David Schraven ist nicht nur selbsternannter Rechtsextremismusexperte, sondern auch Finanzexperte. Um seine Firma langfristig am Leben zu halten, hat er sich einen cleveren Schachzug ausgedacht.
Kann es sein, dass Markus Wiegand schon 2017 völlig richtiglag, als er in „Märchenstunde mit David Schraven“ auf kress.de schrieb („Kress hat sich erlaubt, das Rechercheportal Correctiv kritisch zu hinterfragen. Dann traf uns der Zorn des Gründers“): „Früher hatte ich den Eindruck, dass er ein aufrechter Kämpfer für den investigativen Journalismus in Deutschland ist. Heute habe ich den Eindruck, dass David Schraven vor allem ein aufrechter Kämpfer für seine Eigeninteressen ist und sich mit vielem, was er tut, im Widerspruch zu dem bewegt, wofür er in den Augen vieler steht: Freiheit der Presse, Fairness gegen Kollegen, Unabhängigkeit.“
Correctiv selbst, und das hat natürlich immenses Gewicht, schildert sein und Schravens Tun ganz anders: „Unsere Demokratie ist in Gefahr: Populismus, Machtmissbrauch und Korruption bedrohen unser soziales Miteinander. Wir begegnen den Herausforderungen – gemeinsam mit Ihnen.“ Der letzte Satz heißt übersetzt: „Haste mal nen Euro?“, denn „Fördern Sie unabhängigen Journalismus“ steht gleich daneben, und schon ist man auf der Spendenseite von Correctiv gelandet. Schraven hat mittlerweile vorgesorgt, falls Facebook seine verurteilte Firma fallen lässt wie eine heiße Kartoffel oder die in die Firma fehlinvestierten Steuermillionen ausbleiben. Denn neben der Faktencheckerei will er jetzt auch noch mit der „Organisation und Durchführung von Bewirtungsaktivitäten und der Organisation und Durchführung von Immobiliengeschäften“ die Akkumulation von Kapital betreiben. Mitte Mai 2020 stand plötzlich die Frage im Raum, ob Schraven auf Gastwirt oder Makler umsattelt. Im malerischen Bottrop hatte sich unter der Handelsregisternummer HRB 15581 am 23.01.2020 die Marktviertel Cafe UG (haftungsbeschränkt) konstituiert. Gegenstand der Gesellschaft: Organisation und Durchführung von Bewirtungsaktivitäten – Handel mit Bewirtungsprodukten – Organisation und Durchführung von Immobiliengeschäften.
Ein neuer Meilenstein der Unternehmensgruppe Schraven. Geschäftsführer bei Unternehmensgründung: Sonja Schraven, David Schraven und Christina Berger, Bottroper allesamt. Aktuell betreibt die neueste Gesellschaft des umtriebigen Schraven allerdings nur einen Kaffeewagen („Ein Kaffeewagen soll das Bottroper Marktviertel wachküssen“, berichtet die WAZ am 24.07.2020). Ab 2020 lastet also auf den Schultern des in Bottrop weltbekannten Faktencheckers (frei nach Henryk M. Broder) eine doppelte, ja dreifache Verantwortung. Fakten checken, Kaffee ausschenken und mit Immobiliendeals weitere Sympathiepunkte sammeln. Haben diese Planungen des umtriebigen Schraven dazu geführt, dass er erneut mit dem Gesetz in Konflikt gerät, waren sie auch die Ursache für die zahlreichen ordnungsgeldbewehrten Verstöße gegen die Publizitätspflichten des Handelsrechts durch seine anderen Gesellschaften? Schraven kann im Rahmen der Gesetze Geld verdienen, womit immer er möchte.
Allerdings sollte er, dessen „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH“ die erheblichen Privilegien der Gemeinnützigkeit genießt, mit dieser Firma und ihrer 100-prozentigen Tochtergesellschaft „CORRECTIV – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG“ die sich aus dem Handelsrecht ergebenden Pflichten erfüllen wie andere Kleingewerbetreibende auch. Erst recht, wenn seine Gesellschaften schon Spenden in Millionenhöhe erhalten haben und sogar der Steuerzahler über die Bundeszentrale für politische Bildung in Schravens Kasse einzahlt. Schon 2015 erhielt Correctiv erstmals Geld vom Steuerzahler, wie sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage ergibt. „Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat Correctiv erstmals im April 2015 gefördert … Der Antragsteller hat seitdem mehrere fachlich überzeugende Projektanträge eingereicht und in diesem Zusammenhang Förderungen der BpB erhalten.“ An derselben Stelle findet sich auch die nachstehende Information der Bundesregierung: „Vor einer Förderung prüft die BpB Projekt und Projektträger und berücksichtigt die Ergebnisse dieser Prüfung bei der Förderentscheidung.
Spenden in Millionenhöhe
Im Falle von Correctiv hat diese Prüfung kein Verhalten des Projektträgers offengelegt, das der Förderentscheidung hätte entgegenstehen können.“ Ob das immer noch gesagt werden kann, wenn zahlreiche Verletzungen der handelsrechtlichen Publizitätspflichten festgestellt werden, bleibt abzuwarten. Die gemeinnützige GmbH bildet mit der „Correctiv – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG“ einen Konzern. Sie ist Alleingesellschafterin dieser rein gewerblich tätigen Tochter. Dass eine die Privilegien der Gemeinnützigkeit ausnutzende Gesellschaft völlig einschränkungslos durch eine 100%ige Tochter am Geschäftsverkehr teilnehmen kann und ihr auch die Erträge dieses nicht gemeinnützigen Tuns zufließen dürften, ist auffällig. Die gemeinnützige Correctiv gGmbH gewährt ihrer gewerblichen Tochtergesellschaft sechsstellige Darlehen. In ihren Bilanzen (Anlagevermögen) werden für 2017 Ausleihungen an verbundene Unternehmen in Höhe von 137 223,00 Euro und für 2018 in Höhe von 87 223,00 Euro ausgewiesen.
Laut § 3 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags (Gemeinnützigkeit) ist dies wohl unzulässig, danach setzt die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaft des privaten Rechts voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist. Das trifft auf die Tochtergesellschaft nicht zu. In diesen Darlehen ist also eine Mittelbeschaffung zu sehen, da sich die UG die Mittel nicht zu Marktkonditionen bei Banken beschafft. Darin, dass die UG nicht steuerbegünstigt ist, liegt ein offensichtlicher Satzungsverstoß, der für die Gemeinnützigkeit unmittelbar relevant ist. Konkret: Correctiv kassiert Spenden in Millionenhöhe. Die Spender werden damit angelockt, dass mit dem Geld unsere Demokratie, die „in Gefahr“ sei, gerettet werde. Wie würden die Spender reagieren, wenn sie davon erfahren, dass Schraven das Geld seiner Tochtergesellschaft satzungswidrig zur gewerblichen Geschäftemacherei ausleiht? Was passiert im Falle von deren Insolvenz? Ist keine Bank bereit, der Tochter Geld zu leihen? Wenn nein, warum nicht? Betreibt Correctiv jetzt auch noch Bankgeschäfte? Welchen Zinssatz zahlt die UG? Welche Sicherheiten wurden gestellt?
Die Gewinnrücklagen der gemeinnützigen GmbH stellen sich wie folgt dar: 2016: 115 663,00 Euro, 2017: 230 386,00 Euro, 2018: 313 992,00 Euro. Diese Ansparung von Mitteln entspricht nicht der Satzung und auch nicht der Gemeinnützigkeit. Zu diesen Gewinnrücklagen sind ferner die rund 200 000,00 Euro hinzuzuaddieren, die mittels Darlehen an die Tochter dauergeparkt werden. Gegenwärtig ist von so erheblichen Gesamtrücklagen auszugehen, dass eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohen könnte. Denn laut § 11 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag ist nur eine begrenzte Bildung von Rücklagen erlaubt. Dazu kommen die wiederholten strafbewehrten Verstöße der Correctiv gGmbH und ihrer Tochtergesellschaft gegen die gesetzlichen Publizitätspflichten. Beide Firmen mussten ihren festgestellten Jahresabschluss 2016 bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist am 31.12.2017 offenlegen, den Jahresabschluss für 2018 bis zum 31.12.2019. In den im Unternehmensregister (Abruf 02.05.2020) publizierten Jahresabschlüssen heißt es jeweils für 2016: „Angaben zur Feststellung: Der Jahresabschluss wurde zur Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Offenlegungsfrist vor der Feststellung offengelegt.“ Das ist doppelt falsch. Eine Hinterlegung ist keine Offenlegung und ein nicht festgestellter Jahresabschluss wahrt die Offenlegungsfrist nicht.
Spiegelfechterei
Zu 2018 heißt es dort: „Angaben zur Feststellung: Der Jahresabschluss wurde vor der Feststellung offengelegt.“ Die gesetzliche Frist wird hierdurch jeweils nicht gewahrt. Zu Publizieren ist der festgestellte Jahresabschluss, nicht ein vorläufiges Zahlenwerk, das rechtlich keinerlei Relevanz hat. Man darf zwar zur Fristwahrung vorläufig einreichen, muss dann aber den festgestellten Jahresabschluss nachreichen. Das war bis zum 02.05.2020 nicht geschehen. Und zwar weder für die Jahresabschlüsse 2016 noch für die Jahresabschlüsse 2018 (jeweils beider Gesellschaften). Nach § 335 Handelsgesetzbuch (HGB) ist gegen den Geschäftsführer wegen des pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung vom Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren durchzuführen. Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2500,00 Euro und höchstens 25 000,00 Euro, § 335 Abs. 1 HGB. Ist sichergestellt, dass diese Geldstrafen nicht auch noch aus den Spenden beglichen werden? Sodass der Steuerzahler die Strafe am Ende an sich selbst zahlt? Soweit am 08.05.2020 eine neue Bilanz mit Feststellungsdatum für die Tochtergesellschaft hinterlegt wurde, war diese unwirksam, weil sie, wie schon in den Vorjahren, lediglich von einem Geschäftsführer unterzeichnet wurde.
Dies stellt einen – weiteren – bußgeldbewehrten Verstoß gegen das HGB, nämlich § 334 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a HGB i. V. m. § 245 HGB, dar (Unterzeichnung: „Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so haben sie alle zu unterzeichnen“). Faktenchecker non calculat wäre angesichts dieses beschämenden Befundes dann doch ein rechter Euphemismus. Die weithin unbekannte Tochter „CORRECTIV – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG (haftungsbeschränkt)“ ist rechtlich eine selbstständige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die so lange UG heißt, wie ihr Eigenkapital das für eine GmbH vorgeschriebene Mindestkapital von 25 000,00 Euro nicht erreicht. Ein ganz kleiner Fisch also? Mitnichten, denn ausgerechnet an diese gewerblich tätige Tochter fließen nach Konzernangaben (siehe: Übermedien „Faktencheck mit Haken: Das Facebook-Dilemma von Correctiv“, 12.12.2019) die Facebook-Honorare: „Über die Höhe der Finanzierung sagen wir nichts, da diese Arbeit und Zahlung über die gewerbliche Tochterfirma von Correctiv abgewickelt wird.
Und nicht über die gemeinnützige Organisation, für die das Redaktionsstatut bindend ist.“ Eine bemerkenswerte Spiegelfechterei. Die gewerbliche Firma macht die Arbeit, richtet über journalistische Inhalte, meistens von politischen Gegnern, und erhält dafür Geld von Facebook. Die Stigmatisierung mit „falsch“ nimmt aber die gemeinnützige gGmbH vor, die vorgaukelt, sie selbst hätte sich in den Kampf gegen Populismus, Machtmissbrauch und Korruption geworfen. Ist auch das irreführend und damit rechtswidrig? Wird hier beim Spendeneinwerben über die eigene Leistung getäuscht? Durch diesen Etikettenschwindel werden die Öffentlichkeit und vermutlich auch Spender geschickt hinter die Fichte geführt.
Weil die UG als gewerbliche Gesellschaft weder dem Gemeinnützigkeitsrecht noch dem Redaktionsstatut unterliegt, ist sie völlig frei und kann ihrem Geschäftsführer David Schraven ein saftiges Gehalt zahlen, das neben seine sechsstellige Vergütung als Geschäftsführer für die gGmbH träte. Und solange die UG keine Gewinne macht, wird sie ihre Umsätze unabhängig von deren Höhe niemals offenlegen müssen. Es werden in den freiwilligen Angaben auf der Homepage der gGmbH die Zahlungen von Facebook verschwiegen. Während im Ausland Transparenz herrscht, hält Schraven ohne eine plausible Erläuterung für seine Geheimnistuerei dicht.
Dies ist ein Auszug aus Joachim Steinhöfels neuem Buch (Mit einem Vorwort von Henryk M.Broder): Die digitale Bevormundung, FinanzBuch Verlag, 224 Seiten, 18 Euro.
Joachim Nikolaus Steinhöfel, geboren 1962 in Hamburg, ist einer der profiliertesten deutschen Wettbewerbsrechtler.