Peter Grimm / 16.09.2024 / 06:25 / Foto: Montage achgut.com / 96 / Seite ausdrucken

Wer von den beiden sagt die Wahrheit?

Hat Deutschland die Aufnahme von 250.000 Kenianern angeboten? Oder hat sich der Gesprächspartner von Olaf Scholz, der kenianische Präsident, die Zahl nur ausgedacht?

Bekanntlich haben Deutschland und Kenia ein sogenanntes Migrationsabkommen vereinbart. Solche Abkommen sollen nach den vollmundigen Lobpreisungen der Bundesregierung wichtige Schritte zur Steuerung der Migration sein, weil sich die Partnerländer darin dazu verpflichten, eigene Staatsbürger aufzunehmen, die aus Deutschland abgeschoben werden. 

Während des kürzlichen Deutschlandbesuchs des kenianischen Präsidenten William Ruto hatten nun Innenministerin Nancy Faeser und der kenianische Außenminister Musalia Mudavadi ein solches Abkommen unterzeichnet. Für die Rücknahme eigener Landeskinder wird den Partnerländern ein einfacherer legaler Weg ihrer Staatsbürger nach Deutschland zugesichert, wenn diese hierzulande als Fachkräfte arbeiten wollen. 

Wenn es Kritik an diesem Abkommen gab, dann bezog sie sich darauf, dass die Aufnahme eigener Staatsangehöriger eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, die keiner extra Abkommen bedarf. Zudem merkten Kritiker an, dass Kenia keines der Hauptherkunftsländer abzuschiebender Ausländer ist. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge habe die Zahl der ausreisepflichtigen Kenianer am 31. Juli bei 818 gelegen. 

Aber das politische Führungspersonal in Berlin und Nairobi sah das offenbar anders. Der Bundesregierung hilft die Vereinbarung bei der Selbstdarstellung als politische Macher, die jetzt endlich wirklich was für die Regulierung der Migration und verstärkte Abschiebungen tun. Die Regierenden in Kenia freuen sich wiederum, wenn sie Landeskinder zum Geldverdienen nach Deutschland schicken können, denn von diesem Geld wird ja ein Teil nach Kenia fließen.

Scholz sprach von einer „Win-win-Situation“. Angaben darüber, wie viele Arbeitskräfte jährlich aus Kenia nach Deutschland kommen sollen, machte zunächst niemand, bis sich Kenias Präsident Ruto in einem Interview (ab 4:54 Minute) mit der Deutschen Welle mit einer Zahl zu Wort meldete. Demnach solle das Abkommen 250.000 jungen Kenianern zu einem Job verhelfen, berichtet berliner-zeitung.de. Eine stolze Zahl, die die Bundesregierung schnell dementierte, denn sie ist eine Woche vor der Brandenburg-Wahl vielleicht wenig hilfreich für die Ampel-Parteien.

Nachdem das Interview mit Ruto veröffentlicht wurde, habe sich, laut Berliner Zeitung das Bundesministerium des Innern und für Heimat umgehend auf X mit den Worten gemeldet: „Diese Nachricht ist falsch. Das Migrationsabkommen zwischen Deutschland und Kenia enthält keinerlei Zahlen oder Kontingente von Fachkräften aus Kenia, die in Deutschland arbeiten könnten. Alle Bewerber müssen die Kriterien des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes erfüllen.“ 

Auch wenn es im Abkommen nicht steht, woher kommt diese Zahl? Hat sie sich der kenianische Präsident einfach ausgedacht oder wurde sie vom Kanzler im Gespäch ins Spiel gebracht? Hat der Präsident da vielleicht etwas falsch verstanden? Vielleicht kann sich Olaf Scholz noch an den Gesprächsverlauf erinnern, obwohl er ja nach Gesprächen gelegentlich Erinnerungslücken hat.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com

Foto: Montage achgut.com, Imago, Arlington National Cemetery - https://www.flickr.com/photos/60564189@N06/53755702963/, Gemeinfrei, via Wikimedia Commons

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W. Renner / 16.09.2024

Das erste Kontingent wird wohl mit den Elefanten aus Botswana eintreffen und der weissen Massai im Zirkus Trampolini eine Welcome Gala darbieten.

Rudhart M.H. / 16.09.2024

Was macht ein Innenminister eigentlich im Ausland ? Ich meine : außer Urlaub ? Was macht ein Außenminister eigentlich so den ganzen Tag , wenn er sich nicht gerade seine Visage aufhübschen läßt? Bei uns reicht der Lkw-Führerschein allein selbstverständlich nicht mehr zum Führen von Lastkraftwagen, da muß noch eine Schulung her nach Paragraph “Schieß-mich-tot”. Fachkräfte aus dem Ausland haben natürlich alle notwendigen Sonderzulassungen , Berechtigungen und Genehmigungen und sind auch sonst gesundheitlich topfit. Selbstredender Ehrensäbel ! Egal wofür, die wissen alles , die können alles, alles außer deutsch natürlich und sind deshalb prädestiniert für die Aufnahme in BW. Also nicht im Bahnbetriebswerk, nein - in Baden-Württembergischen! Welcome !

Andreas Glaesel / 16.09.2024

Tja, da werden auch noch die letzten biodeutschen Rentner ihre viel zu großen Häuser und Wohnungen räumen müssen. Schließlich haben wir ja Platz, er ist nur falsch verteilt,,,

Wolfgang Richter / 16.09.2024

@ L. Bauer - “Kenia hat selbst ein Flüchtlingsproblem aus Nachbarstaaten. 1,5 Millionen leben in verschiedenen Zeltlagern. Zwei davon will der Präsident umgehend schließen. Die werden dann in Deutschland als Kenianer auftauchen,”—Genau so wird es kommen, Kenia-Paß für somalische ua dortige Flüchtlinge und weiter geht die Reise, wo wie andere “Staaten”, zB im Zuge des sog. “Arabischen Frühlings” ihre Gefängnisse zwecks Ausreisemöglichkeit geöffnet haben. Und als “Fachkraft” gilt noch deutschem “Recht” ja bereits Derjenige, der zwar keine Ausbildung hat, aber bekundet, sich hier sodann um eine solche bemühen zu wollen, was natürlich ganz sicher hernach hier kontrolliert wird. Und die Mehrheit hierzulande guckt “Tagesschau” und glaubt. Im “Osten” mit seinem noch vorhandenen Wissen um die ständige Verarschung seitens der “Staatslenker” weniger.

A. Nölle / 16.09.2024

Den kenianischen Präsidenten kenne ich nicht und von Herrn Scholz weiß ich, dass ihn sein Erinnerungsvermögen manchmal im Stich lässt.

Lutz Liebezeit / 16.09.2024

Da gibt es auch Videobeweise zu. Die findet man, wenn man den Text sucht.

Lutz Liebezeit / 16.09.2024

Die Verkehrsverbunde werden aufgerüstet. Da werden die Facharbeiter en gros abgestellt. “Fachkräfte” ist so nichtssagend, den Busfahrerschein macht auch der Ungelernte ohne Schulabschluß. / Die Wirtschaft führt in unserem Land ein Eigenleben, was im Sciene Fiction der Unterhaltung dient, ist hier Wirklichkeit geworden: als Skynet angeschaltet wird, übernimmt eine dunkle Intelligenz die Weltherrschaft. Die Wirtschaft hat sich wie im schönsten Faschismus vom Volk entkoppelt. Wenn man dem Wirtschaftsprofi Joachim Gauck zuhört, wird wieder klar, was ein Wendehals ist. Ich erinnere vorher noch an eine schweizer Arbeit, die besagte, daß die heutigen Journalisten praktisch in jedes System eingesetzt werden könnten, was unglaubliche Empörung ausgelöst hat. Gauck, und nicht nur den, kann man überall einsetzen, gestern Sozi, heuite Nazi, denn für den sozialisierten Osten war der Westen das Reich des Bösen, das kapitalistische Nazi-Reich: “Am 17. April 2012 sagte Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Pressekonferenz mit dem damaligen Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso, dass in der EU die nationalen Identitäten störten und diese mit der Zeit abgebaut werden müssten. Dies begründete der Bundespräsident damit, dass die einzelnen Staaten nicht die wirtschaftliche und politische Durchsetzungskraft hätten wie ein vereintes Europa. Auch sagte der Bundespräsident, dass man künftig in der Außenpolitik der EU gemeinsame Elemente haben werde, über die dann gemeinsam durch die EU entschieden werden müsse. ” - Totalitarismus pur, das ist das ostdeutsche Führungspersonal, schließlich war das Ziel hier wie da immer gewesen, mit “einer Stimme zu sprechen”! Ich sage ja, es geht den Funktionären nur und ausschließlich um die EU.

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