Roger Letsch / 28.01.2018 / 14:00 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Wer rot wird, sollte beim Dummschwätzen Grün tragen

Es gab Zeiten, da machten sich die Menschen noch jede erdenkliche Mühe, die geheimnisvollen Gesetze der Natur mit allerlei Kniffen in ihren religiös oder ideologisch determinierten Welterklärungsmodellen unterzubringen. Donner und Blitz waren das Werk von Wotan oder Zeus, Fossilien auf Berggipfeln „bewiesen“ die Wirkung der Sintflut zu Noahs Zeiten, und der Mars musste sich in den schönsten Epizyklen über den Himmel schieben, um die Erde im Mittelpunkt des Universums zu halten.

All diesen Mythen war einerseits gemeinsam, dass sie von der Wirklichkeit eingeholt wurden. Andererseits kostete es unendlich viel Kraft und auch Blut, die Holzwolle aus den Köpfen ihrer Parteigänger, Propheten und Profiteure zu klauben. Die Mythen der Moderne wohnen in der Partei der Grünen, die gerade auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz ihre neue Parteispitze gewählt hat.

Einige Tage vor ihrer Wahl gab die frischgebackene Parteichefin Annalena Baerbock, ihres Zeichens Klimaexpertin und Trampolinspringerin, dem DLF ein Interview, welches man nicht zur Gänze lesen oder hören muss. Bestimmte Stellen jedoch sollte man auswendig lernen, um Baerbocks Expertise bei jeder passenden Gelegenheit korrekt einschätzen zu können. Außerdem kann es die Baerböcksche Prosa in Punkto Transzendenz und Realitätsferne mit jeder Rilke-Lyrik aufnehmen.

Ich bezeichne, den Gesetzen der Höflichkeit folgend, Menschen nur selten als dumm, wenn mich nicht längerer persönlicher Augen- oder Ohrenschein dazu berechtigen. Doch in diesem, Annalenas, Fall mache ich nach nur einem Interview schweren Herzens eine Ausnahme (weil das so schön, einmalig, dumm und erhaltenswert ist, existiert auch eine Kopie des Artikels im Archiv. Nur für den Fall, dass sich am Inhalt jemand zu schaffen macht, weil die enthaltenen Peinlichkeiten einfach zu offensichtlich sind).

In Gorleben gegen Aufrüstung demonstriert?

In solchen Momenten denke ich mit einem Seufzer der Erleichterung an Christian Lindner, dessen Partei es verhindert hat, dass Leute wie Baerbock in diesem Lande ans Schalten & Walten kommen – oder konkreter noch ans Abschalten! Überlesen wir also im Interview gnädig, dass in Gorleben nicht gegen Aufrüstung demonstriert wurde und dass die Bezeichnung „Think Tanks“ für grüne Arbeitsgemeinschaften ebenso geeignet scheint, wie „Start Up“ für ein katholisches Priesterseminar. Schauen wir uns einige Aussagen Baerbocks an, die meinem Urteil „dumm“ zugrunde liegen.

DLF fragt: Ein beliebtes Argument der Gegner eines schnellen Kohleausstiegs lautet ja immer wieder, dass man sagt, wenn Deutschland allzu schnell aus der Kohle aussteigt, sind wir im Zweifel an Tagen, wo nicht genug Sonne und Wind herrscht, angewiesen auf Stromimporte aus dem Ausland, sprich Atomstrom, zum Beispiel aus Frankreich. Wie wollen Sie dieses Argument entkräften?

Baerbock: Natürlich ist es so, dass Versorgungssicherheit und Klimaschutz Hand in Hand gehen müssen. Genauso wie die Frage „soziale Absicherung der Beschäftigten”.

DLF: Aber wie denn, Frau Baerbock?

Baerbock: Das ist ein Dreiklang. Und es ist aber so – und das ist einfach Fakt, da kommt man nicht drum herum – wir haben massiv Stromexporte. Wir exportieren ein Zehntel unseres Stroms ins Ausland, in andere Länder. Die osteuropäischen Staaten haben schon gesagt: ‘So geht das nicht weiter, ihr verstopft unsere Netze.’ Deswegen haben wir gesagt, diese zehn Prozent Export die können wir an Kohle vom Netz nehmen. Und natürlich gibt es Schwankungen. Das ist vollkommen klar. An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet.

Katholisch werden und das Beten anfangen

Man müsste katholisch werden und das Beten anfangen, falls die Grünen wirklich jemals direkt ihre Finger an die deutsche Stromversorgung legen würden! Indirekt tun sie dies ja leider schon seit Jahrzehnten. Wir haben keine „Stromexporte“, Frau Baerbock. Man ist ja auch kein Müllexporteur, wenn man dafür bezahlt, dass einmal pro Woche die Müllabfuhr kommt. All diese Verdrehungen rechtfertigen bereits mein Urteil über die „grüne Kompetenz“ – wer jedoch behauptet, das Netz fungiere als Speicher, ist einfach nur dumm wie hundert Meter Feldweg in Brandenburg. Dies sei „alles ausgerechnet“, meint Frau Baerbock. Ich bin gespannt, ob sie mir diese „Rechnung” vorlegen kann, um die ich per Mail gebeten habe.

In letzter Zeit lese ich immer wieder Artikel, welche die aktuelle politische Gemengelage im Land mit „Schilda” vergleichen. Doch das wird der Situation nicht gerecht. Die Bürger von Schilda stellten sich lediglich dumm, kannten die Wirkung ihrer Taten und bezweckten mit ihren Eulenspiegeleien einen zivilen Ungehorsam, den sie geschickt mit Dummheit tarnten. Die Vergleiche zielen also nur auf die Wirkung auf den Betrachter, welchen sowohl für die Bemühungen der Schildaer, mit Eimern Licht ins dunkle Rathaus zu tragen, als auch den Aktivitäten vieler unserer Politiker nur noch Scham und Verwunderung in die Gesichter malen.

Deshalb auch mein Tipp an alle Verschwörungstheoretiker, die dunkle oder ausländische Mächte in Deutschland am Werk sehen: Vergesst es! Was hier wirklich am Werke ist, hört auf den Namen Dummheit. 

Kleiner Nachtrag: Früher verglich ich die Energiewende immer mit dem Sprung von einem Hochhaus. Man kommt an vielen Fenstern vorbei, sieht die entsetzten Gesichter darinnen und denkt, bis hierher ging’s doch ganz gut. Man müsse doch nur noch fliegen lernen, dann sei das zu schaffen. Die Grünen denken aber, wie man an dem flapsigen Interview erkennen kann, überhaupt nicht mehr über’s fliegen lernen nach. Sie glauben stattdessen, es längst zu können!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Matthias Böhnki / 28.01.2018

Dieser Beitrag ist eine einzige Beleidigung. Eine einzige Beleidigung brandenburgischer Feldwege !

Thomas Nuszkowski / 28.01.2018

Puh, ich habe mir ein Teil des Interviews angetan. Mein Fazit: Schweine im Weltall und Sprachbehinderte im Parlament. ZITAT: “Schmidt-Mattern: Welche Demos? Gegen Gorleben wahrscheinlich? Baerbock: Ja, schon als ich zwei war. Abrüstungsdemos also.” Naja, Ihr Beweis ist nicht so eindeutig, wie Sie denken. ZITAT: “Also, das kommt ja, glaube ich, genau, wie man geprägt wird, was man so gemacht hat.” und “eine Flüchtlingsunterkunft, ... Da gab es einen Brandanschlag drauf.” Dieser gruselige Satzbau erinnert an das Merkel-Gestammel. ZITAT: “aus meiner Sicht kommt es jetzt nicht darauf an, in welcher Quantität man auf den Stühlen des Bundestages sitzt, sondern mit welcher Qualität man wirklich für seine politischen Themen streitet.” Übersetzung: Wir sind zwar die kleinste Fraktion im Bundestag. Das interessiert mich aber nicht. Ich will allen unsere Agenda aufzwingen. Man muss nur laut genug dazwischen brüllen. ZITAT: “Wir sind als Grüne fest verortet im linken Lager” Wohl eher an der linken Wand festgetackert. ZITAT: “Also, ich trete für mich als Person an” Ein reiner Egotrip. ZITAT: “wir sind die Partei der linken Mitte” Und in Relation zu den Wählerstimmen die Partei des obigen Untens. ZITAT: “Und da müssen wir laut und deutlich in der Sprache sein.” Sag’ ich doch: Wer brüllt, setzt seine Agenda durch. ZITAT: “Nein. Wir müssen alles dafür tun, dass wir dieses Ziel mit aller Kraft noch schaffen können. (40% CO2-Reduktion bis 2020)” Solche Wahnsinnigen dürfen auf keinen Fall in eine Regierung. Die würden uns glatt beide Arme und Beine amputieren nur um so ein lächerliches Abkommen formal einzuhalten während ständig wirklich wichtige Regeln und Gesetze gebrochen, unterwandert, ausgehölt oder abgeschafft werden. ZITAT: “Ich habe irgendwie keine wirkliche Lust, mir gerade mit den politischen Akteuren, die das besser wissen, zu sagen, das kann nicht funktionieren.” Ich versuche dieses Gestammel mal zu übersetzen: Es ist mir egal, wenn Leute, die wirklich was davon verstehen, sagen, das kann nicht funktionieren. Deutschland muss dringend entgrünifiziert werden. Das ist eine Herkulesaufgabe. Das ganze Land ist von grünen Metastasen durchzogen. Im Krebsfall würde die Prognose vermutlich “Unheilbar” lauten. Hier ist nicht weniger als eine Kernsanierung nötig.

Oliver Förstl / 28.01.2018

Diese Hysterie in ihrer Stimme verursacht bei mir nur Zahnschmerzen. Ich wäre dankbar, wenn ich von dieser Frau in Zukunft wieder weniger hören müsste. Wer schreit der lügt ist sicher nicht immer zutreffend, aber ich erlebe diese jungen grünen und linken Politikerinnen als absolut beratungsresistent, fernab jeglicher Lebensrealität bzw. Kompetenz und mit einem beängstigenden Unbedingtheitsanspruch ausgestattet.

Sabine Schubert / 28.01.2018

Glauben Politikerinnen, dass sie überzeugender sind, wenn sie schreien? Baerbock scheint sich am Brülläffchen Nahles zu orientieren. Wenn dem auch noch ebenso inhaltsleere Sprechblasen-Politik folgt, wird sie ganz schnell entzaubert.

Rüdiger Hoffmann / 28.01.2018

Als ich gestern die Meldung las, das besagte Frau Baerbock zur Grünen- Vorturnerin gewählt wurde, dachte ich: halt, diesen Namen hatte ich doch gerade im Zusammenhang mit diesem DLF- Interview gehört. Wir haben früher immer gesagt: dumm wie ein Dreipfundbrot- genau das habe ich nach dem Interview in Gesprächen zur Charakterisierung der Interviewten gesagt. Allerdings dachte ich da noch, dass es sich bei der Dame um irgendeine Brandenburger Hinterbänklerin handelt, die mal ein Interview geben durfte. Und nun das. Das ist die grüne Spitzenkraft zum Thema Klima und Energie- Danke für die treffliche Einordnung, Herr Letsch. Das Fachkenntnis heute kein Kriterium mehr ist, beweist ja unsere große Physikerin Angela Dorothea- insofern muss man da schon Verständnis haben für diverse Defizite der Politikwissenschaftlerin Annalena Charlotte Alma.

Heiko Stadler / 28.01.2018

Man kann unsere Stromversorgung mit den beiden Kirschbäumen, die ich im Garten habe, vergleichen. Die sind groß und sehr ertragreich. Ende Juni produzieren die etwa 50 kg Kirschen, die für meinen Zweipersonen-Haushalt für ein ganzes Jahr ausreichen. Das habe ich ausgerechnet! Ich kann also meine Arbeit kündigen, da ich kein Geld mehr für Lebensmittel brauche, verkaufe mein Auto, da ich keine Lebensmittel mehr einkaufen muss und wir leben fortan glücklich und CO2-frei von Kirschen.

Wolf-Dietrich Staebe / 28.01.2018

Die zitierte Aussage von Frau Baerbock könnte genausogut von Frau Merkel stammen, die redet auch ständig so dummes Zeug. Eine Bitte noch: Beleidigen Sie die Feldwege in Brandenburg nicht.

Marla Arbogast / 28.01.2018

Auch die die Brandenburger Landesvorsitzenden Petra Budke ist nicht gerade die hellste Kerze auf der Leuchte, wenn sie die Niedersächsin Baerbock als “Stimme des Ostens” bejubelt.

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