Wer verachtet hier eigentlich wen?

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz sollte mehr achtgeben auf das, was ihm gelegentlich rausrutscht. Am Ende könnte er sich noch um Kopf und Kragen schwatzen. Dabei weiß er doch von Amts wegen, dass die Schlapphüte lieber den Schnabel halten, als dass sie palavern. Aber was kann unsereiner schon wissen über die Versuchung, sich vor den Mikrofonen und den Kameras bei seinem Arbeitgeber, in dem Fall der Bundesregierung, anzubiedern. So hat uns Thomas Haldenwang vor kurzem wissen lassen, dass aus seiner „Sicht eine neue Generation von Staatsfeinden an den Demonstrationen gegen die Corona-Politik beteiligt“ ist. „Sie lehnt“, zitiert ihn dpa wörtlich, „unser demokratisches Staatswesen grundlegend ab.“

Ganz abgesehen davon, dass man sich fragt, was nach 16 Jahren „alternativloser“ Merkel-Führung überhaupt noch abzulehnen wäre, muss es sich bei den Demonstranten doch eher um Bürger handeln, die den Glauben an die Demokratie partout nicht aufgeben wollen. Unverdrossen marschieren sie für ihr Recht auf freie Meinungsäußerung sowie für die parlamentarische Kontrolle eines Staates, der sich daran gewöhnt hat, par ordre du Mutti zu herrschen.

Müsste der Chef des Bundesverfassungsschutzes nicht eher diese Möchtegern-Autokraten beschatten lassen, erst recht, wenn sie polizeiliche Kampftruppen in Marsch setzen, um Versammlungen der Bürger mit Wasserwerfern auseinanderzujagen, im Nahkampf auch mit Reizgas und Pfefferspray? Von Einzelfällen kann hier schon länger nicht mehr die Rede sein. An vergangenen Wochenenden demonstrierten wieder Tausende in Düsseldorf, Freiburg, Hamburg, Augsburg, Cottbus... – insgesamt in nach Schätzungen rund 1000 Städten und Gemeinden.   

Nun bemängelt Haldenwang, es gäbe „keine ideologische Klammer“, die die Spaziergänger verbinde, sondern nur „die Verachtung des demokratischen Rechtsstaates und seiner Repräsentanten“. Hoppla, so etwas hört man nicht alle Tage.

Der oberste Verfassungsschützer der Bundesrepublik Deutschland verdächtigt jene, die von ihrem grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstration Gebrauch machen, terroristisch-extremistischer Umtriebe, nur weil ihre Absichten von denen abweichen, die der Staat allen Bürgern verordnen möchte? Wer verachtet hier eigentlich wen?

Wenn es sich tatsächlich so verhält, wie von Haldenwang behauptet, welcher Grund bestünde dann noch, über die Demonstranten herzuziehen? Laufen sie doch ins Leere. Wie könnten sie zu einer Gefahr für etwas werden, das ohnehin abstirbt, bestenfalls noch vor sich hin kümmert: eine Demokratie, die ohne den Bürger auskommt.    

Foto: Bundesamt für Verfassungsschutz

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Leserpost

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Ralf Pöhling / 24.01.2022

Wenn der Verfassungsschutz seiner eigentlichen Aufgabe mal endlich nachkäme, dann säßen die gesamte Asylindustrie und ihre Handlanger in den Parlamenten, sowie deren gefakte “zivilgesellschaftliche” Lobbygruppen längst komplett im Knast. Verurteilt wegen organisierter Untergrabung der freiheitlich demokratischen Grundordnung in Deutschland. Oder genauer: Wegen Landesverrats in Millionen Fällen. Aber das passiert nicht. Weil der Verfassungsschutz genau den Parteien untersteht, in denen sich die Handlanger der Asylindustrie breitgemacht haben.

Manfred Caesar / 24.01.2022

@Dr. Claus Brüning: Sie überschätzen die Qualitäten und Fähigkeiten von Frau Merkel gewaltig.Merkel war ein willige Marionette ,mehr nicht.Sowohl sie wie auch die 4.Gewalt wird von ganz anderen Leuten im Hintergrund gesteuert,deren Stärke ihre Anonymität ist.

Thomas Hechinger / 24.01.2022

Es ist schon so, daß ich gewisse Leute - ja, was nun? - verachte? Vielleicht sage ich es so: Für Menschen wie Herrn Haldenwang empfinde ich keinerlei Respekt. Er ist ein subalterner Günstling ohne eigenes Profil. Ein Nichts. Es gibt wohl Herrschaftssysteme, die solche Typen hervorbringen und auf ihre unterwürfige Strebsamkeit bauen. Und wenn ich etwas zu sagen hätte, wäre Herr Haldenwang einer der ersten, der gefeuert würde. Das sieht er ganz richtig. Was er nicht richtig sieht, ist, daß ich unser demokratisches Staatswesen grundlegend ablehne. Im Gegenteil. Ich befürworte es grundlegend. Und zwar so grundlegend, daß ich will, daß es in allen seinen Formen wieder in seine Rechte eingesetzt wird. Und zwar vollständig. Das geht nur, wenn die Personen an der Spitze des Staates, die sich selbst - „L’État c’est moi“ - für den Staat halten, verschwinden. Und zwar mit Pension. Es geht nämlich nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit. Und da bin ich durchaus dafür, daß diese Personen sich vor Gerichten für die Grundrechtsverletzungen, die sie von Staats wegen begangen haben, und für die Zersetzung des Staates von oben zu verantworten haben. Und wenn dann ein ordentliches Gericht befindet, daß die Pension zu kürzen ist, dann soll es so sein. Ansonsten hat Herr Haldenwang nichts zu befürchten. Das einzige, was er fürchten muß, ist das Gesetz. Und wenn er sich künftig an dieses halten würde, hätte er nicht einmal da etwas zu befürchten.

Werner Arning / 24.01.2022

@Bernd Müller Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Müller. Ich weiß diese sehr zu schätzen.

E. Albert / 24.01.2022

Der Satz muss korrekt heißen: “[...] dass aus seiner „Sicht eine neue Generation von Staatsfeinden an der Politik beteiligt“ ist, die unser demokratisches Staatswesen grundlegend ablehnt.“  (Er und etliche andere, die von Merkels Gnaden mit wichtgen Posten betraut wurden, s. Karlsruhe, inbegriffen.)

Frank Dom / 24.01.2022

Haldenwang hat doch Recht. Natürlich wird ein Staat und dessen Repräsentanten verachtet, der von Parteifunktionären grundgesetzwidrig privatisiert bzw ursupiert wurde und dessen “Elite” bar jeglicher Redlichkeit und Anstand ist und denen die dreiste Lüge selbstverständliches Mittel ist. Siehe auch die Stichworte Oloch- und Kakistokratie.

Jochen Brühl / 24.01.2022

Ich habe es soeben noch einmal in § 106 StGB der DDR nachgelesen und stelle eindeutige Hetze gegen den Staat, seine Organe und seine Repräsentanten fest, nur dass es heute natürlich Repräsentant*innen sind.

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