Annette Heinisch / 28.10.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 194 / Seite ausdrucken

Wir befinden uns im 3. Weltkrieg

Machen wir uns nichts vor, die Lage betrifft mitnichten nur Israel; Israel und Juden gehören nur zu den ersten Opfern. Wir befinden uns im 3. Weltkrieg.

„Jeder hofft, dass das Krokodil ihn zuletzt frisst, wenn er das Krokodil genug füttert. Alle hoffen, dass der Sturm vorübergeht, bevor sie an der Reihe sind, verschlungen zu werden. Aber ich fürchte sehr, dass der Sturm nicht vorübergehen wird. Er wird wüten und er wird immer lauter und immer weiter toben.“ Winston Churchill, 20. Januar 1940

„Wir haben uns mit Blödsinn beschäftigt“. Dieser Satz stammt von Joav Kisch, Bildungsminister in Israel und Mitglied der Likud-Partei. Und weiter: „Wir haben vergessen, wo wir leben.“ Diese beiden Sätze sind die Quintessenz des Versagens des Westens. Denn, machen wir uns nichts vor, es betrifft mitnichten nur Israel; Israel und Juden gehören nur zu den ersten Opfern. „Wir haben uns mit Blödsinn beschäftigt.“ Ja, so ist es.  

Wie heißt es so schön: „Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis.“ Goethe beschrieb dieses Verhaltensmuster 1815 in einer Gedichtsammlung mit den Worten: „Alles in der Welt lässt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen“. Die Illusion, die Welt sei ein beschauliches Örtchen, bevölkert mit netten Menschen; einige haben halt etwas Pech gehabt, sind Opfer der Umstände oder der bösen Weißen – diese war (und ist) Grundlage westlicher Politik. Hüllt man sich dann noch in die Utopie, dass weltweit alle Menschen und Staaten unseren westlichen, universalistischen Ansatz teilen, also dass in allen Kulturen die gleichen moralischen Regeln gelten und der Mensch als Individuum mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet und hochgeschätzt wird, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis man sich selbst „schlachtreif“ gemacht hat. Die Realität wurde komplett ausgeblendet, der Westen hat vergessen, wie die Welt wirklich aussieht. 

Es ist ungewollt komisch: Die eine politische Seite verfolgt eine Variation des „Herrenrassen“-Ansatzes: Der Westen ist so wahnsinnig überlegen, da müssen – und können! – wir tollen Weißen den anderen, den Opfern, helfen, mit Geld, Anbiederung und Unterwerfung. Da wir so toll sind, wird man unserem Vorbild bestimmt folgen – hat eigentlich niemand gemerkt, was das für ein Gedankengut ist? Es war das erste Mal abstoßend, es ist es auch heute.

Die andere politische Seite ist das Spiegelbild: Sie hält uns, den Westen, ebenfalls für weit überlegen und furchterregend, weshalb zum Beispiel Russland angeblich vor uns zitterte und die Ukraine überfallen musste. Das glauben die wirklich! Und natürlich ist der Gegner die USA, die sind immer für alles verantwortlich, klar. Antikapitalismus, Antiamerikanismus und Antisemitismus gehen häufig Hand in Hand. Dass die Führungen in Russland und ihren verbündeten Achsenmächten Iran und China sich über uns schieflachen, uns für exakt die Loser halten, die wir sind, wird komplett ausgeblendet, denn es passt nicht ins Weltbild. Dabei weiß eigentlich jeder: Nur der (vermeintlich) Schwache wird angegriffen, nie der Starke.

Der dritte Weltkrieg hat längst begonnen

Es sind zerstörerische Kräfte im Inneren, die uns bis zur Wehrlosigkeit schwächen. Wer ist denn noch bereit, für unser Land, unsere Art zu leben zu kämpfen? Nun? Der Westen ist bei weitem nicht perfekt, es passieren Fehler und Irrtümer, aber er ist unendlich besser als alles andere. Die Ukrainer wissen, was wir haben, sie sehnen sich danach und sind bereit, dafür zu kämpfen. Und nun befinden wir uns im 3. Weltkrieg. Das heißt derzeit noch nicht, dass wir aktive Kriegspartei sind; aber es ändert nichts an der Tatsache, dass der 3. Weltkrieg schon längst ausgebrochen ist. 

Wikipedia definiert Weltkrieg als einen Krieg, „der durch sein geographisches Ausmaß über mehrere Kontinente und durch den unbegrenzten Einsatz aller verfügbaren strategischen Ressourcen weltweite Bedeutung erlangt oder der im Ergebnis eine grundsätzliche Neuordnung der weltweiten internationalen Beziehungen mit sich bringt.

Genau das ist die Absicht der Achsenmächte. Russland will seinen Einfluss in Europa ausdehnen, woraus Putin nie ein Geheimnis machte. Der Iran will die Vormachtstellung in der arabischen Welt und China letztlich jene über die ganze Welt, angefangen mit Asien. Das hieße de facto die Weltherrschaft, weil die asiatischen Staaten sowohl mit ihrer Bildung (MINT statt Genderstudies) als auch mit ihrer Anstrengungsbereitschaft uns weit überlegen sind. 

Das ist der 3. Weltkrieg, und er hat längst begonnen, während bei uns die einen noch sagen, die Kriege gingen uns nichts an und die anderen so tun, als könne man das alles irgendwie begrenzen. Wieder ist es ein israelischer Politiker, der die Wahrheit sagt, nämlich der israelische Energieminister Israel Katz: „Wir befinden uns im Dritten Weltkrieg, und Israel steht an der Front.“

Wir müssen an allen Fronten kämpfen

So ist es. Der andere Frontstaat ist die Ukraine. Aber kein einziger deutscher Politiker hat den Mut, zu sagen: Freunde, der Krieg hat begonnen, er geht uns alle an, denn wir müssen um unsere Existenz kämpfen. Dieser Krieg wird lang und bitter, wir haben diesmal nicht nur äußere Feinde, wir haben sie uns auch ins Land geholt. Das müssen wir ändern. Wir müssen an allen Fronten kämpfen, schnell und entschlossen.

Unser Verteidigungsminister Boris Pistorius hat es verklausuliert gesagt. Er sprach die verschiedenen Brandherde an und betonte, dass die Zeitenwende mehr als ein Wort sei, dass wir unbedingt wehrhaft werden müssen:

„Wenn das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Institutionen schwindet, müssen wir Antworten finden und in die Wehrhaftigkeit und Resilienz unserer Demokratie investieren. Dies ist nach meiner Überzeugung eine der zentralsten und zugleich herausforderndsten Aufgaben, vor denen Politik und Gesellschaft heute wieder stehen.“

Aber auch er vermied es, den Menschen im Land sehr klar zu sagen, was Sache ist. Einige Journalisten haben die Ernsthaftigkeit der Lage benannt. So führt Eric Gujer, Chefredaktuer der NZZ, zutreffend aus, dass die westlichen Ordnungsvorstellungen generell „unter Druck stehen“, in der Ukraine wie in Israel. In der Wirtschaftswoche schreibt Dieter Schnaas: 

„Bei Gräueltaten wie denen der Hamas handelt es sich um Zivilisationsbrüche, die nicht kontextualisierbar sind, sondern nur außerhalb allen Kontextes verständlich werden: als Statements elementarer Amoralität. Wer sie dennoch in einen Zusammenhang stellt, unterschreibt nicht nur seine moralische Bankrotterklärung, sondern verkennt auch die politische Dimension des Terrors: Die vom Iran unterstützten Hamas wollen der Welt gerade nicht als reagierendes Opfer einer Besatzungsmacht, sondern als mörderische Überzeugungstäter erscheinen – so wie auch der Iran und Russland mit dem Segen Chinas als faktenschaffende Mächte auftreten, um die Nachkriegsordnung zu revidieren und die Welt neu einzuteilen in antiwestliche Einflusszonen, um die Gleichrangigkeit von Völkerrecht und Menschenrechten zu dementieren – und gewaltsam Grenzen zu verschieben.

Moralische Bankrotterklärung und Realismus

Realismus ist der wahrscheinlich einzige „Ismus“, der nützlich ist. Jeder, der Verantwortung trägt, muss sich Lagen stellen. Nicht nur dann, wenn sie einem in den Kram passen und die eigene Einschätzung bestätigen, sondern vor allem und gerade dann, wenn sie schmerzhaft sind; wenn man sie nicht wahrhaben, sich am liebsten verstecken möchte. Dazu gehört Mut und Tapferkeit. Aber anders geht es nicht. 

Das zur Methode gewordene Verunglimpfen von Personen statt des Befassens mit der Thematik auf der Sachebene, also das Weglaufen vor den Problemen, ist nicht nur eine intellektuelle, sondern eine moralische Bankrotterklärung. Wer auf Warnungen nicht hört, nicht einräumt, dass man sich irren kann, Gefahren nicht analysiert und entsprechend reagiert, ist niemals, wirklich nie und unter keinen Umständen, charakterlich geeignet, eine Führungsposition einzunehmen. Wenn die politische Führung in Zeiten, in denen man um die Existenz kämpfen muss, derart ungeeignet ist, ist der Kampf bereits verloren.

Die Zeiten des Blödsinns sind vorbei, wir können uns das schlicht nicht mehr leisten. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Der 3. Weltkrieg hat begonnen. Je früher wir uns darauf einstellen, desto größer unsere Überlebenschancen. Mit dem derzeitigen politischen Personal werden wir es nicht schaffen. Die Ereignisse rütteln sie kurz wach, dann fallen sie in alte Verhaltensmuster zurück. Diese sind es aber, die uns schwächen und dem Abgrund immer näher bringen. Bekanntlich ist es die Definition von Wahnsinn, immer dasselbe zu tun und auf einen anderen Ausgang zu hoffen. Es ist die Methode „Mehr vom Selben“, die Paul Watzlawick in seiner „Anleitung zum Unglücklichsein“ beschreibt. Die Zeit läuft gegen uns.

 

Annette Heinisch hat Rechtswissenschaften in Hamburg studiert, Schwerpunkt Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Sie ist seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.

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Leserpost

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Steve Acker / 28.10.2023

Ich bin für eine schnelle Aufnahme der Ukraine in die EU. Das wird die EU nicht überleben.

gerhard giesemann / 28.10.2023

Generelles Problem bei solchen Debatten: Sobald sich welche ausrechnen können, dass es eh nur die anderen trifft, so lange liest man auch hier Kommentare, die an Wahnsinn nicht zu unterbieten sind. Denn der schrecklichste der Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn. 1. Januar 1946 - Kaiser Hirohito erklärt, kein Gott zu sein “Der Kaiser ist keineswegs göttlich, das japanische Volk ist über die anderen Völker nicht erhaben”, erklärt Japans Kaiser Hirohito am 1. Januar 1946. “Es ist eine eitle Lehre, dass Japan berufen sei, die Welt zu beherrschen.” Die Erklärung erfolgt auf den Druck der US-Amerikaner. Sie haben zuvor den Zweiten Weltkrieg in Ostasien beendet, indem sie Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen und Japan so zur Kapitulation gezwungen haben. Seitdem ist Japan ein guter Verbündeter des Westens. DE dito, zum Glück ganz ohne Atombombe. Sie haben gerade noch rechtzeitig die Kurve kriegen müssen - im Wahn raus geflogen. Welch ein Glück. Usw. Islam? Ein ungleich größerer Brocken. Den schafft nur der Norden gemeinsam, also wir mit den Russen und Chinesen, womöglich auch mit den Indern. Letztere haben 160 Millionen von denen im Lande, sind das drittgrößte musl. Land weltweit nach Pakistan und Indonesien. Bei Allah.

Wolfgang Richter / 28.10.2023

“Wer ist denn noch bereit, für unser Land, unsere Art zu leben zu kämpfen?” Sollen doch bitte schön diejenigen sich “dort” einfinden, deren Land und deren “Werte” es zu verteidigen gilt. Meine sind es schon länger nicht mehr, zumal mittels “Corona-Regime” meine Grundrechte “von diesem Land” unter Jubel einer Mehrheit abgeschafft wurden, selbige gar ständig nach einem “Mehr davon” riefen. Sollen sie gefälligst auch den Kopf dafür hin halten. Nur weil man mir inzwischen wieder gestattet, mich “draußen” zu bewegen, machts das nicht besser, denn die offizielle Entschuldigung, Rehabilitierung aller vom “Corona-System” rechtlich Sanktionierten und Rückzahlung aller Strafgelder und Gebühren kommt für selbige ja bis heute nicht infrage. Also spielt man schön alleine.

Steve Acker / 28.10.2023

“Die Ukrainer wissen, was wir haben, sie sehnen sich danach und sind bereit, dafür zu kämpfen.” Die ukrainischen Machthaber wissen was wir haben: Geld, und an das wollen sie ran. Die Menschen in der Ukraine sind viel weniger bereit für die Oligarchen zu kämpfen. Sieht man an den vielen Männern, die hier in Deutschland sind. Ich kann sie voll verstehen. “Wer ist denn noch bereit, für unser Land, unsere Art zu leben zu kämpfen? “ Ich würde niemals für diesen unseren kaputten Staat in den Krieg ziehen. Wir zerstören uns doch grad selber, da braucht es keine Putin und keinen Islam. Man stelle sich vor: Noch bis vor kurzem wollte mir der Staat an die gesundheit , er wollte mich zwingen mir eine Giftspritze verabreichen zu lassen. Und für sowas soll ich bereit sein, in den Krieg zu ziehen ? ich verstehe die Ukrainer die sich abgesetzt haben, voll und ganz. “Der Westen ist ..., aber er ist unendlich besser als alles andere.” dem kann ich heute absolut nicht mehr zustimmen. vielleicht war das mal vor 30 Jahren so, heute nicht mehr.

Chris Kuhn / 28.10.2023

Durch Strategen wie Giesemann und Probst steigt der Unterhaltungswert hier enorm an. Frau Heinisch wiederum hätte alle Hände voll zu tun, sich um den Untergang der F.D.P.  zu kümmern statt um denjenigen der Welt.

A. Ostrovsky / 28.10.2023

@Lucius De Geer : Ich hatte davon gehört, weiß aber nicht genau an welchen Orten. Umso erstaunter war ich, als ich in der Grottenkirche unterhalb der Stadt Pizzo an der hinteren Wand rechts ein Bild sah, das JFK darstellen sollte. Mir ist gesagt worden, das hätte etwas mit der Dankbarkeit der Calabrier für die Befreiung zu tun?

Gerhard_F_Mossmayr / 28.10.2023

@ Michael Scheffler: Ich hoffe, Sie lesen meine Replik (und die Moderation veröffentlicht diesen Post noch). Sie schelten mich auf “charmante” Art als naiv ;-) und diesen Vorwurf muss ich gelten lassen. Ja, ich bin als Kind des kalten Krieges sozialisiert worden und habe geschworen, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, der sich damals noch bemühte, den liberalen, rechtsstaatlichen und humanistischen Idealen möglichst nahe zu kommen. Ich empfand als junger Mensch sogar die Aufhebung des Radikalenerlasses als Zeichen eines in der Demokratie gefestigten Staates. Was war ich naiv. Mit den Jahren wurde ich aus Erfahrung zunehmend konservativer. Ich erinnere mich noch fassungslos an Streitgespräche mit meinen Kollegen, als ich gegen Ende des Jahrtausends die feste Überzeugung äußerste, dass alle politischen Kräfte scheinbar um die Abschaffung der Wehrpflicht bemüht waren. Dennoch habe ich in meiner Naivität 2005 die CDU (und damit indirekt Angela Merkel) gewählt, damit der rot-grüne Alptraum aufhört. Im Nachgang erscheint mir heute die Regierung Schröder geradezu seriös. Ich habe die CDU nicht gewählt, damit sie aus dem Austieg des Ausstieges aus der Kernenergie aussteigt. Und auch nicht für alle anderen “Wohltaten” die dann folgten und damals für eine sich konservativ gebende Union eigentlich unvostellbar gewesen sind. Es gibt mir auch kein warmes Gefühl, dass ich behaupten kann, seit 2005 keiner Regierungspartei mehr meine Stimme gegeben zu haben. Ich kam Anfang September 2015 gerade mit meiner Familie aus dem Urlaub und dachte anhand der Nachrichten über die geöffneten Grenzen noch “Mein Gott, das kann doch keiner wollen.” Einer meiner vernünftigeren Kunden sagte damals, “Wir werden auf sie schiessen, ob jetzt an der Grenze oder später hier in den Städten.” Was war ich naiv, dass mich diese Meinung empört hat. Sie kennen den Vergleich mit dem Frosch im Kochtopf? Ich bekenne mich schuldig ...

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