Vera Lengsfeld / 01.12.2008 / 16:49 / 0 / Seite ausdrucken

Wer oder was steckt hinter den Vorwürfen an CDU-Ministerpräsident Tillich?

Seit Tagen ist die Causa Tillich in den Schlagzeilen. Dem sächsischen Ministerpräsidenten wird Verharmlosung seiner DDR-Vergangenheit vorgeworfen. Den Stein ins Rollen gebracht hat ein in Sachsen als „Affärenmacher“ bekannter SPD-Abgeordneter mit Namen Nolle. Aufgewachsen ist er auf der sonnigen Westseite Deutschlands, wo er 1968 seine Karriere als Druckereibesitzer begann und später zum Kunstmäzen avancierte. So einer hätte in der DDR natürlich nie und nimmer auch nur die kleinsten Zugeständnisse an das System gemacht! Er hätte mit 18 tapfer den Wehrdienst verweigert und wäre nach dem Hafturlaub im Armeeknast Schwedt gar nicht mehr in die Verlegenheit gekommen einen Stellvertreterposten für Versorgung in einer Kreisverwaltung abzulehnen zu müssen. Also hätte er nie eine Schulung , die auch für untere Funktionäre in einer Diktatur Pflicht war, mitmachen brauchen. Wie schön für Herrn Nolle, sich seiner Widerständigkeit in einem System, das er nie erdulden musste, aber wo möglich für das bessere Deutschland hielt, so sicher zu sein. Welch mutiger Mann Herr Nolle ist, beweist uns seine zivilcouragierte Kritik der ungeheuerlichen Verfehlungen des Sächsischen Ministerpräsidenten zu DDR-Zeiten. Tillich ist tatsächlich brav zur Armee gegangen, statt heldenhaft den Wehrdienst zu verweigern! Er hat in der DDR eine bescheidene Karriere gemacht, indem er die unumgänglichen Schulungen nicht mit Abscheu von sich wies! Er kam 1987 in die der Kreisverwaltung auf den unbeliebtesten Posten, den diese Verwaltung zu vergeben hatte. Zwar hat Tillich seine Position umgehend genutzt, um privatem Gewerbe und Handwerk in seinem Kreis mehr Freiheit zu verschaffen, indem er eine durchaus ungewöhnliche Konzeption zur Entwicklung desselben vorlegte. Aber Kampagnenmacher Nolle lässt sich davon nicht beirren. Es geht schließlich um Größeres. Die SPD will endlich ungestört mit der Linkspartei koalieren können und zwar bundesweit. Da muss nun endgültig die Diskussion über die umbenannte SED erstickt werden, die immerhin hauptamtliche Stasimitarbeiter in ihrer Bundestagsfraktion hat, ohne das dies Herrn Nolles Protest herausfordert. Als Kunstmäzen könnte Nolle auch bitter nötige Recherchearbeit zum Kunstausverkauf in der DDR durch die Organisation des Devisenbeschaffers Schalck-Golodkowski leisten. Mit einem Teil der verscherbelten Kunstschätze sind wir ja wiedervereinigt worden. Aber längst nicht mit allen.
Schließlich könnte sich Herr Nolle für seine vier hessischen Landtagskollegen stark machen, die gerade so etwas wie Berufsverbot von ihrer Partei erhalten, weil sie sich auf ihr verfasssungsgemäßes Recht auf Gewissensfreiheit berufen haben, als sie eine stille Regierungsbeteiligung der umbenannten SED in Hessen stoppten. Aber dafür brauchte unser Held Nolle nicht „Zivilcourage“ sondern Mut.

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