufgefordert, sich von ihren israelischen Ehegatten scheiden zu lassen, und sich von den gemeinsamen Kindern zu ‘distanzieren’?

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 16.04.2024 / 16:00 / 18

Israelische Ex-Geisel am Flughafen von Amsterdam schikaniert

Nicht zum ersten Mal wurden auf dem Amsterdamer Flughafen Menschen mit israelischer Staatsbürgerschaft drangsaliert. Diesmal traf es zwei Frauen, die in ihrer Not den israelischen…/ mehr

Stefan Frank / 08.04.2024 / 16:00 / 16

Hamas-Terror: Die Irrtümer der Muriel A.

Die Auffassung der deutschen Politologin, den Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für rechtlich erlaubt zu halten, widerspricht laut Juristen den Positionen der Bundesregierung und der Europäischen…/ mehr

Stefan Frank / 16.03.2024 / 12:00 / 9

Paris ist kein sicherer Ort mehr für Juden

Der kürzlich verübte Überfall auf einen orthodoxen Juden in Paris ist nur einer von vielen antisemitischen Gewalttaten, die sich seit dem Hamas-Angriff und dem darauffolgenden…/ mehr

Stefan Frank / 14.03.2024 / 12:00 / 4

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (2)

Wenn man wissen möchte, welche Probleme die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko in Texas verursacht, muss man mit den Leuten vor Ort sprechen.…/ mehr

Stefan Frank / 13.03.2024 / 06:00 / 16

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (1)

Der Bundesstaat Texas und die Bundesregierung in Washington streiten darüber, welche Kompetenzen Texas hat, um die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko – und…/ mehr

Stefan Frank / 03.03.2024 / 16:00 / 5

Israelboykott-Kampagne BDS: Jüdische Künstler im Fadenkreuz

Der Sänger Matisyahu ist wieder einmal unter Beschuss der antisemitischen BDS-Bewegung geraten. Und auch Amy Winehouse wurde posthum zum Opfer der Palästina-Solidarität. Der bekannte, jüdisch-amerikanische…/ mehr

Stefan Frank / 01.03.2024 / 14:00 / 6

Schon wieder judenfeindlicher Vorfall in Harvard

Mit Harvard erweist sich spätestens seit dem Hamas-Überfall auf Israel ausgerechnet eine der renommiertesten Hochschulen Amerikas als Brutstätte des Antisemitismus, der auch vom Lehrpersonal mitgetragen…/ mehr

Stefan Frank / 23.02.2024 / 16:00 / 9

Facebook: Die freie Hetze gegen „Zionisten“ (2)

Ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt, wogegen Facebook vorgehen und was Amnesty International & Co. als freie Meinungsäußerung schützen möchten.  Amnesty International und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com