indubio / 10.03.2025 / 16:30 / 23 / Seite ausdrucken

Werner J. Patzelt über die Mutlosigkeit der CDU

Werner J.Patzelt, Politikwissenschaftler von unbotmässiger Aufrichtigkeit, fasste im Indubio-Podcast vom vergangenen Sonntag die Lage der CDU in wenigen Sätzen prägnant zusammen. 

"Die Union ist seit Angela Merkels Zeiten dessen überdrüssig als rückwärtsgewandt, konservativ, ranzig, staubig, rechts und so weiter etikettiert zu werden. Sie machte sich auf den Marsch dorthin, wo der Zeitgeist wehte, das ist die politische Mitte, definiert bei Sozialdemokraten und Grünen. Sie versuchte sich lieb Kind zu machen bei Sozialdemokraten und Grünen.

Die Kanzlerin Merkel als erste deutsche Klimakanzlerin sah die Zukunft der Union anseite der Grünen als der Partei der aufgeklärten deutschen Intellektuellen und Akademikerschaft. Damit ist man erst so richtig die Volkspartei, wenn man die ganzen dumpfen Arbeiter, die lange Zeit die Union gewählt haben, die dumpfe Landbevölkerung, wo die Union immer noch ihren stärksten Rückhalt hat, man die sozusagen mit den fortschrittlichen Grünen zusammenbringt. Und das ist die Lebenslüge der Union gewesen, denn sie hat von Sozialdemokraten und Grünen längst nicht in dem Umfang dauerhafte Stimmen gewonnen, wie sie nach rechts verloren hat.

Wie viel klüger war Franz Josef Strauß, seligen Angedenkens, der immer wieder das Mantra verbreitet hat, die Union muss es vermeiden, dass rechts von ihr eine demokratisch legitimierte Partei entsteht. Jetzt gibt es diese Partei, aber die Union, statt dann klar zu sagen, jetzt müssen wir dann eben der rechten Bevölkerungsmehrheit eine Mitterechtsregierung entgegenstellen und das heißt, es verbieten sich für uns Koalitionen mit den Grünen und den Sozialdemokraten, wann immer es die Möglichkeit gibt, mit einer vernünftigen AfD zusammenzuwirken.

Statt das klar zu sagen, ist die Union etwas übertrieben formuliert inzwischen in der Lage der FDP. Die FDP war immer das Zünglein an der Waage. Entweder koaliert sie mit der Union, dann gibt es Mittrechtspolitik, oder sie koaliert mit der SPD, dann gibt es Mittelinkspolitik. Und in genau dieser Lage, welche die FDP zerrissen hat, bis zu ihrem zweiten neuerlichen Untergang, in genau dieser Lage befindet sich die CDU.

Und der Ausweg bestünde darin, Brücken zu den Vernünftigen der AfD zu bauen und klar zu machen, dass eine Mittrechtspolitik Deutschland gut tun würde. Aber stattdessen verhakt sich die Union in ihrer wechselseitigen Rechthaberei und in ihrem Glauben daran, die Regierung mit der SPD, Gott sei Dank doch nicht mit den Grünen, die Regierung der SPD, würde es ihr erlauben, sich als Deutschlands Retterin wie nach 1945 oder 1949 aufzustellen.

Und ich bezweifle sehr, dass diese Hoffnung aufgeht und folglich wird zwischen den Polern Grüne, konsistente Politik, woker moderner Prägung und AfD, teils Bewahrung der Tradition bundesdeutscher Politik, teils Reaktion auf grüne Übertreibungen. Deswegen wird die Union zwischen diesen Polern zerrieben. Sie merken das nur noch nicht so sehr wie die SPD."

Den kompletten Indubio-Podcast hören Sie hier.

Prof. Dr. Werner J. Patzelt war Gründungsprofessor des Dresdner Instituts für Politikwissenschaft und hatte die Professur für Politische Systeme und Systemvergleich von 1991 bis 2019 inne. Mehr zu seiner Person hier. Seinen eigenen Blog finden Sie hier.

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Leserpost

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Kordula Bayer / 10.03.2025

GUT ERKANNT. Noch kann die CDU/CSU die AfD als deren Juniorpartner positiv majorisieren. Doch Merz legt es offenbar lieber auf Neuwahlen an, nach denen dann die AfD die Konservativeren bestimmt. Und dann eben auch CDU/CSU. Es kommt, wie es kommen muss, da helfen auch keine Rechtsbrüche und gezielte undemokratische Verwerfungen ...

Ralf.Michael / 10.03.2025

Nachdem die Grünen heute Schwarz-Rot einen Korb gegeben haben ..... wird der Frierdich wohl nicht Kanzler ..... Oder ?

Tomas Poth / 10.03.2025

Mit den Vernünftigen der AfD ...., ja wer in der CDU ist denn überhaupt vernünftig, um ein Bündnis mit der AfD zu erwägen? Die Spinner, bundesweit, sitzen doch alle links von der AfD, und zerrütten unser Land, ohne das Bomben der Alliierten dazu nötig wären. Die CDU hat genauso fertig wie die SPD und FDP, Neuwahlen in ca. 6 Monaten und die Probleme lösen sich durch eine 35% AfD, die die Reste-CDU als Juniorpartner in die Regierung nimmt. Anders geht es nicht mehr!

Wilfried Cremer / 10.03.2025

Liebe Redaktion, die CDU muss sich von ihrem Klima-Aufhocker befreien. Alles andere ist vorerst müßig. Tante Käthe redet leichten Humbug. Nichts für ungut.

Thomas Szabó / 10.03.2025

Lieber Prof. Dr. Patzelt, ich sehe die CDU nicht als eine christliche Partei. Und das sage ich Ihnen als Atheist.

Wolfgang Richter / 10.03.2025

@ Sam Lowry - “Und ändern kann ich daran absolut gar nichts.” - Und wenn die Gefahr bestehen könnte, daß sich doch damit etwas ändert, wird der Kandidat kurzerhand verboten, aus dem Verkehr gezogen, kriminalisiert, siehe aktuell Rumänien und das diesbezügliche Strippenziehen der selbst ernannten Wertewestler rund um “Brüssel”. Mit dieser Erkenntnis gibts eigentlich nur noch 2 Möglichkeiten für den sog. “Souverän”. Eine der beiden zu benennen, erforderdert den Besitz eines vorzeigbaren Bademantels.

Sam Lowry / 10.03.2025

Ich habe mir Popcorn und Sangria/Bier besorgt, lehne mich zurück und schaue dem Schauspiel nur noch zu. Geliefert wie gewählt. Trifft mich zwar auch, aber für 80 Euro bekomme ich einen Zeltofen (Hot Tent) bei Temu (Schleichwerbung!). Laut Youtube lässt sich damit bei Wind und Wetter bestes Essen zubereiten. Allerdings weiß ich nach dem geschätzt 500sten Video immer noch nicht, wann und wie die bei minus 30 Grad k@cken… nee, muss man nur noch sarkastisch oder Anschlag lächerlich sehen. Und ändern kann ich daran absolut gar nichts. 2 Kreuze an die richtige Stelle… etwa wie beim Lotto…

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