Chaim Noll / 11.02.2019 / 10:00 / Foto: Freud / 60 / Seite ausdrucken

Wer solche Räte hat, braucht keine Feinde

Noch vor wenigen Jahren erkannten Deutsche im Ausland ihre Landsleute an ihrem schlechten Englisch. Es hatte mit Deutschlands Geschichte zu tun, mit früheren Zeiten der Isolation, mit antiquierten Ambitionen. Noch Kanzler Kohl hatte statt Englisch in der Schule Latein gelernt und war Zeit Lebens auf die Hilfe seiner Frau oder eines Dolmetschers angewiesen. Bei den Jüngeren sieht es besser aus, dank jahrzehntelangen Bemühungen des deutschen Schulsystems, Auslandsstudium und Reisen durch die Welt. Englisch ist die Sprache, die in jedem Hotel verstanden wird, auf jedem Flughafen oder Bahnhof, sei es in Kuala Lumpur oder Grönland.

Vor allem ist es im Internet-Zeitalter entscheidend. Wie man einst ohne Französisch keinen Zutritt zur „guten Gesellschaft“ fand, bleibt einem heute ohne Englisch-Kenntnisse der Zugang zur digitalen Sphäre verschlossen. Deutschland, ohnehin im Hintertreffen, was Hightech, Cyberwar und andere Schauplätze der Zukunft betrifft, müsste alles tun, um für guten Englisch-Unterricht zu sorgen. Daher wirkt es wie versuchte Sabotage, wenn der „Integrationsrat“ in Nordrhein-Westfalen vorschlägt, den Englisch-Unterricht an deutschen Schulen abzuschaffen und durch Türkisch zu ersetzen.

Aufgabe der „Integrationsräte“ sollte, wie der Name sagt, die Integration der in Deutschland lebenden Ausländer sein. Nicht ihre Desintegration und Verdummung. Da es ohne Englisch in Zukunft nicht geht, sollte man lieber alles versuchen, damit in Deutschland lebende türkische Kinder außer Deutsch gutes Englisch lernen, statt deutsche Kinder Türkisch lernen zu lassen, eine Sprache mit der man außerhalb der Türkei nichts anfangen kann. Die hohe Wertschätzung deutscher Politiker für Erdogans erträumtes Großreich ist bekannt, doch sind bisherige deutsche Versuche, sich mit der Türkei gegen England, Amerika und den Rest der Welt zu verbünden, in der Geschichte – siehe Erster Weltkrieg – desaströs danebengegangen.

Was den „Integrationsräten“ offenbar unbekannt ist. Oder egal. Auf sie hören sollte man besser nicht. Lieber auflösen. Wer solche Räte hat, braucht keine Feinde.

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Thomas Taterka / 11.02.2019

Türkisch ist die Sprache,  in der ich am liebsten schweige. ( Obwohl ich einige Türkinnen und Türken kenne, die ich wegen ihrer Integrität mehr schätze als mindestens die Hälfte der ” Jungdeutschen “. Gilt auch für einige Araber!  Und ich tausche für 1001 Nacht in der Übertragung von Enno Littmann alles, was Menasse, Zeh uva. geschrieben haben und je schreiben könnten. Ist für mich eine der größten erzählerischen Leistungen überhaupt und könnte mich dazu verführen,  Arabisch zu lernen.  - Englisch ist der Schlüssel zu ungeheuren Schätzen der Literatur,  geschrieben von Leuten aus aller Welt.  Der Schlüssel zum Verständnis von fast allem,  was überhaupt interessant ist im Leben.  Wissenschaft, Reisen,  Kunst, Musik,  Technik,  Lebensart, Umgangsformen, Witz,  Disziplin, Gelassenheit,  Distanz und Begeisterung. Letzten Endes eine der Pforten zu einem zivilisierten Umgang miteinander. Beginnend mit der Höflichkeit.

Gertraude Wenz / 11.02.2019

Wenn man so hört, was an Vorschlägen und Ideen aus politischen Kreisen kommt, könnte man meinen, es wäre jeden Tag erster April.

Annelie Reese / 11.02.2019

Es geht um die Grundschulen, aber auch das ist nicht nachvollziehbar.

P.Steigert / 11.02.2019

Wir haben nunmal eine Politikergeneration, die von der Idee bessessen ist, dass fremde, dysfunktionale Völker nach Deutschland kommen, den Wohlstand übernehmen und das Land zur Unkenntlichkeit umgestalten. Das geht natürlich nicht ohne eine blasierte, maximal-naive Wählerschaft. Und genau die haben wir. Deshalb sollte die Überschrift heißen: “Wer solche Landsleute hat, braucht keine externen Feinde.”

Daniel Gildenhorn / 11.02.2019

So ist es, wenn echte Profis am Werk sind. Landesintegrationsrat NRW: Vorsitzender - Keltek, Tayfun - Diplomsportlehrer. Stellvertretende/r Vorsitzende/r - Balaban, Muhammet - Dipl.-Ing. Elektrotechnik. Sakelšek, Ksenija - Kaufmännische Sachbearbeiterin. Ishdorj, Oyun - Übersetzerin. Usw. usf. Da weiß man zumindest wer wen integriert.

Hein Tiede / 11.02.2019

Der Englisch-Unterricht an bayerischen Hauptschulen ist sehr verbesserungswürdig. In meiner langen Laufbahn als Lehrer hatte ich erlebt, dass die drei Stunden Englisch pro Woche folgendermaßen aufgeteilt wurden: zwei Stunden am Mittwochnachmittag, eine am Freitag in der sechsten Stunde. Man kann sich denken, was dabei raus kommt. Die Schüler waren in den 6. Klassen oft besser in Englisch als am Ende der 9. Wenn eine Fremdsprache, dann bitte jeden Tag eine Stunde! Aber welches Unterrichtsministerium hört auf seine Lehrer, welcher Schulrat trägt Kritik an der vorgesetzten Behöre nach oben? Weitere Fehlentwicklungen gibt es bei den Schulbüchern. Sie sind stark bildlastig und reduzieren in den sogenannten “Workbooks” das Schreiben auf Ausfüllen von Lückentexten. Dass, wie im Text erläutert, der Integrationsrat in NRW Türkisch empfiehlt, ist skandalös und fügt sich nahtlos ein in die verfehlte Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte.

Rudolf George / 11.02.2019

Englisch ist böses Zeug: da könnten die Kinderchen ja glatt Feindpresse aus dem Ausland lesen, statt sich an den Qualitätserzeugnissen des deutschen Mainstreams zu laben. Am besten ist eh eine Bevölkerung auf dem Niveau von „einfacher Sprache“, da lässt es sich dann umso ungenierter elitär daherschwurbeln, im festen Glauben, alles besser zu wissen.

Jürgen Probst / 11.02.2019

Ich bin auch gegen das Erlernen der türkischen Sprache und plädiere dafür, dass deutsche Schüler*innenx arabisch lernen sollten. So wären m/f/d in der Lage, den Koran im Original lesen zu können.

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